Meine Post-Beuys-Befindlichkeit

Ich habe einen Zustand, der führt gelegentlich zur Frage: ist dieser Mann – Joseph Beuys – für uns heute noch wichtig, wenn wir uns fragen, wie die Kunst in die Conditio humana verwoben wird? Ich höre schon, wie manche etwas von Systemrelevanz murmeln.

Joseph Beuys (Foto: Hans Lachmann, Ausschnitt, CC BY-SA 2.0)

Die Kunst wurde vor Jahrtausenden als ein Feld des symbolischen Denkens zu etwas Konstituierendem, das erst einmal gegeben und gesichert sein mußt, damit aktuelle Systeme überhaupt wo ansetzen und Systemrelevanz ausstreuen können.

So sieht das aus, wenn man hierarchisch vorgehen möchte. Wie merkwürdig, daß das verhandelt werden muß. (Als hätten uns die Kognitionswissenschaften im Stich gelassen.) Wer zur Kunst was sagen will, auch wenn ihm oder ihr dazu nichts einfällt, haut gerne diesen einen Satz von Beuys raus. (Muß ich den zitieren?) Lustig! Eine leere Geste.

Aus der Antike kennen wir die Unterscheidung von
a) freien Künsten und
b) knechtischen Künsten

In heutiger Sprachregelung hieße das zum Beispiel: Kunst und Handwerk. Selbstverständlich wird auf beiden Feldern teilweise aus den gleichen Quellen geschöpft. Selbstverständlich finden sich manche Verfahrensweisen in beiden Metiers. Symbolisches Denken und Abstraktion sind da wie dort nötig…

Joseph Beuys: Wer nicht denken will fliegt raus

Ich denke aktuell über das „Verhältnis Zentrum-Provinz“ nach, was hier hervorgehoben ist, weil ich es für ein Denkmodell halte; ein antiquiertes Denkmodell. Eine Konstruktion, die immer noch das Zeug zur Handlungsanweisung hat und für eine Asymmetrie der Ressourcenverteilung sorgt.

Na klar! Das krieg ich derzeit nicht in den öffentlichen Diskurs. Wir haben eine schöne Krise, die nicht vergeudet sein will. In Krisen tendieren Menschen erst einmal kaum dazu, bestehende Verhältnisse in Frage zu stellen, sondern eher zu bestätigen; so lange, bis sich Innovation durch keine Gewalt mehr aufhalten läßt.

In der Oststeiermark hat jüngst eine kulturelle Reconquista stattgefunden. Die Hobby-Kräfte haben sich die Themenhoheit in der Kulturpolitik (zurück-) geholt, was von Politik und Verwaltung unterstützt und forciert wurde.

  • Dabei ist die Gegenwartskunst an den Rand gerückt.
  • Kritische kulturpolitische Debatten finden nicht statt.
  • Verfügbare Kulturbudgets landen sehr wesentlich im Marketing.

Das alles dient nicht gerade zeitgemäßer Wissens- und Kulturarbeit. Daraus folgt unter anderem, daß gängige Begriffe wie Container genutzt und ganz beliebig mit Inhalten befüllt werden. Was dabei stellenweise unter die Flagge der Kunst geschoben wird, fällt in Genres zwischen privatem Basteln und Garten-Deko. (Im Rennen um Ressourcen scheint sich eine Art von Guerilla-Marketing zu bewähren.)

Kulturbudgets werden für andere Zwecke gekapert. (Ist das auch im Landeszentrum zu finden?) Derlei völlig diskursfreies Fechten um Ressourcen führt häufig zu einem schlampigen „Beuyseln“. Damit bin ich bei meiner Post-Beuys-Befindlichkeit, die zu debattieren ist… [Fortsetzung]

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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