Symposion: Die „Marchner-Konferenz“

Das heurige Kunstsymposion in Gleisdorf stellt eine Wegmarke dar. Alte Pfade müssen verlassen werden, neue Strategien sind nötig, um der Wissensarbeit und der Kulturpraxis abseits des Landeszentrums angemessene Bedingungen zu schaffen, um zu zeigen, daß wir uns in diesem Engagement auf der Höhe der Zeit bewegen.

Günther Marchner (links) neben dem Gleisdorfer Gemeinderat Karl Bauer

Dieses Symposion ist von einer Reihe Konferenzen gekennzeichnet, in denen wir den Status quo überprüfen und neue Weichenstellungen bestätigen wollen; die Übersicht: [link]

Ein Termin ist darunter dem Fazit aus mehreren Jahren der Praxis von Kunst gewidmet. Günther Marchner hat uns längere Zeit begleitet, beobachtet. Mit ihm absolvieren wir am 20. Oktober 2014 (ab 16:00 Uhr) eine abschließende Konferenz, die den Schlußpunkt hinter dem Kunst Ost des alten Modus’ setzt.

Marchner: „Zeitgenössische KünstlerInnen sowie Kunst- und KulturvermittlerInnen sind in den letzten Jahrzehnten nicht nur in Zentren, sondern auch in Kleinstädten und in Dörfern in unterschiedlichen Sparten tätig geworden. Mit Kunst Ost ist eine Initiative zur Verankerung von Gegenwartskunst in der Oststeiermark, vernetzt mit dem internationalen Raum, tätig.“

Der Wissenschafter ist an den Optionen und neuen Verfahrensweisen interessiert, von denen erst die Zeit zeigen wird, ob sie zu Innovation führen: „Das Projekt Kunst Ost hat Modellcharakter im Hinblick auf die Verankerung von Gegenwartskunst außerhalb ‚gewohnter’ urbaner Kontexte und Räume, vor allem durch die Entwicklung und Erprobung von neuen Dialog-, Veranstaltungs- sowie Präsentations- und Kooperationsformen.“

Vor allem das Prinzip „Vom Subventionsempfänger zum Kooperationspartner“ hat sich für alle beteiligten Seiten als sehr fordernde Zielsetzung erwiesen. Auch Politik und Verwaltung mußten sich dabei anstrengenden Momenten stellen.

Kooperation in Augenhöhe: Gleisdorfs City-Manager Gerwald Hierzi

Marchner: „Im Rahmen von Kunst Ost waren [diese] Themen Gegenstand von Dialogen und neuen Veranstaltungs- und Kooperationsformen. Im Besonderen findet das Bemühen um eine neue Kooperationskultur zwischen Kunst- und Kulturschaffenden einerseits und andrerseits von Kommune und Wirtschaft ihren Ausdruck im Kulturpakt Gleisdorf.“

Gleisdorfs City-Manager Gerwald Hierzi wurde dabei zu einer Person im Brennpunkt äußerst kontrastreicher Kräftespiele. Es ist besonders wichtig, daß Funktionstragende (wie er) ihre real stärkere Position innerhalb der Strukturen in möglichen Kontroversen nicht dafür einsetzten, um den Dissens mit einem längeren Hebel zu begradigen, sondern sich auch zur konsequenten Konfliktbearbeitung bereit zeigen.

In diesem Ringen um neue Verhältnisse kann auf niemanden verzichtet werden. Solche Entwicklungen stehen und fallen in Kommunen mit der Frage, ob Politik und Verwaltung die Kraft haben, sich kritischen Auseinandersetzungen zu stellen und darüber die Kooperation mit der Kulturbasis aufrecht zu erhalten. Für Gleisdorf trifft das zu.

Doch nicht nur Politik und Verwaltung stehen zur Debatte. Auch die „Initiativenszene“ selbst ist in die Jahre gekommen und hat Seiten vollkommen antiquierter Verhaltensweisen entwickelt, die günstige Prozesse eher bremsen als fördern.

Marchner: „Das Projekt Kunst Ost weist darüber hinaus auch auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit veränderten Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur hin. Es zeigt sich, wie sehr eine ‚Epoche’ zu ihrem Ende gekommen ist: jene der ‚autonomen Initiativenszene’ als soziokulturelle Innovation und daher kultureller ‚Sonderfall’, verbunden mit einem erweiterten Kulturbegriff und einer aktiven Kulturpolitik, der Entwicklung und Ausweitung einer zeitgenössischen kulturellen Infrastruktur und ihrer öffentlichen Finanzierung, also einer aktiven Kulturszene, die in der Form Ende der 1970er Jahre und quer durch die 1980er Jahre ein völliges Novum gewesen ist.“

Sandra Kocuvan (Kulturabteilung des Landes Steiermark) und Günther Marchner

Es geht also auch darum sicherzustellen, daß ein in den 1970ern und -80ern fraglos innovatives Initiativen-Milieu nicht zu einer Art soziokulturellem Kameradschaftsbund verkommt, wo man längst nur mehr mit sterotype Rollenverständnissen agiert, wonach längst geklärt sei, wer diverse Miseren des Kulturbetriebes zu verantworten habe; nämlich immer die Anderen.

Marchner: „Demgegenüber ist heute eine Institutionalisierung der ehemaligen Kulturszene, der Rückgang öffentlicher Mittel, der Verschwinden einer aktiven Kulturpolitik sowie das Fehlen neuer Impulse zu konstatieren.“

Die Konferenz am 20. Oktober 2014, unter der Leitung von Günther Marchner, soll also zusammenfassen, was wir derzeit zu wissen meinen. Diese Konferenz markiert auch das Jahr 2014 als Schlußphase der speziellen Relevanz dieser österreichischen Initiativenszene.

— [Die Marchner-Konferenz] [Generaldokumentation] —

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