Wovon handelt Kulturpolitik? #32

Was war in den letzten Monaten über unseren Lauf der Dinge herauszufinden? Das 2012er-Jahr mit seinen Spitzenwerten an Geschäftspleiten und mit allerhand außergewöhnlichen Belastungen ist abgearbeitet. Jenes Jahr der Konsequenzen aus den weltweit krisenhaften Entwicklungen von 2008/2009 hat zu einigen Veränderungen geführt, aber es hat uns nicht vom Tisch gewischt.

Festival-Station in Pöllau bei Makrt Hartmannsdorf

Das muß betont werden, weil sich etwa 2010/2011 viele Kommunen hinreißen ließen, die Bereiche Kunst/Kultur budgetär hart oder vollkommen zurückzukürzen.

Solche Schritte sind schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwach gewesen, denn die Kulturbudgets sind vor allem auf dem Lande so gering, daß ihre Löschung so gut wie keinen Einsparungseffekt bringt.

Es ist eher ein plumper PR-Effekt. Der reale Schaden solcher kulturpolitischen Fehlleistungen ist dann noch ganz anderer Art, denn der schwache Effekt über die Kürzungen von Kulturbudgets löscht überdies viel von dem, was in diesem Milieu an weiterem Nutzen erbracht wird.

Es wurde zum Glück etwa in Gleisdorf sehr gut verstanden, was sich in einer soliden Kooperation mit uns erreichen läßt. Jeder Euro, den die Stadt in unsere Vorhaben investiert, bringt ein bis zwei weitere Euro, die wir eigenständig aus anderen Quellen akquirieren, um unsere Projekte umzusetzen. Land, Bund, Europäische Union, es gibt viele Modi der Kofinanzierung von Kunstprojekten.

Ich muß für kunst ost geltend machen, daß in den letzten Jahren Kofinanzierungen weit höher ausfielen als bloß 1:2, aber bleiben wir aus Anschauungsgründen bei der einfachsten Rechnung.

Die Stadt gibt einen Euro, wir machen über andere Quellen drei daraus. Jetzt kommen aus sachkundigem Ehrenamt weitere zwei Euro an Wert dazu. Das bedeutet, die in Summe investierte Arbeit, wodurch beispielsweise ein „April-Festival“ zustande kommt, ist zu einem erheblichen Teil unbezahlte Arbeit.

Da rede ich jetzt nicht von der Kunstproduktion, durch welche Werke vorhanden sind, die gezeigt werden können. Ich meine eben NUR Organisations- und Umsetzungsarbeit.

Wenn etwa Irmgard Hierzer von der Ortsformation Gleisdorf sagt: „Ich mache das ja nicht wegen des Geldes.“ Oder wenn Helmut Rabel das Programmheft gestaltet und damit eine Arbeit abliefert, deren regulären Marktpreis wir gar nicht bezahlen könnten.

Nun ist das Ergebnis schon bei 1:4. Aus einem Euro der Öffentlichen Hand vor Ort wurden fünf. Nun beachten Sie im Internet und in Regionalblättern, gelegentlich auch in überregional wirksamen Medien, daß viele Gemeinden sporadische bis regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit leisten. Public Relations.

Sowas kostet Geld. Es müssen Kräfte bezahlt werden, welche die Inhalte aufarbeiten. Es muß die Publikation der Inhalte bezahlt werden.

Wenn nun ein offenes Kollektiv wie kunst ost durch seine Arbeit in den Medien permanent präsent ist und in der Wahrnehmung des Publikums mit einer bestimmen Region assoziiert wird, dann ist darin euch ein PR-Effekt enthalten, der als ein Gegenwert in Euro darstellbar ist.

So ein Effekt ergibt sich nicht aus sporadischen Einzelaktivitäten. Er ergibt sich aus konsequenter Arbeit in längerfristiger Kontinuitä,. Ich werde dafür bei meiner kleinen Milchmädchenrechnung einen weiteren Euro ansetzen und komme auf 1:5, was meint, aus einem Euro der Gemeinde machen wir sechs Euro Nutzen. Aber das ist noch gar nicht alles.

Um die längerfristige, kontinuierliche und konsequente Arbeit zu schaffen, treffen wir uns laufend. Wir pflegen Arbeitsgespräche und Debatten, um uns relevante Themen zu erschließen. Das machen wir natürlich zum eigenen Vergnügen. Doch es gibt dann auch die Momente, wo unser Tun in kommunale und regionale Anstrengungen einfließt.

Von links: Michaela Knittelfelder-Lang, Franz Sattler und Irmgard Hierzer

Ich nenne als Beispiel die Arbeitsebene „smart setting“, über die Ergebnisse unserer Arbeit auch die Anstrengungen städtischer und regionale Managements verstärken, ohne extra auf deren Budgets zuzugreifen; im Sinne leistbarer Synergieeffekte: [link]

Das macht einen weiteren Euro in der kleinen Rechnung und ergibt 1:7. Ich hab keinen Zweifel, daß eine exakte Untersuchung des Zeitraumes etwa der letzten fünf Jahre eine höhere Quote ergeben würde. Aber für die hier gewünschten Anschauungsgründe reicht die Milchmädchenrechnung völlig. Unsere Website dokumentiert das laufende Tun über mehrere Jahre, die konsequente Arbeit auch an wachsenden Kooperationen. Die Medienberichte sind evident.

Für eine kulturpolitische Debatte können wir also geltend machen: Aus jedem Euro, den die Kommune in unsere Projekte investiert, machen wir auf die hier dargestellte Art acht Euro Minimum, die in unserem Lebensraum zur Wirkung kommen.

Es gibt natürlich auch andere tüchtige Leute in anderen Genres, die dem Gemeinwesen auf solche Art über längerfristiges persönliches Engagement Nutzen bringen. Aber es gibt sicher nicht sehr viele Beispiele, wo sich der Nutzen so kraftvoll entfaltet. Ich darf also wiederholen, was ich schon einige Male notiert haben: Wir bringen mehr als wir kosten.

— [Übersicht] [Kulturpakt Gleisdorf] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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