Rechtsruck: Trolle und Konsorten, Echo II

[Vorlauf] Trolle, die sich ohne besonderen Anlaß in das Leben anderer Menschen schrauben, zeigen häufig ein simples Grundmuster. Ihre Timelines sind von drei Nachrichten-Versionen dominiert. 1) Selbstdarstellung, 2) Kolportage und 3) Abschätzigkeit.

Keine Aussagen, Hauptsache Präsenz…

Mit solchen Potpourris rechtfertigen und füttern sie ihre Präsenz in den Social Media.Sie flehen um Beachtung, drängen sich einem notfalls auf. 1) Selbstdarstellung ist oft mit dem Angebot von Dienstleistungen, wahlweise Beruflichem verbunden. Bei Klaus P., dem Mann aus der Filmbranche, fällt auf, daß er sich mehrfach mit einem prominenten österreichischen Regisseur assoziiert. Und er neigt zu Geständnissen.

Schriftstellerin Sigrun S., die so ganz ohne jede Diskurskraft meinen Text mit einem Sätzchen weggewischt hat, ist da weit interessanter. Sie betont zum Beispiel: „… und bin mir wieder einmal sicher: Wir brauchen dringend effektive Tools für bessere Kommunikation. Nämlich Kommunikation, die immer wieder Verbindung ermöglicht.“ (Quod erat demonstrandum!) S. bietet an: „Echt werden, echt sein: Verbindende Kommunikation im Alltag.“ Und das in bloß 90 Minuten.

Mit 2) Kolportage meine ich das Posten von Links, Memes, Nachrichten, Sinnsprüchen, von allem möglichen, das man nicht selbst verfaßt hat. Dazu mag es gelegentlich gute Gründe geben. Wer aber seine Timeline sehr wesentlich damit füllt, tut sich hervor, ohne selbst etwas zu sagen zu haben. Okay, kann man machen. Nichtssagen als Programm.

Der Schnösel vom Kulm, ein Etieketten-Virtuose.

Das läßt sich gut mit 3) Abschätzigkeit würzen, damit das Publikum bei Laune bleibt. Dazu ist keine besondere Denkleistung nötig, auch kein Wissenserwerb. Man gießt einfach seine Emotionen in Worte. Safeta O. kombiniert das vorzugsweise mit dem Nützlichen. Sie braucht bloß einen auslösenden Reiz, um auf jemanden loszugehen.

Das führt zu Ansagen, bei denen sie a) keinen Widerspruch duldet und b) gerne ihre literarische Arbeit promotet. Zitat aus unserem kurzen Dialog: „Ich kann Ihnen meine Bücher empfehlen, oder mein Theaterstück … Das habe ich getan, bevor die WOKEN das Zepter übernommen haben. Die hassen Wahrheit und lieben Terroristen.“

Aha! Die Wahrheit. Mit Nuance und Details hält sie sich gar nicht erst auf. Wo ich auf einzelne Passagen eingegangen bin, meinte sie zum Beispiel: „Das ist unerträglich, wie ihr Europa verkaufen, mit eueren blöden Ideologie-Floskeln.“

Diese Schrulligkeit hat sie mit dem Schnösel vom Kulm gemeinsam, der auch lieber darauf verzichten, auf einzelne Punkte einzugehen. Er macht es wie auch Klaus P., Sigrun S., und etliche andere. Es wird der Text als Ganzes zum Mumpitz erklärt.

Ob sie auch genauer sagen könnte, was ihr mißfällt?

Das erspart einem Argumente und Begründungen. Es werden Argumente zur Person vorgezogen, also Abschätzigkeiten, was einem Argumente zur Sache erspart, in denen man das eigene Wissen und womöglich Esprit vorführen könnte.

Beim Schnösel vom Kulm findet man kaum Selbstgedachtes. Er kommt hauptsächlich mit Kolportage und ein bißl Abschätzigkeit aus, weil die ihm wenigstens erlaubt, seinen emotionalen Haushalt auf die Bühne zu kippen.

Die hobbymalende oststeirische Matrone Klara S. ist da noch radikaler. Sie hat eigentlich nichts zu bieten, außer ein bißl 1) und 2). Ich nehme an, ihr Anfall von 3) mir gegenüber war eine Premiere.

Kombinieren wir also in einem Gedankenspiel kurz 1) Selbstdarstellung, 2) Kolportage und 3) Abschätzigkeit mit den Zutaten 1) Selbstdefinition durch Feindmarkierung, 2) Erosion von Normen und 3) Erschütterung des Grundvertrauens… Man muß natürlich kein „Rechter“ oder „Rechtsextremer“ sein, um solche Strategien aus der Küche rechten Denkens zu schätzen und zu nutzen. [Fortsetzung]

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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