Rechtsruck: Trolle und Konsorten, Echo

[Vorlauf] Sehr zutreffend raunt des Volkes Stimme gelegentlich: „Karma is a bitch!“ Im Buddhismus bedeutet Karma übrigens nicht Schicksal, sondern Konsequenz.

Womöglich sollt ich mich jetzt schämen, bin mir aber nich nicht sicher.

Das meint ganz praktisch: Alles hat Konsequenzen, nichts ist egal. Man könnte es auch ein Prinzip der Folgerichtigkeit nennen. Es ist irgendwie zu komisch, was auf meine vorangegangene Notiz folgte. Die begann ich mit einem Zitat der Schriftstellerin Safeta O.:„Martin, halt deinen linken Mund, bitte!“ Sie war auf eine launige Bemerkung von mir in Bestzeit von Null auf Angriff gekommen. (Das schildere ich später noch.)

Schriftstellerin Sigrun S. braucht ebenfalls bloß ein Sätzchen, mich zurechtzurücken, einen ganzen Text wegzuwischen: „Schon wieder: Gewalt wird mit Rechts in Verbindung gebracht. Gähn.“

Da war Klaus P., ein Mann aus der Filmbranche, einen Hauch gründlicher. Zitat: „Hätte ich mir denken können, dass Gewalt in der Sprache und ‚Zuschlagen‘ politisch nur ‚rechts‘ verortet werden können, was denn sonst? Analog dazu können Pädophilie und Vergewaltigung politisch nur ‚links‘ verortet werden, was denn sonst? Auf dieser neutralen Prämisse baue ich jetzt meine tiefgründigen Gedanken auf.“

Ein Vorwurf, der nicht begründet und beklegt wird, ist keiner.

Was beide, S. und P.. in meinen Text hineininterpretieren, steht da aber nicht und auch sonst nirgends in den Texten meiner Kolumne. Weshalb? Weil das zu behaupten Mumpitz wäre, mir also auch im Schlaf nicht einfiele.

Wie man leicht nachprüfen kann, ist das Thema dieser Leiste folgendes: „Ich halte den Rechtsruck im steirischen Kulturbetrieb a) für evident und b) für ein Tabuthema. Die Debatte ist eröffnet.“ (So auf der Startseite notiert).

Ich meine also keinesfalls, irgendeine Art des menschenverachtenden Verhaltens sei „politisch nur ‚rechts‘ verortet“, wie P. mir unterstellt, denn damit würde ich mich als ein Agent der Blödheit zu erkennen geben.

Die tätliche Gewalt habe ich auch keinem politischen Spektrum zugeordnet, sondern bloß als Referenzsystem erwähnt. Meine ausdrückliche Empfehlung lautet, daß man bei Gewalt durch Sprache ebenso Einwände äußern soll, wie wenn jemand geschlagen würde. Ich meine, unter allen Gewaltformen, die wir kennen, sollten wir keine als „eher harmlos“ tolerieren.

Das steht bloß in keinem meiner Texte.

Die diesbezügliche Textstelle lautet: „Es ist so wie mit dem Schlagen von Ehefrauen und Kindern. Wird der Bann nicht von Umstehenden ständig aufrecht erhalten, schreitet die Brutalisierung einer Gesellschaft fort, da die Normen erodieren.“

Eine politische „Verortung“ von Gewalt ergäbe dabei keinen Sinn. Frau S. geht mit ihrem „Schon wieder: Gewalt wird mit Rechts in Verbindung gebracht. Gähn.“ auf folgenden Gründen ins Leere. Erstens, weil sie keine Textstelle zitieren kann, die das belegt. Zweitens, weil ich überzeugt bin: Gewalt ist Gewalt.

Sie ist weder links, noch ist sie rechts, noch sonst irgendwo; auch nicht in der Mitte eines politischen Spektrums. Sie ist überall dort, wo sich jemand diese Überheblichkeit anmaßt, andere Menschen mit Gewalt zu bedrohen oder zu behelligen.

Man könnte das ja wenigstens seit der Habermas-Kontroverse wissen. Oder würde hier jemand behaupten, zwischen Gewaltakten der Stalinisten und Gewaltakten der Hitleristen bestünde ein essenzieller Unterschied im Wesen der Gewalt? Es ist da wie dort ein Ausdruck von Anmaßung und Menschenverachtung.

Klaus P. kommentierte: „Ich habe den ganzen verlinkten Artikel gelesen und halte ihn nicht für sonderlich intelligent.“ Gut, Intelligenz ist eine etwas trübe Kategorie, doch ich nehme mir Reaktionen ja meist zu Herzen.

Nun haben mir beide, Frau S. und Herr P., bloß so ein typisches „Verkünden-statt-begründen“ gewidmet. Sie nennen ihre Gründe nicht, auch ihre Kriterien bleiben mir verborgen. In einer meiner Antworten schrieb ich: „in meinem neandertal geht kritik so: man zitiert die stelle, die einem mißfällt und äußert seinen einwand. (allgemeine verwünschungen gelten als verpönt. das ist mehr was für social media-hipsters.)“

Die ausgewiesene Kommunikationsexpertin im Fast forward-Modus.

Mein Hauptthema ist ja im Grunde „Rechtes Denken“, wie es von der „Neuen Rechten“ seit den 1980er Jahren quer durch Europa sehr erfolgreich etabliert wurde. Mir geht es um die Identifizierbarkeit von „Rechtem Denken“ mit dem man a) zu menschenverachtenden Schritten gelangt und b) in meiner Sichtweise nach rechts rückt, egal, wo man sich selbst politisch sieht, Und zwar dann, wenn man rechte Strategien anwendet.

Dazu zähle ich unter anderem einen Kniff, den wir kennen, weil ihn Meister des Polemischen wie Haider, Vilimsky oder Kickl mit großer Raffinesse vorexerziert haben. Das geht so: Ich unterstelle jemandem etwas, verzichte auf Belege meiner Behauptungen, baue den Anschuldigungsdruck medial auf und biete mich dann dem werten Publikum als den Problemlöser für das von mir formulierte und wem anderen untergeschobene Problem an.

Man kann allemal auch links sein, zugleich rechtes Denken pflegen und rechte Strategien nutzen. Weil mir das in etlichen Bereich des steirischen Kulturbetriebs aufgefallen ist, hab ich begonnen, das Thema zu bearbeiten. Doch zu diesem jüngsten Tänzchen sind ja auch noch ein paar Klärungen nötig. [Fortsetzung]

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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