Was es wiegt, das hat’s XVI: Die kulturelle Vielfalt der Oststeiermark III

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

[Vorlauf] Eine letzte kleine Intrada in dieser Angelegenheit. Ich habe nun zwei Clubgespräche so ausführlich rezensiert, vor allem eine Serie von Zitaten kommentiert, damit man eventuelle Einwände gegen meine Kritik genau adressieren kann. Sollte der Abgeordnete Hannes Schwarz das Konzept dieser Serie ändern und/oder es gibt Erfreuliches zu berichten, werde ich das hier gerne tun. Bleibt es aber bei diesem Konzept und es kommen keine aussagekräftigeren Personen ins Spiel, sind meine weiteren Kommentare zu diesem Format unnötig. Dann hätte ich alles, was mir wichtig ist, schon gesagt.

April 2009: Michala Zingerle (2.v.r.) bei einer der regionalen Kulturkonferenzen in Gleisdorf

Was ich mit einer „aussagekräftigen Person“ meine? Zum Beispiel Gunilla Plank von den „murauerInnen“ in Clubgespräch #2. Da ehe ich jemanden in Sachen Kulturarbeit, die weiß offenbar genau, wovon sie redet. Da erfahre ich was.

Markierungen
Wenn Sie nun meine bisherigen Glossen in der Übersicht aufblättern, finden Sie dabei drei Arten der Markierung. Die Beiträge sind wahlweise mit [club] [konzept] [status] gekennzeichnet. Das [club] markiert Glossen, welche auf die Clubgespräche des Landtagsabgeordneten Hannes Schwarz bezogen sind.

Mit [konzept] kennzeichne ich Grundsatz-Glossen, in denen ich ausführe, was jeweils meine Ansichten zu den kritisierten Punkten ausmacht. Mit [status] hebe ich Glossen hervor, die Zustände des steirischen Kulturbetriebs beschreiben; Schwerpunkt Oststeiermark, weil ich mich da am besten auskenne.

Wozu das Theater?
Warum tue ich das? Weil mir mißfällt, wie eine neue Bourgeoisie Kulturbudgets kapert und stellenweise zweckentfremdet. Weil dieser Hegemoniekampf noch unentschieden ist, dieses Ringen um Definitionshoheit und Themenführerschaft in den Bereichen Kunst, Kultur, Gemeinwesenorientierung und Zukunftsfähigkeit. Weil ich sehe, wie stellenweise das alte Denkmuster „Zentrum/Provinz“ restauriert wird, wobei gerade Städte wie Weiz und Gleisdorf die letzten Jahre versucht haben, sich als Zentren aufzuwerten, indem sie ihre Peripherie zur Provinz gemacht haben. (Können wir das diskutieren oder ist das ein Tabu?)

Ich stoße mich an solcher Simulation einer regionalpolitischen (Kultur-) Kompetenz, die ein erkennbares Hauptziel hat: einem überschaubaren Kreis von Akteuren und Akteurinnen den bevorzugten Zugriff auf Ressourcen zu sichern, während allerhand Debatten verfälscht werden. Dazu kommt, daß einzelne dieser Leute unter dem Deckmantel von „Kulturpolitik“ gelegentlich jene in den Graben zu fahren versuchen, die ihnen widersprechen. (Dazu bringe ich noch belegbare Beispiele.)

Die Schlußszene
…von Clubgespräch #4 ist nun fällig. Ab Minute 26:25 geht es im Video um Kinder und Jugendliche. Zu diesem Genre habe ich keine Kompetenzen, laß das Thema also aus, mache Pause. Immerhin sagt Frankenberger nach Minute 28:10 von sich ergriffen: „Ich bin Künstler, der lehrt…“

Jänner 2009: Eine der typischen Kulturkonferenzen von Kunst Ost, die in Weiz und schließlich auch in Gleisdorf von der Verwaltung konsequent angefochten wurden.

Das heißt, er ist ein Künstler, der die sichere Existenz bevorzugt und den Freelancer-Status gemieden hat. Er läßt nun durchblicken, daß ihm eine Kunstakademie in der Steiermark zusagen würde, was ich für sehr kritikwürdig halte.

Und dann kommt es: „Ich glaube, man muß in einer Zeit, in der man lebt, die Jugend fördern.“ Ich erspare mir und Ihnen einen Kommentar solcher hohlen Phrasen. Auch über seine Utopie, also über Frankenbergers „meine Utopie“, gehe ich höflich hinweg.

Heftiges Beuyseln
Gegen Minute 30:10 fragt Schwarz dann Michaela Zingele, was denn ihre Utopie sei. „Es ist das Gleiche!“ Da bin ich platt. Ein Mann, eine Frau, zwei verschiedene Generationen, zwei verschiedene Lebenskonzepte, völlig verschiedene Biographien, aber die gleiche Utopie? Wie geht das? „Kunst ist eine gleichwertige Lebensgeschichte“, sagt Zingerle. Was soll das denn heißen? (Ich lebe seit 1977 in der Kunst und verstehe diesen Satz nicht.)

Ich wußte ja, wo Beuys erwähnt wird, da… naja. Und fein, daß Zingerle noch die Musikschulen als Kulturträgerinnen hervorhebt; wir haben ja in Gleisdorf auch eine. Wie erwähnt, Zingerle ist Vorstandsmitglied der IG Kultur Steiermark, also einer Art Kulturgewerkschaft, betont aber häufig die Vorteile alter Institutionen. Das finde ich kurios.

Was bekamen wir nun im vierten Clubgespräch vor allem auf den Notizblock? Kunsthaus Weiz, Brandstätters Kunstschule, Musikschulen, die HTL Ortweinplatz, die Meisterklasse, eine steirische Kunstakademie wäre schön, Brock, Menasse, Seume und die IG Kultur Steiermark. Gut, nun ahne ich, wo der Schuh drückt. Da möchte jemand zurück ins vorige Jahrhundert, womöglich sogar ins vorvorige.

Diesmal bin ich bei Minute 31:30 geradezu froh, daß es einen weiteren Kulturtip gibt. Vielleicht kommt nun endlich etwas Frisches, das nicht aus dem letzten Jahrhundert stammt. Der regionale Abgeordnete Wolfgang Dolesch präsentiert … Uuups! Einen neuen Eventkalender. (Oida! Wie viele regionale Kulturkalender hab ich hier die letzten 30 Jahre kommen und gehen gesehen?)

März 2009: Verentzungsansatz. (Richard Frankenberger wurde zum Stichwort „Context Crew“ notiert.)

Das ist ein Uraltkonzept, welches immer dann aus der Gruft geholt wird, wenn es keine neuen Ideen mehr gibt. Damit gehen diverse Managements (City-, Tourismus-, LEADER-) gerne auf Nummer sicher, wenn sie ein Budget abholen und ihren eigenen Leistungsbericht auffetten wollen, ohne sich besonders anstrengen zu müssen.

Schwarz bedankt sich „für die interessante Diskussion“. (Ähem, räusper, hüstel, welche Diskussion?) Er sagt, man sei auf unsere „Kommentare, Inputs und Meinungen gespannt“. Irgendwer in seinem Umfeld aber nicht. Mein erster Input zu diesem Clip, jener über die kulturpolitische Agonie in der Region, wurde gelöscht; mit dem Hinweis, er verstoße gegen Gemeinschaftsregeln. (Gegen welche?)

Aber Schwarz hat mir inzwischen ein Gesprächsangebot geschickt. Ich hab vorgeschlagen, damit nicht gleich auf eine Bühne zu gehen, so daß dabei konzentrierte Arbeit möglich ist, ohne sofort eine Außenwirkung beachten zu müssen. Damit ließe sich zumindest klären, was derzeit gute Fragen wären, wo einige Genies in diesem fundamentalen Umbruch schon Antworten raushauen.

— [The Long Distance Howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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