Was es wiegt, das hat’s VI: Frankenberger

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

Selbstdarstellung zählt. Was später an Fakten der Fall sein wird, danach fragt oft niemand mehr. Ich habe vor allem die letzten zehn Jahre mit vielen Menschen in leitenden Positionen gesprochen; in Betrieben vom Kaufhaus Mörath über Logistiker Knapp bis zu den Lehrwerkstätten von Magna Steyr. Überall habe ich gehört, daß immer häufiger Menschen auftreten, die zeigen eine beeindruckende Performance bei der Bewerbung, aber sie können nicht, was sie sagen. Als Gesprächspartner fand ich dabei jene Beispiele am amüsantesten, wo sich Leute vorstellen, die nicht einmal wissen, was genau der Betrieb produziert.

Richard Frankenberger am 4. Dezember 2006: „Cover Your Eyes“.

Wir, das Kulturvölkchen, kennen solche Flausen natürlich auch. Wo der Schein das Sein überrennt, entstehen dann unter anderem jene kulturpolitischen Problemlagen, die in einer erhöhten Krisensituation Existenzen beschädigen. Als altgedienter Freelancer in der Kunst stört mich so ein Verhalten erheblich, zumal es oft von Teilen jener neuen Bourgeoisie ausgeht, deren Leute in guten Jobs hocken und von da aus die Begriffe meines Milieus kapern, um sich etwas Radical Chic zu gönnen.

Seine Silhouette aufplustern
Man könnte ja auch einfach ein Lehrer sein, der sich überdies als exzellenter Künstler profiliert. Fertig! Paßt! Aber nein… Der „Vernetzungsfachmann“ Richard Frankenberger, ein Athlet im Antichambrieren bei Politik und maßgeblichen Institutionen, läßt uns derzeit via Internet an seinem Fachwissen teilhaben; etwa bei den Klubgesprächen von SPÖ-Kultursprecher Johannes Schwarz. Ich kenne ihn ja etwas anders. Lassen Sie mich das sortieren!

Frankenberger ließ mich am 8. Jänner 2002 zum ersten Mal wissen, daß Rollenklarheit und basisdemokratische Plattformarbeit sich nach seinen Vorstellungen richten sollten oder unterbleiben mögen. Ein ganzseitiger Artikel in der Kleinen Zeitung, verfaßt von Franz Brugner, zeigte ihn und Hartmut Skerbisch (†), machte deutlich, warum den beiden kulturelle „Vernetzungsarbeit“ in jenem Jahr nicht gelungen sei. Es soll an mir gelegen haben.

Hartmut Skerbisch (†) am 5. Jänner 2000 im Pischelsdorfer „Kulturstock“ (links: Josef Schützenhöfer).

„Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf.“ schrieb Brugner. Es soll „acht Rundschreiben an alle Kulturaktivisten der Oststeiermark“ gegeben haben und „faktisch null Feedback“. Der Artikel deutet an, an wem das liegen mag: Martin Krusche.

Eine griffige Legende
Frankenberger machte es spannend, fragte Skerbisch rhetorisch: „Ihr wart nicht synchron?“ Dabei wußte er es nicht bloß besser, sondern ganz genau, denn er hatte die Situation zwischen Skerbisch und mir bearbeitet. Brugner orakelte: „Krusche warf das Handtuch und verließ im Unfrieden das schlingernde Boot.“ Welches Handtuch? Welcher Unfrieden? Welches Boot?

Beachten Sie! Mein Abschlußbericht an Auftraggeber Horst Fidlschuster (siehe Anhang!) stammt vom 07. Januar 2001, war also ein Jahr vor dem Brugner-Artikel im Kasten. Damit galt dieser Teil des Projektes als abgeschlossen und mich kümmerte mich eigenständig um die weiterführende Kulturarbeit.

Ganzseitig in der Kleinen Zeitung (Das Foto ist aus Urheberrechtsgründen gekachelt.)

Skerbisch hatte damals schon klar gemacht, er werde mit Frankenberger einen anderen Weg gehen. Zu der Zeit hatte ich schon über ein Jahrzehnt Praxis in diesen Dingen hinter mir und klare Vorstellungen, was machbar sei und was nicht, siehe zum Beispiel: 22. September 1990, „Fest der Initiativen“ [Link]

Wovon die regionalen Bemühungen um Kooperation bei „Synergie 2000“ in meinem Fall ganz konkret handelten, belegen die ausführlichen Protokolle, von denen ich Ihnen hier einen Teil als PDF-Dokument zusammengefaßt hab. So können Sie sich selbst ein Bild davon machen. Frankenberger kannte diese Details alle, weil er a) diese Infos damals bezogen hat und b) mit Skerbisch schon während unseres Projektes eine separate Aktionslinie entwickelt hatte.

Vermutlich sind solche Aktivitäten gemeint, wenn sich Frankenberger heute als „Aktivist“ promoten läßt, denn das war auch ihm damals klar, Zitat: „Projektträger waren Hartmut Skerbisch und die praxiszone kunstraum.gleidorf, vertreten durch Martin Krusche. Partner und Co-Financier war das EU Regionalmanagement Oststeiermark, vertreten durch Horst Fidlschuster.“ Frankenberger war demnach NICHT Teil dieses Projektteams.

Aber ich hab es in den letzten 20 Jahren öfter erlebt, daß sich Kulturschaffende samt ihren Partikularinteressen mit eklatanten Regelverstößen in Position brachten und in eines meiner Projekte schraubten. In der Wirtschaft, so sagten mir erfahrene Leute, sei das ganz normal, also: „Reg dich nicht auf!“

(Quelle: Kleine Zeitung)

Jänner 2001: „Ich habe fertig!“
Wie erwähnt, ich war in der Sache mit dem 7.1.2001 fertig und hab danach sinnvolle Kooperationen weiterentwickelt, denn die hatte ich in der Region seit spätestens 1986 in Arbeit. Das können Sie in den Protokollen nachlesen. (Die damalige Vielfalt überrascht mich heute, diesen Status haben wir in der Oststeiermark längst nicht mehr.)

Es mag ja sein, daß Frankenberger und Skerbisch ein Jahr später (8.1.2002!) aus der Szene keine Rückmeldungen bekamen. An mir lag das sicher nicht, zumal Skerbisch klar gemacht hatte, daß er zu einem „vernetzenden“ Kunstprojekt tendiere.

Genau das skizzierte Brugner ja auch in seinem Artikel: Skerbisch mit seinem Kunst-Projekt ‚Feldnachbarn‘ in fünf oststeirischen Gemeinden, „die werden erst festgelegt“. Eine temporäre „mit Informationen gespeicherte Kugel“. Sowas klappt aber nicht zugunsten regionaler Kulturinitiativen und ich kenne kein Beispiel, wo es geklappt hätte. Das wäre etwas, mit dem man eine vollzogene Plattform betonen und promoten könnte. Da fehlt aber eben die vorangegangene Vernetzungsarbeit.

Hätten wir im Jahr 2001 noch kooperiert, dann wäre mein Standpunkt natürlich gewesen, daß die regionalen Kulturinitiativen eine soziokulturell wirksame Plattform bräuchten, deren Lastenheft klar definiert sein müßte. Ein Kunstprojekt leistet sowas nicht. Das wäre der weitere Aspekt eines denkbaren/größeren Vorhabens. (Wir sollen auch Konzepten einer „Kunst um zu…“ mißtrauen!)

Das 2001er Projekt
Was ich ursprünglich mit Fidlschuster und Skerbisch vereinbart hatte, ist genau das: „Für die informelle oststeirische Plattform ‚Synergie 2000‘ sollte ein mehrmonatiges Begleitprojekt realisiert werden, um Bedarfslagen und Handlungspotentiale zu klären, um gegebenenfalls ein Initialereignis herbeizuführen, das 2001 der Auftakt für größeres kulturelles Vorhaben quer durch die Region sein kann. (Beachten Sie bitte, daß ich meinen Beitrag nicht als distanzierter Beobachter, sondern als teilnehmender Plattform-Proponent geleistet habe.)“

Wie erwähnt, Publizist Brugner hat nicht recherchiert, sondern die bequemere Arbeit der Kolportage bevorzugt. Er hätte zum Beispiel im Zuge von Gegencheck die Protokolle erhalten und durchsehen können. Ich habe Ihnen die wichtigsten Dokumente dazu wie gesagt als PDF-Datei zusammengefaßt.

Das beginnt mit September 1999. Es schließt meinen achtseitigen Schlußbericht ein und endet mit einem Protokoll vom Jänner 2001. Diese und andere Protokolle finden Sie auch im Webbereich „Transparenz durch Evidenz! (Kulturpolitische Dokumente) auf der v@n-site: [Link]

Propaganda
Gehen Sie ruhig davon aus, daß Frankenberger nicht den Bruchteil dieser Intitiativen-Kontake gehabt und gepflegt hat, was am ehesten erklärt, weshalb er damals ohne Feedback aus dieser Szene blieb. Er hat solche Arbeit in der Dimension schlicht nicht gemacht. Darin mag ein Grund liegen, daß er mich Brugner gegenüber vorgeführt hat und dieser Ganzseiter in der Kleinen Zeitung den Eindruck erweckt, ohne mich hätte das besser geklappt.

Ich war aber 2001 gar nicht im Spiel der beiden Männer. Frankenberger und Skerbisch haben ihre Vorhaben ganz aus eigener Kraft versemmelt. Brugner hat auf einen Gegencheck verzichtet und einfach unüberprüft geschrieben, was ihm da erzählt wurde. (Das sollte später in einer größeren Angelegenheit erneut so kommen; Stichwort „steirischer herbst“.)

Die letzten 20 Jahre läßt sich gut belegen, daß Kategorien wie „Vernetzung“ und „Solidarität“, aber auch „Widerstand“ in unserem Milieu zu Duftmarken wurden, die sich als Unique Selling Proposition nutzen lassen. Es gibt etliche gut dokumentierte Beispiele, wie solche Strategien genutzt werden, um sich selbst über andere zu erheben und eine Art kulturpolitischen „Gebietsschutz“ einzuführen, so einen besseren Zugriff auf Ressourcen zu sichern.

September 1990: „Fest der Initiativen“

Ich werden Ihnen in dieser Themenleiste bei andere Gelegenheit noch zeigen, wie tatsächlich gemachte Vernetzungsarbeit konkret aussah und welche Kulturinitiativen dabei involviert waren. Ich betone: Vernetzung ist kein Inhalt, sondern ein Werkzeug.

Prüfen Sie selbst!
Richard Frankenberger hat sein Schaffen gründlich im Web dokumentiert (und manches wieder gelöscht, was ihm hinterher bezüglich seiner Interessen zu kontroversiell erschien): [Link #1] [Link #2]

Wenn sie folgende Formulierungen in eine Suchmaschine hauen, finden Sie Antworten auf Fragen zu seiner geleisteten Vernetzungsarbeit und seiner diesbezüglichen Expertise:
synergie 2000 site:frankenberger.at
vernetzung site:frankenberger.at
synergie 2000 site:kunstraumkulm.net
vernetzung site:kunstraumkulm.net

Hier die 37 Seiten meiner Protokolle
zum Projekt „Synergie 2000“: [Link] (896 kb)

Post Scriptum
Und fragen Sie sich ruhig auch, weshalb der Kulturstock in Pischelsdorf nach Frankenbergers Rückzug ins Private unter einen neuen Namen und ein neues Logo gestellt werden mußte, denn selbst bei der internen Vernetzung seiner Commnunity durfte „sein Werk“ nicht mit der Leistung des Kollektivs verwechselt werden. Siehe: [Link]

— [The Long Distance Howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton, Kulturpolitik abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.