Kulturpakt III: Kulturpolitische Position

Jetzt ist geklärt, mit welchem Fokus wir hier bei Kunst Ost im regionalen Kulturgeschehen auf das kommende Jahr zugehen. Es zeichnet sich am Horizont der Themenkomplex „The Track: Pop“ ab. Es wird ein neues, also nächstes April-Festival geben. Es geht auch um das Spannungsfeld „Handarbeit/Kopfarbeit“, was ich unter „Mythos Puch“ bündle.

Wir überprüfen innerhalb eines überschaubaren Arbeitskreises, wo die Pfade abseits des Boulevards uns Kinder der Massenkultur hinführen können.

Ein wesentliches Merkmal der Massenkultur ist die Neigung, alles in Konsumgegenstände zu verwandeln. Darum dominiert auch in den Bereichen Kunst und Kultur eine ziemlich ungeschminkte Verwertungslogik.

In merkwürdiger Hybris verlangen auffallend viele Günstlinge des jungen Wohlstandes gerade von den Kunst- und Kulturschaffenden, sie mögen quasi stellvertretend auf „schnöden Mammon“ verzichten und sich „höheren Werten“ verschreiben, sie mögen „edlere Ziele“ haben.

Geld ist freilich keine Kategorie der Kunst. Geld ist auch nicht schnöde. Es ist ein Medium, mit dem ich unterschiedliche Arten von Werten konvertieren kann.

Wir haben in unseren kulturellen Vorhaben selbstverständlich einen erheblichen Bedarf an Geld. Erheblich gemessen an dem, was die üblichen Einkommen und Budgets Kunst- und Kulturschaffender in Österreich sind.

Sehen wir uns nackte Zahlen an, sind die Budgets in der Verfügung unseres Milieus hier in der Provinz bloß ein Bruchteil dessen, was etablierte Funktionärskreise in Politik und Verwaltung allein für Geselligkeit und Repräsentation ausgeben dürfen.

Reden wir also ruhig über Geld; über jenes Geld, aus dem wir durch Eigenleistung, Netzwerkarbeit und zusätzliche Akquise plus entsprechende Resonanz in den Medien ein Vielfaches dessen machen, was uns geldgebende Institutionen in die Hände legen.

In eben diesem Zusammenhang muß auch verstanden werden, warum einer wie ich in kulturpolitischen Debatten vor Ort harte Positionen einnimmt. Erst kürzlich habe ich wieder einmal erfahren, daß sich ein Kreativer dieser Kleinregion durch meine Ansichten brüskiert gefühlt hat und bis heute daran zu nagen habe.

Wie kommt so was? Meist doch nur in der direkten Konfrontation, wo wir die Vergabe öffentlicher Mittel debattieren. Ich werde niemandem in seine oder ihre privaten Optionen hineinreden, wo diese auch privat finanziert werden.

Wo aber öffentliche Gelder zur Anwendung kommen, bin ich ein strikter Gegner der Förder-Gießkanne: „Für alle ein bißl was“. Ich bestehe auf eine wie auch immer angelegte Gemeinwesenorientierung in regionalen Kulturprojekten, die aus öffentlichen Geldern kofinanziert werden.

Davon kann bloß der Ankauf von Kunstwerken beziehungsweise die Finanzierung von Kunstproduktion ausgenommen sein, die sich selbst ausreichender Zweck sind.

In diesem Zusammenhang wäre bestenfalls zu debattieren, was wir unter relevanter Kunstproduktion verstehen möchten und was privates kreatives Schaffen ist, das in einer Kunstdebatte keine Rolle spielt.

Meist sind Kreative, die sich von mir brüskiert fühlen, in eben diesen Fragen unschlüssig bis unwillig. Dabei verlange ich nicht mehr, als daß sie ihren Anspruch auf die Nutzung öffentlicher Gelder begründen und vertreten.

Wer aus persönlicher Passion „schöne Fotos“ bringt, „schöne Bilder“ malt, „ausdrucksvoll schreibt“  oder einfach „irgendwie kreativ“ ist, hat seine oder ihre Gründe zu nennen, weshalb diese private Passion aus öffentlichen Mitteln kofinanziert werden sollte.

Noch einmal deutlich zum Mitschreiben: Nennen Sie Ihre Gründe!

Ich akzeptiere durchaus, daß in unserem Kulturbetrieb ein großes Maß an Repräsentationsarbeit untergebracht ist. Wie sich einst Adel und hoher Klerus diese Art Distinktions-Produktion via Kulturbetrieb leistete, wie es schließlich das Bürgertum dem Adel gleichtat, so ziehen sich dieses Bedürfnis plus diese Verfahrensweise durch die Prozesse und Transformationen des 20. Jahrhunderts.

Diese Marotte ist längst bei uns in der Provinz angekommen. Ich empfinde das als ambivalent, weil mir klar ist, daß jedes Konstituieren von Gemeinschaft nach Ritualen verlangt. Zugleich habe ich eine ganz niedere Reizschwelle, wo derlei Modi zu hohlen Gesten verkommen und dabei jene knappen Mittel schmälern, die für konsequente Kulturarbeit so nötig sind.

Deshalb meine strikte Haltung in kulturpolitischen Debatten. Deshalb meine unabdingbare Forderung: Nennen Sie Ihre Gründe! Deshalb verlange ich auch, daß wir in einigen unserer Begriffe genauer werden, weil mir ein klares Denken ohne klare Begriffe sehr schwierig erscheint.

Also möchte ich stets neu geklärt sehen, wer sich in Vorhaben der Gegenwartskunst und wer sich dabei den Voluntary Arts verpflichtet; aber auch, worin sich beides berührt und was aus einem möglichen Wechselspiel dieser Genres werden soll.

Ich möchte nicht regungslos zusehen, wie das Gemeinwesen in einen Selbstbedienungsladen oder in eine fette Servicestation umgewandelt werden könnte. Ich bin ein munteres Kind der Massenkultur mit dem Fundament eines Proleten. Ich sehe nicht tatenlos zu, wie in diesen Verhältnissen alles in Konsumgegenstände verwandelt wird.

Das macht mich streitbar. Und daran will ich festhalten.

+) April-Festival 2015: [link]
+) Kulturpakt Gleisdorf III: [link]
+) Mythos Puch: [link]
+) The Track: Pop: [link]
+) Wovon handelt Kulturpolitik? [link]

— [Generaldokumentation] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Reflexion und Grundlagen abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.