Routen 311: Puch XII (Alpenwagen)

Die Illustration eines historischen Werksprospektes zeigt uns einen eleganten Doppelphaeton mit Torpedo-Karosserie.

Ein Doppelphaeton, also offener Zweireiher.

Das bedeutet, der offene Viersitzer (mit „Außendach“) hat eine durchgehende Linie, die zum Motorraum hin keine Stufe mehr zeigt. Ich hab ihn erstmals live gesehen, als Magna Steyr 2012 einen Alpenwagen für eine Weile an das Puchmuseum in Graz auslieh. (Altmeister Franz Tantscher hat ihn damals sehr achtsam in der Halle bewegt.)

Der Alpenwagen von Magna Steyr.

Wir leben seit gut 200 Jahren in einer permanten technischen Revolution. Das hat die Steiermark grundlegend verändert und beginnt ganz markant mit den Englandreisen des Erzherzog Johann von Österreich. (Siehe dazu: „Zwischen Brandhof und Puchwerk”!)

(Foto: Herranderssvensson, CC BY-SA 3.0 Deed)

Daß ein Exemplar dem Technischen Museum Wien gehöre, halt ich für ein Gerücht. Als die ÖGHK anno 2001 („Jahr des Verkehrs“) ihr 25jähriges Bestehen feierte, wurde das im Museum gefeiert. Dazu gab es eine kleine Sonderschau, in der ein Alpenwagen stand. Ich vermute, jener von Magna. Siehe: [Link]

Ansonsten kam er mir längere Zeit bloß in der Literatur unter. Dann sprach sich herum, daß in einem schwedischen Museum einer stehen soll; nämlich im „Svedinos Bil- och Flygmuseum“ („Auto- und Flugmuseum Svedino“) in Ugglarp.

Von diesem Fahrzeug gibt es auf Wikipedia ein Foto des „Herranderssvensson“, was vermutlich „Herr Anders Svenssohn“ bedeutet. Erscheinung und Nummerntafel machen klar: Das ist der Alpenwagen, den ich jüngst in der Steiermark gesehen hab.

Herr Boberg in seinem Alpenwagen.

Sehr anschaulich finde ich ein historisches Foto auf Wikiped, das Paul Boberg in seinem Puch XII Alpenwagen zeigt. Dann wieder etwas aus der Gegenwart. Im Jahr 2017 brachte die österreichische Post eine Sondermarke mit diesem Klassiker heraus. Hier im Austria-Forum: [Link]

Sondermarke von 2017.

Hab ich mir natürlich sofort geholt. Der sieht mir ganz so aus wie jener in der Sammlung Koller. Den hat Garagenliebling Gerhard Szamuhely fotografiert und mir einige der Bilder überlassen.

Der Koller’sche Alpenwagen (Foto: Gerhard Szamuhely)

Ich halte diesen Alpenwagen für repräsentativ in einem gravierenden Prozeß, der zu kompakteren und leistbareren Automobilen führte. Das war zwar noch bis hinein in den Zweiten Weltkrieg eine Domäne sehr wohlhabender Leute, aber der Weg wurde offensichtlich.

Austro-Daimler „Sascha“ (Foto: Roswitha Liebmann)

Ich sehe Ferdinand Porsches Austro-Daimler ADS („Sascha“) von 1922 als wesentliche Markierung. Der war freilich als Rennwagen konstruiert, aber er machte in seinem günstigen Verhältnis von Motorleistung und Fahrzeuggewicht deutlich, wohin die Reise zur Volksmotorisierung per Automobil gehen werde.

Den Puch Alpenwagen von 1919 sehe ich auch als so einen Zwischenschritt in der Abkehr von den riesigen (und astronomisch teuren) Automobilen, die davor den Markt beherrscht haben. Und er gehört zu den wenigen Beispiele von Puch-Automobilen der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg, die erhalten geblieben sind.

Der Puch-Motor läuft inzwischen anstandslos.

Wäre das noch zu erwähnen, zum ersten Bild auf der Seite schrieb mir Karl Haar: „Ich glaube, dass es sich bei deinem SW-Doppelphaeton um einen Typ VIII handelt. Man erkennt das an den 6 Radschrauben. Der Typ XII hat 5 Radschrauben.“

Postskriptum
Im Technischen Museum Sloweniens (Schloß Bistra) steht (oder stand) meines Wissens ein Puch VIII „Alpenwagen 14/38“ der zu einem Feuerwehrwagen umgebaut wurde. Durchaus passend, denn Johann Puch war eigentlich Janez Puh, ein ethnischer Slowene im alten Österreich. Beim virtuellen Rundgang im Bereich „Road Vehicles“ konnte ich bloß einen Doppelphaeton von Austro-Daimler entdecken, der leider von einer Säule etwas verdeckt wird. [Link]

PPS
Ich zeige den aus Schweden heimgeholten Puch Alpenwagen hier deshalb nicht, weil der Besitzer wünscht, nicht an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Gehen Sie davon aus, daß er dem in der Sammlung Koller (und dem auf der Briefmarke) sehr ähnlich sieht.

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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