Frauenleben und Weltfrieden

Ich muß mich gerade umorientieren. Die meisten Veranstaltungen, auf die ich mich näher einlasse, können vorbehaltlos öffentlich dokumentiert werden, lassen sich im Web darstellen. Doch manchmal geht es in einen Themenbereich hinein, da möchten beteiligte Menschen nicht vor den Vorhang gezerrt, ausgestellt, wahlweise auch nicht individuell zitiert werden.

16dez04_kbsEs bleibt einfach, in der Situation selbst zu kapieren, wo sich größere Zurückhaltung nahelegt. Kürzlich ging es bei einer der Wanderkonferenzen des Kultur Büro Stainz um die Frage, wie einem die Welt gefallen würde und was demnach geändert werden solle.

Da ist dann etwa über sanfte Ironie eine Annäherung möglich. Kennen Sie sie jene Sequenz im Film „Miss Undercover“, wo die Schönheitsköniginnen gefragt werde, was für eine Gesellschaft das Wichtigste sei? Eine nach der anderen flötet: „Weltfrieden!“ Darüber haben wir unterwegs gelacht.

Aber so harmlos blieb es nicht. Wenn man lebenserfahrene Frauen als Reisegesellschaft hat, kann das zu Klartext fühen. Da werden bald die eben vergangenen Jahrzehnte zum Referenzsystem, in dem sich ziemlich zügig abzeichnet, wovon für die Fragen nach dem Zustand der Welt auszugehen ist.

In der Folge muß hier vieles, was vor Ort offen ausgesprochen werden konnte, privat, also unerwähnt bleiben. Wir finden die Verwüstungen in den eigenen Biographien. Wir ahnen, wie es hätte sein können, nachdem wir wußten, wie wir es haben wollten. Und dann liegt alles vor, was geschehen ist.

Hat das nun zu kryptisch geklungen? Erdachtes, Erträumtes, Erlebtes, harte Kontraste. So weit teilen wir Erfahrungen auf jeden Fall. Dann aber diese konkrete Erörterung, was in einem Frauenleben zu erledigen ist und was ein Männerleben jemandem abverlangt.

Wenn es dabei auch um gemeinsame Kinder geht, werden plötzlich schwer erklärliche Schräglagen deutlich. Wie kann es zum Beispiel sein, daß eine Frau, deren Kindern schon Teenager sind, nicht damit rechnen darf, daß wenigstens ein halber Tag pro Woche ganz verläßlich ihr allein gehört?

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Wie ist es möglich, daß eine Frau für die Familie sorgt, zusätzlich erwerbstätig ist, aber nach zehn, fünfzehn Jahren noch immer nicht weiß, was ihr Mann monatlich verdient und für sich ausgeben kann?

Wie kann eine Frau zwischen vierzig und fünfzig, die keineswegs in Not geraten ist, von eineinhalb bis zwei Jahrzehnten Familienleben körperlich so angeschlagen sein, daß sie ärztlichen Beistand braucht?

Wie soll man erklären, daß eine gut situierte Kleinfamilie, wo nicht gerade ums Überleben gekämpft werden muß, derlei Asymmetrien nicht ausbalancieren kann oder will? Das sind einige der Fragen, die bei einem gemeinsamen Nachdenken über Optionen einer besseren Welt zur Sprache kommen können.

Weltfrieden ist dabei noch kein vorrangiges Thema. Wir haben auch nicht darüber gesprochen, daß Österreich innerfamiliäre Gewalt und sexuelle Übergriffe unter Verwandten in epidemischem Ausmaß kennt. (Muß ich da noch erwähnen, daß die Opfer überwiegend Frauen und Kinder sind?)

Wir waren in diesen Debatten während das Gehens ausschließlich bei Erfahrungen, die nicht von brutalen Vorfällen handeln. Da ist allein schon reichlich Stoff zu finden, der einen eine besser Welt herbeiwünschen läßt. Ich erzähle Ihnen, worüber wir uns so richtig scheckig gelacht haben, auch wenn sich die Pointe nicht allen Menschen sofort erschließen wird.

Da hat sich eine Frau unter tags einmal kurz hingelegt, um sich auszuruhen, denn die Kräfte waren ihr gerade sehr knapp geworden. Kommt der Mann zufällig ins Zimmer, betrachtet die Szene. Er sagt mit schnippischer Färbung im Tonfall: „Na, im nächsten Leben will ich auch als Frau zur Welt kommen.“ Erwidert sie: “Ja, das wünsch ich dir von Herzen!“

+) Kultur Büro Stainz (Einige Features)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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