KWW: Ich mag kein Geschwafel

Wenn wir darüber nachdenken, was denn eigentlich Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft konkret mit einander zu tun haben können/sollen, noch dazu jenseits des Landeszentrums, zeigt sich sehr schnell, daß unter den Kulturschaffenden vor allem einmal recht viele unüberprüfte Annahmen kursieren.

Das ist für uns einer der Gründe, über den in den letzten Jahren nicht mehr hinwegzusehen war, weshalb wir uns in kleiner Runde auf einer Art Gesprächs-Expedition durch die Region befinden. (Wir, das meint Karl Bauer, Michaela Knittelfelder-Lang, Christian Strassegger und mich.)

Von links: Johannes Weiß, Elisabeth Ruhsmann und Karl Bauer

Als ich eben mit Karl Bauer im schweren Wetter von Weiz heimfuhr, waren wir beide einig, daß wir mit jeder weiteren Gesprächsrunde tiefer in eine Zone der Überraschungen hineingeraten, wo wir im scheinbar vertrauten Lebensraum andauernd geläufige Bilder und Vorstellungen revidieren müssen.

Wir waren zu Besuch beim Landring Weiz: [link] Geschäftsführer Johannes Weiß und Elisabeth Ruhsmann, unter anderem für Werbung & Kommunikation zuständig, hatten sich für uns Zeit genommen.

Einer der „Angelpukte“ dieses Gespräches rund um die Befindlichkeit der Region, um Fragen regionaler Identität und aktueller Entwicklungen war dann Ruhsmanns Feststellung, sie überlege sich sehr genau, in welche Projekte sie investiere, denn „das ist ja das Geld, das meine Kolleginnen und Kollegen erwirtschaftet haben“.

Diese Aussage ist sehr viel aufschlußreicher, als auf Anhieb vielleicht deutlich wird. Sie handelt nämlich davon, daß Geld nicht einfach als eine Manövriermasse verstanden wird, über die Minoritäten verfügen, wenn es erst einmal verfügbar ist. Geld ist ein Medium, in das Lebenszeit und Arbeitskraft von Menschen konvertiert wird, das dann seinerzeit wieder in etwas anderes konvertiert werden kann. Aber in was? Genau!

Wer also über Gelder verfügt, greift so auf das Leben konkreter Menschen zu. Das ist einer von mehreren Aspekten, über die deutlich und begreiflich wird, was jemand meint, wenn es etwa heißt, Unternehmen hätten eine soziale Verantwortung; eine Auffassung, die auf unsere Reise zu solchen Gesprächsrunden vor allem Erwin Stubenschrott, Geschäftsführer von KWB, sehr ausdrücklich vertreten hat.

Das sind demnach keine Floskeln, sondern es lassen sich Beispiele finden, wie das jemand praktisch anzuwenden gedenkt. Sehr interessant fand ich in diesem Zusammenhang auch die Ansichten von Johannes Weiß zum Thema „Krise“. Wir sind es ja von der Politik her gewohnt, daß uns seit dem Jahr 2009 allerhand Entwicklungen als quasi unbausweichliche Konsequenzen „der Krise“ ausgegeben werden.

Ich kenne Entsprechungen auch im Kulturbetrieb, wo sich manche Kulturschaffende neuerdings gar nicht mehr einkriegen, das Ausrufen „der Krise“ und ihrer angeblichen Folgen zum Hauptgegenstand ihrer Beschäftigung mit Kulturfragen zu machen.

Weiß sagt ziemlich unerbittlich: „Für mich als Unternehmer gibt es überhaupt keine Krise.“ Damit meint er wohl, es gebe wechselhafte Konjunkturen und es gehöre zu seinen Aufgaben, unter den sechs Standbeinen des Unternehmens (Landtechnik, Heizen, Haus & Garten etc.) für jene Balance zu sorgen, in der sich auch schwache Momente eines einzelnen Bereichs abfangen lassen.

Erneut hörten wir übrigens etwas wie: „Die einzige Krise, die wir haben, wir bekommen nicht die Zahl an Fachkräften, die wir brauchen.“ (Eine deutliche Stellungnahme, was unsere Systeme von Bildung und Ausbildung betrifft.)

Ich werde noch davon zu erzählen haben, worin die Landring-Crew definitiv das Zeug einer regionalen Kulturinitiative hat und auch nutzt, was mich übrigens in der gegebenen Form ziemlich überraschte. Da wäre dann von Prinzipien und Verfahrensweisen im Kommunikationsbereich zu reden, von Medienkompetenz etc.

Das reicht auch in sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte; Stichwort: Das Milchbankerl als architektonisches Stilelement, befreit von seinen ursprünglichen Funktionen.

Wenn man mit Ruhsmann über die Meta-Ebene spricht, zum Beispiel über regionale Projekte, deren Zweck letztlich eine Aufwertung der Region ist, sagt sie unmißverständlich: „Ich mag kein Geschwafel.“

Das meint auch, sie mag keine Projekte, bei denen ein Großteil verfügbarer Budgets schon für jene Vorgänge verbraucht wird, mit denen das Projekt überhaupt erst gestartet werden kann.

Das ist eine regionalpolitisch und wirtschaftlich sehr brisante Aussage, denn es wirft die Frage nach redlicher und effizienter Nutzung verfügbarer Mittel auf.

Um es seinem Sinn nach zu verdeutlichen: Ein alter Bauer aus Laßnitztal hat mich einmal gefragt, ob mir der Unterscheid zwischen „fleißig“ und „tüchtig“ klar sei. Ich ließ es mir von ihm erklären. Fleißig ist, wer viel tut. Tüchtig ist, wenn auch was dabei herausschaue.

Sie ahnen schon, von dieser Gesprächsrunde wird noch mehr zu erzählen sein…

— [KWW] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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