Archipel: Strukturen und Rollen

Da ich „The Long Distance Howl“ nach den geplanten 20 Jahren Projektlaufzeit abgeschlossen hatte, war ich ohne bestimmte Erwartung, wohin meine Wege nun führen werden.

Verschiedene Rollen und Kulturen in einem Team.

Jetzt ist klar, in den Archipel. Meine Zuständigkeiten: Autor (im künstlerischen Sinn), Publizist und Kulturarbeiter. Ich hab in all dem also nicht bloß eine einzelne Funktion. Das führt zu einem Hauch von Zwiespältigkeit. Als Autor unterscheidet sich meine Rolle erheblich von der des Kulturarbeiters. Aber das ist kein Problem, bloß eine interessante Aufgabe.

Meine Rolle als Autor ist mir vertraut, ich bin aber auch als Publizist tätig. Ich hab die Aufgabenstellung nie treffender formuliert gefunden als in einem meiner Gespräche mit dem bosnischen Schriftsteller Dzevad Karahasan.

Zitat: „Als Journalist mußt Du eine Leserschaft ansprechen. Als Schriftsteller einen einzelnen Menschen. Meine Aufgabe liegt darin, daß ich Dich in Deiner absoluten Einmaligkeit, Unwiederholbarkeit, irgendwie berühre und anspreche. Verstehen wir uns? Ich hab keine Leserschaft. Ich hab Gesprächspartner.“

Von links: Publizist Peter Wolf (†), Autor Martin Krusche, Regisseurin Anna Badora und Autor Dzevad Karahasan (†) [Foto: Foto Frankl Landespressedienst, Creative Commons]

Als Kulturarbeiter bin ich im Archipel angekommen. Dieses Projekt ist ein Beispiel für kollektive Wissens- und Kulturarbeit abseits des Landeszentrums. Eine anspruchsvolle Situation, weil dabei grundverschiedene Milieus koordiniert und harmonisiert werden müssen. Die strukturelle Grundlage ergibt sich aus a) unternehmerisch erfolgreiche Geschäftsleuten, b) einem professionelles Kulturmanagement und c) einer Kleinkunst-Initiave, die sehr flexibel agieren kann.

Hier docken sehr unterschiedliche Kunstschaffende an, um diese Struktur zu nutzen, zu bespielen. Manche davon haben – wie ich – in Personalunion verschiedene Rollen innerhalb dieses Gefüges.

Die Beteiligten im inneren Kreis dieses Vorhabens sind sehr speziell gefordert, im zeitgenössischen Kulturgeschehen ihre Rollen aktuell zu definieren und ihre Positionen zu gestalten.

Das hat eine bedeutende Voraussetzung darin, die jeweils anderen im Team nicht als Ressourcen zu sehen, zu behandeln, sondern als Handelnde in einer komplexen Kommunikationssituation sehr ernst zu nehmen. Handelnde zugunsten einer Kooperation, die uns als gemeinsame Anstrengung auf eine nächste Ebene bringt.

Ich genieße den Vorteil, daß ich als Homme de Lettres sehr wesentlich ein textgestütztes Leben führe, meinen Part also medial mühelos darstellen kann. Bei anderen im Team muß ich manchmal sehr genau hinhören, weil wir nicht die gleichen Codes benutzen, Begriffe anders deuten, weil – genau genommen – im Projekt verschiedene Kulturen vertreten sind. (Deshalb auch die Metapher Archipel.)

+) Archipel (Ein Logbuch)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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