Puch: die letzten Scooter

Nachdem ich im vorigen Eintrag den Piaggio-Deal von 1987 skizziert hab, das Ende der Zweiradproduktion im Grazer Puchwerk, hier noch einmal die „Übergangs-Roller“.

Puch Lido-Roller vor dem Typhoon (Piaggio).

Laut Erich Mayer verließ das letzte Fahrrad „am 5. August 1987 die Fertigungshallen in Thondorf“. In jenem Jahr wurden dort noch 79.043 Mopeds erzeugt und danach (bis 1989) annähernd 90.000 lose Mopedmotoren.

Nebenbei bemerkt hatte die Motorradproduktion schon 1978 mit fünf letzten Einheiten geendet. So nachzulesen in Mayers Buch über das „Puch Werk II“. Es endete also mit den Lido-Rollern, die stilistisch repräsentieren, was damals zur Debatte stand.

Gruppenbild des Abgesangs: die zwei Lido-Roller vor dem Typhoon von Piaggio.

Fritz Ehn zeigt in seinem Zweirad-Buch eine Designstudio für einen Roller, ferner einen Prototypen, beide vom Anfang der 1980er Jahre. Sie ähneln formal den japanischen Lizenzprodukten, die im spanischen Avello für den österreichischen Markt klargemacht wurden.

Diese Designlinie entsprach also offenbar damals dem Publikumsgeschmack und hat bis heute seine Anhängerschaft. Der kantigere CP 50 wurde von Suzuki 1985 bis 1995 gebaut. In den Ersatzteilkatalogen diverser Händler ist er immer noch gut vertreten. Unter „Diverse Modelle Suzuki“ findet sich zum Beispiel die Position „Puch Lido Vario + Suzuki CP 50“. Fabbri bietet nach wie vor Zubehör für „Suzuki CP 50 Lido all“ an.

Die Ästhetik von 1975er Science Fiction zehn jahre später auf der Straße?

Das Design scheint gegenwärtig manchmal so umstritten wie das des Fiat Multipla. Aber diese Scooter haben ihre solide Fangemeinde, worauf die Angebote im Ersatzteilhandel schließen lassen. Im 125er Lido Roller von Puch erkennt man den japanische Suzuki CS 125, der nicht mehr gar so kantig ausfiel. Puch Lido SL 50 und CD 125 kamen so daher.

Aus der Zeit heraus wird’s nachvollziehbar. In der Automobilwelt hatte sich Anfang der 1970er Jahre die Keilform gegenüber früheren, weit weicheren Linien sehr breit durchgesetzt; wie zum Beispiel die ersten VW Passat und Golf von Giugiaro zeigen. Der kantige Suzuki CP 50 kam dann, wie oben erwähnt, 1985 auf den Markt, also im Kielwasser solcher Trends.

Das japanische Original in Gleisdorf.

Wenn ich mich recht erinnere, was Regisseur Norman Jewison uns 1975 im Film „Rollerball“ als ästhetische Zukunftsvision gezeigt hat, scheint mir, Puch Lido beziehungsweise Suzuki CP 50 würden als Dienstbotenfahrzeug jener Ära locker durchgehen. (Zitat: „In the not too distant future…“)

Bei Piaggio war man damals im Design auch ein Stück weg von den üppigen Rundungen, wenngleich nicht zu so harten Kanten wie die Suzie; siehe dazu die Vespa PK (1983), Vespa T5 und Vespa PX (1985).

Man könnte auch sagen: Scooter-Plattform für diverse Marken.

Es ist plausibel, daß sich andere Produzenten bemühten, ihre Roller nicht nach einer Kopie der Scooter-Königin aussehen zu lassen. Deshalb vielleicht die härtere Linienführung. Ich hab übrigens in Gleisdorf einmal das japanische Original erwischt. Einen gut erhaltene Suzuki CP 50. (Im Hintergrund sieht man mein Austro-Daimler Alpina, das ich zum Fotografieren kurz weggestellt hatte.)

— [Scooter: Piaggio, Puch und Popkultur, ein Rückblick] —

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