Routen 242: Von Sammlern und Pharaonen

Ich hab eben wieder ein Dokument ins Web gestellt. Es enthält alte Presse-Infos der Steyr-Daimler-Puch AG, die Grazer Werke betreffend.

Ein Beispiel: Kennen Sie den? (Archiv Thaler)

Was für ein Vergnügen, wenn man als Enthusiast auf Originalton aus der Zeit stößt. Die Geschichte der Steyr-Daimler-Puch AG betreffend gilt nämlich, daß viele Originaldokumente irgendwo verstreut sind. Es gibt zwar einige Archive, aber kein Werksmuseum mit einer Art Gesamtarchiv.

Vieles Material wurde zum Glück vor dem Schreddern bewahrt und ist in allerhand privaten Schränken, Schubladen und Kisten verwahrt. Manches davon wird von Sammlern weitergegeben, damit auch andere Menschen an diesem Wissen teilhaben können.

Neu in der NID-Bibliothek:
Steyr-Daimler-Puch AG: Werke Graz
(Presse-Informationen 1961/1962)

Ein spezielles Segment ergibt sich aus Reproduktionen, für die es Anbieter und einen Markt gibt, wo man Nachdrucke der Originaldokumente kaufen kann. Ab und zu tauchen spezielle Stücke bei Auktionen auf. Da bedarf es mitunter einiger Entschlossenheit und hinreichender Budgets, um zugreifen zu können.

Ich hab vor allem durch Altmeister Fredi Thaler und durch Insider Ferdinand Micha Lanner etliche wunderbare Dokumente geliehen bekommen und durfte sie einscannen. Das erfreuliche an der elektronischen Form: wie das Wissen selbst, so wird auch das nicht weniger, wenn man es mit anderen Menschen teilt.

Das neue Booklet mit altem Stoff

Im Gegenteil! Wenn verstanden wird, daß wir hier mit Kulturgut umgehen, welches in geeigneter Form allgemein zugänglich sein sollte, mehrt sich ja der nutzbare Gesamtbestand an Wissen und an Artefakten. Weshalb? Na, weil sich manche Leute dann angeregt fühlen, mit ihren Schätzen ebenfalls ans Licht zu kommen.

Das steht im Kontrast zu anderen Fans, die sich wie Pharaonen gebärden. Da merkt man, sie würden dereinst am liebsten samt all ihren Schätzen begraben werden und niemand sonst soll etwas davon bekommen. Sie stehen schon zu Lebzeiten wie die Leibgarde des Papstes vor ihren Archivalien.

Man findet auch noch eine Zwischenstufe, nämlich Enthusiasten, die sich gerne Dein Material kopieren und Dir allerhand versprechen, aber nie bekommst Du etwas von ihnen. Auch sie horten ihre Schätze; so ganz im Geist des alten Herrschaftswissens, mit dem man sich gegenüber anderen Leuten Vorteile verschaffen konnte.

Egal! Wissens- und Kulturarbeit hat eben einen sehr wesentlichen Anteil im kollektiven handeln beziehungsweise als eine kollektive Kulturpraxis. Ich kann mich nicht mit den Befindlichkeiten jener Menschen befassen, die sich einen Leonardo, Dürer oder Van Gogh leisten können, um diese Werke dann in einen Safe zu sperren. Andrerseits sind Museen ein kulturgeschichtlich sehr junges Phänomen.

Eine Welt voller Raritäten (Archiv Thaler)

Vor dem Pariser Louvre waren diese Dinge der Aristokratie und dem hohen Klerus vorbehalten. Genauer: Im Zuge der Französischen Revolution wurde die Sammlung im Louvre 1793 erstmals zugänglich gemacht.

Es steht uns also frei, mit all diesen Dingen anders umzugehen, da im Zeitalter der Digitalisierung vieles an Wissenstransfer möglich ist, von dem die meisten unter uns davor ausgeschlossen blieben.

+) Die Puch-Seite (Extrapost)
+) Routen (Übersicht)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Mobilitätsgeschichte, Technologiegeschichte abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.