Rechtsruck: Zierfische und Konsorten

Was ich einen hybriden Neofaschismus nenne, hat ein buntes Biotop des Obskurantismus als Moos unter den Füßen. (Achtung! Metaphern!)

Zierfisch-Rest nach Monaten der Gleisdorfer Unruhen.

In diesem Feuchtgebiet kann man auch ganz ohne Ideologie gedeihen. Es wimmelt von Selbstergriffenheit und spontanen Erweckungen. Daher muß man auf dieser Ebene bloß Zeugnis ablegen: „Ich bin voller Ömpörung!“ Verkünden statt begründen. Das genügt, um ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln, in dem man sich angenommen fühlt. (Das Hören und das Fühlen!)

Ich hab in den letzten Jahren vieles zu lesen und zu hören bekommen, worin sich einzelne Personen auch problemlos inhaltlich selbst widersprechen. Hauptsache ein großes Gefühl! Das wäre in Zeiten vor Social Media von mäßiger´Bedeutung, weil von geringer Reichweite gewesen.

In einer älteren medialen Umwelt hätte es eines wesentlich gesteigerten Organisationsniveaus bedurft, um mit derlei Obskurantismus größere Reichweite zu erlangen. Das ist heute fundamental anders. Wir sind bezüglich Medienkompetenz und Soziokultur der Sache bis heute nicht gewachsen.

Was ist das Problem?
Genau dieses bekennerhafte Zeugnisablegen als Massenphänomen, dieses diskursbefreite Wettern und Räsonieren, in dem Andersdenkende gerne der Lüge bezichtigt werden, schafft ein sehr problematisches Klima.

Diese Art der Stimmungsmacherei ist der Ozean, in dem die Zierfische leben und gedeihen. Der „Homeground“ des hybriden Neofaschismus. Die „Heimaterde“, um eine andere Metapher zu strapazieren. Ich ordne dieses Milieu in einem Nachdenken darüber auf diese metaphorische Art: 1) Die Zierfische, 2) die zeitlose SA, 3) die nächste Bourgeoisie und 4) die Junker. Siehe: [Link]

Das Kapern von Begriffen wie Herz, Liebe, Demokratie.

In den ersten zwei Kreisen kann man zwar ideologisch stramm ausgerichtet oder wenigstens grob nach rechts orientiert sein, aber man muß nicht. Beide Milieus kommen auch ohne tiefere Geschichtsdeutung und Ideologie aus. Bei 3) und 4) sieht das schon anders aus. Da kann man längerfristig nur reüssieren, wenn man eine solide rechte bis rechtsextreme Weltsicht hat, wahlweise solche Konzepte strategisch nutzt; auch wenn man sie selbst eventuell nicht ernst nimmt.

Aber 3) und 4) müssen in der Sache kundig sein und kohärent handeln, um voranzukommen. Dagegen können 1) und 2) mit derlei Weltsichten liebäugeln, spielen, können aber auch ganz im puren Gefühlsbereich bleiben. Die 1er-Partie im Fühlen und Ömpören, die 2er-Partie im Pflegen ihrer Angriffslust und Anpöbeln; bis zum Schikanieren Andersdenkender.

Das ganze Orchester
Wie oben erwähnt: 1) Die Zierfische, 2) die zeitlose SA, 3) die nächste Bourgeoisie und
4) die Junker. Das sind idealtypische Zuschreibungen. In der Praxis kommt freilich auch das Changieren und das Überlappen vor. Ich hab im Raum Gleisdorf zuschauen können, wie manche die 1er- und 2er-Partie durchlaufen haben, um in der Sektion 3) anzukommen, sich dort aber mangels hinreichender Kompetenz nicht halten konnten.

In die 4er-Partie ist schwer einzusteigen. Da muß man eigentlich schon eine gehobene Position in etablierten Strukturen haben, wahlweise im Aufbau so einer Struktur an maßgeblicher Stelle erfolgreich sein; also etwa im Herausbilden einer neuen Bürgerbewegung, einer neuen Partei, einer neuen Medienplattform, eventuell eines Kulturvereins etc.

Typisch: Weisheitssimulation durch Fake-Zitate.

Sie ahnen nun gewiß: Wer in der 4er-Liga etabliert und erfahren ist, kann im Politischen mühelos viele jener Ömpörten abholen, die sich im eher kurzlebigen 1er- und 2er-Bereich verausgabt haben, wo nun nichts mehr kommt. Sie waren ja bloß aktionistisch unterwegs.

Aber auch etliche derer, die im 3er-Sektor geschäftlich gescheitert sind, lassen sich vermutlich für bestehende Formationen rekrutieren. Wäre ich ein Junker in dieser Situation, würde ich erstens dem Personal von 1) und 2) schmeicheln und ihre Posen zu eskalieren versuchen, würde zweitens die Geschäftsinteressen der 3er-Sektion mit Versprechungen füttern, sie so gängeln.

Und egal, wem vom Fußvolk dabei die Luft ausgeht, man wird die Schuld dafür lautstark den politischen Opponenten zuschreiben und die Gescheiterten mit Versprechungen trösten. Ich wette, wer sich ein wenig bemüht und genauer hinschaut, wird dieses Muster sogar im Raum Gleisdorf und im Bezirk Weiz entdecken können.

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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