Routen 115: Schwerpunktverschiebung

Ich sammle nach wie vor, was mit unterwegs an interessanten Fahrzeugen unterkommt, auch wenn ich sie heute nicht mehr so ausführlich beschreibe.

Langläufer: VW Transporter T2b

Als ich eben wieder mit Fotograf Richard Mayr auf einer unserer Scout-Touren war, denn wir erkunden Gebiete, um für eine komplexere fotografische Arbeit die Motivlage zu klären, kam uns im Regen ein reisefertiger T2T2b entgegen. Okay! Das ist Carspotter-Jargon.

Volkswagen Typ 2 sind die Transporter, T2 ist die zweite Generation, 2b ist die leicht variierte Version mit den Blinkern auf der Nase. Muß man nicht wissen. Ist fast so ein Insider-Ding. Ich hab nun sehr viele Jahre damit verbracht, eine große Erzählung zu entfalten: Mobilitätsgeschichte, Industriedesign, Technologieschübe und all die sozialen Konsequenzen sowie subkulturelle Aspekte. (Da gilt es, einen dominanten Generalfetisch unserer Kultur zu entschlüsseln.)

Abgelegen: Richard Mayr über der Feistritz

Das mag ich in dieser Dichte – auf Autos bezogen – nicht weiter betreiben, weil meine Interessensschwerpunkte merklich verrutscht sind. Deswegen hab ich immer noch meine Augenwinkel unter Strom, falls etwas Interessantes auftaucht. Aber ich denke, ich werde das Erzählen zurücknehmen und mehr in Car Spotter-Manier die speziellen Motive mitnehmen, wenn ich grade drauf stoße; sehr viel mehr im Moment eher nicht.

Das Foto zeigt Mayr über der Feistritz. Es ist die Wehr der Schalk-Mühle bei Kalsdorf, wo nicht nur hier eine moderne Turbine Strom liefert, sonder die auch alte Anlage konserviert wurde. Prächtige, konkrete Maschinen, deren Funktionen ihre Formen bestimmen; im Kontrast zu den vielen abstrakten Maschinen der Gegenwart, die verkapselt sind und meist über bloßen Augenschein nicht identifiziert werden können; außer man ist vom Fach.

Gepflegt: Walzenstuhl (Mahlmühle) aus den 1940ern

Sie sehen, ich bin nach wie vor beim Thema. Es hat auch mit Straßen, Wegen, Routen zu tun, mir Raumüberwindung, aber wie erwähnt, die Schwerpunkte haben sich verschoben. Sie finden hier, am Beispiel der Schalk-Mühle dargelegt, eine kleine Betrachtung technischer Entwicklungssprünge: [Link] Ich werde das weiter ausarbeiten, in manche Details gehen, denn die alten Maschinen faszinieren mich auf beide Weisen, in ihrer Funktion und in ihrem Aussehen.

So kann man sich in der Schalk-Mühle noch Walzenstühle aus den 1940er Jahren ansehen, jene Technologie, mit der die Mühlsteine überflüssig geworden sind. Auch hier ist logischerweise von Schraubern und Sammlern die Rede. Es geht folglich um Volkskultur in der technischen Welt, wie sie nicht durch das Bilkdungsbürgertum bereinigt wurde. Das sind tatsächliche „Roots“.

Nett: Puch G mit vierstelligem Schwarzblech

Unternehmer Rainer Schalk versicherte, er könne mit dieser Anlage heute noch Getreide vermahlen. Darin sehe ich einen Schnittpunkt der Genres. Dieses Erhalten von Kompetenzen in einer ausgeprägten Zuneigung zu den alten Maschinen. Kommt im Alltag natürlich moderater daher. So schickte mir Micky Tieber, Frontman der „Alltagsklassiker“, eben ein Foto von diesem alten G-Wagon, der noch unter Puch läuft.

Blaß: Steyr-Puch 500 S

Und ich hab letzte Woche ein Puchschammerl entdeckt. Ist zwar der späte 500 S, also schon stärker fiatisiert, vom Ursprung entfernt, aber so oder so, die Pucherln und Haflinger gehen seit einer Weile preislich durch die Decke, auch wenn sie gerade nicht glänzen. (Der ist für schlappe 19.000,- Euronen zu haben.)

Dann wäre da noch das Gruppe B-Monster aus der Post des Dottore. Norbert Gall hat den Renault 5 Turbo auf Reisen erwischt. Mittelmotor, weniger als tausend Kilo Trockengewicht, 180 PS und natürlich keine zickigen EDV-Assistenten, die einem Schnösel helfen, seine Kompetenzmängel zu verbergen. Pur!

Heftig: die R5 Mittelmotor-Rakete

Solche Autos wurden einst in die freie Wildbahn entlassen, weil das Rallye-Reglement von den Companies verlangte, für die Homologation des Wagens eine Mindeststückzahl zu bauen: 200 straßentaugliche Fahrzeuge für die Zulassung zur Gruppe B. Alles längst Geschichte!

Das ist für mich derzeit quasi Dekor rund um unsere Neudau-Projekt, für das ich ein Bild verdichten möchte, welches anschaulich macht, was es bewirkt, daß wir nun seit rund 200 Jahren in einer permanenten technischen Revolution leben.

+) Das Neudau-Projekt (Übersicht)
+) Mühle (Eine Übersicht)
+) Routen (Übersicht)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Mobilitätsgeschichte abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.