Was es wiegt… #62: Gleisdorf

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

Nun ein Arbeitsgespräch mit Karl Bauer, seit kurzer Zeit Gleisdorfs neuer Kulturreferent. Der bringt einen kuriosen Kompetenzen-Mix für unsere Situation mit. Bauer ist als langjähriger Kulturschaffender mit unserer Materie gut vertraut.

Der Tierarzt kennt sich mit dem Thema Seuchen naturgemäß besser aus als so viele, die mich derzeit mit schlampigen Ratschlägen zum Thema Corona behelligen. Und er stammt von einer kleinen oststeirischen Landwirtschaft, ist also mit den sozialgeschichtlichen Zusammenhängen der Region und der agrarischen Welt aufgewachsen.

Für mich eine interessante Situation, denn Bauer geht diese Funktion an, während unsere Gesellschaft merklich erschüttert ist und Gleisdorf ein spezieller Ereignisort gehobener Unruhe. (Siehe dazu meine Glossen unter „Diskurs: Demokratie“!) Ich bin also entsprechend neugierig, wie er das macht. Nun dieses Gespräch in der „Columbia“, neben uns tagte das Faschingskomitee, um an Gags für die kommende Show zu feilen.

Bauer setzt offenbar auf einen möglichst klaren Befund des Status quo. Kein Zweckoptimismus, keine großen Worte, kein Pathos. Wenn ich ihn richtig verstanden hab, hält er nichts davon, mit kräftigen Gesten in ein sensibles Gefüge einzuwirken. Ich bekomm eine Ahnung, welche Prioritäten er setzen möchte und was es nun an Kommunikationsschritten braucht, denn die Interessen der regionalen Kulturschaffenden sind höchst kontrastreich.

Es ist ja auch in den letzten zehn Jahren einiges Porzellan zerschlagen worden. Die Corona-Erfahrung wurde uns allen eine Anregung, nun zu entscheiden, ob wir in Gemeinschaft eher das beachten wollen, was uns trennt, oder das, was wir noch teilen.

Ich finde in letzter Zeit erst vereinzelt Menschen, mit denen sich genau dieser Aspekt unserer Gegenwart bereden läßt. Ich absolviere derzeit eine Serie von Kulturkonferenzchen. Nach der kulturpolitischen Agonie der jüngeren Vergangenheit scheinen nun wieder einige Positionen in Bewegung zu kommen.

Ich hatte eben ein Telefonat mit dem Ludersdorfer Vizebürgermeister Peter Moser. Die Kommunen stehen alle unter Druck. Dabei hat das Thema Kultur keine hohe Priorität. Genau das haben wir 2010 schon einmal erlebt. Dabei sind dem Kulturvölkchen substantielle Fehler passiert. Die Konsequenzen waren radikal und haben die Rahmenbedingungen für eine Wissens- und Kulturarbeit abseits des Landeszentrums sehr verschärft.

Moser stimmt mir zu, für größere Vorhaben ist es unabdingbar, Sach- und Machtpromotoren ins Boot zu bekommen. Sonst geht da gar nichts. Das scheint auch für Karl Bauer völlig klar zu sein. Es weist in diese Richtung: Inhalte, Inhalte, Inhalte plus realistische Umsetzungskonzepte. Und ein Netzwerk von Leuten, die nicht groß reden, sondern was drauf haben, auf die man sich verlassen kann. Ah ja! Und gelingende Kommunikation.

— [The Long Distance Howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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