Scooter IV: Puch, ein Orakel

Manchmal bin ich auf Spekulationen angewiesen, weil eine Quelle nicht offenlegt, mit welchen Quellen ihr Inhalt belegbar wäre.

April 1952: in „Auto Touring“ findet man den ISO-Roller, der auch in Graz begutachtet wurde.

Ein Schreiben vom 17. Dezember 1951 beginnt mit folgenden Worten: „Der Motorroller ist keine Konstruktion der letzten Jahre. Bereits nach dem ersten Weltkriege setzte eine Welle von Rollerkonstruktionen ein, denen aber kein dauerhafter Erfolg beschieden war.“ So zitieren Edler und Heigl in ihrem Buch über die Puch Roller das „Konstruktionsbüro von Puch“ aus deren „Aussendung an Händler und Presse“.

September 1952: in „Auto Touring“ findet man einen Prototyp des Rollers Puch R 125.

Es ist mir völlig schleierhaft, was damit gemeint sei und wie diese „Welle von Rollerkonstruktionen“ beschaffen gewesen sein soll. Welche Produzenten wären da zu nennen. Ich kenne keine Quellen, die dieses Motiv aus dem historischen Dokument belegen. Ich kenne auch keine Fahrzeuge, die das Bild einer Welle füllen würden.

Motorisierte Rollbretter habe ich hier schon erwähnt und hab betont, man könne sie für die Kerngeschichte der Scooter-Historie eher vernachlässigen. Siehe: [Link] Sie waren damals nur für den Nahverkehr im städtischen Raum geeignet. Sie sind es heute in ihrem Revival als elektrifizierte Tretroller ebenso; Kurzstrecken-Fahrzeuge.

Die „Ur-Vespa“ ist noch nicht sehr „scooteresk“: Piaggio MP5 „Paperino“ von 1944. (Foto: Twice 25, CC BY-SA 3.0 Deed).

Läßt man damals wie heute ein paar Sonderformen beiseite, gibt das Thema Scooter bis zum Zweiten Weltkrieg kaum was her. In der Zeitfolge sind Laufrad und Tretroller übrigens eng verwandt. Nimm die Sitzgelegenheit vom Laufrad und du hast einen Roller. Getreten muß da wie dort werden.

Der Sonderfall, heute kann man Tretroller für Erwachsene sogar als Reisefahrzeug nutzen. Tretroller aller Größen lassen sich mit Elektromotoren aufrüsten wie einst die Fahrräder mit den Benziner-Hilfsmotoren. Das ist aber im Moment nicht mein Thema und ergibt eher Nebenfelder der Scooter-Story.

Was damals schon als „Super Luxus“ galt: der 125er Tipo C Super Lusso (aus einem 1950er Prospekt von MV Augusta).

Ich habe den Verdacht, dieser Satz aus dem Konstruktionsbüro der Puchwerke soll eher verhüllen, daß man in Graz kein rasendes Interesse am Scooter-Segment hatte. Der einstige österreichische Marktführer bei den Einspurigen war in der Sache ein Nachzügler.

Die Grazer mußten damals nicht bloß Piaggo (Vespa) und Innocenti (Lambretta) im Scooter-Fach hinterher blicken. Auch ein Rudel kleinerer Produzenten waren nach dem Zweiten Weltkrieg flotter gewesen. Deshalb bleibt unbestritten, daß die 125er und 150er Roller von Puch Erfolge waren.

Aber wovon könnte denn „eine Welle von Rollerkonstruktionen“ vor den 1940er Jahren gehandelt haben? Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gab es auf jeden Fall einen massiven Entwicklungsschub, der uns im Rückblick stellenweise verblüffende Scooter zeigt.

— [Scooter: Piaggio, Puch und Popkultur, ein Rückblick] —

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