Eine weitere Besprechung mit Heimo Müller (Blogmobil). Blühende Korrespondenz mit Selman Trtovac. Er und Müller haben nun eine neuerliche Graz-Beograd-Verbindung etabliert. Die beiden Männer nehmen sich zum Thema „Landkarte der Angst“ einiges vor.

Eine weitere Besprechung mit Heimo Müller (Blogmobil). Blühende Korrespondenz mit Selman Trtovac. Er und Müller haben nun eine neuerliche Graz-Beograd-Verbindung etabliert. Die beiden Männer nehmen sich zum Thema „Landkarte der Angst“ einiges vor.

Gestern in Klausur mit Kulturwissenschafter Günther Marchner, heute „talking communities“, die Fortsetzung der Arbeit mit unseren Kooperationspartnerinnen und -partnern. Marchner ist seit einiger Zeit mit Zugängen befaßt, die etwa im Titel „Wissen schafft Region“ zur kulturellen Praxis führen.

Wenn ich kürzlich geltend gemacht habe, es wäre hoch an der Zeit, uns gegen die kommenden Belastungen zu wappnen, bleibt natürlich die Frage, was das konkret und praktisch bedeuten soll. Ich gehe davon aus, daß sich eine Konsolidierung unserer labilen Situation nur erreichen läßt, wenn wir mit Politik und Verwaltung jetzt zunehmend Verständigung wie Kooperation erreichen.

Die vergangenen Wochen hatte ich Arbeit daran, die derzeitige Projekt-Komplexität von kunst ost herunterzufahren. Da dieses ganzeUnterfangen vor allem einmal eine Art Labor ist, in dem ausgelotet werden muß, welche Strategien, Zielsetzungen und Verfahrensweisen sich kulturell abseits des Landeszentrums bewähren können, entstehen laufend neue Arbeitslinien.
Die bedürfen dann einer Prüfung dessen, was sich sinnvoll weiterverfolgen läßt. Das verlangt jeweils, einige der eröffneten Bereiche wieder hinter sich zu lassen. So etwa derzeit die „Kulturspange“ [link] und die erste Formation von „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ [link]

Wenn wir darüber nachdenken, was denn eigentlich Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft konkret mit einander zu tun haben können/sollen, noch dazu jenseits des Landeszentrums, zeigt sich sehr schnell, daß unter den Kulturschaffenden vor allem einmal recht viele unüberprüfte Annahmen kursieren.
Das ist für uns einer der Gründe, über den in den letzten Jahren nicht mehr hinwegzusehen war, weshalb wir uns in kleiner Runde auf einer Art Gesprächs-Expedition durch die Region befinden. (Wir, das meint Karl Bauer, Michaela Knittelfelder-Lang, Christian Strassegger und mich.)

Wir haben einen Prozeß initiiert, welcher in der Region einen Akzent hervorbringen soll, der a) gesamtsteirische und b) internationale Relevanz entfalten möge, nein: muß.
Ziel des Vorhabens ist die Konzeption, der Aufbau und die Etablierung einer Plattform für steirische Gegenwartskunst in der Region; einer Plattform, die sich auch als Kompetenzzentrum und Präsentations- bzw. Vermittlunsgort bewährt. Hier eine kleine Vorschau zur Auftaktveranstaltung:
7. & 8. September 2012
Gleisdorf: Symposion
Regionalität und Realität // Globalität und Virtualität
Eine Veranstaltung zur Begründung der Gründung der Plattform für steirische Gegenwartskunst
Diese Veranstaltung ist der Auftakt eines mehrjährigen Prozesses. Sie wird in einer Kooperation der Kulturvereine kunst ost (Martin Krusche) und styrian contemporary (Erich Wolf) realisiert.
Im Kernbereich dieses ersten Symposions stehen Inputs und Know how-Angebote zur Frage, was so eine Einrichtung leisten soll und wie sich das praktisch handhaben läßt.
Wir haben Astrid Becksteiner-Rasche gewonnen, im Bereich solcher Institutionen und unter Wirtschaftstreibenden eine adäquate Auswahl zu treffen, deren Ansichten und Erfahrungen wir in unsere Debatten hereinholen.

Bei diesem Symposion geht es freilich auch konzentriert um Kunst und um „Vorbedingungen“ der Kunst. Dazu durchleuchtet Medienkünstler Richard Kriesche die oststeirische Ausnahmeerscheinung des Franz Gsellmann. Der Bauer hat uns mit seiner „Weltmaschine“ ein erstaunliches Werk und allerhand Denkanstöße hinterlassen.
Richard Kriesche zur Gesellmann-Ausstellung, die wir vorbereiten und die er kuratiert:
„gsellmann steht für uns nicht im kontext der künste, sondern in ihrem vorfeld, im kontext einer ‚ungebrochenen’, einer absolut ‚originären’ kreativität — mit anderen worten, gsellmann repräsentiert das archaische und anarchische, das allem künstlerisch- wie auch wissenschaftlich-kreativen schaffen und lebensvollzug eigen ist. gsellmanns kunst begründet sich geradezu aus ihrer ferne zur kunst.“
Die Gäste, mit denen wir uns über anstehenden Fragen auseinandersetzen werde:
+++) Freitag 07. September 2012, Tag 1:
Präsentationen von Kunsthäusern / Kunstmuseen / Kunstsammlungen im europäischen Kontext
+) Dr. Sabine Folie: Die Generali Foundation, Wien
+) Prof. Dr. Ludger Hünnekens: Burda Museum, Baden-Baden
+) Carmen Gasser-Derungs und Remo Derungs: Gelbes Haus, Flims
+) Pater Winfried: Sammlung Stift Admont, Admont
+) Mag. Erich Wolf: basis kunst, Gleisdorf
+++) Samstag 08. September, Tag 2:
Präsentationen von Wirtschaftsunternehmen im internationalen Kontext
+) Dipl.-Dolm. Dr. Fritz Kleiner: KLEINER+KLEINER gmbh, Graz
+) Dr. Manfred Gaulhofer: Gaulhofer Vertrieb GmbH & Co KG, Übelbach
+) KR Hans Roth: Saubermacher Dienstleistungs AG, Feldkirchen bei Graz
— [home] —
Ich hab kein Problem mit der Tatsache, daß wir Krisen bewältigen müssen. In unserer Kulturgeschichte besteht seit Jahrtausenden die Vorstellung, daß jede Katharsis eine Krisis zur Vorbedingung habe. Außerdem sind Umbrüche aufregende Zeiten; wenn auch ziemlich anstrengend.
Im Jahr 1848 wurde das Ende der „Erbuntertänigkeit“ rechtskräftig, 1919 endete die Feudalzeit formal. Es folgte ein autoritärer Ständestaat, der in die Nazi-Tyrannis mündete. 1945 durfte die Zweite Republik anbrechen. Wir haben also noch nicht gar so viel Erfahrung damit, ein Kulturgeschehen inhaltlich zu gestalten, kulturpolitisch zu verhandeln und mit angemessenen Ressourcen auszustatten, um nicht bloß Eliten zu bedienen, sondern Zugänge zu Kunst und Kultur für eine Massengesellschaft zu schaffen, zu öffnen…
Ab den späten 1970ern wurde erprobt und etabliert, was wie heute als freie bzw. autonome „Initiativenszene“ kennen. Vieles, was einst unsere Arbeit war, ist heute Standard konventioneller Kulturbeauftragter. Wir sind also überfällig, neue Aufgaben zu finden. Dabei kommt uns der Lauf der Dinge aufmunternd entgegen, denn demnächst bleibt auf mehreren Feldern kein Stein auf dem anderen.
Wir haben in der Kooperation von „kunst ost“ und „kultur.at“ einen Schwerpunkt herausgearbeitet, der mit dem Kürzel KWW markiert wurde: Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft.
Da wir uns nicht nach den dominanten Marktsituationen reichten möchten, da wir aber auch keine 100 Prozent Abhängigkeit vom Staat für sinnvoll halten, ist neu zu klären, wie diese drei Bereiche sich zu einander verhalten mögen; speziell jenseits des Landeszentrums, in der „Provinz“.
Damit meine ich auch, wir haben zu klären, worin genau der Leistungsaustausch bestehen mag, der uns Budgets einbringt. Ich hab einiges zu diesen Überlegungen im Beitrag „Feine Krise“ [link] skizziert. Unsere genaue Kooperationssituation ist hier dargestellt: [link]
Ich hab außerdem zu behaupten, daß es „Die Wirtschaft“ nicht gibt und daß wir gefordert sind, etwas differenzierter klar zu machen, mit wem wir uns unter welchen Bedingungen was vorstellen können; siehe dazu: [link] Das handelt von RAHMENBEDINGUNGEN für all das, was wir dann einzeln und ganz speziell der GEGENWARTSKUNST widmen. In der Arbeitspraxis siehst das abschnittweise aus wie in den folgenden Absätzen umrissen.
Kleiner Einschub: In der „Provinz“ dominieren seites der Kreativen die „Voluntaries“ übermächtig. Das meint, mindestens 80 Prozent der Leute, die hier einen Kulturbetrieb reklamieren, um selbst zu veröffentlichen/auszustellen, sehen sich keineswegs der Gegenwartskunst verpflichtet, sondern repräsentieren die Voluntary Arts: [link] Das hat fundamentale kulturpolitische Konsequenzen.
Wo stehen wir im Moment? Ich hab im vorigen Eintrag [link] skizziert, welche Grundlagen im „FrauenMonat“ 2012 nun greifbar sind, um ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) zu initiieren. Eine andere Themenlinie ist hier beschrieben: [link] Das bündelt in Summe Aspekte folgender Teilthemen:
+) Mediengeschichte
+) Industriedenkmäler
+) Sozialgeschichte
+) Mobilitätsgeschichte.
Warum haben wir den Fokus ausgerechnet darauf gerichtet? Wir sind die Kinder einer Massenkultur, deren markanter Auftakt in den 1930er-Jahren zu Situationen geführt hat, die uns derzeit ausmachen. Eines der großen Themen dieser Zeit ist die Massenmobilisierung und deren Generalfetisch, das Automobil.
Schon bevor diese Ereigniskette, symbolisiert vom Codesystem „Stromlinie“, unsere vertraute Welt völlig zu verändern begann, haben verschiedene Formen technischer Reproduzierbarkeit und der Massenfertigung zu enormen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Konsequenzen geführt.
Wenn wir also in der „Provinz“ einen kulturpolitischen Diskurs wünschen, sollten Grundlagen und Hintergründe der kulturellen Situation wenigstens im Ausmaß von Zeitgeschichte einigermaßen geläufig sein.
Wir sagen gerne „Die Wirtschaft“, aber so weit ich sehe, gibt es „Die Wirtschaft“ nicht; wenigstens nicht in dem Zusammenhang, der uns Kunst- und Kulturschaffende hier in der Region beschäftigen mag. Wir träumen gerne. Wir träumen uns das Echo anderer Verhältnisse zurecht. Das führt zu ganz merkwürdigen Klitterungen.
Da wären also „Die Mäzene“. Die gehören aber, so das Träumen, den Vergangenheiten an. Deshalb habe „Der Staat“ die Mäzene abgelöst. Und wo könnte sonst noch Geld für die Kunst herkommen? Na, denken Sie doch an „Die Wirtschaft“!

Wie erwähnt, die gibt es nicht. Und Kunstschaffende, die ökonomisch zu hundert Prozent vom Staat abhängen, sind auch eine fragwürdige Option. Das wirft allerdings einige Fragen auf. Wie sollen sich Staat, Markt und Zivilgesellschaft zueinander verhalten? Warum sollen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft miteinander zu tun haben?
Wie möchten wir den Umgang der verschiedenen Sektoren miteinander geregelt haben? Welche Geldflüsse soll es geben, gestützt auf welche Art von Leistungsaustausch? Ich kann das rausbrüllen, so oft ich will, vorerst erhalte ich keine Antworten. Die einzige markante Antwort, die ich aus meinem Umfeld kenne, wird von der IG Kultur Steiermark promotet und lautet: „plus 25%“. (Ein schwaches Statement!)
Ich bleib noch etwas beim beliebten Bild „Die Wirtschaft“. Das bedeutet in Österreich, über 60 Prozent der heimischen Betriebe sind EPU, also „Ein-Personen-Unternehmen“. Die werden naturgemäß eher selten im Bereich Kunstsponsoring aktiv, zumal ein erheblicher Anteil dieser EPU über die Jahre selbst unter großem ökonomischem Druck steht.
Die EPU sind gewissermaßen Teil der KMU: „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bilden das Rückgrat der Unternehmenslandschaft und haben damit wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaftsstruktur.“ [Quelle] Laut „KMU Forschung Austria“ sind das „99,6% der gewerblichen Wirtschaft“ [Quelle] Die reißen uns hier auch nicht heraus.
In unserer regionalen Kulturpraxis habe ich es permanent mit EPU-Leuten zu tun, ferner mit einigen führenden Kräften von Klein- und Mittelbetrieben, wie etwa der Stadtapotheke, dem Kaufhaus Mörath, Elektro Kurtz, Buchhandlung Plautz oder die eigenständige Volksbank, Raiffeisenbank, Zweirad Laller etc.
Soweit dort Budgets für Kunstprojekte vorhanden sind, gehen sie in eigene Kulturveranstaltungen. Investitionen in die Vorhaben anderer Leute sind von diesen Betrieben her die Ausnahme.

Keiner dieser Betriebe mit unterschiedlich großem Angestelltenstab hat Ressourcen, die ein konventionelles Kunstsponsoring ermöglichen würden. Sachleistungen sind möglich. So hat mich etwa Bernhard Kurtz (Elektro Kurtz) noch nie abblitzen lassen, wenn ich für eine Veranstaltung einen großen Monitor plus DVD-Player gebraucht hab etc.
Es gibt in dieser Betriebsdimension gelegentlich Ausnahmen wie etwa den Unternehmensberater Erich Wolf, der erhebliche Mittel in Ausstellungen, Kataloge und Werke investiert; weil er Kunstsammler ist. Das heißt, er folgt seinen eigenen Intentionen und Obsessionen, agiert nicht als Sponsor im herkömmlichen Sinn.
In der nächst größeren Betriebskategorie sieht das schon anders aus. Etwa Binder +Co oder KWB, da hat man Ressourcen und auch eine entsprechende Orientierung, durch die eine Kofinanzierung von Kunstprojekten immerhin möglich ist, zuweilen vorkommt.
Von einigen Betrieben der Region weiß ich, daß sie Kunstsammlungen haben, was ja seinerseits Mittel bindet, die folglich nicht in „außenliegende“ Aktivitäten investiert werden. Das heißt: Die Kunstaffinität ist da, aber die verfügbaren Mittel sind gebunden.
Manches Engagement muß, wie wir es eben erlebt haben, nicht einmal nach außen und an eine Öffentlichkeit adressiert sein. Es kann auch bedeuten, ein Kunstprojekt firmenintern abzuwickeln. Was dabei unausweichlich bleibt: Der Anspruch an hohes inhaltliches Niveau und professionelle Umsetzung.
Wenn eine Firmenleitung Geld verfügbar macht, damit etwa die Management-Riege mit einer Künstlerin in eine Tages-Session geht, dann handelt das von Anforderungen, welche regionale Voluntaries für gewöhnlich nicht zu erbringen imstande sind; so zumindest unsere praktische Erfahrung.
Da brauch ich schon wen, der oder die a) das Metier beherrscht und b) die Abläufe bewältigt, wenn Leute mitziehen, die etwa noch keinerlei Erfahrung mit solchen Sessions haben; ich benötige dazu aber vor allem Ideen und Konzepte, auf die sich eine Firmenleitung einläßt.
Derlei Ideen und Konzepte fallen weder vom Himmel, noch sind sie flott formuliert und noch flotter verkauft. Es kann in Firmen ohne weiteres auf einen mehrmonatigen Dialog mit Entscheidungstragenden hinauslaufen, die ihrerseits allenfalls erst etwas herausfinden müssen bzw. mitgestalten möchten. Es ist also in der Anbahnung mitunter sehr arbeitsintensiv.

Internationale Players investieren bei uns eher nicht in regionale Kunstprojekte. Ich sehe bestenfalls ihre Logos auf den Plakaten von Sportvereinen. Die Gegenwartskunst hat hier keinen vergleichbaren Stellenwert und was die Voluntaries machen, wird von einem Management wie etwa dem bei Magna Steyr keiner näheren Betrachtung unterzogen.
Wo aber Wege offen sind, hab ich noch nie gehört, daß vom Kunstfeld eine grandiose Idee angekommen sei, die das umgehende Zücken eines Scheckheftes bewirkt hätte. Wege. Zeit. Prozesse. Ich denke, wo es gelingt, einzelne Geschäftsleute für Vorhaben zu interessieren und schließlich zu gewinnen, müssen beide Seiten geneigt sein, miteinander Erfahrungsschritte zu setzen. „Schnelles Geld“ ist dabei keinerlei relevante Kategorie.
Was dann hinter dem nächsten oder übernächsten Horizont an Kooperationen zwischen Kunst und Wirtschaft greifbar werden mag, das muß, wie mir scheint, inhaltlich und in den Modusfragen überhaupt erst erkundet, erarbeitet werden.
— [kww] —