Ein kleines Arbeitstreffen, um die Basis für weitere Kooperationsschritte von kunst ost zu klären. Das markiert den Ausgangspunkt für die Reise in den Umbruch der regionalen Verhältnisse. Der Prozeß ist bemerkenswert, die ersten Ergebnisse sind sehr erfreulich.
Die "Basis-Runde", von links: Winfried Lehmann, Michaela Knittelfelder-Lang, Irmgard Hierzer und Karl Bauer
Klausur, das bedeutet, Einflüsse von außen temporär möglichst einzudämmen und im Inneren der Klause, einem Häuschen in Bad Mitterndorf, hohe Verdichtung zu erreichen. Bei freundlichem Wetter entlassen wir uns abschnittweise natürlich auch auf die Terrasse. So oder so, es wird ausgekocht, es wird destilliert… Gedanklich, damit wir uns recht verstehen.
Kulturwissenschafter Günther Marchner ist ein Kenner unseres Metiers
Ich denke, das waren nun wenigstens 20 Monate, in denen sich die Arbeit an weiterführenden Optionen hier so verbreitet hat, daß mir für künstlerische Arbeit kaum noch Zeit blieb. Aber was immer man den jüngsten Krisenszenarien an Realität zubilligt, es scheint mir klar, daß wir mitten in einem enormen Umbruch stecken.
Im „FrauenMonat“ 2012 sind nun sehr klare Grundlagen für unsere weitere Arbeit am Themenkomplex „Frauen Macht und Technik“ sowie für ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) verfügbar. Technikerin Mirjana Peitler-Selakov sagt zum Hintergrund:
„Aus historischer, aus kultur- und kunstgeschichtlicher Perspektive wird die Rolle der Frau in der Gesellschaft untersucht. Das gesellschaftliche Bild der Frau vom 17. bis ins 19. Jahrhundert änderte sich so fundamental, dass die Frau aus der öffentlichen Gesellschaft gänzlich verbannt wurde, während der Mann gerade durch seine auf den gesellschaftlichen Aufbau ausgerichtete Tätigkeit definiert wurde. Wie das Frauenbild quer durch die Geschichte bis in die Gegenwart über visuelle Ebenen in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, ist eines der Themen, die im Labor wissenschaftlich erforscht bzw. in einer Ausstellung präsentiert werden.“
Mirjana Peitler-Selakov (Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge)
Aber was heißt das für ein längerfristiges Bildungsvorhaben? Aus der bisherigen Konzeptarbeit heraus macht Peitler-Selakov klar:
„Eine der Grundfragen, die sich erhebt, lautet: Wie baut man Kompetenz im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, insbesondere bei den Mädchen, auf? Aber auch wie entwickelt man Interesse und Kompetenzen am Experimentieren oder wie vernetzt man übergreifende Lern- und Erfahrungsbereiche? Das sind Fragen im Fokus der pädagogischen Forschung im Labor.“
Es wird also wichtig sein, verschiedenen Disziplinen zur Wechselwirkung zu bringen. Peitler-Selakov weiter:
„Aus soziologischer Perspektive werden die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Mädchen und Frauen im Kontext kreativer technischer Tätigkeitsfelder erforscht und untersucht, wie sich diese gegebenenfalls verändern können. Eine Gruppe von jungen SoziologInnen und Gender-ForscherInnen werden folgenden Fragen nachgehen: Wie stellen die Mädchen im Zusammenhang mit ihren Erfahrungen und Projekten im Labor-Projekt ihre Geschlechtsidentität kreativ her? Das heißt auch, wie wird Technik und Geschlecht von ihnen gegebenenfalls kreativ neu verknüpft? Als Methode sind Gruppendiskussionen mit allen im Projekt beteiligten Personen vorgesehen.“
Mirjana Peitler-Selakov ist zur Zeit Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge bei Magna Ecar Systems.
Medieninhaber und Herausgeber: Verein „kunst ost“, Gleisdorf Kulturpolitisches Kompetenzzentrum Florianiplatz 8, 8200 Gleisdorf, Austria ZVR: 084439240
Grundlegende Richtung: +) Kunst und Kultur auf der Höhe der Zeit +) Kompetenzzentrum und soziokulturelle Drehscheibe +) Informationen, Diskurse, Praxis …
Der Verein „kunst ost“ ist als kulturpolitisches Kompetenzzentrum angelegt und arbeitet in der Praxis als soziokulturelle Drehscheibe. Hauptaufgabe des Vereins ist es, der Gegenwartskunst mehr Gewicht zu verschaffen und für die Situation jenseits des Landeszentrums Beispiele von Best Practice zu erarbeiten. Diese Website ist den Reportagen, der Reflexion und der Information gewidmet.
die kälte ist gebrochen, der winter scheint sich zurückzuziehen. die unruhe in der landespolitik korrespondiert mit einiger nervosität auf regionaler ebene. von bürgermeistern kann man erfahren, daß etwas wir kampfstimmung aufkommt. der anlaß dafür sind momentan gar nicht so sehr die finanzprobleme des landes, sondern die damit verknüpften ideen neuer gemeinde-zusammenlegungen.
herta tinchons personale im gleisdorfer "MIR" wird vom "april-festival" abgelöst
ein künstlerischer kontrast zu all dem trubel: heute ist noch ein letzter besuch der personale von herta tinchon im gleisdorfer „MIR“ möglich. (siehe dazu auch: „querschnitte„!) bald wir dort für unser „april-festival“ aufgebaut. vor „mayr’s tee & design“ künden schon die ersten plakatständer davon.
im alltäglichen sprachgebrauch heißt es immer noch „obstbaufachschule“, formell aber „Fachschule für OBST-Wirtschaft und EDV-Technik“. die rede ist von unserer location in wetzawinkel, wo wir den „tag der agrarischen welt“ realisieren, einen auftakt, um dieses große thema längerfristig zu behandeln.
arbeitstreffen in wetzawinkel (von links): karl bauer, christian nell, kamillo hörner und dagobert eberdorfer (rechts die hände von bürgermeister werner höfler)
dieser themenkomplex berührt den gewaltigen umbruch von agrarischer welt zur industriemoderne. die meisten von uns führen heute ein urbanes leben, doch mentalitätsgeschichtlich ist die „alte welt“ noch sehr präsent. und die nennenswerte gegenwart der agrarischen welt in neuen formen wird dabei gerne übersehen.
so loten wir aus, was diese region geprägt hat, nachdem sich innerhalb weniger jahrzehnte die lebensbedingungen in dieser region radikal geändert haben.
Wir durchleuchten heuer Zusammenhänge im regionalen Leben zwischen agrarischer Welt und High Tech, zwischen trivialen Mythen und realen Strategien der Krisenbewältigung. Es geht gewissermaßen um die Praxis der Zuversicht.
Wenn diese Region eine Erzählung wäre, dann könnte sie sich selbst erzählen, falls die Menschen, die hier leben und arbeiten, ihre Stimmen erheben würden. Die soziokulturelle Drehscheibe „kunst ost“ schafft für diese kulturelle Möglichkeit einen Rahmen. Es geht um eine Versuchsanordnung, in der grundverschiedene Kreative Gelegenheit finden, gemeinsam für einige Wochen zu einem größeren Ganzen zu finden.
(coverfoto: christian strassegger)
Mit dem Thema des „April-Festivals“ 2011 – „elektrisiert“ – widmen wir uns dem Funken, der uns bewegt, um auf die Zukunft aktiv zugehen zu können.
Heuer haben wir erstmals das Formieren völlig autonomer „Location Crews“ angeregt, um so eine Organisationsform einzurichten, in der die teilnehmenden Personen selbst mehr Verantwortung für das Ganze tragen, in der zugleich die Prinzipien eigenständiger Regionalentwicklung in eine aktuelle Praxis überführt werden.
Wir haben außerdem innerhalb des „April-Festivals“ 2011 Schwerpunkte gesetzt. Neben den „Tagen der Kunst“ realisieren wir andere „Thementage“, wie etwa einen „Tag der agrarischen Welt“, einen „Tag der trivialen Mythen“ oder einen „Nikola Tesla-Tag“. (Tesla ist jener herausragende Ingenieur, dessen Erfindungen zu Grundlagen der Elektrifizierung der Welt wurden: [link])
In der praktischen Umsetzung des Festivals ergibt sich eine spezielle Referenz an die „Energie-Region“, indem heuer eine Gruppe Kunstschaffender aus Gutenberg, das zu den nördlichsten Gemeinden der Region zählt, in Wetzawinkel (Hofstätten), der südlichsten Gemeinde in der „Energie-Region“, gastiert. Zugleich haben wir in dieser Gesamtveranstaltung erstmals ein kulturelles Zusammenwirken der „Kleinregion Gleisdorf“ erreicht und so eine Praxis-Situation geschaffen, um mit solchen Anforderungen der Regionalentwicklung weitere Erfahrungen sammeln zu können.
+) Eine kurze Übersicht der Orte und Veranstaltungen: [link]
+) Das Programm mit den Akteurinnen und Akteuren: [link]
+) Laufende Notizen zur inhaltlichen Entwicklung dieses Festivals: [link]
Für „kunst ost“ Martin Krusche, Künstler Mirjana Peitler-Selakov, Kunsthistorikerin Nina Strassegger-Tipl, Kulturmanagerin
P.S.:
In unserer Arbeit bündeln wir vier Genres, die wir zu einander in Wechselwirkung bringen, damit Menschen mit sehr unterschiedlichen Intentionen und Talenten Anknüpfungspunkte finden: Alltagskultur, Voluntary Arts, Kunsthandwerk und Gegenwartskunst. Siehe dazu auch: [link]
was hat sich inzwischen ereignet? unser „nikola tesla-tag“ ist abgegerundet. zum vortrag des versierten branimir jovanovic [link], dem leiter des belgrader „tesla-center“, bekommen wir eine einführung von bernhard kober, dem mitbegründer des „kuratorium für triviale mythen“, der uns folgendes verdeutlichen wird: „Antrieb“ (Drehmoment jetzt versus Drehzahl bis zum Schluss. Ein Vergleich von Benzin- und Elektromotoren)
vergleicht benzin- und elektromotren: bend kober
damit hat kober nämlich alltäglich zu tun. nein, nicht weil er formell ingenieur wäre, was er allerdings praktisch schon ist, eine art ingenieurs-punk, der gerne auf seiner 1978er vespa krawall macht oder sich tagsüber auf seinem surfbrett den schlaf holt, welchen er nachts gelegentlich nicht findet. vor allem aber: kober ist sehr versiert im umgang mit ferngesteuerten miniatur-automobilen und -hubschraubern: [link]
die verblüffend leistungsfähigen miniatur-motoren sind laut kober „gleich aufgebaut aber wesentlich leistungsstaerker. 2takter, gemischschmierung mit 3,5 cm³ hubraum, aber 40.000 U/min und 2,7 PS. und das is no ungetuned! die elektromotoren sind, soweit i das so beurteilen kann, im klein- und im grossformat gleich, nur dass es bei den fliegern auch aussenlaeufer gibt.“
warum interessiert uns das? wir stecken in einem enormen umbruch, der davon handelt, daß die ära von verbrennungsmotoren als basis von massenmobilität endet. das ist nicht bloß ein thema der technologie. das ist ein soziokultureller veränderungsschub von fast unermeßlicher dimension. in diesem zusammenhang verschaffen wir uns einige ansichten, was hier an grundlagen zur debatte steht.
ähnlich wie bei der themenstellung „agrarische welt“ versuchen wir unter anderem zu klären: worüber reden wir denn da überhaupt? zum beispiel über den konkreten kontrast zwischen elektro- und bezinmotoren … (siehe zu kober auch die wohnungs-radrennen von „muchar“: „grazer altbau-radkriterium„!)
das aktuelle arbeitsjahr von „kunst ost“ wird verstärkt der idee gewidmet sein, aktion und reflexion beieinander zu halten. kunstpraxis in einigen konkreten veranstaltungs-vorhaben. kompetenz-gewinne durch eine kontinuierliche auseinandersetzungen mit fragen zur kunst. debatten und konkrete schritte quer durch die region.
reisen und fotografie unverzichtbare grundlagen: emil gruber (links) und franz sattler beim lokalaugenschein für „wheels“
ein beispiel, wie dabei auch „unscharfe zonen“ geschätzt werden: unser „kuratorium für triviale mythen“ ist eingerichtet, um die grauzonen und die überlappenden felder zwischen alltagskultur und gegenwartskunst zu bearbeiten. aktuell lösen wir das im „avantourismus“-projekt „wheels„ ein. (das steht seinerseits bewußt im kontrast zum „tag der agrarischen welt“.)
eine spezielle anordnung haben wir in jenem „work in progress“, für das sich drei unternehmer der region eingefunden haben … um selbst eine persönliche rolle im kulturgeschehen der gegend einzunehmen, die zu einem gemeinsamen künstlerischen statement führen soll: [link]
ausstellungsräume, diskursräume, aktionsräume ...
inzwischen bereiten wir weitere station der „konferenz in permanenz“ und der „talking communities“ vor, außerdem besuchen wir demnächst das hochspannungslabr der TU in graz. das knüpft an schritte an wie etwa kürzlich der gemeinsame besuch der ausstellung „roboterträume“: [link]
wie erwähnt: aktion und reflexion in einem fluß der ereignisse. all diese möglichkeiten fließen augenblicklich in das kommende „april-festival“; die wachsende übersicht: [link]
gruber, sattler und ich … wir sind drei männer, die knapp nach der mitte des 20. jahrhunderts geboren wurden. das ist insofern von bedeutung, als wir mit einem sozialen versprechen aufwuchsen, das während des zweiten weltkrieges formuliert wurde: „ihr werdet ALLE am kommenden wohlstand teilhaben!“
dieses große versprechen hatte ein zentrales kultobjekt, ein vehikel, das sehr bald selbst zum materiellen ausdruck dieses versprechens wurde: das automobil. emil gruber, franz sattler und ich stammen aus eher proletarischen milieus. in unseren kindertagen war der erwerb eines eigenen autos eine soziale sensation mit enormen konsequenzen.
franz sattler
zugleich sind wir kinder der pop(ulär)kultur. eine gewaltige kulturelle bewegung, die auf kunst und wirtschaft gleichermaßen radikal einfluß genommen hat. ein soziokulturelles phänomen, das in wenigen jahrzehnten weltumspannende präsenz und wirkung erreichte.
wenn wir uns nun in der „energie-region“ diesem themenkomplex widmen, dann bedeutet das, wir bearbeiten fundamente dieser (industrie-) gesellschaft, wir gehen den rätseln, fragen und anforderungen nach, die am beginn des neuen jahrhunderts offensichtlich sind. diese ganze geschichte, zugleich ein populäres mythengebilde, ist nicht nur gelegentlich anlaß für kriege gewesen, es ist auch eines der zentralen momente jener umbrüche, in die wir mittlerweile gestürzt sind.
emil gruber
was ist also das große ganze und wie zeigt es sich in seiner regional erfahrbaren dimension? welche erzählungen klingen dabei an und welche politischen kräftespiele erreichen uns in diesem zusammenhang?
das trio gruber-krusche-sattler setzt dazu beim kommenden „april-festival“ einen akzent in der gemeinde albersdorf, welche stark vom industriellen geschehen im vorgelagerten raab-tal geprägt ist. das trio wird über mittel der bildenden kunst und der literatur ein gemeinsames künstlerisches statement erarbeiten, das in einem foto von franz sattler und einem song von bruce springsteen seinen ausgangspunkt hat.
so entsteht die ausstellung „wheels“. sie ist ihrerseits kein isoliertes einzelereignis, sondern der impuls für ein längerfristiges projekt, in dem wir den weiten horizont der gesamten themenstellung ausleuchten werden.
an einer stelle des springsteen-songs „thunderroad“ heißt es: „we got one last chance to make it real / to trade in these wings on some wheels“. die flügel und die räder; in kombination eine nun schon jahrhundert-metapher für mobilität …
„wheels“ ist ein weiterer „avantourismus“-akzent, initiiert vom „kuratorium für triviale mythen“.