Es wurde vor rund einem Jahrzehnt eine Produktion, für die drei durchaus schrullige Leute zusammengegriffen haben. Dabei ging es um ein altes Medium.

Es wurde vor rund einem Jahrzehnt eine Produktion, für die drei durchaus schrullige Leute zusammengegriffen haben. Dabei ging es um ein altes Medium.
Handfertigkeit, Blech und Papier, aber auch Druckguß und Zinnguß. Wachsguß und zwei Produktionsarten aus dem Drucker. In jedem Fall braucht es geschickte Finger. Die Stückzahlen entscheiden, welchen Weg man geht, welche Maschinerie man einsetzt.
Eben fuhr im Zentrum Gleisdorfs in der scharfkantigen Nachmittagssonne dieses markante Auto vor. Es sieht genau so aus, wie ein Bastelbogen von Michael Toson. Toson ist der Techniker, von dem die Ausschneidebögen zum „Puch Buch“ stammen; siehe: [link]
Gestern schwang sich eine kettenrauchende Dame jenseits des achtzigsten Geburtstages an meinen Tisch, um mir zu erzählen, daß sie lieber am Friedhof läge, weil ihr das Leben eine Bürde sei.
Als Witwe bekomme sie bloß 50 Euro von der Pension ihres Mannes, denn das werde zu ihrer eigenen Pension gegengerechnet. Sie habe ja über 40 Jahre gearbeitet. Und bei Hitler sei alles besser gewesen.
Die „Energieregion Weiz-Gleisdorf“ hat eine sehr exponierte Themenstellung, welche ein Stück Praxis in Energiefragen ausmacht: Mobilität. Wir haben uns als Kulturinitiative dabei dem Teilthema Mobilitätsgeschichte gewidmet.
Was heute allen selbstverständlich erscheint, ist ein ganz junges Phänomen: Individuelle Mobilität auf der Basis von persönlichem Automobilbesitz.
Mit einem Blick auf die Vergangenheit läßt sich manches in der Gegenwart passabel deuten, um so zu brauchbaren Überlegungen für die nahe Zukunft zu gelangen.
Was die “Energie-Region“ sei, der wir mit kunst ost als LEADER-Projekt angehören, wird noch in vielen Details genauer zu erörtern sein. Eines der dominanten Themen ist, obwohl es öffentlich kaum zur Debatte steht, der Bereich Individualverkehr. [Die Energie-Region Weiz-Gleisdorf]
Das „Kuratorium für triviale Mythen“ ist jene Formation bei kunst ost, die sich nun schon eine Weile mit dem komplexen Thema Mobilitätsgeschichte befaßt. Der „Generalfetisch“ dieser Geschichte ist das Automobil, wie es bei uns erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem breiter erschwinglichen Konsumgut, schließlich auch zum Kultobjekt wurde.
Die Steiermark in ihren historischen Dimensionen und ihr Zentrum Graz bieten dabei eine exemplarische Geschichte, die vom späten 19. Jahrhundert ungebrochen bis in die Gegenwart reicht. Einer der Hauptstränge dieser Geschichte ist die Biografie des Johann Puch, der vom Keuschlerbuben zum Fabrikanten aufstieg, der ein Pionier der Massenmotorisierung war.
Er ist bei seinem Tod jünger gewesen als ich es heute bin. Sein umfassendes Werk, das er mit geradezu einschüchterndem Tatendrang realisiert hat, entfaltete eine Wirkung, die nun bald hundert Jahre über seinen Tod hinausreicht und dessen Spuren noch in der Gegenwart leicht zu finden sind.
Wir haben diese Zusammenhänge vor einer Weile aufgegriffen und uns aktuell über die Produktion eines Albums („Puch-Buch“). dem gesamten Komplex angenähert; Michael Toson, Jörg Vogeltanz und ich.
Als Kulturschaffende haben wir es zum Teil mit Arbeit an symbolischen Gehalten zu tun. Das ist eine Befassung mit Bedeutungen und mit Codes. So bemühten wir uns nun darum, im vormaligen „Einser-Werk“ von Johann Puch einen Akzent zu setzen; genauer: in der „Halle P“, dem letzten Fabriksgebäude, das noch aus seiner Lebenszeit stammt.
Im Jahr 1900 baute Puch sein erstes Automobil, erprobte es auf dem Grazer Schloßberg. Wenige Jahre später war sein Betrieb im „Einser-Werk“ (in der heutigen Puchstraße) eine fixe Marktgröße. Fahrräder, Motorräder, Automobile, damit machte nach seinem Tode (1914) der wachsende Konzern Steyr-Daimler-Puch erneut Furore. Mit dem nun seit rund 30 Jahren produzierten Geländewagen Puch G ist die Marke bis heute präsent, den Begriff „Puchwerke“ finden Sie immer noch auf Wegweisern.
Magna Steyr, worin mehr als hundert Jahre wechselhafter Konzerngeschichte aufgegangen sind, betrieb in der „Halle P“ zuletzt eine Fachwerkstatt für seine Allradfahrzeuge, den Puch G und die diversen Pinzgauer-Modelle.
Nun übersiedelt gerade das Johann Puch-Museum Graz in dieses geschichtsträchtige Gebäude. Im Juni 2012 wird regulär wiedereröffnet. Aber schon jetzt konnten sich Interessierte vor Ort etwas umsehen und einen Teil der neu geordneten Sammlung in Augenschein nehmen.
Anlaß dafür war die Präsentation unseres Albums („Puch-Buch“). Ich hab darin den Gesamtzusammenhang skizziert, Techniker Michael Toson die wichtigsten Fahrzeuge nach 1945 als Bastelbögen erarbeitet. Graphic Novelist Jörg Vogeltanz lieferte dazu das Artwork, um dem Album eine spezielle optische Erscheinung zu geben. So entstand ein kurioses Dokument jener Geschichte.
Unsere Session am 10. Mai 2012 war die erste öffentliche Veranstaltung in dieser Halle, nachdem die Industriearbeit und das Mechanikergeschäft daraus gewichen sind. Der Auftakt eines nun kulturellen Geschehens, dessen Hauptereignis freilich das Johann Puch-Museum Graz ist.
+) Das „Puch-Buch“ [link]
+) Die Veranstaltung [link]
+) Das „Kuratorium für triviale Mythen“ [link]
+) „Vision 2050“ [link]
Fotograf Richard Mayr scheint zu grübeln. Der rote Kofferraumdeckel gehört zu einem Ferrari Mondial. Der wiederum gehört Michael Toson, von dem ich hier nun mehrmals erzählt habe, weil er die Bastelbögen zum aktuellen „Puch-Buch“ erstellt hat. (Toson spiegelt sich rechts in der Scheibe des Wagens.)
Die „Vorpremiere“ des Puch-Albums ereignet sich im Rahmen des „April-Festivals“, wo ich das Thema “Gehen, reiten, fahren” referiere: [link] Ich bin momentan sehr tief in die historischen Grundlagen unserer Mobilitätsgeschichte verwoben.
Zur Gegenwart dieses Themas zeigen sich bei uns auch kuriose Bezüge, da unsere Kuratorin Mirjana-Peitler-Selakov in wenigen Tagen bei Magna Steyr an Bord gehen wird, um dort einen Bereich der Sicherheitskontrolle in der E-Car-Forschung zu übernehmen. Siehe dazu: „Gleisdorf als Angelpunkt“ [link]
Doch zurück zu Richard Mayr. Die Gleisdorfer Galerie „Einraum“ erhält gerade ein neues Konzept, das von der Firma Kricker Glas [link] mitgetragen wird. Im Vorbeigehen fällt dort momentan der mächtige, barock anmutende Goldrahmen des großen Fensters auf. Und das Zebra, welches einem da entgegenblickt.
Hier sind also zur Zeit einige Arbeiten von Mayr zu sehen, der kommenden Dienstag ein Teil jenes Trios ist, das eine weitere Station des „April-Festivals“ ergibt: [link]
Das Puch-Buch
Einige Puch-Werke mit 9 Bastelbögen
Von Martin Krusche, Michael Toson & Jörg Vogeltanz
Ein Album, 36 Seiten, Euro 9,- (zuzügl. Versand)
Die Bezeichnung „Puch-Schammerl“ oder „Puch-Auto“, kurz „Pucherl“, ist auch jenen geläufig, die kein ausgeprägtes Interesse an Automobilen haben. Jene Generationen, die in den 1950er- und 60er-Jahren geboren wurden, haben diese Fahrzeuge noch im Alltag erlebt. Vor allem aber Fahrräder, Motorroller und Motorräder der Marken Steyr und Puch.
Massenmotorisierung und motorisierter Individualverkehr sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich geworden. Das Automobil war nicht nur Vehikel, sondern zugleich ein soziales Statement. Es drückte vor 50 Jahren die Teilhabe am kommenden Wohlstand aus.
Rund ein Jahrhundert lang waren österreichische Betriebe in der Fahrzeugentwicklung mehr als einmal international tonangebend. Neben den oben angedeuteten sozialgechichtlichen Aspekten sind in der Historie von Steyr, Austro Daimler und Puch auch einige bedeutende Kapitel der Technologiegeschichte festgeschrieben.
Gerade diese Mischung ist heute interessant. Die Verzahnung von Sozial- und Technologiegeschichte im Heraufdämmern völlig neuer Formen der Massenkultur, wie sich das ab 1933/34 vollzogen hat; in Prozessen, die bis heute andauern. Es ist eine Grundlage zum Verständnis des 20. Jahrhunderts, diese komplexe Gesamterscheinung des Themas wenigstens skizzenhaft zu verstehen.
Wir rollen das Thema im „Kuratorium für triviale Mythen“ von der Seite der Alltagskultur her auf. Wir vertiefen es aber auch für Momente in solide geschichtliche Betrachtungen und führen von da zurück zu den vergnügten Äußerungen einer (auto-) mobilen Massengesellschaft, die ihre daher rührenden Probleme noch weitgehend ignoriert.
Das „Puch-Buch“ (Krusche, Toson & Vogeltanz) ist einer von mehreren Beiträgen zu diesem Unterfangen, welches sich in verschiedene mediale Formen verzweigt. Neben der geschichtlichen Skizze bieten wir im Album neun Bastelbögen mit den wichtigsten Fahrzeugen der Steyr-Daimler-Puch AG (nach 1945) zur Betrachtung, aber auch, um die Fahrzeuge en miniature zu bauen.
Die Bastelbögen
• Der Prototyp PUCH U3
• Das erste Serienmodell PUCH 500
• Der renntaugliche PUCH 650 TR II
• Der Kombi PUCH 700 C
• Der Schlußakzent STEYR FIAT 126
• Der kleine Allrad-Star PUCH HAFLINGER
• Der große Haflinger-Nachfolger PUCH PINZGAUER 710 M
• Der Allrad-Evergreen PUCH G 300 GD
• Die Concept-Studie MAGNA MILA
Kontext
Ein Beitrag zum Thema Mobilitätsgeschichte
kunst ost, vision 2050: [link]
Weiterführend im Internet
• Kuratorium für triviale Mythen: [link]
• Puch: Eine Dokumentation: [link]
• Mobilitätsgeschichte im Plauderton: [link]
• Die Gefolgschaft des Ikarus (laufende Erzählung): [link]
Die „Vorpremiere“
• „Gehen, reiten, fahren“: [link]
— [Das Puch-Buch] —
Es ist bloß die Hälfte der Lieferung. Der Fahrer war so freundlich, mir meine Wohnungstür nicht völlig zuzumauern. Außerdem kamen die Pakete in zwei Durchgängen. Das hat seine Vorteile, denn Kartons, mit solchen Alben vollgepackt, bringen es auf ein stattliches Gewicht, das geschultert und unters Dach verbracht werden muß.
Also habe ich mir diese freudigen Mühen aufteilen können. Es ist insgesamt eine lange Geschichte auf einem gewundenen Weg. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich begonnen hab, mit Michael Toson an diesem Vorhaben zu arbeiten. Nun aber liegt das kuriose Album vor mir und duftet heftig. Ich liebe den Geruch von Druckfarbe ebenso wie den von altem Papier, welchen betagte Bücher verströmen. Frische Drucksorten riechen naturgemäß vollkommen anders.
Ich mag auch diese gewundenen Wege, auf denen etwas wird, das sich derart prozeßhaft entwickelt, langsam entfaltet. Hier ist es ein Stück Mobilitätsgeschichte, das erzählt und gezeigt wird. Die Historie hab ich zusammengefaßt, Techniker Michael Toson schuf die Ausschneidebögen, Graphic Novelist Jörg Vogeltanz besorgte das Art Work.
Die „Puch-Werke“, das sind neun Bastelbögen mit den maßgeblichen Fahrzeugen aus der Grazer Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier eine kleine Leseprobe der Geschichte zu dieser Geschichte: [link]
So ist außerdem ein Akzent gesetzt, mit dem unser Kuratorium für triviale Mythen in einen nächsten Bereich der Arbeit an unserer Mobilitätsgeschichte geht. Das hat eine Erzählebene in der Themenleiste „Die Gefolgschaft des Ikarus“: [link]
Das hat außerdem schon bald eine Station im Rahmen unseres April-Festivals: „Gehen, reiten, fahren“ (Fahrzeug & Fetisch) [link] Die Geschichte des 20. Jahrhunderts belegt mehr als deutlich, daß die soziokulturelle Inszenierung und emotionale Aufladung dieser Hauptobjekte einer damals neuen Massenkultur, der Automobile und schließlich Motorräder, so radikal, langfristig und mit derart hohem Budgetensatz betrieben wurde, da kann eine rein rationale, vor allem ökologisch begründete Kritik dieser Entwicklung gar nicht hinreichen.
Wir wollen also klären, über welche soziokulturellen Zugänge diese Thema greifbarer werden kann und wohin diese Entwicklung führen mag…
[Das Puch-Buch]
(Euro 9,- zuzügl. Versandkosten)
[Der Avantourismus]
[Das April-Festival 2012]
Wie nun verschiedene Ereignisstränge sich zu einem Bündel fügen… Letzte Revision. Nächste Woche geht unser „Puch-Buch“ [link] in Druck. Die Arbeit daran muß einen nicht stets in das Landezentrum führen. Wenn ich mich mit Graphic Novelist Jörg Vogeltanz und mit Techniker Michael Toson zu einem Meeting in Laßnitzhöhe einfinde, haben wir uns quasi auf halbem Wege getroffen.
Der dortige „Hügellandhof“ ist uns dafür ein äußerst angenehmer Stützpunkt. Wir haben nun ein Stück Mobilitätsgeschichte erarbeitet, das jenen Kernbereich verständlich macht, in dem die Massenmotorisierung Österreichs im 20. Jahrhundert greifbar wurde. Diese Massenbewegung, gestützt auf Automobile, wird in absehbarer Zeit enden. Mit den Grundlagen der Umorientierung sollten wir längst befaßt sein.
Parallel laufen die Vorbereitungen für das „April-Festival“ weiter, in dem es übrigens auch eine Session zum Thema geben wird. Das „Kuratorium für triviale Mythen“ tagt in Weiz: [link]
Anderes Thema! Inzwischen hat Regisseur Alfred Ninaus seine aktuelle Filmpremiere hinter sich. Da ging es um das Thema „Wechselland“, eine uns nahe Region. Wir nehmen das als Anlaß, diese Zugänge zu thematisieren. Fragen des Wandels, der Definitionshoheit, der Darstellungsformen und -möglichkeiten. Film, Buch, Autorengespräch mit Alfred Ninaus (Regisseur), Richard Mayr (Fotograf) & Fritz Aigner (Autor) [link]
Das gesamte „April-Festival“ ist inhaltlich zwischen Wissensvermittlung, Diskussionen und Kunstpräsentation festgemacht. Damit soll gewährleistet sein, daß die Einladung zur PARTIZIPATION keinesfalls geringer ausfällt als jene zur Betrachtung.
Ich möchte das als ein Prinzip im regionalen Kultur-Engagement gesichert sehen. Es ist auch ein kulturpolitisch wichtiger Aspekt und dieser Punkt bekommt etwa dann Gewicht, wenn Kulturinvestitionen verhandelt werden müssen, denn da wird natürlich meist nach dem Benfit für die Gesellschaft gefragt. Und der stellt sich sehr wesentlich via Partizipation ein…
+) „April-Festival“2012 [link]