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Wovon handelt Kulturpolitik? #28

„…aber das obige Zitat kann ob seiner gewissen Überheblichkeit nicht ohne Kommentar bleiben: Es enthält nämlich ein gewisses Quantum schwer erträglichen Elitebewusstseins, welches mich immer skeptisch stimmt.“

Elitär sein? Na sowas! Und Überheblichkeit? Das geht schon gar nicht! Vor allem eine „gewisse“. Weil! Dann wäre da auch noch ein „gewisses Quantum“ festzustellen. Geht ebensowenig. Nicht in Graz. Nicht in Österreich.

Die Anwendung künstlerischer Technikeen bedeutet nicht, daß dadurch ein Kunstwerk entsteht. (Diese Arbeit legt offen, daß hier keinesfalls längerfristige Praxis und Talent zusammengefunden haben.)

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basis-kunst: Schlußfolgerungen… folgen

Das Symposion [link] ist eine kräftige Markierung im Raum und auf dem Zeitpfeil unserer Vorhaben. Gerade in einer Phase, welche in der gesamten Steiermark mehr als krisenhaft erlebt wird, was gewöhnlich den Bereichen Kunst und Kultur größte Einbrüche beschert, gehen wir nach einem längeren Prozeß der Vorarbeit an die Öffentlichkeit und sagen klar, daß wir der Gegenwartskunst hier, in der Provinz, ganz neue Bedingungen schaffen wollen.

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Die aktuelle Krisensituation verstehen

Ich hab kein Problem mit der Tatsache, daß wir Krisen bewältigen müssen. In unserer Kulturgeschichte besteht seit Jahrtausenden die Vorstellung, daß jede Katharsis eine Krisis zur Vorbedingung habe. Außerdem sind Umbrüche aufregende Zeiten; wenn auch ziemlich anstrengend.

Im Jahr 1848 wurde das Ende der „Erbuntertänigkeit“ rechtskräftig, 1919 endete die Feudalzeit formal. Es folgte ein autoritärer Ständestaat, der in die Nazi-Tyrannis mündete. 1945 durfte die Zweite Republik anbrechen. Wir haben also noch nicht gar so viel Erfahrung damit, ein Kulturgeschehen inhaltlich zu gestalten, kulturpolitisch zu verhandeln und mit angemessenen Ressourcen auszustatten, um nicht bloß Eliten zu bedienen, sondern Zugänge zu Kunst und Kultur für eine Massengesellschaft zu schaffen, zu öffnen…

Ab den späten 1970ern wurde erprobt und etabliert, was wie heute als freie bzw. autonome „Initiativenszene“ kennen. Vieles, was einst unsere Arbeit war, ist heute Standard konventioneller Kulturbeauftragter. Wir sind also überfällig, neue Aufgaben zu finden. Dabei kommt uns der Lauf der Dinge aufmunternd entgegen, denn demnächst bleibt auf mehreren Feldern kein Stein auf dem anderen.

Wir haben in der Kooperation von „kunst ost“ und „kultur.at“ einen Schwerpunkt herausgearbeitet, der mit dem Kürzel KWW markiert wurde: Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft.

Da wir uns nicht nach den dominanten Marktsituationen reichten möchten, da wir aber auch keine 100 Prozent Abhängigkeit vom Staat für sinnvoll halten, ist neu zu klären, wie diese drei Bereiche sich zu einander verhalten mögen; speziell jenseits des Landeszentrums, in der „Provinz“.


Damit meine ich auch, wir haben zu klären, worin genau der Leistungsaustausch bestehen mag, der uns Budgets einbringt. Ich hab einiges zu diesen Überlegungen im Beitrag „Feine Krise“ [link] skizziert. Unsere genaue Kooperationssituation ist hier dargestellt: [link]

Ich hab außerdem zu behaupten, daß es „Die Wirtschaft“ nicht gibt und daß wir gefordert sind, etwas differenzierter klar zu machen, mit wem wir uns unter welchen Bedingungen was vorstellen können; siehe dazu: [link] Das handelt von RAHMENBEDINGUNGEN für all das, was wir dann einzeln und ganz speziell der GEGENWARTSKUNST widmen. In der Arbeitspraxis siehst das abschnittweise aus wie in den folgenden Absätzen umrissen.

Kleiner Einschub: In der „Provinz“ dominieren seites der Kreativen die „Voluntaries“ übermächtig. Das meint, mindestens 80 Prozent der Leute, die hier einen Kulturbetrieb reklamieren, um selbst zu veröffentlichen/auszustellen, sehen sich keineswegs der Gegenwartskunst verpflichtet, sondern repräsentieren die Voluntary Arts: [link] Das hat fundamentale kulturpolitische Konsequenzen.

Wo stehen wir im Moment? Ich hab im vorigen Eintrag [link] skizziert, welche Grundlagen im „FrauenMonat“ 2012 nun greifbar sind, um ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) zu initiieren. Eine andere Themenlinie ist hier beschrieben: [link] Das bündelt in Summe Aspekte folgender Teilthemen:
+) Mediengeschichte
+) Industriedenkmäler
+) Sozialgeschichte
+) Mobilitätsgeschichte.

Warum haben wir den Fokus ausgerechnet darauf gerichtet? Wir sind die Kinder einer Massenkultur, deren markanter Auftakt in den 1930er-Jahren zu Situationen geführt hat, die uns derzeit ausmachen. Eines der großen Themen dieser Zeit ist die Massenmobilisierung und deren Generalfetisch, das Automobil.

Schon bevor diese Ereigniskette, symbolisiert vom Codesystem „Stromlinie“, unsere vertraute Welt völlig zu verändern begann, haben verschiedene Formen technischer Reproduzierbarkeit und der Massenfertigung zu enormen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Konsequenzen geführt.

Wenn wir also in der „Provinz“ einen kulturpolitischen Diskurs wünschen, sollten Grundlagen und Hintergründe der kulturellen Situation wenigstens im Ausmaß von Zeitgeschichte einigermaßen geläufig sein.

kunst ost: reflexionen #3

Ressentiments und Skepsis

Wie im vorigen Abschnitt notiert: Unser zentraler Arbeitsinhalt ist die Gegenwartskunst. Außerdem besteht, soweit wir als LEADER-Kulturprojekt etabliert sind, mit unserem Vertragspartner, dem Land Steiermark, Übereinkunft, daß wir uns mit dem kulturpolitischen Status quo zu befassen haben.

LEADER ist ein Programm der EU, über das Fördermittel verfügbar werden. Mit kunst ost ist das überhaupt erste LEADER-Kulturprojekt Österreichs entstanden. Unser Vertrag wurde von Landeshauptleuten unterzeichnet. Wer nun die Provinz kennt, weiß freilich, daß kommunale Kräfte oft empfindlich bis abwehrend reagieren, wenn sie mit Erwartungen von der Landesebene in Berührung kommen.

Zugleich hätte unser Vertrag und Projekt nie auf die Schiene kommen können, wäre ein Zustimmung von regionalen Machtpromotoren ausgeblieben. So ist der LEADER-Modus. Der regionale „Lenkungsausschuß“ bleibt die erste Instanz, das Land ist die zweite Instanz, mögliche Gelder der vereinbarten Kofinanzierung werden dann bundesweit von der AMA in Wien verwaltet.

Damit sei festgehalten: Solche Budgets, die NUR Kofinanzierungen sind, also keinesfalls in Gang kommen, falls Eigenmittel fehlen, wurden mit hohen Zugangsbarrieren umstellt. Der Aufwand, solche Budgets abzuholen, ist erheblich.

Unser Deal ist also interessant. Der Gegenwartskunst gewidmet, die in der Provinz keinen festen Boden hat, ausdrücklich auf regionalpolitische Relevanz verpflichtet, was in der Regionalpolitik keine Tradition hat, an einen Kunstdiskurs gebunden, der in unserem Metier als öffentlicher Diskurs eher gemieden als gesucht wird.

Damit ist in Summe ein Vorhaben skizziert, das eine ganze Reihe brisanter Punkte enthält. Wir haben uns bei kunst ost vorgenommen, diese Aufgabe zu lösen, um lokal und regional Wirkung zu entfalten und dabei zugleich ein Beispiel von Best Practice zu erarbeiten, das auf europäischer Ebene zur Debatte stehen kann.

In einem Arbeitspapier des zuständigen Referats-Leiters Gerald Gigler (Abteilung 16: Landes- und Gemeindeentwicklung) stehen Passagen wie: „Gemeint ist damit sicherlich nicht die Vermarktung von Kulturarbeit als touristischer Angebotsbringer! Oder auch nicht kulturelle Veranstaltungsförderung.“ Oder: „…kann im positiven Sinne auch Provokation mit einschließen“. Und: „Da LEADER Regionen weitgehend im ländlichen Raum befindlich sind, sollte damit — bei Vorgabe von klaren Zielsetzungen durch die A 9 — auch ein weiter gefasster kulturpolitischer Begriff möglich sein…“ [Quelle]

Ich fand für uns also eine Situation, die auf Übereinkünften ruht, welche vertraglich vereinbart sind, zu denen ich sagen darf: Hier haben Politik und Verwaltung auf der Landesebene eine kulturpolitische Position eingenommen, der ich umfassend zustimmen kann. Es gibt in unseren Vereinbarungen keinen Passus, den ich eingeschränkt oder gar nicht akzeptiert hätte. Das ist kein übler Modus.

Aber die Kunst! Es gibt gelegentlich Ausnahmen, doch das kulturelle Geschehen der Region ist von den Voluntary Arts dominiert. Das hat sich in den letzten Jahren bloß bestätigt, hier sind mindestens 80 Prozent der Kreativen, die publizieren/ausstellen möchten, den Voluntary Arts zuzurechnen: [link]

Ich kann auf einem Terrain, wo Gegenwartskunst keinen sozialgeschichtlich bedingten, gewachsenen Rückhalt hat, diese Arbeit nicht tun, indem ich bei der Gegenwartskunst ansetze. Dabei würde ich bloß ins Leere zielen. Ich muß bei vorhandenen Gegebenheiten ansetzen, über die realen Rahmenbedingungen — quasi vom Rand her — an das Thema heranführen.

Was das bedeutet? Die vorherrschenden Varianten eines Kulturbegriffes subsummieren jegliche kreative Äußerung unter den Begriff Kunst, unterscheiden keine Genres und bergen eine verbreitete Skepsis gegenüber dem, was tatsächlich als Gegenwartskunst gelten darf.

Keine Malerin, eine "Pinselschwingerin" (Quelle Kleine Zeitung, Oktober 2009)

Wie erwähnt, unter den künstlerischen Verfahrensweisen dominieren in der Provinz die Voluntary Arts. Kunsthandwerkliche Methoden und kreatives Basteln werden gewöhnlich eingerechnet, während ein breites Unverständnis von Gegenwartskunst oft sogar zu Abwehrhaltungen führt: Zu abgehoben. Zu elitär. Zu intellektuell. Zu schwierig. Das trifft sich mit einer anhaltenden Diskursverweigerung der meisten jener Leute, die tatsächlich im Sinn der Gegenwartskunst arbeiten.

Wir wissen zwar, wenn wir selbst nicht stets neu klären, was Kunst sei, tun das Politik und Wirtschaft für uns, zuzüglich Vox populi, mit den problematischen Konsequenzen, die wir kennen. Das hat seit wenigstens 20 Jahren leider nicht dazu geführt, in der Provinz einen seriösen Kunstdiskurs zu initiieren.

Es mußte uns also gelingen, eine Summe von Ressentiments zu überwinden, ohne jene, die sie pflegen, zu denunzieren. Dazu stießen wir auf ein dominantes Muster in der regionalen Kulturpolitik, die so gut wie keine Beispiele kennt, kulturpolitische Arbeitsansätze über eigene Gemeindegrenzen hinaus zu erwägen, zu erproben. Einschlägige Beispiele finden wir bestenfalls noch in Verkettung mit dem Tourismus, der wiederum so gut wie keine Intention zeigt, sich auf Gegenwartskunst einzulassen.

Diese Situation wird dadurch verschärft, daß ein Gros der regionalen Kulturbeauftragten Kulturpolitik auf zwei wesentliche Aufgaben beschränkt:
a) Das Verwalten von Kulturbudgets beziehungsweise das Rechtfertigen eines völligen Fehlens von Kulturbudgets und
b) das Eröffnen von Veranstaltungen.

Verstehen Sie mich recht! Ich beklage diesen Stand der Dinge nicht, ich finde darin eine äußerst spannende Aufgabenstellung.

Zwei grundlegende Dokumente zu unserem Projekt:
+) Aktionsprogramm Achse 4 LEADER
… über kulturelle Förderungen im ländlichen Raum von 2007 – 2013 durch die Europäische Union und vom Land Steiermark – Kultur [link]

+) Sechs Punkte zum Kulturgeschehen
Von Gerald Gigler… vorgelegt anläßlich des „LEADER Kultur-Treffen“ am 21.11.2008 im Grazer Kunsthaus. Gerald Gigler ist Leiter des „LEADER-Referates“ in der Abteilung 16 (Landes- und Gemeindeentwicklung): [link]

[kunst ost: reflexionen]

eine kleine zusammenfassung

seit geraumer zeit loten wir die themenstellung „zwischen landwirtschaft und high tech“ aus. dieses unser generalthema ist auf die oststeiermark gesamt bezogen, aber auch auf die „energie-region weiz-gleisdorf“ angewandt.

das bedeutet, wir bearbeiten diese themen mit künstlerischen, kulturellen und sozialgeschichtlichen beiträgen. daraus haben sich zwei hauptthemen ergeben:
+) agrarische welt
+) frauen und technik

unser fokus liegt natürlich auf gegenwartskunst. um dieses thema zu stärken, befassen wir uns auch mit beiträgen im bereich der voluntary arts.

grübeln für die kunst. von links: kulturwissenschafter günther marchner, jazz-promotor franz maunz und künstler gerhard flekatsch

+) tage der agrarische welt / schlüsselperson: karl bauer
das wird gerade zu einer veranstaltungsreihe verdichtet, es hat sich dazu auch schon a) eine laborgruppe formiert und b) fotograf christian strassegger den ansatz einer „location crew“ erarbeitet. [link]

+) frauen, macht und technik / schlüsselperson: mirjana peitler-selakov
dieser bereich hat sich aus dem „frauenmonat“ von „kunst ost“ heraus entwickelt. mirjana peitler-selakov hat die programmatische arbeit daran fortgeführt und wir haben auch schon eine konkrete kooperation mit einem der großen betriebe in der region erreicht. [link]

das unternehmer-ehepaar jaqueline und tino pölzer hat uns eben zu einer weiteren station in seinem betrieb eingeladen

+) close to nature / schlüsselperson: mirjana peitler-selakov
eine komplementäre struktur zu den oben genannten hauptlinien ist der gegenwartskunst gewidmet. dabei liegt hier der fokus auf arbeiten, die sich dann hauptsächlich in freier natur zeigen. [link]

+) schwerpunkt gegenwartskunst / schlüsselperson: martin krusche
eine kooperation mit dem kunstsammler erich wolf soll über einen zeitraum von fünf jahren die grundlage für ein regionales „kompetenzzentrum gegenwartskunst“ schaffen, das auf internationalen rang abzielt. zu diesem prozeß gehören fachtagungen, symposien und andere vorhaben, die uns diesem ziel näherbringen. das thema für unser erstes symposion im herbst 2012 steht fest: „regionalität und realität // globalität und virtualität“. [link]

+) kulturspange / schlüsselperson: martin krusche
wir haben heuer die basis einer kooperation kunst- und kulturschaffender eingerichtet, mit der wir eine „kulturspange“ quer durch das bundesland realisieren und auch vereinzelt über nationale grenzen hinaus erweitern möchten. [link]

filmfestival "diagonale": brigitte bidovec (links) und barbara pichler

+) april-festival
wir arbeiten schon eine weile an der themenstellung für april 2012: „leben: die praxis der zuversicht“. dieses vorhaben wird sich etwas konzentrierter und von der dimension her kleiner ausfallen als vorherige april-festivals. wir setzen dabei auf eine verfeinerte themenbearbeitung. [link]

+) filmkunst
während die kooperation mit kunstsammler erich wolf schon richtung praxis gediehen ist, hat unsere kooperation mit dem filmfestival „diagonale“ noch den status der entwicklungsarbeit.  das festival steht ja in seiner konzeption und wirkung für sich. was wir nun bearbeiten, ist die frage nach sinnvollen komplementär-schritten, die a) quer durchs ganze jahr angelegt sind und b) jenseits von graz wirkung zeigen: [link]

die kulturspange

um sam peckinpah zu zitieren: „wir haben einen konvoi!“ aber was haben wir nun genau? sie merken schon: da ist auf jeden fall ein hang zu trivialen mythen [link] doch ich greife vor.

wir haben also nun eine kulturspange konstituiert, welche quer durch die steiermark reicht. ich habe das thema schon öfter voranzubringen versucht. ende 2009 war das kurz in einiger reichweite, wie im projekt-logbuch nachzulesen ist:

>>Dieser neue Abschnitt in der Entwicklung von „kunst ost“ wird von der kommenden“Freitags-Konferenz“ unterstrichen, in der wir die „Kulturspange“ bearbeiten. Da zeichnet sich ein Kommunikations- und Kooperationsraum zwischen Weiz, Gleidsorf und Feldbach ab.<< [quelle]

peripatetische einschüber bei der konstituierenden session: (von links) franz maunz, gerhard flekatsch, mirjana peitler-selakov und eva ursprung

damals bin ich mit dieser vorstellung offenbar noch zu früh unterwegs gewesen. heute sieht das anders aus. die gang of excellence, konkret: gerhard flekatsch, günther marchner franz maunz, mirjana peitler-selakov eva ursprung und ich, ist auf der primären kompetenzebene folgendermaßen aufgestellt: drei kunstschaffende (flekatsch, ursprung und ich), ein kulturschaffender (maunz), zwei leute aus der wissenschaft (peitler-selakov und marchner).

auf einer zweiten ebene verfügbarer kompetenzen sind alle im team seit jahren mit kunstvermittlung, fragen der kulturpolitik und auch mit kunsttheorie vertraut. das bedeutet, in dieser crew werden aktion und reflexion beieinander gehalten.

ohne reflexion, theorie und klar benennbare gründe ist im kuturbereich kein boden zu gewinnen: (von links) günther marchner, franz maunz und gerhard flekatsch

dazu kommt der räumliche/regionale aspekt. feldbach und gleisdorf (südost- und oststeiermark), graz als landeszentrum, gesäuse und salzkammergut (als obersteirische bezugspunkte) ergeben territorial einen sehr passablen ausgangspunkt für unsere steirische präsenz.

nach südosteuropa führen unsere wege momentan vor allem nach bosnien-hercegovina und in die serbische vojvodina. das bedeutet unter anderem, wir etablieren einen laufenden erfahrungsaustausch mit kunst- und kulturschaffenden, die uns in den krisen- und mangelerfahrungen bei der arbeit viel voraus haben.

und es ist schin so, daß einem bei engagierten frauen mitunter ganz andere strategien auffallen, als sie herkömmliche männer-seilschaften pflegen: mirjana peitker-selakov (links) und eva ursprung

zugleich ist der künstlerische austauch in diesen bereichen vielversprechend, weil die kunstschaffeden dort von völlig anderen hintergünden und zusammenhängen geprägt sind, was wechselseitige horizonterweiterung in aussicht stellt.

es ist auch nicht gerade unerheblich, daß franz maunz und ich die kooperation zweier LEADER-kulturprojekte repräsentieren, bei denen eine klare auffassung besteht, daß gegenwartskunst und „voluntary arts“ zwei grundverschiedene kategorien sind, die unterschiedliche rahmenbedingungen haben und verlangen.

zu all dem kommt, daß wir nun in gleisdorf eine fixe kooperation mit kunstsammler erich wolf eingegangen sind, um in einer zweijährigen vorlauf-phase die grundlagen für ein kompetenzzentrum zur gegenwartskunst zu erarbeiten. (siehe: eine wegmarke!)

kunstsammler erich wolf besitzt eine der bedeutendsten kollektionen steirischer gegenwartskunst

damit haben wir natürlich nicht bloß regionale reichweite im auge, sondern auch bundesweite und internatioale relevanz. diese arbeitsansätze korrespondieren mit der bereitschaft des „offiziellen gleisdorf“, im bereich politik und verwaltung mit uns regelmäßige arbeitstreffen zu pflegen, um relevanten aspekte all dieser themen in kontinuität durchzugehen. (siehe dazu: zur praxis des bottom up-prinzips!)

das bedeutet, wir klären nun in einer außergewöhnlichen gesamt-kooperation, wie sich eine kulturelle situation, in der gegenwartskunst eine erhebliche rolle spielt, abseits des traditionbellen landeszentrums so entfalten kann, daß wir uns a) absolut auf der höhe der zeit bewegen und b) in den wesentlichen positionen nach internationalen standards bestehen.

[die spange]

sommerpause? keine sommerpause!

unser „frauenmonat“ [link] hat nun seine vorletzte 2011er-station. waren erste veranstaltungen der kunst und dem sachthema „frauen, macht & technik“ gewidmet, so folgen jetzt noch zwei stationen im rahmen der „talking communities“: [link]

das bedeutet, es geht in gesprächssituationen um künstlerische praxis, um kunstdiskurs und um rahmenbedingungen von kunstschaffenden. ein themenbereich, der auf merkwürdige art so ganz generell von allerhand „unaussprechlichkeiten“ umgeben ist. damit meine ich, es ist derzeit kaum möglich, in einem offenen diskurs über den steirischen kunstbetrieb an einer gewissen kontinuität solcher debatten anzuknüpfen.

unsere kunstkarten-edition ist nun vier ausgaben reicher.

diese diskursreihe realisieren wir heute über zwei themenlinien. die ebene „was sagen kunstwerke?“ soll anlaß und beispiel sein, daß wir über kunst zu reden haben, daß wir etwa zwischen gegenwartskunst und voluntary arts [link] zu unterscheiden haben. die „konferenz in permanenz“ ist eher den rahmenbedingungen dieses metiers und kulturpolitischen fragen gewidmet.

Wir gründen keinen neuen Verband, keine Dachorganisation für Kultureinrichtungen etc. (W. Seidl aus Straden: “Es ist eh schon alles gegründet worden.”)

die „konferenz in permanenz“ habe ich von meiner „konferenz der provinz“ abgeleitet. das protokoll #1 jener „kdp“ stammt aus dem frühjahr 1997. wir sind also jetzt im 14. jahr solcher arbeitslinien hier in der „provinz“, um in diesen fragen ein stück emanzipation gegenüber dem landeszentrum voranzubringen. durch die hier vorliegende dokumentation kann u.a. überprüft werden, was über die jahre an fragen akut war und was in den themenstellungen praktisch vorangegangen ist: [link]

eines meiner formellen gegenüber war damals günter getzinger, zu jener zeit kultursprecher der steirischen spö. folgendes zitat aus dem 1er-protokoll der „konferenz in permanenz“ dürfte manchen unter uns höchst vertraut klingen:

„Günter Getzinger betont, daß in der ZENTRALE die SICHTBARKEIT etwas entscheidendes sei. Das heißt wohl, man müsse für Funktionäre und Funktionärinnen in Zentralen BEMERKBAR und ERFAHRBAR werden. Wird ma nicht mit seichtem Aktionismus machen können. Da stellen sich schon mal die Fragen nach TRANSPARENZ und KOMMUNIKATION … auf allen Seiten der Beteiligung.“ [quelle]

meine damalige annahme, daß uns in der kulturpolitik „seichter aktionismus“ kaum voranbringen wüde, wäre heute vielleicht neu zu erörtern.

simon brault konstatiert: „keine kultur, keine zukunft“

ich überprüfe meine kulturpolitischen ansichten und meine einschätzung des steirischen status quo momentan speziell an den schriften zweier autoren, einer aus kanada, der andere aus den usa. die kulturpolitische streitschrift „no culture, no future“ von simon brault hat auf anregende art einen völlig anderen bezugsrahmen als unser regionales tun, vor dessen hintergrund das grundsätzliche, auf das auch ich mich beziehen mag, sehr gut sichtbar wird.

die schriften von gene sharp sind ebenso fundamentale wie fulminante auseinandersetzungen mit jenen systemen, wo regimes und bevölkerungen kooperieren, kollidieren, mitunter ein volk grundlegende umbrüche herbeiführt. siehe: „The Albert Einstein Institution“ [link]

solche diskurse sollten uns zu klären helfen, wie sich in österreich, in der steiermark, staat, markt und zivilgesellschaft tatsächlich zu einander verhalten. eine art kulturellen „kameradschaftsbund“, der sich einen „feind“ gestalt eines tyrannischen „systems“ träumt, der sich seine „heldenlegenden“ aus diesem oder jenem phantasierten „kultur-stalingrad“ zusammenklittert, müßte ich energisch ablehnen.

wir haben vermutlich umfassenden konsens: das ist eine krisensituation, die auf teils unredliche art zu lasten des sozial- und kulturbereiches geregelt wird. eine sehr enrste angelegenheit. aber eben deshalb und auch im sinne einer intellektuellen redlichkeit müssen unsere befunde einer überprüfung standhalten und sollte sich unsere sprache, in der wir die sache verhandeln, von jener der politischen opponenten unterscheiden.

ein kurzer überblick

Die soziokulturelle Drehscheibe „kunst ost“ verknüpft verschiedene soziale und kulturelle Agenda mit Optionen der Gegenwartskunst, wobei wir aus unserer langjährigen Erfahrung schöpfen, solche Vorhaben jenseits des Landeszentrums, in der sogenannten „Provinz“ zu realisieren. Dabei beziehen wir Kompetenzen aus der Praxis im Bereich eigenständiger Regionalentwicklung und haben auch auf dem Kunstfeld Zugänge entwickelt, die uns erlauben, für unseren Arbeitsbereich geltend zu machen: „Provinz war gestern!“

vorarbeiten für den schwerpunkt "frauen und technik": kulturmanagerin nina strassegger-tipl (links) und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov in albersdorf

Wir bemühen uns, das gesamte Geflecht an soziokulturellen und sozialgeschichtlichen zusammenhängen angemessen zu bearbeiten. Das bezieht sich in den großen Schwerpunkten auf unsere
+) Tage der agrarischen Welt
und den momentanen Fokus auf
+) Frauen und Technik
sowie verschiedene thematische Querverbindungen, die das
+) Kuratorium für triviale Mythen
bearbeitet, welches sich in den Kunstbereich verzweigt, aber stellenweise auch stark sachbezogen arbeitet. In diesen Zusammenhängen greifen wir momentan auch verstärkt das Thema
+) Mobilitätsgeschichte
auf.

christian strassegger (mitte) setze den heurigen auftakt zu "close to nature", was bernhard kober ("kuratorium für triviale mythen") mit einer aktion abrundete

Wir entwickeln unsere Projekte vor dem Hintergrund eines Themen-Horizonts, an dem zwei große Teil-Themen ineinander gehen, welche diesen Lebensraum, die „Energie-Region“, ausmachen:
+) die agrarische Welt
+) und die High Tech-Zonen.

Im Zentrum unserer Aufgaben steht die Befassung mit Gegenwartskunst und ihren Bedingungen. Die Bedingungen der Kunst sind über quasi benachbarte Genres berührbar:
+) die Alltagskultur
+) das Kunsthandwerk und
+) die Voluntary Arts,
… also jener sehr populäre Bereich, in dem sich interessierte Menschen außerberuflich mit künstlerischen Verfahrensweisen befassen.

Einige dieser Bereiche verknüpfen wir quer durch das Jahr mit künstlerischen Aktivitäten im Rahmen der Reihe „close to nature“. So fügt sich „kunst ost“ als Ganzes zu einem Gesamtvorhaben, in dem diese verschiedenen Themen- und Aufgabenstellungen in Theorie und Praxis verbunden werden.

[kuratorium für triviale mythen]
[Frauenmonat: FMTechnik!]
[april-festival 2012]
[close to nature]
[was ist kunst?]