Schlagwort-Archiv: regionalpolitik

Kulturpolitik: An der Basis VIII

Das Schlagwort „Freie Szene“ ist Ihnen geläufig? Ich sehe es recht beliebig eingesetzt, ausgestreut. Es ist während der wenigstens letzten 30 Jahren zu einer trüben Kategorie geworden.

Vorbereitungen für Nagykanizsa.
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Was es wiegt, das hat’s IX: Was ist Kunst? III

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

[Vorlauf] Nicht alles, was eine Kunst ist, ist auch Kunst. Ein Wortspiel? Nuancen! Wenn jemand betont, dies oder jenes sei eine oder keine Kunst, ist damit gewöhnlich Kunstfertigkeit gemeint. Eine bestimmte Kompetenz oder Geschicklichkeit. Ein Können.

Beispiel: Solide Handwerksarbeit, die es aber eher nicht in einen Diskurs über Gegenwartskunst schafft, sondern im Bereich Deko verbleibt.
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Kooperation: Andreas Turk

Man hat den Ziviltechniker Andreas Turk schon bei vielen unserer Veranstaltungen treffen können. Außerdem ist er inzwischen bei einigen als Koveranstalter beziehungsweise auch als Akteur in Erscheinung getreten.

Damit verkörpert Turk jenes Gegenüber, das ich in verschiedenen Varianten suche; einen Unternehmer, der sich nicht als „wandelnde Geldquelle“ anbietet, sondern für sich persönlich eine konkrete Rolle im Kulturgeschehen unseres Lebensraumes sucht.

Andreas Turk als ausstellender Fotograf beim "April-Festival" 2011

Man beachte den essentiellen Unterschied zu antiquierteren Konzepten im Verhältnis von UnternehmerInnen und Kunst- wie Kulturschaffenden! Für die Begegnung in Augenhöhe und mögliche Kooperation ist es naheliegend, sehr konkrete Zusammenhänge zu suchen, in denen man nicht über dieses der jenes Gefälle hin mit einander arbeitet.

Andreas Turk ist augenblicklich verstärkt damit beschäftigt, Kommunen bei der Anbahnung und Abwicklung von Bauvorhaben zu beraten, zu begleiten. Damit arbeitet er auf jenem zunehmend unruhigen Feld, wo gerade jetzt wachsende Nervosität blüht, da steirische Verwaltungsreform und kommende Gemeindezusammenlegungen für Sprengstoff in der Regionalpolitik sorgen; auch und vor allem innerhalb der gleichen Fraktionen.

Andreas Turk (rechts) neben Hofstättens Bürgermeister Werner Höfler (Mitte) und dem Gleisdorfer Gemeinderat Karl Bauer bei einer KWW-Veramstaltung

Das bedeutet zwangsläufig, Turk watet gewissermaßen knietief in den Themen, welche uns im Teilbereich „Vision 2050“ seit Oktober 2011 interessieren und beschäftigen. Hier die Dokumentation der ersten Phase: [link]

Das rührt an den Überlegungen darüber, aus welcher gegenwärtigen Situation, die nun seit Jahren von Veränderungsschüben geprägt ist, wir mit welchen Schwerpunkten über welche Zukunftsvorstellungen nachdenken und debattieren wollen.

Das beinhaltet natürlich auch die Frage(n), zu welche Wunschvorstellungen über die Zukunft wir uns verständigen möchten. Und zwar inspirierte Bürgerinnen und Bürger untereinander, aber diese auch mit den Funktionstragenden der Kommunen und der Region. Ich bin mit Turk inzwischen übereingekommen, daß wir unsere bisher sporadische Zusammenarbeit in dieser Sache nun verdichten wollen.

Das korrespondiert auch mit der Themenstellung „Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft“ (KWW), zu der wir schon einige erste Prozesse initiiert haben: [link] In diesem Bereich möglicher Kooperationen beschäftigen uns Überlegungen, welcher Art zeitgemäße Kooperationsformen sein könnten, in denen wir einen erheblichen Teil veralteter Konzepte hinter uns zu lassen vermögen.

In der grundlegenden Arbeit habe ich mit Turk noch einiges zu erledigen, nach außen werden wir wohl noch vor dem Sommer eine Session im Rahmen der „talking communities“ anbieten: [link]

Wovon handelt Kulturpolitik? #19

Unter meinen Notizen findet sich folgende Passage: “In einer Rezession konsolidieren sich die Starken.” Das sagte der Gleisdorfer Kunstsammler Erich Wolf in einem unserer Gespräche. Als Unternehmensberater und Wirtschaftstreuhänder wird er damit wohl kein Bonmot fabriziert haben, sondern einen Hinweis auf den konkreten Lauf der Dinge. (Zu Wolf und styrian contemporary siehe: [link]!)

Ich schließe daraus: Die Konsolidierung der Starken geht in einer Rezession zwangsläufig auf Kosten der Schwachen. Sollen wir daher versuchen, uns auf die Seite der Starken zu bringen? Das hieße bloß, diesen unverschämten Modus zu bestätigen.

Kunstsammler Erich Wolf: "Kurzfristig tut sich überhaupt nichts. Ernsthaftes Arneiten und Kämpfen um Unverwechselbarkeit sind notwendig."

Ich würde bevorzugen, daß wir uns überlegen, wie der Modus zu ändern wäre. Ich denke, in regionaler Dimension ist das realistisch und machbar. Es dürften dazu bloß momentan gängige Protest-Posen nicht ausreichen. Ich meine, was unter dem Stichwort „BürgerInnenbeteiligung“ zur Debatte stünde, müßte beim Wort genommen werden: als BETEILIGUNG.

Derlei Aufraffen, derlei Eingreifen, dieses Hineingehen in die Agenda eines Gemeinwesens ist zugleich auch das Ende jeder wie immer gezimmerten Unschuld. Dann sind es nämlich nicht mehr „die Anderen“, die dies oder das zu verantworten haben, dann ist man selbst mit im Boot jener, die Verantwortung tragen.

Vielleicht höre ich deshalb an so manchen Ecken Protestgeschrei, dem kein eigenes Handeln folgen will. Gerade im Kulturbereich ist das momentan sehr populär. Es kursieren endlose Listen der Vorhaltungen an Politik und Verwaltung. Aber wo ist der konsequenten und vor allem öffentliche kulturpolitische Diskurs? Wo finde ich anregende Beispiele einer Best Practice, die genau NICHT einfach nur das reproduziert, was wir schon in den 1970er- und 80er-Jahren entwickelt haben? Was weist konkret in die nahe Zukunft?

Kulturpolitik darf kein Schattenspiel sein!

In diesen Belangen mangelt es erheblich. Wenigstens drei Viertel von dem, was ich, wenn ich die Steiermark im Blickfeld behalte, in derlei Fragen momentan zu lesen bekomme, handelt von einer etwas gespenstischen Option: Der Staat möge für dies und das, aber speziell möglichst für alles aufkommen. Das bedeutet, polemisch verkürzt, hier ruft ein ganzes Metier nach gut hundert Prozent Abhängigkeit vom Staat. Und das im Namen der Freiheit der Kunst.

Ich hätte es gerne leichter, denn meine Mühen um ein adäquates Jahreseinkommen sind in den letzten Jahren immer mehr geworden, damit ich nur gering unter das absacke, was ich vor Jahren verdienen konnte. Das ist ein sehr anstrengender Weg, auf dem ich inzwischen laufend Grenzen meiner Belastbarkeit erfahre. Aber das brächte mich nicht auf die beunruhigende Idee, mir hundert Prozent Abhängigkeit vom Staat zu wünschen.

Das bedeutet freilich, falls mir mein gegenwärtiger Marktwert als Kunstschaffender nicht erlaubt, auf dem Kunstmarkt ausreichend Geld zu lukrieren, und das trifft vermutlich auf weit mehr als drei Viertel Österreichs Kunstschaffender zu, brauchen wir kulturpolitische und künstlerische Strategien, die der Option „hundert Prozent Abhängigkeit vom Staat“ etwas Konkretes gegenüberstellen.

Wenn ich das so hinschreibe, meint es freilich, daß ich nicht bloß träume, sondern konkret an solchen Strategien arbeite und daß ich erprobe, was mir bisher eingefallen ist. Ich hab hier schon mehrfach angedeutet: Kulturpolitik ist NICHT, was Funktionstragende der Politik generieren, sondern was aus dem Kräftespiel zwischen ihnen und uns und anderen Leuten entsteht. DAS ist POLITIK.

Diese Ansicht verlangt unausweichlich, auch die eigene Position als eine aktive zu entwickeln, in der Konzept und Initiative keine Fremdwörter sind.

Es war in meiner Gegend überaus anstrengend, die letzten Jahre ökonomisch zu bewältigen. Ich wäre am Rande der Verzweiflung, würden sich jetzt nicht positive Tendenzen abzeichnen, die leichteres Fahrwasser versprechen.

Aber ich schätze die Erfahrungen, daß im regionalen Kulturgeschehen der Fokus ganz eindeutig auf die zivilgesellschaftliche Initiative und Verantwortung gestellt ist. Das bedeutet, WIR haben entworfen und erprobt, was kulturpolitische Optionen für die nahe Zukunft sind. Die Regionalpolitik zeigt, daß sie diese Arbeit nicht ignorieren wird.

2015 wird die Steiermark von der Verwaltung her radikal verändert sein

Es gibt ein Datum, VOR dem wir nichts zu lachen haben werden und NACH dem auch anstrengende Passagen winken. Am 31.12.2014 endet formell das, was wir von der Verwaltung her bisher als „die Steiermark“ kannten. Die aktuelle Verwaltungsreform wird dazu führen, daß dann unausweichlich neue Gemeindegrenzen gezogen werden und alle Erlässe neu erlassen werden müssen etc.

Das soll mit den Wahlen im März 2015 abgeschlossen sein. Bedenkt man, wie viel Widerstand diese Aussicht schon jetzt in den vor allem kleinen Gemeinden auslöst, müssen wir uns auf eine gewaltige Konfliktlage einstellen. (Siehe: Unruhe in der Kleinregion!)

Die Erfahrungen der letzten Jahre belegen: Wird es den kommunalen Kräften zu eng, geht als allererstes die Kulturpolitik über Bord, denn wir haben keinen breiten gesellschaftlichen Konsens, daß das ein Thema von hoher Priorität sei. Es wird also Zeit, daß wir uns für das wappnen, was absehbar ist.

— [übersicht] —

wovon handelt kulturpolitik? #8

(eine erklärung von weng)

die folgende reflexion entstand nach einer konferenz kulturschaffender und wirtschaftsleute in weng bei admont („forum k“) [link] und kurz vor einem weiteren arbeitstreffen kulturschaffender ebendort.

wir sind als kunst- und kulturschaffende keine objekete der kulturpolitik, sondern die primär handelnden, von denen kulturpolitik – im sinne der zivilgesellschaft – generiert wird. wir sind teil jener deutungseliten, durch deren zusammenwirken kulturpolitik im staatlichen sinne überhaupt erst entsteht.

diese ansicht ist keine einsame option. ich kenne natürlich kolleginnen und kollegen, die sich in der rolle bittstellender so vertraut sind, daß ihnen ihre gebeugte haltung gar nicht mehr auffällt. sie würden keineswegs voraussetzen, daß augenhöhe ein ausgangspunkt ist.

unsere profession ist von aktion und reflexion bestimmt. das bedeutet, wir haben laufend zu überprüfen, in welchem maß unser praktisches tun sich dem annähert, was unsere diskurse über kunst und kultur als wünschenswert und notwendig nahelegen. wir haben aber auch – umgekehrt – unsere zielsetzungen an den politischen ergebnissen zu überprüfen.

als kulturschaffender jenseits des landeszentrums kann ich mich nicht auf einen gesellschaftlichen konsens stützen, der dem kulturellen sektor auch nur annähernd jene relevanz und jenes gewicht zuschreibt, wie etwa dem bildungswesen, der medizinischen grundversorgung und anderen quellen soziokulturellen gedeihens.

für diese häuig auffallende und kuriose abschätzigkeit jenem kernbereich menschlicher gemeinschaft gegenüber, nämlich der kunst und der kultur gegenüber, mache ich hauptsächlich unseren erfahrungen als dienstboten und untertanen über mehr als hundert generationen verantwortlich. zu lange waren die zugänge zu diesen menschlichen erfahrungsbereichen den alten eliten vorbehalten, die nachkommen der domestiken, der knechte und mägde sind sich ihres anspruchs darauf mehr als unsicher.

dazu kommt: ich habe unaufgeregt festzustellen, daß eine ganze reihe von jungen strukturproblemen und eine neu wie massiv aufgeflammte landflucht viel beitragen, um das alte „zentrum-provinz-gefälle“ zu unerem nachteil zu restaurieren, obwohl es in diesem wohlhabenden land seit der industriellen revolution inzwischen überwunden sein sollte.

hier können wir nicht einmal innerhalb des eigenen metiers eine anregende debatte über fragen der verteilungsgerechtigkeit erreichen. also ist ein kulturelles engagegement auf der höhe der zeit in der sogenannten „provinz“ momentan mit zusätzlichen bürden belastet, die wir hier entweder verringern oder kompensieren müssen. wie das gehen soll, ist augenblich gegenstand internsiver erprobung einiger strategien.

ich habe festzustellen, daß dieses gefälle aktuell sogar vom allgemeinen lauf der dinge verstärkt wird und daß unser landeszentrum graz auf bedenkenlose art, und ohne diesbezüglich öffentliche diskurse zu erleben, kulturell zu lasten der „provinz“ floriert.

das ergibt sich nicht nur über das landeskulturbudget, von dem ein seit 2003 („kulturhauptstast europas“) fast konkursreifes graz über gebühr mittel bezieht, das ergibt sich zusätzlich über das massive gefälle im österreichweiten finanzausgleich, bei den steiermark schlußlicht des ganzen staates ist; nicht so graz.

da sich, wie schon angedeutet, nicht einmal kolleginnen und kollegen in graz geneigt zeigen, diese fragen auch nur zu diskutieren, dürften wir kunst- und kulturschaffende in der „provinz“ weiterhin völlig auf uns gestellt bleiben, da sogar der verantaltungstyp „regionale“ längst noch nich absehenh läßt, ob dieses „format“ a) bestand haben wird und wie es b) nachhaltigen nutzen für die kulturellen strukturen der regionen erbringen könnte.

all das ereignet sich einerseits vor dem eklatanten mangel an gesellschaftlichem grundkonsens, was die notwendigkeit aktiver kulturpolitik über ortsgrenzen hinaus angeht, andrerseits gelingt es vorerst kaum, in der regionalen kommnalpolitik einigermaßen sachkundige akteurinnen und akteure zu finden; sprich: ein großteil der orts-chefs und gemeideratsmitglieder hält diesen tätigkeitsbereich groteskerweise für unerheblich.

ich sehe uns kunst- und kulturschaffende also gefordert, jene kompetenzen zu bündeln, die a) treffsichere fachdiskurse ermöglichen und uns b) zu strategien bringen, die eine art der „best practice“ im regionalen kulturgeschehen ermöglichen.

wir werden dabei die „provinz“ nicht „urbanisieren“ können, was meint, zentrums-strategien nützen uns da draußen nichts. eine der größten aufgaben liegt im augenblick darin, verständlich und nachvollziehbar zu machen, daß wir eine profession ausüben, die kein dekorations-geschäft, kein wellness-angebot und keine „quotenmaschine“ für den tourismus ist, sondern ein zentrales ereignis menschlicher gemeinschaft, das versierte akteurinnen und akteure braucht.

entsprechend kann sich kulturpolitik nicht darin erschöpfen, die (immer weniger werdenden) kulturbudgets zu verteilen und veranstaltungen zu eröffnen. so ein pures „funktionärs-verständnis“ von kulturpolitik wäre völlig ungeeignet, relevante kulturelle beiträge zur bearbeitung aktueller fragen und probleme zu erbringen.

als künstler bin ich natürlich nur der kunst verpflichtet, die ihre eigenen aufgabenstellungen und strategien hat. aber in der künstlerischen praxis erwerbe ich kompetenzen, die mir als kulturschaffender und als bürger viel nützen, um im sinne von kollektiv zu schaffenden aufgaben im gemeinwesen wirkungsvoll tätig zu sein.

[überblick]

klärungsbedarf

wir sind uns definitiv einig: die KUNST ist die kunst und hat ihren zweck in der kunst. sie ist kein werkzeug „um zu…“, kein soziales programm, keine wellness-einrichtung, keine tourismus-maßnahme. als kunstschaffende widmen wir unsere künstlerische praxis der kunst. basta! aber!

wir sind als künstler soziale wesen, politisch anwesend. das bedeutet, wir verwenden unser reflexionsvermögen auf den lauf und den stand der dinge. und wir bringen unsere kompetenzen, die wir unter anderem in langjähriger befassung mit kunst erwerben, als engagierte bürger in das gemeinwesen ein.

christian strassegger

nein, das ist jetzt keine erklärung, keine verlautbarung, kein manifest. dieses WIR ist ein sehr loses, eigentlich: flüchtiges, das sich über kommunikationsverhalten und gelegentliche zusammenkünfte konstituiert. wir sind keine gruppe. die zusammensetzungen an den tischen sehen meist höchst unterschiedlich aus.

so, das war nun die stunde der offenbarungen. mehr ist davon augenblicklich wohl nicht nötig. „kunst ost“ ergibt einen MÖGLICHKEITSRAUM, in dem sich gelegentlich etwas von all dem verdichtet. manchmal heißt das auch einfach: ein paar drinks und über das leben wie über die kunst plaudern.

mir ist freilich die KONTINUITÄT wichtig. ich lege großen wert auf ein anregendes geistiges klima. das braucht inspirierte menschen, die miteinander zu tun haben möchten; wenigstens temporär. deshalb müssen wir nichts gründen. es ist ohnehin schon alles gegründet worden.

emil gruber

früher gab es hier einmal eine verschwörung der poeten“. das hat mir auch gefallen. heute ist das setup anders, wesentlich luftiger. naja, das „kuratorium für triviale mythen“ spielt derzeit schon eine markante rolle. motive und schwerpunkte ändern sich eben.

diesmal saß ich mit christian strassegger und emil gruber am tischchen. gerhard flekatsch [bluethenlese] gesellte sich schließlich dazu. wir debattierten die möglichkeiten, gelder für weiterführende projekte zu lukrieren. das faktum runtergefahrener bzw. völlig gestrichener kulturbudgets der gemeinden im ländlichen raum läßt sich nicht zurecht- oder wegdiskutieren. es gab schon vor jahren da und dort den expliziten politischen wunsch, die mittel kunstschaffender runterzukürzen und lieber in den sozialbereich zu investieren.

aus einer gleisdorfer wahlkampfbroschüre vom märz 2010

ich kann mich nicht erinnern, daß quer durchs land stimmen dagegen laut geworden wären. dem steht gegenüber, daß eine ubanisierung der „provinz“ unsinn wäre, daß also strategien aus den zentren sich nicht hierher verlegen und sinnvoll anwenden lassen. dazu zählt auch, daß herkömmliche ideen von sponsoring für unsere tätigkeitsbereiche nicht umsetzbar sind.

gerhard flekatsch

momentan verfügbare ideen in diesem zusammenhang greifen bloß dort, wo es um etablierte kunstformen und um repräsentation geht. also zum beispiel im musikbereich, wo die operettte regiert, klassische musik zuspruch erlebt und zeitgenössische musik sich da in nischen mitereignen darf.

bei bildender kunst regiert natürtlich der kanon, bei literatur und anderen geistigen stoffen ebenso das, was im feuilleton längst reüssiert hat. kurz, herkömmliches sponsoring setzt hauptsächlich auf den repräsentativen veranstaltungsbereich, auf bewährtes und populäres oder überhaupt lieber auf sport.

ich schreibe das ganz unaufgeregt, weil es vollkommen schlüssig ist, daß es sich so ereignet. wir sollten wissen, womit wir es zu tun haben und auf welchem terrain sich AUCH unser tun entfaltet. daß heißt dann für leute wie uns vor allem einmal, wir sollten gute gründe wissen, warum es unsere aktivitäten geben muß und warum das auch finanzierungen verdient. darüber haben wir also zu reden: was sind diese guten gründe?

ob wir es beklagen, ignorieren, ausblenden, egal, es gibt momentan einen enormen verdrängungswettlauf. eine stadt wie gleisdorf hat gegenüber 2009 ihr kulturbudget UM etwa 75 prozent AUF zirka 25 prozent heruntergekürzt. auf das verbleibende budget sind allerdings auch mehr einrichtungen aus, als in kleinen gemeinden. aber immerhin hat eine kleinstadt noch eine infrastruktur, wo wir bei manchen vorhaben durch sachleistungen seitens der kommune unterstützung finden.

in den kleineren gemeinden waren es entweder vorher schon NULL prozent kulturbudget, sind es spätestens jetzt MINUS hundert prozent, viele davon haben nicht einmal kulturbeauftragte. das ist der status quo in einer landschaft, wo nicht einmal unter gebildeten leuten und personen mit akademischen graden ein weitreichender grundkonsens herrscht, daß die „provinz“einen lebhaften KULTURBETRIEB haben solle, was – bitte schön! – keineswegs NUR veranstaltungskultur meint.

kurz: es besteht eine menge klärungsbedarf. gehen sie bitte davon aus, daß wir freilich gerüstet sind, diese debatte zu führen…

— [was ist kunst?] —

kulurpolitischer status quo

abbau einer ausstellung; nun endete unser gastspiel in albersdorf und somit die letzte station des heurigen april-festivals. das führte mich mit fotograf franz sattler schließlich auf eine gut beschattete terrasse, wo wir unsere auf langzeit angelegt feldforschung zum thema „kaffee in schwarz und braun“ fortführten. diese überprüfung von kaffee-qualitäten hat als eine der rahmenbedingungen: über das leben und die kunst plaudern.

fotograf franz sattler ist reisender aus leidenschaft und auf unstillbare art blickhungrig

ästhetische erfahrungen verlangen nach reflexion, reflexion nährt die gespräche, gespräche bringen auf ideen, ideen sind das luftige futter für gewichtige vorhaben. so ungefähr hängt das alles zusammen … solange uns zuversicht und geld nicht ausgehen. apropos geld!

der abend war einer station unserer „talking communities“ [link] gewidmet, einem weiterführender teil unserer „konferenz in permanenz“, zu der heimo steps, vorsitzender des steirischen förderbeirates (land steiermark), uns denkanstöße brachte und für fragen wie debatten zur verfügung stand.

winfried kuckenberger leitet in gleisdorf das „büro für kultur und marketing“, repräsenentiert also die verwaltungsebene der stadt (rechts: fotograf christian strassegger)

bei der erörterung des status quo war von gleisdorfs kulturamtsleiter winfried kuckenberger zu erfahren, daß 2009 im kulturbereich der stadt noch rund 180.000,- euro verfügbar waren, jetzt seien es bloß noch etwa 40.000,- euro. das bedeutet, in gleisdorf ist das kulturbudget nicht UM sondern AUF zirka 25 prozent gekürzt worden.

heimo steps erwähnte zu diesen finanzfragen, daß die stadt graz durch das jahr 2003 („kulturhauptstadt europas“) ein totales debakel erlebt habe. bis heute seien die budgetären folgen dieses finanz-desasters noch nicht bewältigt, weshalb das land steiermark immer noch förderaufgaben übernehmen müsse, die eigentlich die stadt tragen sollte.

im vergleich dazu: die französische stadt lille habe in der umsetzung des vorhabens „kulturhauptstadt europas“ einen gewinn in mehrfacher millionenhöhe gemacht, der danach in den kulturbereich investiert worden sei. das ergebe also zwei shr verschiedene varianten von „nahhaltigkeit“.

wir müssen uns also klar machen, wie problematisch die gesamte „förderlandschaft“ zur zeit aufgestellt ist. steps: „wenn jetzt die gemeinden bei euch auch nichts mehr haben …“ so ist es!

heimo steps, repräsentant der kulturverwaltung steiermarks und kenner von albert camus

denn wenn kommunen wie gleisdorf das kulturbudget im vorjahr um rund 60 prozent reduziert haben und heuer (gegenüber 2009) auf ein minus von rund 75 prozent kamen, dann heißt das auch: kleine gemeinden sind praktisch auf null. (was übrigens viele vorher schon gewesen sind!)

es bedeutet weiters: das ZENTRUM graz beansprucht gegenüber dem REST der steiermark eine unverhältnismäßig hohe förderleistung des landes. die situation hat sich für uns kulturschaffende im ländlichen raum also von wenigstens zwei seiten verschärft, einerseits sind diverse krisen inzwischen voll bei den gemeinden angekommen, andrerseits hat das zentrum graz das gesamte steirische system nachhaltig belastet.

hinzu kommt eine art schreckstarre, verbrämt mit allerhand trotzigen reaktionen regionalpolitscher kräfte angesichts der themen „gemeindezusammenlegung“ und „großgemeinde“. das heißt, die akute budgetnot der ländlichen kommunen ist mit akuten strukturproblemen gewürzt, die teil von vorgängen sind, aus denen längst eine neue welle der landflucht entstanden ist.

es nützt natürlich nichts, nun zu räsonieren. wir brauchen ideen zu lösungen und angemessene strategien. faktum ist: die budgets fehlen UND ein gutteil der demokratisch legitimierten gremien in den kommunen halten GEGENWARTSKUNST für KEIN thema von so hoher relevanz, daß jemand dafür auf anderen feldern für uns budgets erstreiten würde.

hinzu kommt ja das ganz reale problem der kommunen, daß sie momentan nötige sozialleistungen kaum schaffen, was vor allem pflegebedürftige menschen und leute mit allerhand anderen notfällen betrifft. da wird nun einerseits GEGEN die kunst polemisiert, was keineswegs neu ist, da besteht andererseits das nachvollziehbare problem, daß kein gemeinderat der region bewegt werden kann, den kommunal- und sozialbereich zugunsten der kunst stutzen zu wollen.

so haben wir augenblicklich zu klären, welche argumente und strategien, aber auch welche arbeitskonzepte überhaupt geeignet sind, uns in eben dieser situation etwas bodengewinn für die befassung mit kunst zu verschaffen. wir sehen ja auch, daß die öffentliche wahrnehmung kaum ausreicht, um sich den nöten von sozial bedürftigen menschen zu widmen. daß in diesem zusammenhang ein belebtes kulturelles klima eigentlich ebenso notwendig ist, wie die tägliche nahrungsversorgung, ist auf jedenfall NICHT herrschender common sense. (daran haben wir also auch zu arbeiten.)

— [talking communities] —

einige takte status quo

es ist so greifbar: das jahr endet nun. ich hatte in den letzten wochen manchmal das gefühl, die mehrjährigen mühen unserer konsequenten aufbauarbeit auf dem kulturfeld könnten unter den aktuellen krisen von gemeinden, land und bund ins leere laufen und was erreicht wurde, sei in gefahr.

so ist es zum glück doch nicht. das verdanke ich vor allem inspirierten leuten, die sich weiterhin auf das einlassen, was wir uns vorgenommen haben. ich denke auch, daß der erhöhte druck im neuen jahr so manche spreu vom weizen trennen wird. denn was auf dem kulturfeld gehampel und stümperei ist, wird wohl kaum noch budgets erreichen.

zurück zu den basics: martin krusche bei den "talking communities" (reden, reden, reden, bis wir einander kannten) foto: "art klinika"

wir sind von nur wenigen aspekten der ganzen entwicklung überrascht worden, letztlich bloß von einigen details. das große ganze der einbrüche war absehbar und stand schon vor wenigstens einem halben jahr zur debatte.

wo die kunst auftritt, sind antwortvielfalt und sogar widersprüchlichkeit die regel. hier äußert sich die „conditio humana“ jenseits von verwertungslogik. (was freilich nicht ausschließt, daß aktuerinnen und akteure dann AUCH den weg auf diesen oder jenen markt finden.)

man könnte sagen: „kunst ost“ hat sich nicht eigentlich der kunst verschrieben, denn die ist sache der jeweils handelnden person und muß nicht „orgnaisiert“ werden. aber wir haben uns den BEDINGUNGEN der kunst gewidmet; und einigen ihrer grundlagen. (wir unterscheiden also zwischen „kunst“ und „kunstbetrieb“.)

aktion und reflexion beinander halten: kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

das drückt sich auch in der aktuellen besetzung des „kern-teams“ aus, woduch wir ein komplexes konzept zu realisieren suchen. mirjana peitler-selakov ist nicht nur kunsthistorikerin und seit einiger zeit als freie kuratorin tätig, sie ist ursprünglich auch dipl. ing. der elektrotechnik.

etliche umsetzungsfragen sin keinen spielereien gewidmet, sondern professionellen abwicklungen: kulturmanagerin nina strassegger-tipl

nina strassegger-tipl ist kulturmanagerin, die sich zur zeit verstärkt dem thema öffentlichkeitsarbeit widmet, bei uns überdies speziell als fachreferentin der „voluntary arts“ tätig wird. diesen bereich könnte man als die „soziale schwester“ der gegenwartskunst verstehen.

ich bin künstler und repräsentant einer art under net conditions“, die sich in menschlicher gemeinschaft als längerfristiger prozeß entfaltet, ohne dabei – was heutzutage recht populär ist – konventionelle sozialarbeit als künstlerische praxis zu behaupten.

daß wir mit den finanzierungsfragen zum 2011er-jahr weitgehend von vorne beginnen müssen, ist fast schon business as usual. ich möcht annehmen, das läßt sich genauso lösen wie einiges an inhaltlichen fragen, die aus unseren letzten arbeitsjahren abzuleiten sind.

nehmen sie mit uns kontakt auf, wenn ihnen diese art des zuganges zu einem kulturellen engagement auf der höhe der zeit interessant erscheint!

Neue LEADER Kultur-Arbeitskonferenz

In rund einer Woche findet im Naturpark Südsteirisches Weinland eine steirische LEADER Kultur-Arbeitskonferenz statt. Sandra Kocuvan, die Referatsleiterin „regionale, Filmkunst und LEADER“, wird einen Gesamtüberblick der LEADER Kulturförderung und aktuelle Informationen bieten.

Sandra Kocuvan (links), zuständige Referatsleiterin des Landes Steiermark, neben „kunst ost“-Obfrau Christa Ecker-Eckhofen.

Danach stellt Christian Eigner vom „Büro für Perspektivenmanagement“ die Ergebnisse der Evaluierung schon aktiver LEADER-Kulturprojekte vor. Für uns von „kunst ost“ ein wichtiges Ereignis, um einmal über einen methodischen Blick von außen zu erfahren, wo wir in dieser Entwicklung im ländlichen Raum stehen.

Anschließend werden einige jüngere LEADER-Kulturprojekte ihren Status quo vorstellen.

Wir waren ja erhebliche Zeit ganz alleine in diesem neuen Modus präsent. Das bedeutete Neuland und auch allerhand Unsicherheiten, weil dieser Teil des LEADER-Programmes keine Vorbilder oder Vorläufer hat. Das heißt, nicht nur wir als Kulturschaffende, auch die Funktionstragenden der Region einerseits, jene des Landes andrerseits, mußten erst einmal Praxisschritte mit einander erproben.

Es war uns von Anfang an „Labor-Status“ zuerkannt, auf Landesebene verstand man unseren Weg als Experiment. In der Region ist das nicht überall so gesehen worden. Dort findet sich (neben zukunftsorientierten Sichtweisen) durchaus auch die Vorstellung, EU-Projekte sollten Geld in die Region schaufeln.

Vom wem stammt bloß die oft zitierte Aussage, die sich auch auf unsere Situation anwenden läßt? „Geld allein spielt nicht Fußball.“ Geld allein macht keine Regionalentwicklung, schon gar keinen geistreichen Kulturbetrieb. Es geht um sehr konkrete Inhalte und die Frage nach angemessenen Strategien, Verfahrensweisen.

Unsere Erfahrung besagt weiters: Es geht auch um zeitgemäße Kooperationsformen. Nicht bloß unter Kunst- und Kulturschaffenden. Auch zwischen uns und inspirierten Leuten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung.

+) Fakten zu LEADER 2007-2013 Steiermark: [link]
+) Steirische LEADER Kulturprojekte: [link]
+) Spezielle Richtlinien: [link]
+) Die erste LEADER-Kulturkonferenz, Gleisdorf 2009: [link]

in bewegung. der kulturbetrieb.

es spricht sich nur sehr langsam herum, scheint aber nun doch bei etlichen leuten angekommen zu sein: „kunst ost“ arbeitet nicht FÜR kunst- und kulturschaffende, sondern nur MIT ihnen. diese soziokulturelle drehscheibe ist demnach auf KOOPERATION ausgelegt, nicht auf SERVICE.

das ist der teil von „kunst ost“, welcher nach AUSSEN wirkung entfaltet. dem gegenüber gibt es auch das LABOR, quasi die „entwicklungsabteilung“, die ein hauptgrund für das bestehen der plattform ist, die selbst nicht gegenstand von „bühnenaktivitäten“ ist.

ein großer teil der arbeitszeit ist bei "kunst ost" nicht einem publikum, sondern den strukturen und strategien gewidmet.

das entwicklen und erproben von methoden und strategien für die verbesserung der bedingungen von GEGENWARTSKUNST im ländlichen raum; ein thema, von dem kurioser weise so manche orts-chefs gar nichts hören wollen.

unter uns: wie sich das leben in den regionen entwickelt, die neue welle der landflucht längst eingesetzt hat, viele kommunen ihre agenda nicht mehr schaffen, keine arbeitsplätze zusammenbringen, zugleich aber vor neuen gemeinde-zusammenlegungen zurückschrecken, wie also der lauf der dinge einen höchst problematischen stand der dinge hervorbringt, sollte man meinen, die funktionstragenden der regionalpoltik seien mehrheitlich heilfroh über jeden engagierten bürger, jede inspirierte bürgerin, denen etwas einfällt, was dem gedeihen des gemeinwesens voranhilft.

dabei muß es den menschen des landes ja freistehen, welchem teil, welchem aspekt des gemeinwesens sie sich in ihrem persönlichen engagement widmen. nach fast zwei jahren mit einem offiziellen LEADER-projekt, welches der KUNST gewidmet ist, kann ich allerdings nicht feststellen, daß diese haltung in der regionalpolitik dominieren würde. kurios! da bleibt doch zu fragen, welche auffassung von politik heute herrscht, wenn funktionstragende es nicht prinzipiell für naheliegend halten, daß bürgerliches engagement zu unterstützen, zu verstärken wäre. (oder wenigstens: nicht aktiv behindert werden sollte.)

dem steht gegenüber, daß auffallend viele kunst- und kulturschaffende immer noch an der idee festhalten, da ja ihr tun für eine gesellschaft wichtig sei, müsse der staat und müsse die gemeinde und müßten auch … was weiß ich. macht nichts! wer in auffassungen verweilen möchte, die nicht einmal mehr freies sichtfeld auf die höhe der zeit ermöglichen, muß das tun dürfen.

kooperation, nicht nur unter kunst- und kulturschaffenden, sondern auch zwischen den verschiedenen sektoren einer gesellschaft: staat, markt und zivilgesellschaft, vorhaben, die in gemeinsamer abstimmung der interessen aller beteiligten ntwickelt werden, all das scheint noch höchst gewöhnungsbedpürftig zu sein. ich halte es für einen vielversprechenden weg, wenn einem daran liegt, daß man entscheidungstragenden anderer bereiche in augenhöhe begegnen will …