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Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft…

Warum ist die Befassung mit Kunst wichtig? Das läßt sich selbstverständlich beantworten. Aber nicht in zwei Sätzen. Dazu ist etwas mehr Zeit und Konzentration nötig. Eine Gegenfrage bringt einen allerdings schon mit einem Satz auf die Fährte: Warum geht jede Tyrannis gegen Kunstschaffende vor und bemüht sich, oft mit viel Gewalt, sie an die Leine zu legen?

Gehen Sie also ruhig davon aus, die Befassung mit Kunst berührt und bewegt sehr grundsätzliche menschliche Möglichkeiten. Das erschöpft sich keineswegs in Ausstellungen und diversen Aufführungen. Davon handelt freilich regionale Kulturpolitik überwiegend.

Künstler Gerhard Flekatsch (Kunstverein „bluethenlese“)

Bliebe zu klären, was darüber hinaus Gewicht hat und warum andere Aspekte des Kunstgeschehens in den Kommunen praktisch überhaupt nicht wahrgenommen werden; auch im Sinn einer aktiven Beteiligung an anderen kulturellen Prozessen als bloß jenen der Kunstpräsentation.

Bei „kunst ost“ sind wir längst daran gegangen, diese größeren Zusammenhänge zu bearbeiten und das auch mit regionalen Wirtschaftstreibenden zu verknüpfen. Nun machen wir einen weiterführenden Schritt in der Kooperation mit Künstler Gerhard Flekatsch und dem Verein „bluethenlese“.

Es geht dabei NICHT um die simple Idee, Unternehmen würden im Tausch gegen möglichen Imagegewinn Sponsorbeträge in Kunstprojekte investieren. Das sind Modelle eines ganz anderen Kultursektors, die sich natürlich nicht beliebig übertragen lassen.

Wir trennen erst einmal: Was ist die Kunst? Was ist künstlerische Praxis? Was sind Kompetenzen, die aus der Befassung mit Kunst erwachsen?

Folglich geht es auch nicht um eine flotte Verkaufsvariante. Wir haben zuerst einmal im Dialog mit Wirtschaftstreibenden zu klären:
a) Gibt es aktuelle Fragestellungen, die uns gleichermaßen interessieren?
Falls ja, bleibt zu erörtern:
b) Gibt es Aufgabenstellungen, die sich aus diesen Fragen ableiten und die wir teilen könnten?
Das verlangt auch Klärung:
c) Welcher Art sind unsere Kompetenzen, die sich in einem gemeinsamen Vorhaben komplementär ergänzen und verstärken könnten?

Ich habe diese Überlegungen herausgearbeitet, um eine Vorstellung von möglicher KOOPERATION zu entwickeln, bei der sich Menschen aus ganz unterschiedlichen Genres treffen könnten. Davon erwarte ich mir eine realistische Perspektive und eine praktikable Idee von längerfristiger Zusammenarbeit, die auf Prozesse zielt und sich nicht in einzeln gesetzten, womöglich großspurigen Events erschöpft.

Damit konzentriere ich mich auch auf Optionen, die in jenem „Ideenspiel“ anklingen, welches momentan unter dem Slogan „Vision 2050“ regional zur Debatte steht. Da war ja zu fragen: Auf welche Art könnten oder werden sehr unterschiedliche Instanzen der regionalen Gesellschaft mit einander kommunizieren, um eventuell auch in Kooperationen zu finden?

Wie oben angedeutet: Aktuelle Fragestellungen, die uns gleichermaßen interessieren, könnten zu Aufgabenstellungen führen, die wir uns eventuell teilen wollen.

[2050: übersicht]

unser projekt-modus

wir haben als kunstschaffende die freiheit, a) auf dem freien markt zu reüssieren und/oder b) in weitgehende abhängigkeit der öffentlichen hand zu gelangen. das hat so seine schlüssigkeit, weil es im kunstbetrieb seit jahrhunderten nie anders war.

spätestens seit malewitsch wissen wir, daß es für eine künstlerexistenz vorteilhaft wäre, wohlhabend zu sein. eigentlich war schon mit flaubert klar, daß eine gut situierte familie einigermaßen hilfreich sein kann, falls sie geneigt ist, unsereinen durchzufüttern beziehungsweise mit einem stattlichen erbe zu versehen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov und techniker horst fickel

zwischenzeitlich gab es feuchte träume von einem dasein als bohemien, dessen existenz von der bourgeoisie als derart hinreißend empfunden wird, daß sie von besitzenden mit gutem geld ausgestattet wird. aber solche bilder sind mumpitz.

und überhaupt: es ist doch lächerlich, sich in völlig veralteten bildern zu inszenieren. das 21. jahrhundert ist ja nicht mehr ganz jung, es sollten uns also andere rollenbilder gelingen, sollten zeitgemäße vorstellungen des berufs als künstlerin, als künstler kursieren.

auf der höhe der zeit verfolgen wir also auch noch andere optionen, statt bloß davon zu träumen, eine internationale „marktgröße“ zu sein, beziehungsweise staatliche vollversorgung anzustreben.

künstler gerhard flekatsch

das bedeutet in meinem fall, ich meide den kunstmarkt, also verdiene ich mir mein brot in kunstNAHEN bereichen. eine vergleichbare, wenn auch etwas andere position nimmt künstler gerhard flekatsch ein, der dem engeren kreis unserer kulturspangeangehört.

mirjana peitler-selakov, kuratorin von „kunst ost“, repräsentiert eine weitere rolle in solchen zusammenhängen. dabei ist es kein zufall, daß wir nun eine nächste session mit dem techniker horst fickel absolviert haben.

ein angelpunkt dieser entwicklung: wo ich die ergebnisse meiner künstlerischen praxis nicht auf den markt tragen möchte, mir aber mein brot verdienen muß, habe ich KOMPETENZEN, die ich u.a. aus künstlerischer praxis erwerbe. und DIE kann/will ich sehr wohl auf den markt tragen.

darin liegt also die unterscheidung: als künstler bleibe ich autonom und fühle mich nicht marktabhängig. als kompetenter mitbürger kann ich im gemeinwesen mein geld verdienen. das ermöglicht mir auch gegenüber politik und verwaltung eine andere position als alte konzepte es zuließen.

in solchem zusammenhang entstehen projekte, bei denen wir die kooperation mit kommunen und diversen unternehmen suchen. hier ist es wiederum nicht ein simples „verkaufsschema“, auf das wir abzielen. ausgangspunkt bleibt folgende überlegung: welche fragen und welche aufgabenstellungen zum status quo teilen wir mit den aktuerinnen und akteuren der anderen metiers?

erst die positive beantwortung dieser frage(n) führt zu einem gemeinsamen projekt. das ist in unserem fall an einer konkreten region orientiert, der oststeiermark. dafür haben wir schon vor einer weile folgenden themenbogen festgelegt:

„zwischen landwirtschaft und high tech“

im entwickeln von projekten ist nun der KUNST sozusagen grundsätzliche „parteienstellung“ eingeräumt. das bedeutet, wir setzen zwar überwiegend nicht bei kunstprojekten an, sondern bei vorhaben, die aktuelle fragestellungen zum leben in der region betreffen. dabei werden aber kunstschaffende als eine von mehreren „deutungseliten“ in die bearbeitung einbezogen.

das heißt, künstlerische strategien und verfahrensweisen werden teil der arbeitsprozesse, kunstwerke KÖNNEN, aber müssen nicht zwingend zu beiträgen der projekte geraten. kunstschaffende haben demnach die freiheit, dabei entweder bloß ihre kompetenzen, oder aber auch ihre künstlerischen werke in die waagschalen der vorhaben zu werfen.

das zielt in summe auf KOOPERATION, wo die unterschiedlichen strategien der beteiligten nicht hierarchisch angeordnet werden. dieser zugang, auf aktuelle fragestellungen der gesellschaft gemünzt, erweist sich offenbar als sehr tragfähig. daraus wntwickeln wir nun unsere aktuellen themen- und projektschwerpunkte.

eine crew der "kollektiven aktionen" auf unserer strecke südlich von gleisdorf

post scriptum:
in all dem ist die gegenwartskunst keineswegs bloß randposition. mehrmals im jahr setzen wir besondere akzente. das tun wir momenten in kooperation mit der gruppe „treci beograd“ bei der umsetzung einer station mit den „kollektiven aktionen“ aus moskau. der ereignisbogen seit vorigem herbst zieht sich nun von gleisdorf über venedig nach belgrad, mit veruweigung nach gleisdorf; siehe: the track: archive“!

post post scriptum:
der bereich der agrarischen welt haben wir gemeinsam mit tierarzt karl bauer in arbeit: [link]

wovon handelt kulturpolitik? #9

ich habe hier schon erwähnt, daß sich diese in summe wohlhabende gesellschaft ein irritierendes ausmaß an stagnation und kompetenzverlusten leistet. das beschreibt unsere gesellschaft nicht erschöpfend, denn selbstverständlich sind auch andere kräfte im spiel, die durchaus grund zur zuversicht geben. aber die beharrenden momente sind momentan sehr auffällig.

vielleicht liegt eine zwickmühle darin, daß wir alte prägungen noch nicht ausreichend überwunden haben. wer bei den dingen nicht mitreden darf, wird auch keine verantwortung übernehmen wollen. wirft das ein „henne-ei-problem“ auf? ich kenne es nämlich auch umgekehrt und halte es in projekten ganz gerne so: wer keine verantwortung übernimmt, soll auch nicht mitreden.

ich vermute, es sind die erfahrungen von alten, hierarchischen gemeinschaftskonzepten, welche es menschen heute manchmal so schwer machen, die eigenen begehrlichkeiten auch mit ausreichender selbstverantwortung und initiative zu unterlegen. ich hatte zu solchen fragen eben eine interessante debatte in einer anregenden runde. wir waren uns im wesentlichen einig: wenn es so IST, dann nützt es nichts, darüber zu räsonieren. wir sind gefordert, auswege zu finden und auch zu gehen.

rupert rauch (links), mirjana peitler-selakov und horst fickel

ich halte das für den teil einer grundlegenden KULTURPOLITISCHEN debatte. das handelt im kern von fragen der demokratie. denn hier geht es um ideen, wie menschliche gemeinschaft gestaltet werden kann, das stützt sich sehr wesentlich auch auf symbolisches denken, auf unsere ideenwelten. wenn also nicht simples faustrecht vorherrschen soll, bedarf es sehr „kultivierter“ denkweisen, um konzepte zu entwickeln und auch praktisch zu erproben, in denen sich KULTUR zeigt.

die KUNST spielt dabei als — ein radikaler erfahrungsbereich — eine wichtige rolle. sie ist aber nur ein teil dieses größeren ganzen einer sich äußernden kultur, also auch der kulturpolitik. ich habe es schon betont, kulturpolitik muß anders verstanden werden als ein bloßes verteilen von budgets und eröffnen von veranstaltungen. diesde auffassung kann hier in der „provinz“ aber nicht vorausgesetzt werden.

gerhard flekatsch

das heißt folglich, kulturpolitik kann nicht nur die sache von funktionstragenden der politik sein. was das nun konkret bedeuten soll, bearbeiten wir einerseits innerhalb der crew unserer „kulturspange“: [link] das ist andrerseits anlaß für arbeitsgespräche in weiteren formationen.

künstler gerhard flekatsch und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov sind teil der kulturspangen-crew. rupert rauch ist ein bauer aus straden. dieser ort markiert übrigens nach tradiertem verständnis auf dem stradner kogel das südliche ende der oststeiermark. horst fickel ist unternehmer im technikbereich. ein kompetenzen-mix nach meinem geschmack.

was sind also nun zeitgemäße kulturpolitische arbeitsansätze, die vor allem jenseits des landeszentrums beitragen, ein kulturelles klima zu schaffen, das über die alten hierarchischen prägungen hinausweist? was ist ein kulkturelles engagement auf der höhe der zeit, das der kunst ihren rang bestätigt und die eigenverantwortung der menschen betont?

gerhard flekatsch (links) sabine zettl und rupert rauch

das zu klären beschäftigt uns gerade; mit einem fokus auf die oststeiermark, aber auch mit bezug zu anderen landesteilen. im zentrum stehen dabei gegenpositionen zu stagnation und kompetenzverlust. die praxis der eigenverantwortung und eigeninitiative; auch als herausforderung für politik und verwaltung.

p.s.:
horst fickel und sabine zettl sind übrigens in fragen der kochkultur sehr bewandert. diesmal wurde die session durch sabines beitrag zu einem klassischen symposion, einem erlesenen GASTMAHL.

[überblick]

randnotizen

ohne zu reisen würde meine existenz als künstler völlig mißraten. zweierlei bedingungen lösen sich auf den fahrten ein. im fremden zu sein und vor ort zu ein. die irritation durch das, was man noch nicht kennt und die konkrete anschauung dessen, was woanders ist… jenseits aller mutmaßungen.

das sind auch grundlagen jener kooperationsansätze, die wir bei „kultur.at“ und im rahmen von „kunst ost“ entwickelt haben. zur erinnerung: „kunst ost“ war ursprünglich ein projekt von „kultur.at“. wegen seiner anwachsende dimension und komplexität hatten wir es schließlich ausgelagert und mit einer eigenen struktur versehen.

doch im verweben der unterschiedlichen aufgaben und vorhaben ergibt es ein ganzes, das sich wechselseitig bedingt. es löst sich auch auf reisen ein. das meint einerseits die besuche von kolleginnen und kollegen in anderen regionen. davon verdichtet sich nun etwas in unserer „kulturspange“: [link]

teil der "kulturspange" (von links) franz maunz, eva ursprung, mirjana peitler-selakov und gerhard flekatsch

das gewinnt andererseits erweiterungen über unser „balkan büro“ [link] die krisen des vormaligen jugoslawien sind auch die krisen europas. uns damit und mit den konsequenzen zu befassen bedeutet, sehr viel von jenen kräftespielen zu begreifen, die ganz europa bewegen. (in den „fahrten südost“teil #1 und teil #2 — sind einige aktuelle notizen zusammengefaßt.)

diese mischung aus konzentration auf lokale und regionale, aber auch auf grnzüberschreitende zusammehänge bündeln sich nun in unserer arbeit an der startphase eines „kompetenzzentrums für gegenwartskunst“: [link]

steinernes monument eines brockens europäischer historie: die brücke über die drina

in kooperation mit dem kunstsammler erich wolf haben wir begonnen, gegen ressentiments und kompetenzdefizite, die es in verschiedenen instanzen dieser gesellschaft gibt, der gegenwartskunst gerade in dieser von krisen bestimmten zeit neues terrain zu gewinnen.

reflexionsvermögen, flexibilität des denkens, problemlösungskompetenzen, all das, was politik und wirtschaft so sehr fordern, was aber voe allem eine zeitgemäße demokratie dringend braucht, sind fertigkeiten, die in ihrer entfaltung klare vorbedingungen haben. es geht um WAHRNEHMUNGSERFAHRUNGEN, also um ästhetische erfahrungen. genau DAS bedeutet „ästhtetik“: wahrnehmung.

es gibt nur wenige genres, in denen all das so radikal, also grundlegend zu anwendung kommt, wie in der befassung mit kunst; egal ob als kunstschaffender oder als rezipierender mensch. so gesehen ist es absurd, daß gegenwartskunst vor allem jenseits der landeszentren als „abgehoben“ diffamiert und als „elitär“ herabgewürdigt wird.

man kann ja über kunst reden: malerin herta tinchon im arbeitsgespräch ("talking communities")

es ist ebenso absurd, daß budgets dafür so umfassend gekürzt wurden. aber das scheint im augenblick nicht verhandelbar zu sein. also brauchen wir strategien und neue modi, um in dieser zeit mit ihren kompetenzverlusten und ihrer stagnation nicht nur terrain zu halten, sondern boden zu gewinnen.

die kulturspange

um sam peckinpah zu zitieren: „wir haben einen konvoi!“ aber was haben wir nun genau? sie merken schon: da ist auf jeden fall ein hang zu trivialen mythen [link] doch ich greife vor.

wir haben also nun eine kulturspange konstituiert, welche quer durch die steiermark reicht. ich habe das thema schon öfter voranzubringen versucht. ende 2009 war das kurz in einiger reichweite, wie im projekt-logbuch nachzulesen ist:

>>Dieser neue Abschnitt in der Entwicklung von „kunst ost“ wird von der kommenden“Freitags-Konferenz“ unterstrichen, in der wir die „Kulturspange“ bearbeiten. Da zeichnet sich ein Kommunikations- und Kooperationsraum zwischen Weiz, Gleidsorf und Feldbach ab.<< [quelle]

peripatetische einschüber bei der konstituierenden session: (von links) franz maunz, gerhard flekatsch, mirjana peitler-selakov und eva ursprung

damals bin ich mit dieser vorstellung offenbar noch zu früh unterwegs gewesen. heute sieht das anders aus. die gang of excellence, konkret: gerhard flekatsch, günther marchner franz maunz, mirjana peitler-selakov eva ursprung und ich, ist auf der primären kompetenzebene folgendermaßen aufgestellt: drei kunstschaffende (flekatsch, ursprung und ich), ein kulturschaffender (maunz), zwei leute aus der wissenschaft (peitler-selakov und marchner).

auf einer zweiten ebene verfügbarer kompetenzen sind alle im team seit jahren mit kunstvermittlung, fragen der kulturpolitik und auch mit kunsttheorie vertraut. das bedeutet, in dieser crew werden aktion und reflexion beieinander gehalten.

ohne reflexion, theorie und klar benennbare gründe ist im kuturbereich kein boden zu gewinnen: (von links) günther marchner, franz maunz und gerhard flekatsch

dazu kommt der räumliche/regionale aspekt. feldbach und gleisdorf (südost- und oststeiermark), graz als landeszentrum, gesäuse und salzkammergut (als obersteirische bezugspunkte) ergeben territorial einen sehr passablen ausgangspunkt für unsere steirische präsenz.

nach südosteuropa führen unsere wege momentan vor allem nach bosnien-hercegovina und in die serbische vojvodina. das bedeutet unter anderem, wir etablieren einen laufenden erfahrungsaustausch mit kunst- und kulturschaffenden, die uns in den krisen- und mangelerfahrungen bei der arbeit viel voraus haben.

und es ist schin so, daß einem bei engagierten frauen mitunter ganz andere strategien auffallen, als sie herkömmliche männer-seilschaften pflegen: mirjana peitker-selakov (links) und eva ursprung

zugleich ist der künstlerische austauch in diesen bereichen vielversprechend, weil die kunstschaffeden dort von völlig anderen hintergünden und zusammenhängen geprägt sind, was wechselseitige horizonterweiterung in aussicht stellt.

es ist auch nicht gerade unerheblich, daß franz maunz und ich die kooperation zweier LEADER-kulturprojekte repräsentieren, bei denen eine klare auffassung besteht, daß gegenwartskunst und „voluntary arts“ zwei grundverschiedene kategorien sind, die unterschiedliche rahmenbedingungen haben und verlangen.

zu all dem kommt, daß wir nun in gleisdorf eine fixe kooperation mit kunstsammler erich wolf eingegangen sind, um in einer zweijährigen vorlauf-phase die grundlagen für ein kompetenzzentrum zur gegenwartskunst zu erarbeiten. (siehe: eine wegmarke!)

kunstsammler erich wolf besitzt eine der bedeutendsten kollektionen steirischer gegenwartskunst

damit haben wir natürlich nicht bloß regionale reichweite im auge, sondern auch bundesweite und internatioale relevanz. diese arbeitsansätze korrespondieren mit der bereitschaft des „offiziellen gleisdorf“, im bereich politik und verwaltung mit uns regelmäßige arbeitstreffen zu pflegen, um relevanten aspekte all dieser themen in kontinuität durchzugehen. (siehe dazu: zur praxis des bottom up-prinzips!)

das bedeutet, wir klären nun in einer außergewöhnlichen gesamt-kooperation, wie sich eine kulturelle situation, in der gegenwartskunst eine erhebliche rolle spielt, abseits des traditionbellen landeszentrums so entfalten kann, daß wir uns a) absolut auf der höhe der zeit bewegen und b) in den wesentlichen positionen nach internationalen standards bestehen.

[die spange]

auf jeden fall: weng

was ich am zusammenkommen von versierten leuten sehr mag: wir müssen uns die branche nicht erklären. niemand hat lust, sich jammereien anzuhören. wir überprüfen unsere befunde auf klare schnittpunkte, wir debattieren die schlüsse, die daraus zu ziehen sind, und welche handlungspläne diese nahelegen. so ist das nach meinem geschmack.

oh, was könnten wir in dreißig jahren für eine verrückte rentner-gang abgeben! (womöglich kommt es ja so.) es ist also von einer denkwürdigen session in weng bei admont zu erzählen. die gegend hat besonderen reiz. es herrscht dort etwa acht monate winter und zwei monate ist es kalt. nein! kleiner scherz! wir hatten bei unserer klausur milde sommertage.

alpin gelagert (von links): eva ursprung, franz maunz, mirjana peitler-selakov und gerhard flekatsch

kürzlich gab es eine erfahrung von weng, der folgte meine erste erklärung von weng. das war eine kleine wegmarke am rand möglicher routen. zwischendurch hatte ich einige leute gefragt, ob sie mit mir in eine konzentrierte arbeitssituation gehen würden. meine lieblings-annahme: gerade WEIL die zeiten schwierig sind, der kulturbereich schläge gegen seine fundamente und strukturen hinnehmen muß, die sich offenbar nicht abwenden lassen, möchte ich mit inspirierten leuten losziehen und zusätzlichen boden gewinnen.

diese idee fand jazz-promotor franz maunz ganz interessant. zumal ihm auch die vorstellung behagte, wir könnten quer durch die steiermark eine art „kulturachse“ installieren, der entlang sich kompetenzen bündeln und möglichkeiten verknüpfen ließen.

wissenschafter günther marchner (links) und jazz-promotor franz maunz teilen eine spezielle leidenschaft: sie sammeln wein und haben uns sachkundig durch einige uralte basisgebiete der kultur geleitet 😉

diese vorstellung mußte ich dem sozialwissenschafter günther marchner [link] nicht erst buchstabieren, der mann ist seit wenigstens 20 jahren mit solchen zusammenhängen gut vertraut. künstler gerhard flekatsch [link] bringt auch so viel an erfahrung und vorausschau mit, daß wir uns mit fragen nach den basics keinen moment lang aufhalten müssen. damit war unser pflänzchen von neuem bezugssystem — über gleisdorf — nach norden und nach süden verzweigt.

man kennt hier mein wiederkehrendes räsonieren über „zentrum-provinz-verhältnisse“ und die diversen arten von gefälle, welche darin zutage treten. das ist EIN aspekt der geschichte. ein anderer aspekt liegt in den zusammenhängen künstlerischer praxis im landeszentrum graz, wo ja von keinem honigschlecken berichtet werden kann; wie künsterin eva ursprung zu erzählen weiß. [link] unserer erfahrungen handeln von allerlei kontrasten und schnittpunkten. das macht die erörtererung von gemeinsamen optionen ziemlich spannend.

kuratorin mirjana peitler-selakov pendelt in ihrer arbeitspraxis zwischen höchst verschiedenen lebensräumen zwischen „zentrum“ und „provinz“, vertieft durch aktuelle projekte auf dem balkan, der ja seinerseits als ganzes dem „westlichen“ europa gegenüber eine art provinz-funktion wahrnehmen muß.

die gang zu gast bei radio "freequenns" in liezen

so, da sind wir also nun, drei kunstchaffende (flekatsch, ursprung und ich), ein kulturschaffender (maunz), eine kunsthistorikerin (peitler-selakov) und ein sozialwissenschafter (marchner). das ergibt in summe weit über hundert jahre kulturelle praxis und theoriegestützte diskurse. ich darf behaupten, hier hat sich nun eine „gang of excellence“ formiert, die lustig ist, über das bündeln der diversen kompetenzen und kenntnisse arbeitsbedingungen herbeizuführen, die das bei weitem übertreffen, was uns zur zeit quasi „gnadenhalber“ von herkömmlichen einrichtungen angeboten wird.

themen, strategien, methoden, ich darf weiter behaupten: wo wir hinfassen, ist auf jeden fall die action. und zwar auf der höhe der zeit. schauen wir also wer das zeug und die laune hat, auf diese art für kunst und kultur neuen boden zu erarbeiten. (siehe zum aktuellen hintergrund auch: wetterfest im schlechten wetter!)

auf die nächste ebene

im vorfeld hatte es die frage gegeben: „wie hast du es geschafft, daß der buchmann herauskommt?“ ich konnte ein wenig angeben und sagen: „ist gar nicht so schwer gewesen.“ gut, das sind spielchen. nein, das ist nicht ganz nebensächlich. zur erläuterung: christian buchmann ist steirischer landeskulturreferent und wirtschaftslandesrat. er war gestern zu einem arbeitsgespräch nach gleisdorf gekommen.

ich habe als kunst- und kulturschaffender zwei grundlegende anliegen an leute aus politik und verwaltung:
a) gehört zu werden und
b) sachkundige gegenüber für arbeitsgespräche zu finden.

von links: sigrid meister (kustodin des „museum im rathaus“), winfried kuckenberger (leiter des büros für kultur und marketing), karl bauer (sachpromotor unserer „tage der agrarischen welt“) und gerhard flekatsch (kulturprojekt „bluethenlese“)

manchmal bin ich erneut überrascht, wie viel vorarbeit es ist, für ein komplexeres meeting die eigenen optionen aufzubereiten, so daß kommunizier- und verhandelbar ist, was wir anstreben und wie es erreicht werden soll. mir lag daran, personen der drei sektoren staat, markt und zivilgesellschaft an einen tisch zu bekommen. es ging darum, modi zu klären, wie eine kooperation von leuten aus diesen drei sektoren gestaltet sein solle, um längerfristig eine stabile arbeitssituation für kunst- und kulturschaffende zu erreichen.

landesrat christian buchmann: „warme stube richte ich zur zeit keinem. ansonsten bin ich für vieles offen.“

um diese fragen zu debattieren, hatte ich auch alois reisenhofer, den kulturreferenten von gleisdorf, an den tisch gebeten. und winfried kuckenberger, den leiter des büros für kultur und marketing, der sigrid meister, die kustodin des „museum im rathaus“, mitgebracht hatte. bürgemeister christoph stark hatte sich ebenfalls zeit genommen.

die drei sektoren, also politik & verwaltung, wirtschaftsbetriebe und deren metabereich sowie — in unserem fall der zivilgesellschaft — vor allem kunst- und kulturschaffende. worin und wofür können wir abschnittweise an einem gleichen strang ziehen? wie vermeiden wir das feststecken in bewährten klischee-ensembles, über die kaum mehr als bloß ein starkes gefälle produziert wird? unterm strich bleibt ja auch die frage, ob und unter welchen bedingungen uns ein umgang miteinander gelingt, der von begegnungen in augenhöhe geprägt ist.

alois reisenhofer (gleisdorfs kulturreferent) und maren spitzer-diemath (büro buchmann)

es waren demnach diese aspekte unterzubringen UND konkete, projektbezogene fragen, inhaltliche aspekte eines kulturgeschehens jenseits des landeszentrums, in dem überdies die gegenwartskunst an boden gewinnen kann. nicht weniger wollte ich bei diesem treffen auf dem tisch haben. damit ist auch klar gewesen, das konnte nur der AUFTAKT einer serie von treffen sein, in denen dieses komplexe paket bearbeitet wird.

arbeitstreffen, die eben zunehmend davon geprägt sein sollen, daß leute aus politik, verwaltung, wirtschaft und zivilgesellschaft a) gemeinsame fragen finden, b) daraus gemeinsame aufgabenstellungen beziehen, was c) zu gemeinsamen vorhaben führen soll. das betrifft unter anderem strukturen und bedingungen, in denen sich AUCH das kunstschaffen ereignen kann. aber hier muß klarheit bestehen, daß die kunst kein werkzeug der sozialarbeit, des tourismus oder anderer metiers ist.

bürgermeister christoph stark (links) und landesrat christian buchmann

es sind die gemeinsamen fragen und aufgabenstellungen, zu denen sich kunstschaffende mit ihren mitteln einbringen können, ohne daß die künstlerische praxis selbst in einen werzeugkasten für andere zwecke gepackt wird. ich stelle fest, daß diese nötige trennschärfe von den funktionären am tisch ansatzlos verstanden wurde, während sie unter uns kultur- und kunstschaffenden als thema nicht gar so präsent ist.

das berührt übrigens aspekte, wo ich mit künstler gerhard flekatsch einig bin: wir haben in unserem metier noch viel zu wenig antrengung darauf verwandt, breiter klar zu machen, wovon genau unsere profession eigentlich handelt, welche bedingungen sie hat und was genau sie zu leisten imstande ist, was andrerseits ausgeschlossen bleiben muß.

das macht wohl auch gelegentlich die verständigung mit leuten aus anderen metiers etwas schwierig. selbstreferenzielle wanderlegenden über das dasein als künstler nutzen uns dabei am allerwenigsten. wenn ich noch einrechne, wie wenig basiswissen selbst in gebildeten kreisen zu fragen des kunstbetriebes stellenweise vorzufinden ist, halte ich es für einigermaßen dringend, in diesen angelegenheiten langsam auf stand zu kommen. (oder doch etwas schneller.)

verbreiterung

ich habe kürzlich erzählt, daß wir von hier aus nach süden eine kooperation entfalten. künstler gerhard flektsch (verein „bluethenlese“) und schloßbesitzerin annabella dietz (schloß hainfeld, nahe feldbach) gehen mit uns in einigen arbeitsansätzen d’accord. siehe dazu: „verdichtungen“!

nun habe ich ein ausführliches arbeitsgespräch mit kulturwissenschafter günther marchner („consalis“) hinter mir. marchner ist ein langjähriger und profunder kenner der initiativen-szene. er arbeitet teils auf der meta-ebene, aber auch an der basis. wir haben nun übereinkunft, eine themenstellung gemeinsam zu bearbeiten und die aktivitäten dazu in einem wechselspiel zwischen obersteiermark und oststeiermark zu realisieren.

es geht im kern um VERGESSENES WISSEN, also um jene kompetenzen, die in regionen noch vorhanden, aber teils verschütt gegangen sind. dabei sehen wir praktische möglichkeiten, unsere kulturellen fragestellungen einerseits im kunst-kontext zu bearbeiten, andererseits an unternehmen der regionen heranzuführen und sie drittens auch auf der meta-ebene zu bearbeiten.

kulturwissenschafter günther marchner ist u.a. seit jahrzehnten mit theorie und praxis der initiativen-szene befaßt

der „kunst ost“-modus „zwischen grundlagen, alltagspraxis und kunst“ bewährt sich ja zunehmend. mit diesem aspekt von wissensmanagement, den marchner nun schon eine weile bearbeitet, sehen wir eine gute möglichkeit, die verschiedenen genres und themenstellungen stärker miteinander zu verweben.

wir haben konsens, daß im kern eine betrachtung des wechselspiels zwischen agarischer welt und industrialisierter welt jene kräfte sichtbar macht, denen auch das kunstgeschehen ausgesetzt ist, respektive in dem ein kunstgeschehen jenseits des landeszentrums überhaupt erst raum und ressourcen findet.

ich habe in diesem zusammenhang nun viele jahre das denkmodell von den „drei sektoren“ forciert, in dem staat, markt und zivilgesellschaft zu kooperationen finden mögen. das ist vor allem im projekt-logbuch nachzulesen, etwa 2007: [link], 2008: [link] etc., aber auch an etlichen anderen stellen der dokumentation unserer laufenden arbeit.

wir sehen uns, was anregungen betrifft, auch immer wieder in anderen ländern um. so haben wir einen wichtigen aspekt des regionalen kunstgeschehens durch erfahrungen von kulturschaffenden in irland besser zu differenzieren gelernt. sprachregelung und inhaltliche dimensionen der „voluntary arts“ sind uns in belfast greifbar geworden: [link]

aktuell haben wir in kanada eine interessante korrespondenz mit unseren zugängen entdeckt. simon brault „is both a member of Canada’s cultural establishment and an iconoclast dedicated to its reimagining.“ eine sehr interessante position! zu braults funktionen zählt auch jene des „chairman of Culture Montreal, a grassroots organization that over the last decade brought together governments, business, and Montreal’s arts community to design and pay for a cultural renaissance in the city.“ [quelle]

der kanadische kulturschaffende simon brault (foto: maximecote)

da wurde ich natürlich sehr hellhörig: eine basis-organisation, die während des letzten jahrzehnts regierung, geschäftswelt und die kunst-community von montreal zusammengebracht hat, um eine kulturelle wiedergeburt der stadt zu entwerfen und zu bezahlen. das ist also offenbar ein großes praxismodell der kooperation jener drei sektoren, von denen ich hier seit jahren rede.

noch eine spezielle passage in jenem interview mit brault hat mein spezielles interesse geweckt: „A lot of the arguments that were made against the arts cuts were quite self-serving or defensive, without regard for consequences for Quebeckers and Canadians outside of the community.„ das kommt mir doch sehr vertraut vor.

simon brault konstatiert: „keine kultur, keine zukunft“

ich übernehme hier braults statement „no culture, no future“, das mit dem weißen kreuz auf schwarzem feld auch ein zeichen erhalten hat. ich denke, wir werden in unserem umfeld diesen überlegungen von simon brault noch ausführlicher nachgehen…

verdichtung

egal, wie knapp das geld ist, ohne buchhaltung geht da gar nichts. oder aber: gerade bei knappen budgets ist der laufende überblick unverzichtbar. ich bin ein geborener tabellen-legastheniker, was bedeutet, die arbeit mit diesen bürokratischen belangen geht mir sehr schlecht von der hand. ich bin dabei langsam, erleide schweißausbrüche, kurz, ich stehe unter vollstress, wenn ich ein budget ordnen soll.

obfrau mirjana peitler-selakov ist eine exzellente mathematikerin und somit ein unerbittliches prüforgan meiner bescheidenen leistungen im rechnungswesen

zugleich habe ich natürlich große freude daran, a) zu erleben, daß wir ein projekt ökonomisch nicht in den sand gesetzt haben und b) zu erleben, daß die aufzeichnungen ausgeglichene konten ergeben. allein das abenteuer der tippfehler-suche in excel-dateien gehört zu den mutproben meines alltags, die ich nicht gar so oft haben mag.

auch andere arbeit trägt feine früche. so hat nina strassegger-tipl eben das layout von folder und plakat für unseren „frauenmonat“ geliefert. nun sind die drucksorten da. mit „FMTechnik!“ gehen wir in einen neuen abschnitt der inhaltlichen arbeit: [link] damit wollen wir in naher zukunft den bereich der technischen welt in der region ausloten.

nina strassegger-tipl hat die drucksorten für unseren „frauenmonat“ gestaltet

die arbeit an den aktuellen schritten bezüglich „agrarische welt“ ist nahe dem finish des ersten abschnittes. hier sind wir als trio tätig, mit mir wirken daran noch der tierarzt karl bauer und der künstler christian strassegger.

dazu hat sich nun die konkretiseierung einer weiterführenden idee ergeben. mit dem maler gerhard flekatsch habe ich schon eine weile kontakt. der initiator des vereins bluethenlese verbindet sein kulturelles engagement nicht nur mit gegenwartskunst, sondern auch mit historischen bezügen. eine leidenschaft, die wir teilen; speziell auch auf den autor und orientalisten joseph von hammer-purgstall bezogen, welcher in der oststeiermark einen wohnsitz hatte. genauer: im schloß hainfeld bei feldbach: [link]

mit der frage nach "ost-west-verhältnissen" befaßt: der maler gerhard flekatsch

dieses schloß hat eine besonderheit: seine besitzerin, annabella dietz, setzt nicht auf tourismusträchtige repräsentationskultur, sondern ringt nun seit einigen jahren um klarheit über einen weg, der dem ort UND seiner kulturgeschichtlichen relevanz gerecht wird.

das ist ein faszinierender prozeß, weil er von einem verständnis der dinge und einer kenntnis der hintergründe handelt, die weit übersteigt, wozu sich zum beispiel herkömmliche tourismus- und regionalmanagements üblicherweise aufraffen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov (links) und juristin annabella dietz

wir sind uns nun einig, daß wir eine längerfristige kooperation entwickeln und umsetzen möchten, denn da ist konsens in einigen sehr wesentlichen betrachtungsweisen beim blick auf regionalgeschichte und regionalentwicklung. das ergibt in summe eine idee von kulturellen agenda, innerhalb derer auch die gegenwartskunst einen sehr angemessenen bezugsrahmen erhält.

denkt man das nun zusammen mit der tatsache, daß dietz sich für einen ausbau ihres betriebes als bäuerliche landwirtschaft entschlossen hat, ergeben sich mit ihr und dem künstler flekatsch sehr viele schnitt- und berührungspunkte.

klärungsbedarf

wir sind uns definitiv einig: die KUNST ist die kunst und hat ihren zweck in der kunst. sie ist kein werkzeug „um zu…“, kein soziales programm, keine wellness-einrichtung, keine tourismus-maßnahme. als kunstschaffende widmen wir unsere künstlerische praxis der kunst. basta! aber!

wir sind als künstler soziale wesen, politisch anwesend. das bedeutet, wir verwenden unser reflexionsvermögen auf den lauf und den stand der dinge. und wir bringen unsere kompetenzen, die wir unter anderem in langjähriger befassung mit kunst erwerben, als engagierte bürger in das gemeinwesen ein.

christian strassegger

nein, das ist jetzt keine erklärung, keine verlautbarung, kein manifest. dieses WIR ist ein sehr loses, eigentlich: flüchtiges, das sich über kommunikationsverhalten und gelegentliche zusammenkünfte konstituiert. wir sind keine gruppe. die zusammensetzungen an den tischen sehen meist höchst unterschiedlich aus.

so, das war nun die stunde der offenbarungen. mehr ist davon augenblicklich wohl nicht nötig. „kunst ost“ ergibt einen MÖGLICHKEITSRAUM, in dem sich gelegentlich etwas von all dem verdichtet. manchmal heißt das auch einfach: ein paar drinks und über das leben wie über die kunst plaudern.

mir ist freilich die KONTINUITÄT wichtig. ich lege großen wert auf ein anregendes geistiges klima. das braucht inspirierte menschen, die miteinander zu tun haben möchten; wenigstens temporär. deshalb müssen wir nichts gründen. es ist ohnehin schon alles gegründet worden.

emil gruber

früher gab es hier einmal eine verschwörung der poeten“. das hat mir auch gefallen. heute ist das setup anders, wesentlich luftiger. naja, das „kuratorium für triviale mythen“ spielt derzeit schon eine markante rolle. motive und schwerpunkte ändern sich eben.

diesmal saß ich mit christian strassegger und emil gruber am tischchen. gerhard flekatsch [bluethenlese] gesellte sich schließlich dazu. wir debattierten die möglichkeiten, gelder für weiterführende projekte zu lukrieren. das faktum runtergefahrener bzw. völlig gestrichener kulturbudgets der gemeinden im ländlichen raum läßt sich nicht zurecht- oder wegdiskutieren. es gab schon vor jahren da und dort den expliziten politischen wunsch, die mittel kunstschaffender runterzukürzen und lieber in den sozialbereich zu investieren.

aus einer gleisdorfer wahlkampfbroschüre vom märz 2010

ich kann mich nicht erinnern, daß quer durchs land stimmen dagegen laut geworden wären. dem steht gegenüber, daß eine ubanisierung der „provinz“ unsinn wäre, daß also strategien aus den zentren sich nicht hierher verlegen und sinnvoll anwenden lassen. dazu zählt auch, daß herkömmliche ideen von sponsoring für unsere tätigkeitsbereiche nicht umsetzbar sind.

gerhard flekatsch

momentan verfügbare ideen in diesem zusammenhang greifen bloß dort, wo es um etablierte kunstformen und um repräsentation geht. also zum beispiel im musikbereich, wo die operettte regiert, klassische musik zuspruch erlebt und zeitgenössische musik sich da in nischen mitereignen darf.

bei bildender kunst regiert natürtlich der kanon, bei literatur und anderen geistigen stoffen ebenso das, was im feuilleton längst reüssiert hat. kurz, herkömmliches sponsoring setzt hauptsächlich auf den repräsentativen veranstaltungsbereich, auf bewährtes und populäres oder überhaupt lieber auf sport.

ich schreibe das ganz unaufgeregt, weil es vollkommen schlüssig ist, daß es sich so ereignet. wir sollten wissen, womit wir es zu tun haben und auf welchem terrain sich AUCH unser tun entfaltet. daß heißt dann für leute wie uns vor allem einmal, wir sollten gute gründe wissen, warum es unsere aktivitäten geben muß und warum das auch finanzierungen verdient. darüber haben wir also zu reden: was sind diese guten gründe?

ob wir es beklagen, ignorieren, ausblenden, egal, es gibt momentan einen enormen verdrängungswettlauf. eine stadt wie gleisdorf hat gegenüber 2009 ihr kulturbudget UM etwa 75 prozent AUF zirka 25 prozent heruntergekürzt. auf das verbleibende budget sind allerdings auch mehr einrichtungen aus, als in kleinen gemeinden. aber immerhin hat eine kleinstadt noch eine infrastruktur, wo wir bei manchen vorhaben durch sachleistungen seitens der kommune unterstützung finden.

in den kleineren gemeinden waren es entweder vorher schon NULL prozent kulturbudget, sind es spätestens jetzt MINUS hundert prozent, viele davon haben nicht einmal kulturbeauftragte. das ist der status quo in einer landschaft, wo nicht einmal unter gebildeten leuten und personen mit akademischen graden ein weitreichender grundkonsens herrscht, daß die „provinz“einen lebhaften KULTURBETRIEB haben solle, was – bitte schön! – keineswegs NUR veranstaltungskultur meint.

kurz: es besteht eine menge klärungsbedarf. gehen sie bitte davon aus, daß wir freilich gerüstet sind, diese debatte zu führen…

— [was ist kunst?] —