Archiv für den Monat: Mai 2012

Vision 2050: Das aktuelle Ensemble

Kürzlich notierte ich hier in „Was (nicht) zu übersehen war“: „Wir haben miterlebt, wie Wissensarbeit immer weniger wert wurde, also immer schlechtere Bezahlung erhielt. Wir sind in einer Situation angelangt, die von Kompetenzverlusten und Stagnation geprägt ist.“ [Quelle]

Sozialwissenschafter Günther Marchner beim Nachdenken in Gleisdorf

Es war nicht das erste Mal, daß ich diese Aspekte – Kompetenzverlust und Stagnation – zur Sprache gebracht hab. Was mag dem gegenüberstehen? In meiner Themenreihe „Die Gefolgschaft des Ikarus“ ging es am 18. Mai um eine kleine Schlußfolgerung:

„Eine Sache um ihrer selbst willen gut zu machen, im gesamten Ereignisfeld zwischen materiellen und immateriellen Möglichkeiten. Das scheint eine Grundlage zu sein, auf der wir vorankommen, wenn wir klären möchten, was es mit Würde auf sich haben mag…“ [Quelle]

Sie können davon ausgehen, daß ich in derlei Denk- und Arbeitsansätzen einige Schnittpunkte mit jenen des Kulturwissenschafters Günther Marchner habe.

So heißt es bei ihm in der Beschreibung eines aktuellen Projektes etwa: „Mit der Veränderung von Wirtschaft, Arbeitswelten und Technologien geht altes Wissen und Erfahrungswissen von Menschen in Gemeinden, in Betrieben oder in der Landwirtschaft verloren.“

Erfahrungswissen. Das ist eine Kategorie und kulturelle Dimension, die in unserer Sozialgeschichte jenen Bereich des Handwerks dominiert, von dem sich vor eigentlich erst recht kurzer Zeit das Ingenieurswesen abgezweigt hat, das Metier der „Maschinenwissenschafter“, also derer, denen oft eine Theorie dem Ergebnis vorausgeht, während im Handwerk die praktische Erfahrung wichtigste Basis auf dem Weg zu Lösungen ist.

(Kleine Einschub: Das bedeutet natürlich keinesfalls, daß im Handwerk ohne Annahmen/Theorien gearbeitet werden könne, umgekehrt die Wissenschaft ohne praktische Erfahung auskäme.)

Erfahrungswissen, das ist aber auch eine radikal bedeutende Option, wenn man darüber nachdenkt, daß Problemlösungen in einer Region eher nicht von außen kommen werden, sondern vorzugsweise von den eigenen Leuten erarbeitet werden sollten.

Genau das betonte übrigens Techniker Michael Naradoslawsky bei unserer jüngsten „Vision 2050“-Session. Polemisch verkürzt: „Berater von außen? Schmeißen’s das weg! Es muß jemand vor Ort sein!“ Im Gesamtzusammenhang seiner Aussage zu hören in der Sound-Datei #6: [link]

Marchner stellt für sein aktuelles Projekt „Altes Wissen mit Zukunft“ unmißverständlich fest: „Gleichzeitig gibt es viele Herausforderungen, für die vor allem noch bestehendes Erfahrungswissen zum Zukunftspotenzial werden kann.“ Das greifen wir auf.

So rundet sich für uns bei kunst ost das Ensemble der fixen Kooperationsverhältnisse, um
a) bisher Erarbeitetes für weitere Schritte besser bündeln zu können und
b) für die nahe Zukunft ein zeitgemäßes Konzept für eine regionale Kulturinitiative in die Praxis zu überführen, wobei
c) die Gegenwartskunst ein wichtiger Angelpunkt ist, aber
d) die Fragen der Regionalentwicklung auch von uns bearbeitet werden.

Das „Kooperationsfeld kunst ost“ hat also nun vier Schwerpunktbereiche, die zu einander komplementär angeordnet werden, wobei uns für jeden Bereich eine „Schlüsselperson“ gegenübersteht:
+) Günther Marchner (Sozialwissenschafter): Regionalentwicklung / Altes Wissen
+) Mirjana Peitler-Selakov (Kunsthistorikerin): Frauen & Technik
+) Andreas Turk (Ziviltechniker): Regionalentwicklung / Vision 2050
+) Erich Wolf (Kunstsammler): Gegenwartskunst

— [Vision 2050] —

TIP: Bernhard Kober stellt aus

Bevor ich Bernhard Kober näher kannte und längst bevor er zu einem frühen Akteur des kuratoriums für triviale mythen wurde, habe ich ihn als Fotograf wahrgenommen. Und zwar in der Gleisdorfer Galerie einraum. Das ist nun etliche Jahre her.

Damals war die Themenstellung „Vom Mythos zum Fetisch zur Kunst“ im Raum, verschiedene Querverbindungen lagen an: [link]

Kober by Kober

Seither hat Kober höchst unterschiedliche Aktivitäten gesetzt. Eine der brisantesten ist die Serie von Radrennen in Altbauwohnungen: [link]

Nun ist Kober wieder einmal mit einer Fotoausstellung präsent. Dabei geht er in ein gravierendes Thema. Kober: Unsere Gesellschaft erhöht den Druck in allen Bereichen, beruflich, sozial, wirtschaftlich. Dieser Druck löst Angst aus. Angst nicht zu genügen, Angst davor zu Wenig zu haben, Vorstellungen nicht zu entsprechen u.v.m. Genau diese Gesellschaft aber lagert das Problem Angst zum Individuum aus.

Das Fehlen familiärer Netzwerke, lose zwischenmenschliche Beziehungen und wieder der Druck in den Medien ‚immer gut drauf’, ‚selbstbewußt’, ‚sorgenfrei’ und ‚fit’ zu sein lasest uns allein mit unseren Ängsten. Ängste die bei uns allen ähnlich sind, aber durch das Verdrängen, Marginalisieren oder Ignorieren die Distanz zwischen Menschen vergrößert.

Angst, du auch?
Photographien von und mit Bernhard Kober

Galerie einraum
Bürgergasse 12
8200 Gleisdorf
2. bis 30. Juni 2012

Vernissage: Samstag, 2. Juni 2012, 18:00 Uhr

Es wird gegrillt, bitte Grillgut selbst mitbringen!

Gegenwartskunst und Alltagskultur

Ich hab eben in einem Beitrag notiert: „Wir können aus dem Landeszentrum keine kulturpolitischen Strategien beziehen, …“ In diesem Text ist auch das Identitäts-Thema angeschnitten: [Quelle] Es bleibt ja höchst erstaunlich, welche Zuschreibungen eine Region erfährt und welche Identitätsmerkmale dabei betont werden, wenn man diese Arbeit allein den diversen Managements und Agenturen überläßt. Da kommt dann vieles, was ich im Leben der Menschen dieser Region real finde, überhaupt nicht vor.

Im eingangs genannten Text ist auch von der Langsamkeit die Rede, von Fragen, die offen bleiben dürfen, von allerhand Überlegungen, die eine längerfristige kulturelle Entwicklung nahelegen. Der Kunstsammler Erich Wolf nennt als „Problem der Politik“ einmal mehr, wo sie mit unseren Verfahrensweisen zu tun bekommt: „Hier gibt es keine kurzfristigen Antworten und Ergebnisse.“ Eine längerfristige kulturelle Entwicklung der Region im Auge zu haben, das verlangt unerbittlich vollkommen andere Verfahrensweisen, als sie in der Regionalpolitik üblich sind.

Links der Zivilktechniker Andreas Turk, rechts der Unternehmensberater Erich Wolf

In der Kooperation mit a) Kunstsammler Erich Wolf und b) Ziviltechniker Andreas Turk bearbeiten wir ZWEI Themenkomplexe, die wir zu einander komplementär sehen. Mit Wolf (Styrian Contemporary) geht es im Schwerpunkt um Gegenwartskunst auf internationalem Niveau. Mit Turk geht es um die regionale Verankerung einer Reihe von Teilprozessen im Kontext Vision 2050“.

Identität. Na, die wurzelt sicher sehr wesentlich darin, was mir mein Selbstverständnis ermöglicht. Und dazu gehört, was ich an Kompetenzen und Fertigkeiten aufbiete. Daraus ergeben sich dann auch Tätigkeitsfelder, wo andere andocken können, wo sich kleine Gemeinschaften bilden.

Hohes handwerkliches Niveau aus privater Passion...

Ein Beispiel dafür sind „Schrauber“ aus der Region, die sich mit dem Erhalt historischer Fahrzeuge befassen. Nicht bloß Mechaniker, allerhand Techniker, auch Tischler, in Summe also Handwerker. Sie sind gut vernetzt und wenn zum „Cruising“ gerufen wird, kommen auch welche aus der Süd- und Obersteiermark angerollt, sogar aus dem Burgenland.

Ich hab in einem Logbuch-Eintrag beschrieben, welche kuriosen Vorgeschichten solche Milieus mitunter haben: [ink] Da verzweigen sich die Biografien Richtung Vergangenheit ganz unmittelbar in die agrarische Welt, die uns ja auch beschäftigt.

So wurzelt etwa ein Museum bäuerliches Handwerk aus vergangenen Zeiten [link] mitten in Fischbach in der Geschichte eines Ehepaares, deren Landwirtschaft nur durch Nebenerwerb bestehen konnte. Der Bauer wurde zum LKW-Fahrer, was ja auch jene Abschnitte der Mobilitätsgeschichte illustriert, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Massenmotorisierung führten.

Fischbach: Museum bäuerliches Handwerk aus vergangenen Zeiten

Im Erkunden solcher Teilbereiche regionalen Lebens liegen Erfahrungen, die uns mit den Wurzeln dessen vertraut machen, was wir uns unter „regionaler Identität“ vorstellen. Dem gegenüber steht die Befassung mit Gegenwartskunst, die uns Wahrnehmungserfahrungen beschert, die Möglichkeiten anbietet, andere Denkweisen zu erproben als jene, die uns gut vertraut sind.

Höchst verschiedene Milieus haben in all dem einen kuriosen Schnittpunk. Die Intention, eine Sache um ihrer selbst Willen gut zu machen. Das scheint der Angelpunkt zu sein, über den sich Kontraste und Gegensätze als ein größeres Gemeinsames mit einander drehen.

— [Vision 2050] —

Vision 2050: Warum so eilig?

Wir können aus dem Landeszentrum keine kulturpolitischen Strategien beziehen, weil dort Vorbedingungen und Gegenwart gleichermaßen unterschiedlich zu den Provinzmomenten sind. Hinzu kommt, daß in unserer Serie von Arbeitstreffen Ziviltechniker Andreas Turk etwas pointiert hervorgehoben hat, was nicht vom Himmel gefallen ist.

Ich kenne selbst seit den 1980er-Jahren die Debatten, was es an der Provinz verändert habe, daß Zentrumsbevölkerung sich ansiedelt, die zwar ihren Berufsschwerpunkt weiterhin im Zentrum habe, auf der Suche nach mehr Lebensqualität aber herausgezogen sei.

Andreas Turk (links) und Erich Wolf: "Dürfen Fragen offen bleiben?"

Turk sagt polemisch scharf: „Früher haben hier Leute für die Region gearbeitet, heute fragen sich viele: Was krieg ich von der Region?“ Das korrespondiert übrigens mit dem, was ich in den letzten eineinhalb, zwei Jahren von etlichen Bürgermeistern zu hören bekam. Die Erwartungen der Menschen, was Kommunen ihnen bieten sollten, steigen laufend. Dagegen sinke die Bereitschaft, sich im Gemeinwesen und für das Gemeinwesen zu engagieren, merklich.

In unseren Erörterungen kulturpolitischer Optionen sind wir bei einem Fragenkomplex, der auch die Lokal- und Regionalpolitik herausfordert: Was kommt denn tatsächlich aus der Region? Woraus wird hier Identität bezogen? Das verweist ferner auf die Überlegung, was in den Identitätsfragen sichtbar würde, wenn man es nicht Werbeagenturen überläßt, Behauptungen zu promoten, WAS diese Region sei und WER ihre Menschen seien.

Erich Wolf: "Langfristige kulturelle Entwicklung..."

Damit kommen wir flott zu einigen Überlegungen, die auch auf dem Kunstfeld zentrale Bedeutung haben. Etwa:
+) Habe ich Zeit für Wahrnehmungserfahrungen, die nicht gleich zu praktisch nutzbaren Ergebnissen führen müssen?
+) Gibt es eine Wertschätzung für diese ganz anderen Zugänge, welche sich auch in verfügbaren Ressourcen ausdrückt?
+) Dürfen dabei Fragen offen bleiben?

Hier sieht etwa Kunstsammler Erich Wolf einen Kontrast Kulturschaffender zu gängiger Politikpraxis: „Es muß nicht immer eine Antwort kommen, ich kann auch eine Frage im Raum stehen lassen. Manche Fragen werden vorerst nicht beantwortet.“

Das mag provokant klingen. Aber es bekommt sofort ganz anderes Gewicht, wenn ich etwas „Realpolitik“ genauer überprüfe und dabei feststellen muß, daß sehr oft Lösungen bloß SIMULIERT werden. Österreich ist gerade jetzt reich an Beispielen dafür, wo die Politik längst Grenzen ihrer Kompetenzen erreicht hat, was von ihren Funktionstragenden aber keineswegs offengelegt wird. Statt dessen bekommen wir dann oft Scheinlösungen serviert.

Da wäre es eigentlich redlicher und sinnvoller, offen zu sagen: Diese und jene Frage kann im Augenblick nicht beantwortet werden. Wir werden allerdings kaum Akteurinnen und Akteure der Politik finden, die so einen Modus in Betracht zögen. (In der Befassung mit Kunst ist das ganz anders.)

Wir kennen den Modus, auf komplexe Fragen simple Antworten zu generieren. Das ist übrigens auch ein erhebliches Problem für die Arbeitspraxis von Bürgermeistern. Turk kennt diese Legion von Beratern, welche Länder durchstreifen, Tonnen von Papieren produzieren, die, wenn sie sich verkaufen lassen, oft zu diesem Punkt führen: Und jetzt macht damit, was ihr wollt!

So werden häufig Ressourcen verbraten, die keine Chance auf Ergebnisse greifbar machen. Uns beschäfigen im Augenblick natürlich Finanzierungsmodelle für künstlerische Projekte (in der Provinz). Uns beschäftigt dabei, wie sie sich zeitgemäß begründen lassen und mit welchen Argumenten sie zu konkreten Kooperationen führen können. Der große Themenbogen ist in unserer Arbeit schon klar: Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft; warum und wie mögen diese Genres in Wechselwirkung gebracht werden? Für welche Vorhaben sind welche Modi der Kooperation realistisch?

Kleiner Einschub:
Wir haben uns in unserer jüngsten Session eine Serie von Features angesehen, die von XXKunstkabel produziert wurden: [link] Der vormalige MAK-Chef Peter Noever sagt da an einer Stelle: „Man muß sich von der Idee trennen, daß gute Dinge eine große Öffentlichkeit haben.“

Das ist ein von mehreren wichtigen Aspekten, den wir bisher eindeutig zu wenig klar vertreten haben. Regionale Politik zeigt kaum Courage, sinnvollen Prozessen Zeit zu lassen und ihnen zu erlauben, in kleinen Kreisen zu beginnen, um sich in Ruhe zu entwickeln.

Edelbert Köb im XXKunstkabel

Genau diese Überlegungen waren ja auch in unserer Session mit Michael Narodoslawsky (TU Graz) Gegenstand unserer Erörterungen; und sind hier nachzuhören: [Link #1] [Link #2] Daß also relevante Prozesse in kleinen Kreisen begonnen mögen und Zeit haben, sich zu entwickeln.

Narodoslawsky betonte gerade jenen Bereich, der mich auch in der Kooperation mit Turk beschäftigt: Den Arbeitsansatz „Vision 2050“. Narodoslawsky sagte sinngemäß: 2050, das ist noch sehr weit weg. Warum wollen sie es jetzt eilig haben, an dieser Vision zu arbeiten und ein schnelles Ergebnis zu produzieren?

Genau da berührt sich das auch mit den Intentionen von Erich Wolf, der einerseits als Unternehmer die Abläufe der Wirtschaft sehr gut kennt, andrerseits als Kunstsammler ein interessantes Hauptmotiv hat: „Ich sammle, um Prozesse dieser Zeit zu erhalten und sie zugänglich zu machen.“

Dieser Ansatz handelt ganz offensichtlich auch von der Intention, Prozessen Raum zu geben und Prozesse zu VERSTEHEN. Kein schlechtes Motiv für kulturelles Engagement.

— [styrian contemporary] —
— [vision 2050] —

Themen und Arbeitsebenen

Das ursprüngliche „Trägersystem“, die Kulturinitiative kultur.at: verein für medienkompetenz, hat im Jahr 2009 ein Projekt realisiert, das inzwischen als kunst ost: soziokulturelle drehscheibe Eigenständigkeit erreichte.

Diese institutionelle Eigenständigkeit beider Formationen erweist sich als sinnvoll, weil ein thematisch sehr komplexer Prozeß entstanden ist. Aus den letzten Jahren hat sich eine Aufgabenstellung herauskristallisiert, die sich aus folgenden Genres zusammensetzt:

1) Kunstvermittlung und -präsentation
2) Diskursarbeit: a) Kunstdiskurs & b) kulturpolitische Diskurse
3) Lobby- und Communityarbeit
4) Dokumentation & Publikation
5) Grenzüberschreitende Kooperationen

Dazu sind im Hintergrund
+) laufende Basisarbeit und
+) Archivarbeit sowie
+) der Ausbau der Web-Präsenz nötig.

Wir verfolgen als thematische Hauptlinien folgende Bereiche
1) Gegenwartskunst
2) kulturelle Praxis auf der Höhe der Zeit
3) Frauen & Technik
4) Sozialgeschichte/Mobilitätsgeschichte

Das verzahnen wir regional in zwei Komplexe
1) Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft
2) Zwischen Landwirtschaft und High Tech

Aus diesem Themengefüge soll sich quer durchs Jahr eine Kontinuität der Ereignisse und Veranstaltungen ableiten lassen, in der eine heterogene Community vielfältige Kompetenzen zur Wirkung bringt.

Das zeigt sich in der Praxis grundsätzlich über drei Optionen:
+) Produktionen aus dem „Kernbereich“, von Mirjana Peitler-Selakov (Kunsthistorikerin) und Martin Krusche (Künstler) entwickelt.
+) Produktionen aus einem engeren Kreis von „Schlüsselpersonen“ der Drehscheibe kunst ost.
+) Kooperationen mit vollkommen eigenständigen Kulturinitiativen der Region.

Dazu kommen zwei Kooperationen gänzlich anderer Art, die im Sinne eigenständiger Regionalentwicklung Gewicht haben. Einerseits die mit dem Unternehmer und Kunstsammler Erich Wolf: [link] Andrerseits die mit dem Ziviltechniker Andreas Turk: [link]

Da erarbeiten wir gerade die Grundlagen eines längerfristigen Zusammenwirkens. Wie schon angedeutet, das Zusammenspiel von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft hat aktuell Klärungen verlangt: Warum sollen wir überhaupt diese Genres verknüpfen? Wovon handeln mögliche Gemeinsamkeiten und wie sollte das in gemeinsames Tun überführt werden? Das ist inzwischen erheblich klarer und wird für den Rest des Jahres 2012 schon praktische Ergebnisse zeigen.

Lebhafte Nachbarschaft

Ich hab kürzlich in „Ein kleiner Panoramablick“ [link] davon erzählt, daß die Kunst in der Region ihre Orte hat, engagierte Leute hat, was sich in verschiedenen Initiativen ausdrückt. Dabei fand KOMM.ST [link] Erwähnung, im Norden der Oststeiermark präsent. Den südlichen Kopfbahnhof besuchen wir dieser tage wieder: [link]

In Kooperation der Regionen Hügelland und Schöckelland tritt auch eine Kulturinitiative in neuer Formation auf; K24: „Kultur24 ist die Kulturinitiative der 24 Gemeinden der Region, die gemeinsam der Meinung sind, dass Kultur in der Region einen höheren Stellenwert einnehmen sollte.“ [link]

Mit vergleichsweise langer Praxis agiert in Markt Hartmannsdorf der Verein Kultur und Begegnung: [link] Dort wurde heuer zum zweiten mal ein Literaturwettbewerb ausgeschrieben, welcher unter der Patronanz des Schauspieler-Paares Brigitte Karner und Peter Simonischek stattfindet.

Das Duo wird die preisgekrönten Texte am 7. Juni am 19:00 Uhr auf dem Dorfplatz von Markt Hartmannsdorf präsentieren.

Ich werde auf jeden Fall dort sein, weil ich, wie mir eben per Brief mitgeteilt wurde, zu den Nominierten gehöre. Ein kleiner Hinweis darauf, daß ich auch als Lyriker noch präsent bin…

Kooperation: Andreas Turk

Man hat den Ziviltechniker Andreas Turk schon bei vielen unserer Veranstaltungen treffen können. Außerdem ist er inzwischen bei einigen als Koveranstalter beziehungsweise auch als Akteur in Erscheinung getreten.

Damit verkörpert Turk jenes Gegenüber, das ich in verschiedenen Varianten suche; einen Unternehmer, der sich nicht als „wandelnde Geldquelle“ anbietet, sondern für sich persönlich eine konkrete Rolle im Kulturgeschehen unseres Lebensraumes sucht.

Andreas Turk als ausstellender Fotograf beim "April-Festival" 2011

Man beachte den essentiellen Unterschied zu antiquierteren Konzepten im Verhältnis von UnternehmerInnen und Kunst- wie Kulturschaffenden! Für die Begegnung in Augenhöhe und mögliche Kooperation ist es naheliegend, sehr konkrete Zusammenhänge zu suchen, in denen man nicht über dieses der jenes Gefälle hin mit einander arbeitet.

Andreas Turk ist augenblicklich verstärkt damit beschäftigt, Kommunen bei der Anbahnung und Abwicklung von Bauvorhaben zu beraten, zu begleiten. Damit arbeitet er auf jenem zunehmend unruhigen Feld, wo gerade jetzt wachsende Nervosität blüht, da steirische Verwaltungsreform und kommende Gemeindezusammenlegungen für Sprengstoff in der Regionalpolitik sorgen; auch und vor allem innerhalb der gleichen Fraktionen.

Andreas Turk (rechts) neben Hofstättens Bürgermeister Werner Höfler (Mitte) und dem Gleisdorfer Gemeinderat Karl Bauer bei einer KWW-Veramstaltung

Das bedeutet zwangsläufig, Turk watet gewissermaßen knietief in den Themen, welche uns im Teilbereich „Vision 2050“ seit Oktober 2011 interessieren und beschäftigen. Hier die Dokumentation der ersten Phase: [link]

Das rührt an den Überlegungen darüber, aus welcher gegenwärtigen Situation, die nun seit Jahren von Veränderungsschüben geprägt ist, wir mit welchen Schwerpunkten über welche Zukunftsvorstellungen nachdenken und debattieren wollen.

Das beinhaltet natürlich auch die Frage(n), zu welche Wunschvorstellungen über die Zukunft wir uns verständigen möchten. Und zwar inspirierte Bürgerinnen und Bürger untereinander, aber diese auch mit den Funktionstragenden der Kommunen und der Region. Ich bin mit Turk inzwischen übereingekommen, daß wir unsere bisher sporadische Zusammenarbeit in dieser Sache nun verdichten wollen.

Das korrespondiert auch mit der Themenstellung „Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft“ (KWW), zu der wir schon einige erste Prozesse initiiert haben: [link] In diesem Bereich möglicher Kooperationen beschäftigen uns Überlegungen, welcher Art zeitgemäße Kooperationsformen sein könnten, in denen wir einen erheblichen Teil veralteter Konzepte hinter uns zu lassen vermögen.

In der grundlegenden Arbeit habe ich mit Turk noch einiges zu erledigen, nach außen werden wir wohl noch vor dem Sommer eine Session im Rahmen der „talking communities“ anbieten: [link]

Der Juni von „kunst ost“

Wir haben unser heuriges „April-Festival“ mit einer Session in Bad Gleichenberg abgeschlossen: [link] Nun lädt Kathi Velik, Initiatorin der Kulturinitiative „Kopfbahnhof“, für den kommenden Pfingstsonntag zu Finissage und Brunch, um dieses Ereignis abzurunden: [link]

Währenddessen bereiten wir alles für den heurigen „FrauenMonat“ vor, der diesmal stärker dem praktischen Tun gewidmet ist. Mit Stefanie Wuschitz, Miss Baltazar’s Laboratory, Niki Passath… Dazu sind uns noch Mädchen und junge Frauen willkommen, welche in die (gratis) Workshops einsteigen möchten: [link] Es wird allerdings eine abschließende Veranstaltung dazu geben, die öffentlich zugänglich ist.

Kulturpolitische Fragen sind akuter denn je. Die IG Kultur Steiermark hat in der Sache eine Veranstaltungsserie konzipiert, welche auch in der Provinz Station machen wird. Wir leisten dazu einen Beitrag im Rahmen der „talking communities“. Der Titel sollte Anlaß für ausführlichere Erörterungen sein: „Kunst ist kein Reparaturbetrieb“ [link]

Es ist ja nach wie vor so, daß in regionaler Kulturpolitik die Budgets oft genau NICHT für den Bereich Gegenwartskunst eingesetzt, sondern Richtung sozialer Agenda bewegt werden. Das erzeugt Klärungsbedarf. Siehe dazu auch den Beitrag #22 bei „Wovon handelt Kulturpolitik?“ [link]

Es ist nun bezüglich Mobilitätsgeschichte ein nächster Schritt in Arbeit. Ich mache gerade in Kooperation mit dem Wiener Historiker Matthias Marschik ein weiteres „Puch-Puch“ startklar, das kommenden Herbst unter dem Titel „In Österreich weltbekannt“ (Die Geschichte des Steyr Puch 500) erscheinen wird.

Marschik ist mit den Bereichen Sozialgeschichte und Massenkultur sehr gut vertraut, also ein vorzüglicher Kooperationspartner für unseren diesbezüglichen Vorhaben: [link]

Wovon handelt Kulturpolitik? #22

Die generelle Abwertung von Wissensarbeit hat sehr spezielle Konsequenzen für den Kulturbereich und da wiederum merkwürdige Auswirkungen auf das Kunstfeld. In den Debatten um den Einsatz öffentlicher Mittel ist daher von entsprechender Bedeutung, welchen Stellenwert diese Metiers in öffentlichen Diskursen haben.

Es geht also unter anderem um Definitionsmacht und darum, worüber breiter gesellschaftliche Konsens vorzufinden ist. Das alles ist aber ausnahmslos AUCH Verhandlungssache.

Bei unseren talking communities sagte Michael Narodoslawsky vom Institut für Prozess- und Partikeltechnik (TU Graz), Wissenschaft habe nichts mit Wahrheit zu tun. In der Wissenschaft werde versucht, „das, was die Leute vor uns gefunden haben, zu widerlegen“. [Quelle]

Es gehe darum, sich nach vereinbarten Regeln mit der Realität auseinanderzusetzen. Zu diesen Regeln darf wohl gezählt werden, daß korrekt zitiert wird, um bestenfalls auch den Kontext einer Aussage kennenzulernen, was ermöglichen sollte, die Aussage authentisch zu erfahren.

Ich strapaziere dieses Thema, weil mir zunehmend auffällt, daß wir manche kulturpolitische Problemlagen nicht bearbeiten können, wenn wir ignorieren, was an unscharfen, teils kontrafaktischen Auffassungen zu diesem oder jenem Aspekt vorherrscht. Klartext: Wo bezüglich des Kulturbetriebs unsinnige Ansichten dominieren, werden wir vorzugsweise im öffentlichen Diskurs Gegenpositionen schaffen müssen.

Der Flohmarkt als Feld flüchtiger Begegnungen mit der eigenen Vergangenheit

In meiner individuellen sozialen Erfahrung zieht sich Abschätzigkeit dem Kunstfeld gegenüber durch viele Jahrzehnte. Das ging mir eben durch den Kopf, als ich auf einem Flohmarkt in Gleisdorf einige alte „hobby“-Hefte erstand. Auf Seite 43 der Ausgabe Nr. 14 von 1964 wird der Eindruck erweckt, William Shakespeare habe gefordert: „Mehr Inhalt – weniger Kunst!“ Diese Art der Polemik kennen wir in ungezählten Varianten.

Solche Ressentiments suchen Legitimation über selbstreferenzielle Bestätigung und teilen sich gerne medial auf allen erdenkbaren Ebenen mit. Das kommt etwa so flapsig daher wie der vormalige Bundeskanzler Viktor Klima beim SP-Parteitag 1988, wo er Heinz Fischers Statement, die SPÖ brauche eine Vision, folgendermaßen quittierte: „Wer Visionen hat, braucht einen Arzt!“

Ein Zitat auf Seite 43 der „hobby“-Ausgabe Nr. 14 von 1964

Das paßt in den Kanon jener Massenkultur, wie sie von den Nazi entworfen, erprobt und etabliert wurde; ein Codesystem und Paket von Verfahrensweisen, die uns heute noch kulturelles Fundament sind.

„Wenn ich Kultur höre, greife ich nach meiner Pistole.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Hanns Johst, Nazi-Schriftsteller und zeitweiliger Präsident der Reichsschrifttumskammer, prägte in seinem Theaterstück über den Proto-Nazi Albert Leo Schlageter einen Satz, der nicht nur Goehring, Himmler und Goebbels angeheftet wurde, sondern bis heute unter Augenzwinkern und Schenkelklopfen Verwendung findet: „Wenn ich Kultur höre … entsichere ich meinen Browning!“

Shakespeare hat natürlich auch nicht gefordert, man möge die Kunst zugunsten anderer Möglichkeiten zurückstellen. Er läßt den Satz in einer Dialogsequenz des „Hamlet“ fallen, der Kontext macht den spaßigen Moment deutlich.

Polonius: “Your noble son is mad: Mad call I it, for to define true madness, What is’t but to be nothing else but mad? But let that go.”
Queen: “More matter with less art.”
Polonius: “Madam, I swear I use no art at all That he’s mad, ‚tis true, ‚tis true ‚tis pity, And pity ‚tis ‚tis true — a foolish figure, But farewell it, for I will use no art.”
(William Shakespeare, „Hamlet“)

Die Skepsis gegenüber der Wissensarbeit hat viele Facetten. Daran rührt auch ein älteres Beispiel. Sie kennen sicher das Gerede vom „gesunden Geist“, der einen „gesunden Körper“ voraussetze, wodurch gerne behauptet wird, daß nur geistig gesund sein könne, wer sich körperlich ertüchtige beziehungsweise auf leibliche Gesundheit achte. Und dummer Umkehrschluß, der nicht nur die Krüppel unter uns brüskiert.

Nun steht zwar außer Frage, daß körperliches Wohlbefinden große Vorzüge hat, doch diese Verknüpfung geistiger mit körperlicher Gesundheit als eine Bedingung ist infam. Der Satiriker Juvenal hat keineswegs geschrieben, ein gesunder Geist habe einen gesunden Körper zur Voraussetzung. Eher im Gegenteil meinte er, man dürfe sich glücklich schätzen, wenn man über beides verfüge und deutete damit an, was unsere Lebenspraxis jederzeit bestätigt, daß das Eine wohl auch ohne das Andere auskommen könne.

Reinhold Pölsler, nach eigener Aussage "Krebsberater", ist einer von Legionen, die ihrem Klientel staunenswerte Referenzen vorlegen

Aber wovon ist bei Juvenal eigentlich die Rede? Jan Steinhilber hat in seinem Studium am Institut für Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz nachgelesen:

„Sollten sich die Menschen denn gar nichts wünschen?“ „Lass dir raten: Überlasse es schon den Göttern was dir zukommt und sie dir bescheren.“ „Damit du aber dennoch etwas zu erflehen hast, … solltest du um einen gesunden Geist in einem gesunden Körper beten, bete um mutigen Sinn, der sich nicht vor dem Tode fürchtet, …“

Steinhilber sieht das in:„Nil ergo optabund homines?“ „si consilium via, permittes ipsis expendere numinibus quid conveniat nobis rebusque sit utile nostris.“ „ut tamen et poscas aliquid voveasque… orandum est ut sit mens sana in corpore sano, fortem posce animum mortis terrore carentem, …“

Warum ich dieses Dinge hier überhaupt behandle?

Ich bin nach wie vor konsterniert, welche teils merkwürdigen Vorstellungen über Kunst und Kunstpraxis selbst unter Kulturschaffenden herrschen. Da wiederum erstaunen mich vor allem Leute, die das „Bildungsbürgertum“ repräsentieren, ohne sich nach wenigstens grundlegender Sachkenntnis in Fragen unserer Kultur zu sehnen.

Deswegen wird in meiner Umgebung auch Kunst meist nicht als ein zentraler menschlicher Kompetenzbereich gesehen und Kunstpraxis nicht als Profession begriffen. Das hat enorme Konsequenzen für die Kulturpolitik jenseits des Landeszentrums.

Und wenn sich jemand schon ein wenig mit Fragen der Gegenwartskunst vertraut gemacht hat, dann kann gelegentlich ein heftiges „Beuyseln“ vorkommen, eine mehr als schlampige Beuys-Exegese. Die betrifft vor allem jene Option, daß alle Menschen KünstlerInnen sein können, aber natürlich nicht müssen.

Wer den Kunstdiskurs gar nicht erst beginnen möchte, wird sich eventuell gleich einmal an Beuys vergreifen, dann ist eh ALLES Kunst und jede weitere Debatte erübrigt sich. (Foto: Rainer Rappmann 1973, GNU-Lizenz)

Falls jedoch jemand meint, Beuys habe behauptet, daß alle Menschen Kunstschaffende seien, gewissermaßen a priori, dann bitte ich um klare Quellenangaben.

Ähnliches Pannen-Potenzial hat eine andere Beuys-Kategoie. Geradezu furchterregend kommen einem ab und zu ergriffene Spießer und Mittelschicht-Trutschen daher, die sich selbst und ihre Entourage als „soziale Plastik“ verstehen, sich gelegentlich mit großer Geste dazu erklären und daraus ableiten, daß sie nun künstlerisch tätig geworden seien.

Wo aber schlichtweg ALLES zur Kunst erklärt wird, bezweifle ich, daß wir noch über Kunst debattieren können, mindestens können wir aber keine brauchbare kulturpolitische Debatte führen.

Ich habe keinen Grund, Menschen, die sich aus privater Neigung dem Kulturbereich verschreiben, etwas zuzurufen oder aufzudrängen. Aber wo Meinungsbildung sich öffentlich auf Positionen stützt, die unser Metier angreifen bzw. unsere Arbeitsbedingungen beschädigen, werden wir einige ernste Worte mit einander zu reden haben.

+) talking communities:
Martin Krusche
Kunst ist kein Reparaturbetrieb
29. Juni 2012 [link]

— [übersicht] —

Neue Themenstellung?

Unser 2012er April-Festival hat eine erfreuliche Fülle gehabt und war ein kontrastreicher Gang durch die generelle Themenstellung „Leben: Die Praxis der Zuversicht“. Diese Konzentration auf Möglichkeiten der Zuversicht ist eine erklärte Reaktionen auf jene Krisen-Ensembles gewesen, die seit 2008 so markant unsere Welt umrundet, aber auch uns alle individuell erreicht haben.

Die Session im "Kopfbahnhof" (Foto: Franz Sattler)

Wie zu zeigen war, haben wir uns nicht mit Schönredereien befaßt, sondern eine konkrete Verständigung über den Status quo sowie über mögliche Strategien angestrebt, wie nun voranzukommen ist. Ich habe im vorigen Beitrag [Tage der Reflexion] schon auf eine erste Serie von Tondokumenten hingewiesen, die Gelegenheit bieten, manche der Inputs noch einmal in Ruhe zu hören.

Ich hebe als prägnantes Beispiel jene Passage aus dem Abend mit Michael Narodoslawsky (Institut für Prozess- und Partikeltechnik, TU Graz) hervor, in welcher er bei der Frage „Was bewegt die Menschen, etwas zu tun?“ unmißverständlich betonte „Leidensdruck hat noch nie was geändert“, denn „Angst ist ein ganz schlechter Ratgeber“: [link]

Die Sattler'sche "Kanon-Maschine": Wie viel Kontrast und Reichweite hält unsere Wahrnehmung aus?

Wir haben also in diesem April-Festival Grundlagen der Regionalentwicklung debattiert, Fragen des sozialen Engagements, aber auch Fragen der Kunst und ihrer Bedingungen. Dabei wurde mehr als deutlich, daß derzeit keine sehr klaren Vorstellungen kursieren, was Kunstschaffende eigentlich seien, ob das ein Beruf sein könne, falls ja, welche Zusammenhänge dabei wirksam wären.

Solchen Überlegungen wird etwa demnächst die Reihe „kunst der kulturpolitik“ von der IG Kultur Steiermark anschneiden. Dabei will ich in meinem Beitrag einige dieser Fragen zur Debatte stellen; siehe: [link] Mir geht es in der Sache schon eine Weile darum, eine Vielfalt der Lebenskonzepte herauszustreichen, wonach es keinen Sinn macht, die Diskurse auf „Wir Künstlerinnen und Künstler“ zu reduzieren. Da besteht längst aktueller Klärungsbedarf.

Wie viele Lebenskonzepte finden wir auf etwa fünf Laufmetern Boden im Zugang zu einer Ausstellung? (Foto: Franz Sattler)

Daran knüpft noch eine andere Überlegung, die ich eben in meinem Logbuch präzisiert habe: „Eine Sache um ihrer selbst willen gut zu machen, im gesamten Ereignisfeld zwischen materiellen und immateriellen Möglichkeiten. Das scheint eine Grundlage zu sein, auf der wir vorankommen, wenn wir klären möchten, was es mit Würde auf sich haben mag…“ [Quelle]

Das handelt in Summe auch von Überlegungen, die ich schon mehrfach mit der Gleisdorfer Pädagogin Adelheid Berger angestellt hab. Wir sind dabei einmal beim „Prinzip aber/und“ angekommen, für das in allerhand Fällen sehr viel mehr spricht als für das „Prinzip entweder/oder“. Aktuell reagierte sie nun auf den Themenaspekt „Vielfalt von Lebenskonzepten“.

Wenn wir in einer Demokratie eine pluralistische Gesellschaft für unverzichtbar halten, wenn wir überdies an Vorstellungen von Würde festhalten wollen, dann bleibt einiges an Fragen offen, wie wir eine Praxis der Kontrastes realisieren möchten, in der nicht stets Hierarchien gebaut werden, wo ein Konzept das andere übersteuert. Ich denke, da zeichnet sich eine neue Themenstellung ab…

— [April-Festival 2012] —