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Debatte tut Not

Wir haben bei „kunst ost“ nun eine klare Ausrichtung auf die zeitgleiche Bearbeitung zweier verschiedener Ebenen. Repräsentation und Reflexion werden betont. Das bedeutet, die Ausstellungstätigkeit bleibt wohl wichtig, soll aber nicht im ursprünglichen Umfang forciert werden. Die Botschaft „Möglichst viele regionale Kunstschaffende in einer Ausstellung“ ist eine inhaltliche Nullbotschaft.

Themenbezug, Konzentration, aber auch die konkrete Interaktion der Beteiligten, also die wechselseitige Anregung, sind wichtig. Das dürfte dann auch zu qualitativ ganz anderen Veranstaltungen führen, die überdies eine kultur- und regionalpolitische Relevanz haben. Das kam bei unserem letzten Plenum einmal mehr auf den Punkt: [link]

Unsere Kooperation mit Kunstsammler Erich Wolf weist auch in diese Richtung. Da geht es einerseits um Gegenwartskunst auf der Höhe der Zeit und mit internationaler Relevanz, da geht es andererseits um Fragen, wie sich genau das angemessen mit regionalen Agenda verknüpfen läßt. Kulturreferate, die immer nur machen, was sie immer schon gemacht haben, würde die Rolle von Kunst und die Aufgaben der Kulturschaffenden einerseits völlig unterschätzen, sie blieben andrerseits relevante Beiträge schuldig, in den aktuellen Umbrüchen der gesamten Gesellschaft zukunftsweisend zu agieren. Die Übersicht: [link]

Kunstsammler Erich Wolf

Kunstsammler Erich Wolf hat übrigens eben erst den renommierten Preis „maecenas“ erhalten, mit dem sein Engagement als Unternehmer für die Kunst gewürdigt wurde. Das bedeutet in Summe, die Aktivitäten von „kunst ost“ verknüpfen sehr unterschiedliche Referenzsysteme. Eine Gesamtsituation, in der es uns passabel gelingen sollte, in der krisenhaften Situation neue Perspektiven zu gewinnen.

Einer unserer Bezugspunkte ist das Thema Frauen und Technik. Ich hab hier vor einigen Tagen eine Publikation erwähnt, die Gerlinde Knaus diesem Thema gewidmet hat: „Pionierinnen” (Die fabelhafte Welt der Frauen in der Technik, Band 2) [link] Diese Publikation (mit einem Mirjana Peitler-Selakov-Feature) ist nun auch also kostenloser Download im PDF-Formamat verfügbar. Die Datei hat etwa 3,8 MB: [link]

Diese Publikation berührt allein durch ihre Existenz auch die Frage, wo und wie wir für uns Deutungshoheit in Anspruch nehmen. Der erschütternd geringe Anteil von Frauen in der Technik hat einiges mit Definitionsmacht zu tun, über die Frauen ganz generell einschlägige Kompetenzen oft abgesprochen werden. Daß dem widersprochen werden muß, ist klar.

Im Kulturbetrieb haben wir vergleichbare Probleme. Aber leider dominiert da, daß wir Deutungshoheit gerne anderen überlassen und uns wundern, wenn nicht nach unseren Erwartungen verfahren wird. Das brisanteste Beispiel ist momentan sicher die Debatte rund um das Grazer Künstlerhaus.

Letzten Sommer gab es eine Aussendung der IG Kultur Steiermark (Thu Jul 28 14:27:26 CEST 2011) zur dieser Debatte. Darin wurde aufgerufen: „Rettet das Künstlerinnenhaus“, was von einem gleichlautenden Transparent an der Hauswand unterstrichen wurde. Besonders rührend die Nachricht: „Während der Enquete plazierte eine unbekannte Gruppe von Künstler_innen ein Transparent mit dem Text ‚Rettet das Künstlerinnenhaus’ an die Hausfassade.“ [link]

Allerdings erfahren wir nicht genau, wovor das Künstlerhaus gerettet werden solle. Ein sich hartnäckig haltendes Gerücht besagt: vor Joanneum-Boss Peter Pakesch. Doch der ließ längst verlauten, er müsse dieses Haus nicht haben. Worin besteht also der Rettungsbedarf? Wir wissen es nicht so genau. Und wir wissen auch nicht so genau, wer diese Ansicht vertritt. Eine „eine unbekannte Gruppe von Künstler_innen“? So schaut’s aus.

Ein derzeitiger Dauerbrenner dieses öffentlichen Diskurses der IG Kulur ist die Meldung „Die Webseite www.kuenstlerInnenhaus-graz.at wird demnächst erweitert.“ Zuerst war die Webadresse mit einem Standbild versehen. Dann produzierte sie nur Fehlermeldungen. Inzwischen ist erkennbar eine Datenbank aktiviert. Aber die Startseite generiert seit nun gut einer Woche nur die Nachricht: „Not Found / Apologies, but no results were found for the requested archive. Perhaps searching will help find a related post.“


Damit haben wir die lustige Situation, daß ein Personenkreis, dem es nun seit geraumer Zeit nicht einmal geling, seine kritischen Diskurs zur Sache zu organisieren, das Künstlerhaus zur Selbstverwaltung überlassen haben möchte. Das wirkt wenig vielversprechend.

Amüsanterweise findet auch seit Tagen niemand etwas daran, daß sich im Impressum nur die Notiz „bla bla“ befindet, was im Volksmund eine „aufgelegte Wuchtel“ genannt wird, die man im Vorbeigehen nicht liegen lassen kann, sondern kicken muß. Bla. Bla. Und?

Was in der Sache bisher an Positionen und Optionen veröffentlicht wurde, dürfte hier überwiegend zusammengefaßt sein: [link] Bis Ende des Jahres soll der Landeskulturbeirat über bisher eingegangene Konzepte befunden haben.

Prioritäten prüfen

Die Frage nach dem Rang Kultur- und Kunstschaffender

Diesmal ein sehr kleines Plenum mit der Arbeit an großen Vorhaben. Wir hatten uns in der Nachbarregion („Vulkanland“) getroffen, auf Schloß Hainfeld. Beim vorangegangenen Plenartreffen [link] waren schon einige Punkte deutlich geworden, die nun greifbarer gemacht werden müssen. Der Hintergrund all dessen ist heuer kontrastreich.

Zusammenfassend läßt sich sagen: Nun ist rund ein Jahr vergangen, seit die Konsequenzen mehrjähriger Krisenentwicklungen, national und international, ganz konkret und hart zur Basis regionaler Kulturschaffender durchgeschlagen haben.

Irmgard Hierzer (links) und Irmgard Eixelberger

Ende Oktober 2010 war klar, daß sich die Kommunen von uns zurückziehen, um sich mit allenfalls verbleibenden Kulturbudgets um ihre „hauseigenen“ Einrichtungen zu kümmern. Allein die Stadt Gleisdorf hat ihr Kulturbudget in zwei Jahresschritten (2010/2011) um 75 Prozent reduziert. Genau! Es blieb bloß noch ein Viertel übrig. Was das auf viele kleine Gemeinden umgelegt bedeutet, ist klar: Null Prozent Rest.

Inzwischen wurde sogar der Ausstellungsbetrieb im Gleisdorfer „Museum im Rathaus“ eingestellt und dieser wichtige wie zentrale Veranstaltungsort bleibt ab nun weitgehend privater Initiative überlassen. So schaut’s aus, punktum. Es gab keinen Moment, wo etwa das Kulturreferat bekanntermaßen engagierte Leute an einen Tisch gebeten hätte, so im Sinne von: „Wir sollten über den Status quo reden“.

Also kein kulturpolitischer Diskurs. Also minus 75 Prozent. Also keine Gespräche. So ist es gekommen. Wird es so bleiben? Zum Glück nicht ganz. Das war alles sehr anregend. (Ironie!) Die Politik beginnt nun doch noch, auf unser Bestreben zu reagieren. Worum geht es aber insgesamt?

Schloß Hainfeld war ja gerade erst unser Treffpunkt, um den Themenbrocken „Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ in unsere Praxis herüberzuführen: [link] Siehe dazu auch die Notiz: [link] Das ist einer der Themenschwerpunkte im aktuellen Konzentrationsprozeß.

Gerhard Flekatsch

Ein anderer Aspekt betrifft die Frage nach dem Rang Kultur- und Kunstschaffender innerhalb der Regionalentwicklung. Da haben die Kommunen der „Energie-Region“ gerade einen anspruchsvollen Prozeß gestartet, der unter dem Aspekt von „BürgerInnenbeteiligung“ in die nächsten Jahre hinein wachsen soll. „Vision 2050“ ist für uns auf jeden Fall ein Anlaß, um zu demonstrieren, was kulturelle Kompetenzen in einer regionalen Gesellschaft sind und bedeuten.

Wir haben beim aktuellen Plenum erörtert und beschlossen, dem eine Serie von Arbeitstreffen folgen zu lassen. Die Themen-Website dazu gib schon einen Überblick, was in der Sache bisher zur Diskussion stand: [link] Nun wird „kunst ost“ seine Rolle in diesem Prozeß noch präzisieren.

Das bedeutet, wir bemühen uns, klarer erkennbar zu machen, daß zwar die künstlerische Praxis selbst kein soziales oder politisches Werkzeug ist und daß unsere künstlerische Arbeit sich selbst verpflichtet bleiben sollte, daß aber Kompetenzen, die wir aus der Befassung mit Kunst beziehen, im Gemeinwesen wichtig sind.

Wir haben außerdem erörtert, wo ein kulturpolitischer Diskurs ansetzen kann, da uns die letzten zwei Jahre mehr als deutlich gezeigt haben: Es gibt in den Kommunen der Region keinen breiten Konsens, sich für eine zeitgemäße Kulturpolitik zu engagieren, weil es darüber keine ausreichende Sachkenntnis gibt.

Landeszentren haben es da leichter, weil da historisch gewachsene Milieus bestehen, deren kulturelle Ansprüche und deren Kulturverständnis die Basis eines kulturellen Klimas ergeben, von dem die „Provinz“ keine Spur zeigt. Gut, es ist eben so und da bleiben momentan nur wir Kulturschaffende, die sich dem widmen mögen. Das heißt auch, Graz hat alle Vorteile materieller und immaterieller Art gegenüber der restlichen Steiermark, eine angemessene Wechselwirkung in der Frage findet kaum, eigentlich eher nicht statt.

Kernpunkt: Wenn wir den Leuten in Politik und Verwaltung klar machen möchten, warum es uns geben soll und warum Kommunen in den Kulturbereich investieren müssen, sollten wir das erst einmal uns selbst klar machen.

Dazu gehören auch Fragen nach Vermittlungsarbeit und Präsentation. Wir kennen die Falle. Alle Welt flötet: „Quoten sagen doch nichts aus.“ Aber unterm Strich fragt die Politik: „Wie viele Besucherinnen und Besucher waren da?“ Die konventionelle Verwertungslogik dominiert. Wir sind dem bisheute noch nie ausreichend streitbar entgegengetreten. Wir ließen es bisher an klaren Argumenten fehlen.

Wenn wir das nicht aufbrechen, wird es niemand sonst tun. Also haben wir auch uns selbst zu fragen: Warum soll es Ausstellungen geben? Welchen Sinn und welchen Stellenwert hat Präsentation? Wie viel davon sollte allenfalls zugunsten anderer Aktivitäten zurückgenommen werden?

Wir waren uns freilich einig: Das soll es weiter geben. Wir werden uns auch zukünftig über diesen Weg an eine Öffentlichkeit wenden, ein Publikum suchen. Doch insgesamt muß das Repertoire verschiedener Kulturveranstaltungen überdacht werden. Auf eine Kommunikation mit einem Publikum werden wir nicht verzichten. Aber es geht auch noch um ganz andere Settings und ganz andere Aufgabenstellungen.

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov mit Unternehmer Andreas Kindermann (Mitte) und Tierarzt Karl Bauer

Das kommende Aprilfestival bleibt natürlich auf der Checkliste: [link] Es wird allerdings konzeptionell gründlich zu überarbeiten sein. Unser „FrauenMonat“ bleibt auch auf dem Programm. Da hat Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov aus dem letzten Sommer heraus offenkundig mehrere Durchbrüche geschafft. Siehe dazu auch die Notiz „Frauen, Technik, Kunst“: [link]

Für den Herbst 2012 ist ohnehin schon länger eines von zwei Symposien fixiert, mit dem wir auf die Ebene eines internationalen Kunstdiskurses gehen. Der kommende Herbst ist dem Thema „regionalität und realität // globalität und virtualität“ gewidmet; siehe: [link]

Wir sind also gerüstet, die Positionen Kulturschaffender jenseits des Landeszentrums neu zu besetzen und zu begründen.

Frauen, Technik, Kunst

Wir haben heuer einen Fokus auf Frauen und Technik gesetzt. Wir? Genauer: Mirjana Peitler-Selakov, unsere Kuratorin für Schwerpunkt-Projekte. Das Kürzel „FMTechnik!“ steht für „Frauen, Macht und Technik“. Dem war diesen Sommer auch der „FrauenMonat“ von „kunst ost“ gewidmet: [link]

Eine Publikation von Gerlinde Knaus

Ein Auftakt. Die Konsequenzen sind überraschend. Peitler-Selakov hat inzwischen in dieser Sache verschiedene Linien weiter verfolgt und die Grundlagen für ein „FMTech_Lab“ erarbeitet: „Die Allgegenwärtigkeit von Technik in unserem Alltag ist ein weiterer Grund, sich stärker in technischen Berufen zu engagieren. Frauen nutzen Technik ebenso wie Männer, wirken an ihrer Gestaltung aber immer noch zu wenig mit. Hier liegt für Mädchen und junge Frauen ein breites Potential, das bisher ungenutzt bleibt.“

Das wird sich zum Teil ebenso hier in der „Energie-Region“ entfalten. Über Verfahrensweisen, in denen auch Strategien der Kunst genutzt werden beziehungsweise Künstlerinnen mit ihren Kompetenzen Beiträge erarbeiten.

Mirjana Peitler-Selakov, ein Feature

Darin stecken überdies Möglichkeiten, unsere Optionen für den Entwicklungsprozeß „Vision 2050“ [link] zu bereichern. Wenn wir heute Grundlagen für zukünftige Lebensbedingungen mitgestalten möchten, ist das ein höchst relevantes Teilthema.

Dieser Tage erschien außerdem eine Publikation, die Gerlinde Knaus herausgegeben hat: „Pionierinnen“ (Die fabelhafte Welt der Frauen in der Technik, Band 2). Der Titel erklärt hinreichend, worum es geht. Unter den Beiträgen ist auch ein Feature, das Mirjana Peitler-Selakov und ihre Zugänge zu diesen Belangen nachvollziehbar macht.

Das Buch ist für Euro 16,50 im Buchhandel oder direkt bei Knaus’ www.mussekunst.com erhältlich. Sie können es aber auch als kostenlosen Download im PDF-Formamat erhalten. Die Datei hat etwa 3,8 MB: [link]

Einen interessanten Denkanstoß zu derlei Zusammenhängen bot übrigens Andrea B. Braidt, die Vizerektorin für Kunst und Forschung an der Akademie der bildenden Künste in Wien, bei einem Interview, das am 1. Dezember 2011 im „Standard“ erschien. Kunst und Forschung als zwei Seiten einer Medaille namens „Wissen“, das ist ein klarer Hinweis darauf, daß künstlerische Praktiken beim Wissenserwerb hohen Rang haben.

Vizerektorin Andrea B. Braidt in "Der Standard"

eine kleine zusammenfassung

seit geraumer zeit loten wir die themenstellung „zwischen landwirtschaft und high tech“ aus. dieses unser generalthema ist auf die oststeiermark gesamt bezogen, aber auch auf die „energie-region weiz-gleisdorf“ angewandt.

das bedeutet, wir bearbeiten diese themen mit künstlerischen, kulturellen und sozialgeschichtlichen beiträgen. daraus haben sich zwei hauptthemen ergeben:
+) agrarische welt
+) frauen und technik

unser fokus liegt natürlich auf gegenwartskunst. um dieses thema zu stärken, befassen wir uns auch mit beiträgen im bereich der voluntary arts.

grübeln für die kunst. von links: kulturwissenschafter günther marchner, jazz-promotor franz maunz und künstler gerhard flekatsch

+) tage der agrarische welt / schlüsselperson: karl bauer
das wird gerade zu einer veranstaltungsreihe verdichtet, es hat sich dazu auch schon a) eine laborgruppe formiert und b) fotograf christian strassegger den ansatz einer „location crew“ erarbeitet. [link]

+) frauen, macht und technik / schlüsselperson: mirjana peitler-selakov
dieser bereich hat sich aus dem „frauenmonat“ von „kunst ost“ heraus entwickelt. mirjana peitler-selakov hat die programmatische arbeit daran fortgeführt und wir haben auch schon eine konkrete kooperation mit einem der großen betriebe in der region erreicht. [link]

das unternehmer-ehepaar jaqueline und tino pölzer hat uns eben zu einer weiteren station in seinem betrieb eingeladen

+) close to nature / schlüsselperson: mirjana peitler-selakov
eine komplementäre struktur zu den oben genannten hauptlinien ist der gegenwartskunst gewidmet. dabei liegt hier der fokus auf arbeiten, die sich dann hauptsächlich in freier natur zeigen. [link]

+) schwerpunkt gegenwartskunst / schlüsselperson: martin krusche
eine kooperation mit dem kunstsammler erich wolf soll über einen zeitraum von fünf jahren die grundlage für ein regionales „kompetenzzentrum gegenwartskunst“ schaffen, das auf internationalen rang abzielt. zu diesem prozeß gehören fachtagungen, symposien und andere vorhaben, die uns diesem ziel näherbringen. das thema für unser erstes symposion im herbst 2012 steht fest: „regionalität und realität // globalität und virtualität“. [link]

+) kulturspange / schlüsselperson: martin krusche
wir haben heuer die basis einer kooperation kunst- und kulturschaffender eingerichtet, mit der wir eine „kulturspange“ quer durch das bundesland realisieren und auch vereinzelt über nationale grenzen hinaus erweitern möchten. [link]

filmfestival "diagonale": brigitte bidovec (links) und barbara pichler

+) april-festival
wir arbeiten schon eine weile an der themenstellung für april 2012: „leben: die praxis der zuversicht“. dieses vorhaben wird sich etwas konzentrierter und von der dimension her kleiner ausfallen als vorherige april-festivals. wir setzen dabei auf eine verfeinerte themenbearbeitung. [link]

+) filmkunst
während die kooperation mit kunstsammler erich wolf schon richtung praxis gediehen ist, hat unsere kooperation mit dem filmfestival „diagonale“ noch den status der entwicklungsarbeit.  das festival steht ja in seiner konzeption und wirkung für sich. was wir nun bearbeiten, ist die frage nach sinnvollen komplementär-schritten, die a) quer durchs ganze jahr angelegt sind und b) jenseits von graz wirkung zeigen: [link]

warum wir?

ich hab vorhin in „modalitäten und rahmenbedingungen“ erwähnt: „wichtig ist auch für das kulturelle engagement in der region, daß wir konzepte schaffen, die regionale betriebe bewegen, unsere aktivitäten mitzutragen.“ [link]

das ist einer der härtesten brocken, denn herkömmliche ideen von sponsoring lassen sich auf operettenabende und kammermusik anwenden, auf lesungen, die mit prominenten schauspielern besetzt sind und auf so manches theaterprojekt konventioneller art, auch auf den charity-bereich. herkömmliches sponsoring hat vor allem repräsentationsaufgaben.

kulturelle aufbauarbeit, wie wir sie leisten, und gegenwartskunst als beitrag dazu sind dafür auf anhieb nicht geeignet. damit meine ich, sie sind zur repräsentation nicht geeignet. sie wären ja ihrerseits eher das ziel von finanzierungen durch charity- und sponsoring-aktivitäten. sie können also nicht zugleich deren repräsentatives trägersystem sein.

das besagt auch: wo gegenwartskunst schon erheblichen rang und zum teil auch marktwert hat, sind eben markt, sammler und andere instanzen präsent, um in diesen bereich zu investieren. doch quasi das VORFELD solcher kunstbereiche, aus dem dann einzelne kunstschaffende mit jener reputation und auch jenem gehobenen marktwert hervorgehen werden, ist eine deutlich unterfinanzierte zone.

das kompensieren freilich auch keine lokalen geschäftsleute vor ort. sie sind über herkömmliche kulturelle aktivitäten nicht zu bewegen, nennenswerte beträge in ein kulturprojekt zu investieren.

eben diese geschäftsleute schätzen teilweise traditionelle kulturangebote, wie sie in den landeszentren oder an festspielorten angeboten werden. dank umfassender mobilität sind diese veranstaltungen beliebig erreichbar, was also kein mangelgefühl aufkommen ließe, wenn am eigenen wohnort das kulturgeschehen etwa auf ein level der 1970er-jahre zurückgefahren würde.

ich meine, es würde vorerst keine heftigen reaktionen geben, wenn sich die entwicklung von rund 30 jahren des heimischen kulturgeschehens plötzlich ungeschehen machen ließe.

kurioser weise würden die selben leute, die den status quo unter kulturschaffenden für überflüssg halten, händeringend zwar, aber mit aufgestickten ärmeln millionenbeträge in genau die „ergänzenenden“ maßnahmen schaufeln, mit denen sie jene stagnation und den rasenden kompetenzverlust dieser gesellschaft auszugleichen wünschen.

damit will ich ausdrücken: wir erleben eigentlich jetzt schon auf massive art, welche kompetenzmängel ein unterfinanzierter und teils auf repräsentation getrimmter kulturbetrieb zur folge hat. weil nämlich ein gesamtes kulturelles klima abkühlt und absackt, millionen von menschen dem boulevard und endlosem tv-konsum überläßt, was ja ganz offensichtlich nicht sehr inspirierend wirkt.

in all dem liegt einige brisanz, die wir in eine kulturpolitische debatte zu übersetzen haben. denn hier, in unserem metier, bei uns kunst- und kulturschaffenden, liegen etliche der kompetenzen, die dem etablierten betrieb offensichtlich abgehen. das hat mir allein schon der heurige programmschwerpunkt „frauen, macht & technik“ [link] gezeigt, mit dem wir erstaunlich offene türen fanden.

quelle: kronenzeitung vom 18. juli 2011

was lese ich nun kurz vor unserere letzten veranstaltung in der heurigen serie zu diesem thema? dem land fehlen rund 2.000 facharbeitskräfte und seitens der wirtschaft werde gewünscht, daß sich mehr frauen in berufen qualifizieren würden, die bisher eher nur von männern gewählt wurden.

es zeigt sich also, was wir als kulturinitiative gerade machen, korrespondiert mit wachsenden debatten über akute defizite in unserer gesellschaft. freilich ist die kunst nicht dazu da, solche probleme zu lösen. doch der kulturbereich gesamt ist ein „möglichkeitsraum“, um solche angelegenheiten zu thematisieren und zu bearbeiten.

damit möchte ich sagen: die kunst ist immer noch die kunst. sie hat keine anderen aufgaben, als das zu sein. soziale aufgabenstellungen müssen wir schon mit anderen mitteln anpacken. kunst ist kein soziales „reparatur-set“.

aber als KULTURschaffende sind wir gut gerüstet, soziale frage- und aufgabenstellungen zu bewältigen. dabei wiederum sind die komplexen erfahrungen aus der befassung mit kunst sehr fruchtbar. so hängt das zusammen. und darum WIR. darum wird es nicht möglich sein, unsere beträge zur entwicklung des gemeinwesens zu ignorieren.

zum ersten halbjahr

ich habe mich sehr darüber gefreut, was künstlerin ulla rauter uns zum auftakt des „frauenmonats“ gezeigt hat. diese feinen und raffinierten arbeiten bieten einige vorstellungen, was gegenwartskunst bedeutet und welche verfahrensweisen da genutzt werden.

medienkünstlerin ulla rauter (links) trasformiert bewegungen, visuelles und hörbares wechselseitig in neu erfahrbares

ähnlich wie in der philosophie werden aspekte, einzelne details, sehr genau auf ihre bedeutungen hin ausgelotet und in ihrer wirkung auf uns überprüft. da ist ein forschen teil des prozesses, mit dem die künstlerin ihre ergebnisse realisiert. solche ergebnisse sind nicht konsumierbar wie ein „schönes bild“. das folgt keinen anderen zwecken als den gewählten fragen- und aufgabenstellungen im künstlerischen zusammenhang.

man muß sich also auf die fragestellungen einlassen, die so einem werk zugrunde liegen. aber freilich ergibt das auch ästhetische qualitäten, die ohne rationalen diskurs erfahrbar sind. das heißt, die wahrnehmungserfahrungen können auch umgelkehrt angewandt werden, um die fragen aufztustöbern, die einem vorliegenden werk zugrunde liegen. ich hab auf der projekt-website nun auch eine doku-page aufgemacht, wo der rückblick auf den „frauenmonat“ gebündelt wird, so auch auf rauters arbeiten: [link]

moreau (2.v.l.) live in weng: wie hängen die dinge also genau zusammen?

mein weg nach weng [link] hat eine fülle von anregungen gebracht. das nimmt auch einfluß auf meine kulturpolitischen optionen. es dominieren im land offenbar immer noch menschen, die das für politik halten, was politische funktionärskreise produzieren. ich halte dagegen für politk, was aus dem wechselspiel zwischen diesen ebenen, der wirtschaft und verschiedenen bereichen der zivilgesellschaft als politik entsteht. siehe dazu den eintrag #356 und eintrag #357 im projekt-logbuch.

franz maunz vom kulturdachverband „r*e*x“ ist diesbezüglich an einer präzisierung der möglichkeiten interessiert. wir haben eine längerfristige kooperation ins auge gefaßt.

johanna klostermann von der technischen universität graz: "die vorbilder sind maßgeblich, damit junge frauen sich in technik und wissenschaft etwas vorstellen können."

die fachtagung zum thema frauen, macht & technik wurde zu einem vielversprechenden auftakt, um einen unserer inhaltlichen teilbereiche auszuloten und mit anderen kompetenzbereichen zu verknüpfen. hier eine kleine reflexion über diesen auftakt, dem mit sicherheit weiterführende schritte folgen werden: [link]

karl bauer: "es ist den menschen noch viel zu wenig klar, worin sich bäuerliche und industrielle landwirtschaft unterscheiden."

unser basiskonzept für die „tage der agrarischen welt“ ist nun auch so weit fertig und rund, daß karl bauer, unser sachpromnotor in diesem bereich, uns für startklar hält. damit ist der bogen „zwischen landwirtschaft und high tech“ aktuell mit inhalten belegt.

fußnote:
ich bin nun bei „info graz“ von heinz rüdisser als kolumnist an bord gegangen. ein weiterer bezugspunkt, um für „kunst ost“ sichtbarkeit im landeszentrum herzustellen.  im augenblick ist da von mir gerade eine kleine friedhofs-story online gegangen: [link]

ulla rauter ordiniert

die penible arbeit an den wänden sieht man erst im dunkeln, wenn die schwarzlichtlampe aufgedreht wird. medienkünstlerin ulla rauter werkt zur zeit am und im raum, welcher ereignisort und ereignisoberfläche wird, in der gleisdorfer „popcorner-passage“.

ulla rauter on location: die farbe auf der weißen wand ist bei tageslicht nicht sichtbar

fotograph christian strassegger bewährt sich in der alpinistischen passage. wir hatten im vergangenen jahr fröhliche (und auch irritierende) momente, als in der allzweckhalle von urscha/labuch die ausstellung mit der arbeit von jelena juresa aufzubauen gewesen ist: „what it feels like for a girl“ [link]

christian strassegger würde vermutlich auch badehosen und taucherbrille mitbringen, wenn wir einmal eine geflutetes schwimmbecken zu bespielen hätten

kleiner einschub: der „frauenmonat“ von „kunst ost“ bedeutet, wir setzen einen fokus auf frauenleben. das bedeutet NICHT, hier sei eine veranstaltuzngsreihe nur an frauen adressiert. sie können sich vielleicht vorstellen, welche kuriose situation das in urscha/labuch war, als wir mitten in das revier von oststeirischen eisschützen einer portrait-serie geschundener und mißhandelter frauen gesetzt haben: [link]

ich habe freilich manchmal zweifel an dieser anstrengung, kunstwerke an plätzen zu zeigen, die nicht für die präsentation von kunstwerken gemacht sind. dabei trifft mich nur ein bruchteil dieser anstrengung. die meiste mühe hat kuratorin mirjana peitler-selakov zu bewältigen, um a) eine jeweils halbwegs adäquate raumsitution zu finden und b) mit der kunstschaffenden dann eine zufriedenstellende umsetzung der ausstellung zu erarbeiten.

ulla rauter und mirjana peitler-selakov in der „popcorner-passage“

die allgemeinen zugänge zur kunst sind ein noch junges gesellschaftliches phänomen. also haben wir keineswegs die situation, daß eine befassung mit kunst ebenso selbstverständlich als persönlicher gewinn bewertet wird, wie andere bildungs- und erfahrungsmöglichkeiten.

wenn man nun einrechnet, daß zur zeit in einem der teuersten bildungssysteme europas nicht einmal ein allgemein gewünschter bildungsstandard zustande kommt, sind präsenzprobleme der leute aus der kunst sehr einleuchtend.

indem wir beharrlich abseits des landeszentrums an orten, die genau NICHT der kunst gewidmet sind, die präsenz mit kunst zu halten versuchen, bemühen wir uns als kulturinitiative um ein stück kulturellen bodens, der gerade im moment enorm von austrocknung bedroht ist.

— [frauenmonat 2011: FMTechnik!] —
— [ulla rauter] —

frauenmonat: aufbau

künstlerin ulla rauter bei der aufbauarbeit in der „popcorner-passage“ von gleisdorf. wir haben dort ein leerstehendes geschäftslokal gemietet, um im zentrum der stadt einen teil des „frauenmonats“ von „kunst ost“ zu realisieren.

beginn der tausend handgriffe: künstlerin ulla rauter vor ort

diese tausend handgriffe, um in eine komplexe themenstellung hineinzugelangen. dieses völlig andere bezugssystem der kunst, um einen stand der dinge erfahrbar zu machen. „FMTechnik!“ fokussiert auf die zusammenhänge von frauen, macht und technik. dazu hat kuratorin mirjana peitler-selakov die kleine veranstaltungsreihe in die reale wirtschaftswelt verzweigt, hat ein stück meta-ebene und diskurs einbezogen, schließlich mehrere passagen durch zonen der kunst gelegt.

künstler christian strassegger und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

dieses changieren zwischen alltagspraxis, theorie und kunst ergibt nach unserer erfahrung sehr interessante möglichkeiten, komplexe themen transparenter und greifbar zu machen. das handelt im gesamten jahresverlauf auch von querverbindungen zum „kuratorium für triviale mythen“: [link]

– [frauenmonat 2011: FMTechnik!] –
– [ulla rauter] –

zu den frühen akteuren des kuratoriums gehört norbert gall, brand manager von abarth österreich: [link] während rauter im abgedunkelten geschäftsraum erste anordnungen für ihre kommende ausstellung festlegte, landete gall in gleisdorf.

ich habe in ihm ein sachkundiges gegenüber zur erörterung gegenwärtiger zustände jener mobilitätsgeschichte, die in der ersten hälfte des 19. jahrhunderts bemerkenswerte kontroversen zeigte, die zwischen schiene und straße polarisierten; da gab es noch gar keine automobile im heutigen sinn.

norbert gall ist profunder kenner vor allem der entwicklungen in der zweiten hälfte des 20. jahrhunderts: [link] als manager der zum haus fiat gehörenden sportwagen-marke abarth habe ich in ihm freilich auch einen sachkundigen diskussionspartner, was gegenwärtige entwicklungen angeht.

frauenmonat von „kunst ost“

nach dem „april-festival“ nun ein weiterer programm-fixpunkt im jahreslauf: der „frauenmonat“. kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov hat mit dem schwerpunkt „FMTechnik!“ das thema „frauen, macht und technik“ ins blickfeld der heurigen aktivitäten gerückt. die generelle inhaltliche arbeit zu diesem thema verknüpft peitler-selakov mit einem speziellen künstlerischen beitrag.

künstlerin ulla rauter (links) und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

lokalaugenschein. projektbesprechung. künstlerin ulla rauter [link] besuchte gleisdorf. wir haben einen raum in einer passage im stadtzentrum zur verfügung; beim „popcorner“: [link] … eine immobilie von horst lesser: [link]

damit gehen wir einmal mehr mit beiträgen der gegenwartskunst in räume des alltagslebens der stadt. rauter wird aktuelle werke zeigen, aber auch direkt vor ort etwas erarbeiten.

"glissando" von ulla rauter

die künstlerin wird in wien von konzett vertreten: [link] ihre subtilen arbeiten sind anlaß, auch die aktuelle mediensituation zu reflektieren. die vernissage zur ausstellung von ulla rauter ist mit einer speziellen performance für dienstag, den 5. juli 2011, angesetzt. kurz darauf, am 8. juli, wird eine fachtagung im „service center“ der stadt gleisdorf (rathausplatz 3) realisiert.

die frauenbeauftrage von gleisdorf, vizebürgermeisterin christa lang, trägt das vorhaben mit. bei dieser tagung werden versierte frauen von verschiedenen einrichtungen das thema in bezug auf ihren fachbereich referieren. „ams“, „institut für soziologie“, „FiT – frauen in der technik steiermark“ … es wird ein interessanter querschnitt präsent sein.

einen speziellen aspekt von „frauen und technik“ wird von der grazer künstlerin eva ursprung [link] vorgetragen werden. ihre erfahrung mit elektronischer musik spielt dabei eine wesentliche rolle.

außerdem tagen unsere „talking communities“ wieder zum thema „was sagen kunstwerke?“ diesmal mit der gleisorfer künstlerin herta tinchon [link]

das „kuratorium für triviale mythen“ hat inzwischen auch auf das thema reagiert. hier eine erste notiz zum thema wie männlich ist die technik?.

— [frauenmonat: FMTechnik!] —

ein kurzer überblick

Die soziokulturelle Drehscheibe „kunst ost“ verknüpft verschiedene soziale und kulturelle Agenda mit Optionen der Gegenwartskunst, wobei wir aus unserer langjährigen Erfahrung schöpfen, solche Vorhaben jenseits des Landeszentrums, in der sogenannten „Provinz“ zu realisieren. Dabei beziehen wir Kompetenzen aus der Praxis im Bereich eigenständiger Regionalentwicklung und haben auch auf dem Kunstfeld Zugänge entwickelt, die uns erlauben, für unseren Arbeitsbereich geltend zu machen: „Provinz war gestern!“

vorarbeiten für den schwerpunkt "frauen und technik": kulturmanagerin nina strassegger-tipl (links) und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov in albersdorf

Wir bemühen uns, das gesamte Geflecht an soziokulturellen und sozialgeschichtlichen zusammenhängen angemessen zu bearbeiten. Das bezieht sich in den großen Schwerpunkten auf unsere
+) Tage der agrarischen Welt
und den momentanen Fokus auf
+) Frauen und Technik
sowie verschiedene thematische Querverbindungen, die das
+) Kuratorium für triviale Mythen
bearbeitet, welches sich in den Kunstbereich verzweigt, aber stellenweise auch stark sachbezogen arbeitet. In diesen Zusammenhängen greifen wir momentan auch verstärkt das Thema
+) Mobilitätsgeschichte
auf.

christian strassegger (mitte) setze den heurigen auftakt zu "close to nature", was bernhard kober ("kuratorium für triviale mythen") mit einer aktion abrundete

Wir entwickeln unsere Projekte vor dem Hintergrund eines Themen-Horizonts, an dem zwei große Teil-Themen ineinander gehen, welche diesen Lebensraum, die „Energie-Region“, ausmachen:
+) die agrarische Welt
+) und die High Tech-Zonen.

Im Zentrum unserer Aufgaben steht die Befassung mit Gegenwartskunst und ihren Bedingungen. Die Bedingungen der Kunst sind über quasi benachbarte Genres berührbar:
+) die Alltagskultur
+) das Kunsthandwerk und
+) die Voluntary Arts,
… also jener sehr populäre Bereich, in dem sich interessierte Menschen außerberuflich mit künstlerischen Verfahrensweisen befassen.

Einige dieser Bereiche verknüpfen wir quer durch das Jahr mit künstlerischen Aktivitäten im Rahmen der Reihe „close to nature“. So fügt sich „kunst ost“ als Ganzes zu einem Gesamtvorhaben, in dem diese verschiedenen Themen- und Aufgabenstellungen in Theorie und Praxis verbunden werden.

[kuratorium für triviale mythen]
[Frauenmonat: FMTechnik!]
[april-festival 2012]
[close to nature]
[was ist kunst?]