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Sozialgeschichte & Alltagskultur: Das Puch-Buch

Das Puch-Buch
Einige Puch-Werke mit 9 Bastelbögen
Von Martin Krusche, Michael Toson & Jörg Vogeltanz
Ein Album, 36 Seiten, Euro 9,- (zuzügl. Versand)

Die Bezeichnung „Puch-Schammerl“ oder „Puch-Auto“, kurz „Pucherl“, ist auch jenen geläufig, die kein ausgeprägtes Interesse an Automobilen haben. Jene Generationen, die in den 1950er- und 60er-Jahren geboren wurden, haben diese Fahrzeuge noch im Alltag erlebt. Vor allem aber Fahrräder, Motorroller und Motorräder der Marken Steyr und Puch.

Techniker Michael Toson und der Boden einer Einzelanfertigung (Steyr-Puch 650 TR)

Massenmotorisierung und motorisierter Individualverkehr sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich geworden. Das Automobil war nicht nur Vehikel, sondern zugleich ein soziales Statement. Es drückte vor 50 Jahren die Teilhabe am kommenden Wohlstand aus.

Rund ein Jahrhundert lang waren österreichische Betriebe in der Fahrzeugentwicklung mehr als einmal international tonangebend. Neben den oben angedeuteten sozialgechichtlichen Aspekten sind in der Historie von Steyr, Austro Daimler und Puch auch einige bedeutende Kapitel der Technologiegeschichte festgeschrieben.

Gerade diese Mischung ist heute interessant. Die Verzahnung von Sozial- und Technologiegeschichte im Heraufdämmern völlig neuer Formen der Massenkultur, wie sich das ab 1933/34 vollzogen hat; in Prozessen, die bis heute andauern. Es ist eine Grundlage zum Verständnis des 20. Jahrhunderts, diese komplexe Gesamterscheinung des Themas wenigstens skizzenhaft zu verstehen.

Ein Einzelstück aus der Produktionsphase des Albums

Wir rollen das Thema im „Kuratorium für triviale Mythen“ von der Seite der Alltagskultur her auf. Wir vertiefen es aber auch für Momente in solide geschichtliche Betrachtungen und führen von da zurück zu den vergnügten Äußerungen einer (auto-) mobilen Massengesellschaft, die ihre daher rührenden Probleme noch weitgehend ignoriert.

Das „Puch-Buch“ (Krusche, Toson & Vogeltanz) ist einer von mehreren Beiträgen zu diesem Unterfangen, welches sich in verschiedene mediale Formen verzweigt. Neben der geschichtlichen Skizze bieten wir im Album neun Bastelbögen mit den wichtigsten Fahrzeugen der Steyr-Daimler-Puch AG (nach 1945) zur Betrachtung, aber auch, um die Fahrzeuge en miniature zu bauen.

Die Bastelbögen
• Der Prototyp PUCH U3
• Das erste Serienmodell PUCH 500
• Der renntaugliche PUCH 650 TR II
• Der Kombi PUCH 700 C
• Der Schlußakzent STEYR FIAT 126
• Der kleine Allrad-Star PUCH HAFLINGER
• Der große Haflinger-Nachfolger PUCH PINZGAUER 710 M
• Der Allrad-Evergreen PUCH G 300 GD
• Die Concept-Studie MAGNA MILA

Kontext
Ein Beitrag zum Thema Mobilitätsgeschichte
kunst ost, vision 2050: [link]

Weiterführend im Internet
• Kuratorium für triviale Mythen: [link]
• Puch: Eine Dokumentation: [link]
• Mobilitätsgeschichte im Plauderton: [link]
• Die Gefolgschaft des Ikarus (laufende Erzählung): [link]

Die „Vorpremiere“
• „Gehen, reiten, fahren“: [link]

— [Das Puch-Buch] —

Avantourismus: Die kommende Puch-Buch-Präsentation

Das April-Festival ist vorzüglich angelaufen: [link] Derweil ist allerhand Hintergrundarbeit fällig. Die Abrechnung von Projekten, neue Einreichungen wollen vorbereitet sein. Weitere Umsetzungsschritte sind fällig. Karlheinz Rathkolb, Hausherr des Grazer Puch-Museums, hält hier unser Album schon in Händen. Hinter ihm die Halle P, noch nicht öffentlich zugänglich. Das Museum ist eben in jene historische Halle übersiedelt, die noch zu Lebzeiten von Johann Puch gebaut wurde.

Karlheinz Rathkolb, Leiter des Grazer Johann Puch-Museums

Wir werden unser „Puch-Buch“ [link] mit der Historie und den Bastelbögen bedeutender Nachkriegsfahrzeuge dort am 10. Mai präsentieren. Damit hat das „kuratorium für triviale mythen“ bei kunst ost einen markanten Akzent zum Thema Mobilitätsgeschichte gesetzt.

Das große Thema behandeln wir auch am 14. April bei einer Station des April-Festivals in Weiz, wo ich in der Geschichte sehr viel weiter zurückgehen werde, um dann flott in die Gegenwart zu führen: [link]

Bernhard Kober mit unserem Album

Bernhard Kober, einer der ersten Akteure unseres Kuratoriums, bietet das Album derzeit im Gleisdorfer Fachgeschäft für Modellbau an: [link] … neben der kleinen Einführung in die Geschichte der Spielzeugautos: [link] Die Publikationen sind für je neun Euro erhältlich.

The Track: Strecken und Spuren

Künstlerische Praxis ist eine Praxis des symbolischen Denkens, ist ein Arbeiten mit Codes, ist ein Zuschreiben von Bedeutungen, ist ein Ausloten von Zusammenhängen und deren Deutung in Akten von Definitionsmacht. Klar? Klar! Ich mußte den Satz dann selber zwei mal lesen, um sicher zu gehen, daß er auf den Punkt kommt, den ich gerade vor Augen habe.

Winfried Lehmann (links) und Christian Strassegger südwärts im 1931er Triebwagen

Manche Sätze, Abschnitte, Seiten, ganze Texte muß ich öfter als zweimal lesen, um mir zugänglich zu machen, wovon sie handeln. In solchen Zugängen ist auch eine Landschaft für mich Text. Ich durchmesse Terrain gerne im Legen von Strecken, also im Gehen oder Fahren. Dabei erahne ich Spuren von getanen Taten und gelebtem Leben. Das ist eine Art des Erschließens von Geschichte.

Kürzlich machten wir eine kleine Strecke, auf der es sich ergab, daß wir unerwartet in einem 1931er Triebwagen saßen, mit dem wir etwa die Hälfte der Route absolviert haben. Das heißt, wir waren in ein Artefakt gepackt, das einer radikalen Ära entstammt, in der eine Mischung aus technologischen Veränderungen und Ideologie begann, das Antlitz der Welt zu ändern; in einem wörtlichen, physischen Sinn.

Ich denke, es sind uns heute weder die genauern Zusammenhänge präsent, noch die Kontinuität vor Augen, in der sich das vollzogen hat, in der sich das an uns manifestierte. Ich streue in polemischer Verkürzung einen Satz ein, an dem wir noch viel Arbeit haben werden: Die aktuelle Krisensituation ist vor allem auch eine Krise des Fordismus; genauer: Die umfassende Krise einer fordistischen Kultur.

Kleiner Einschub:
Der Begriff Fordismus wurde von Henry Ford und seinen unternehmerischen Konzepten hergeleitet: [link] Eva Kreisky faßt zusammen: „Merkmale eines fordistischen Systems sind Massenproduktion in der Kombination mit der Schaffung von Massenkaufkraft, bzw. -konsum, Vollbeschäftigung und Sozialstaat sowie eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Kapital und Arbeit in einer Industriegesellschaft. All dies ist vom Staat zu garantieren.“

Es ist demnach kein Zufall, daß ich im Teilprojekt The Track [link] das Motiv der Mobilität so zentral angeordnet habe und daß eines der dominanten Teilthemen in diesem Zusammenhang der Automobilismus ist, der in unserer Mobilitätsgeschichte so radikal auftaucht und wirkt wie zuletzt vermutlich die federleichten Streitwagen mit ihren revolutionären Speichenrädern, wie sie im zweiten Jahrtausend vor Christus von den Sumerern eingeführt wurden.

Auf unserer kleinen Reise zu Kathi Veliks „Kopfbahnhof“ in Bad Gleichenberg kam ein symbolträchtiges Ensemble zustande. Den 1931er Triebwagen habe ich schon erwähnt. Dazu kam Bildhauer Winfried Lehmann, der übrigens erwähnte, es säße nun seit rund 25 Jahren das erste Mal wieder in der Eisenbahn. Lehmann wurde 1934 geboren. Das ist exakt jenes gut beschreibbare Jahr, in dem der Fordismus sowie das gesamte Industriegeschehen in einer neuen Ära aufgingen, was sich auch kulturell enorm niederschlug.

Ich hab in „Die erste Fahrt“ [link] schon knapp skizziert, was die „Stromlininen-Ära“ bedeutet und durch welche amerikanischen Fahrzeuge sie erstmals für die breitere Wahrnehmung repräsentiert wurde: Der Eisenbahnzug Pioneer Zephyr und der Air Flow von Autoproduzent Chrysler. Siehe dazu auch meinen Logbuch-Eintrag #1817! [link]

Die Ära der "Silberpfeile": Der "P-Wagen" von Hitlers Hof-Ingenieur Ferdinand Porsche bei der Erprobung in Monza (Quelle: Allgemeine Automobilzeitung, Februar 1934)

Die für heutige Gewohnheiten auffallende Langsamkeit unserer Bahnfahrt auf dem letzten Abschnitt der Route stand im harten Kontrast zu jenem Beschleunigungskult, der sich mit den „Streamliners“ 1934 erstmals ganz massiv hervortat. 1934 ist auch das Jahr, in dem Auto Union und Mercedes-Benz neue Rennwagen vorstellten, die später als „Silberpfeile“ nicht bloß Motorsportgeschichte schreiben sollten, sondern auch zu einem prominenten Kapitel in der Geschichte der Tyrannis wurden.

Adolf Hitler war 1933 zum Reichskanzler ernannt worden. Sein Verbrechensregime setzte propagandistisch auf eben diese „Silberpfeile“, investierte Vermögen in deren Entwicklung, machte das Automobil zu einem Hauptgegenstand einer vollkommen neuen Massenkultur.

Damit wurde ein reaktionärer Modernismus inszeniert, der auf Massenmobilisierung zielte und das Auto zu jenem herausragenden Konsumgut erhob, mit dem der breiten Bevölkerung versprochen wurde, an einem kommenden Wohlstand teilnehmen zu können. (Eines der vielen Versprechen, das die Nazi gebrochen haben.)

So mag erahnbar werden, wie all diese Aspekte zusammenhängen und zusammenwirken. So mag greifbar werden, warum ich der Ansicht bin, daß unseren aktuellen Krisenerfahrungen aus einigen Kausalketten hervorgehen, die teils tief in den Bereichen des Fordismus und da wiederum in der Kontinuität eines aggressiven Automobilismus liegen, der in dieser Deutung mehr Ideologie als Transportsystem ist.

[Überblick]
[April-Festival 2012]
[kuratorium für triviale mythen]

Avantourismus: Das Puch-Buch ist da!

Es ist bloß die Hälfte der Lieferung. Der Fahrer war so freundlich, mir meine Wohnungstür nicht völlig zuzumauern. Außerdem kamen die Pakete in zwei Durchgängen. Das hat seine Vorteile, denn Kartons, mit solchen Alben vollgepackt, bringen es auf ein stattliches Gewicht, das geschultert und unters Dach verbracht werden muß.

Teil 1 der Lieferung

Also habe ich mir diese freudigen Mühen aufteilen können. Es ist insgesamt eine lange Geschichte auf einem gewundenen Weg. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich begonnen hab, mit Michael Toson an diesem Vorhaben zu arbeiten. Nun aber liegt das kuriose Album vor mir und duftet heftig. Ich liebe den Geruch von Druckfarbe ebenso wie den von altem Papier, welchen betagte Bücher verströmen. Frische Drucksorten riechen naturgemäß vollkommen anders.

Ich mag auch diese gewundenen Wege, auf denen etwas wird, das sich derart prozeßhaft entwickelt, langsam entfaltet. Hier ist es ein Stück Mobilitätsgeschichte, das erzählt und gezeigt wird. Die Historie hab ich zusammengefaßt, Techniker Michael Toson schuf die Ausschneidebögen, Graphic Novelist Jörg Vogeltanz besorgte das Art Work.

Das "Puch-Buch", ein buntes Album

Die „Puch-Werke“, das sind neun Bastelbögen mit den maßgeblichen Fahrzeugen aus der Grazer Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier eine kleine Leseprobe der Geschichte zu dieser Geschichte: [link]

So ist außerdem ein Akzent gesetzt, mit dem unser Kuratorium für triviale Mythen in einen nächsten Bereich der Arbeit an unserer Mobilitätsgeschichte geht. Das hat eine Erzählebene in der Themenleiste „Die Gefolgschaft des Ikarus“: [link]

Das hat außerdem schon bald eine Station im Rahmen unseres April-Festivals: „Gehen, reiten, fahren“ (Fahrzeug & Fetisch) [link] Die Geschichte des 20. Jahrhunderts belegt mehr als deutlich, daß die soziokulturelle Inszenierung und emotionale Aufladung dieser Hauptobjekte einer damals neuen Massenkultur, der Automobile und schließlich Motorräder, so radikal, langfristig und mit derart hohem Budgetensatz betrieben wurde, da kann eine rein rationale, vor allem ökologisch begründete Kritik dieser Entwicklung gar nicht hinreichen.

Michael Tosons "Puch-Werke" im gebauten Zustand

Wir wollen also klären, über welche soziokulturellen Zugänge diese Thema greifbarer werden kann und wohin diese Entwicklung führen mag…

[Das Puch-Buch]
(Euro 9,- zuzügl. Versandkosten)
[Der Avantourismus]
[Das April-Festival 2012]

Kunstkarten: Neue Ausgabe

Unsere kleine Kunstkarten-Edition [link] zeigte bsiher acht Motive mit Arbeiten von Kunstschaffenden, die teils zur Community von kunst ost gehören, teils bei diversen Veranstaltungen unsere Gäste waren. Nun ist die neunte Karte verfügbar.

Sie zeigt eine Druckgrafik von Michalea Knittelfelder-Lang. Diese Grafik ist das visuellle Leitmotiv des heurigen April-Festivals. Die Karten stehen kostenlos zur Verfügung.

[April-Festival]

Wege, Fahrten, Aussichten

Wie nun verschiedene Ereignisstränge sich zu einem Bündel fügen… Letzte Revision. Nächste Woche geht unser „Puch-Buch“ [link] in Druck. Die Arbeit daran muß einen nicht stets in das Landezentrum führen. Wenn ich mich mit Graphic Novelist Jörg Vogeltanz und mit Techniker Michael Toson zu einem Meeting in Laßnitzhöhe einfinde, haben wir uns quasi auf halbem Wege getroffen.

Michael Toson (links) und Jörg Vogeltanz bei Detailfragen

Der dortige „Hügellandhof“ ist uns dafür ein äußerst angenehmer Stützpunkt. Wir haben nun ein Stück Mobilitätsgeschichte erarbeitet, das jenen Kernbereich verständlich macht, in dem die Massenmotorisierung Österreichs im 20. Jahrhundert greifbar wurde. Diese Massenbewegung, gestützt auf Automobile, wird in absehbarer Zeit enden. Mit den Grundlagen der Umorientierung sollten wir längst befaßt sein.

Die Geschichte von Steyr-Daimler-Puch ist exemplarisch für dieses Metier

Parallel laufen die Vorbereitungen für das „April-Festival“ weiter, in dem es übrigens auch eine Session zum Thema geben wird. Das „Kuratorium für triviale Mythen“ tagt in Weiz: [link]

Anderes Thema! Inzwischen hat Regisseur Alfred Ninaus seine aktuelle Filmpremiere hinter sich. Da ging es um das Thema „Wechselland“, eine uns nahe Region. Wir nehmen das als Anlaß, diese Zugänge zu thematisieren. Fragen des Wandels, der Definitionshoheit, der Darstellungsformen und -möglichkeiten. Film, Buch, Autorengespräch mit Alfred Ninaus (Regisseur), Richard Mayr (Fotograf) & Fritz Aigner (Autor) [link]

Autor und Regisseur Fritz Aigner (links), am Steuer Produzent und Regisseur Alfred Ninaus

Das gesamte „April-Festival“ ist inhaltlich zwischen Wissensvermittlung, Diskussionen und Kunstpräsentation festgemacht. Damit soll gewährleistet sein, daß die Einladung zur PARTIZIPATION keinesfalls geringer ausfällt als jene zur Betrachtung.

Ich möchte das als ein Prinzip im regionalen Kultur-Engagement gesichert sehen. Es ist auch ein kulturpolitisch wichtiger Aspekt und dieser Punkt bekommt etwa dann Gewicht, wenn Kulturinvestitionen verhandelt werden müssen, denn da wird natürlich meist nach dem Benfit für die Gesellschaft gefragt. Und der stellt sich sehr wesentlich via Partizipation ein…

+) „April-Festival“2012 [link]

die gefolgschaft des ikarus

In diesem Land ist viel in Bewegung gekommen. Worauf sollen sich Kulturschaffende momentan konzentrieren? Für unseren Teil sind gerade einige Entscheidungen gefallen. Ich hab im vorigen Eintrag [link] zwei zentrale Fragen herausgestellt, die uns bei „kunst ost“ momentan beschäftigen:
+) Was ist regionale Identität?
+) Woher kommt das Neue?

In diesem Zusammenhang haben wir schon vor eine Weile begonnen, die regionale Gegenwart der agrarischen Welt etwas genau zu betrachten: [link] Darin liegen einige Aspekte und Fragen, die zu ignorieren uns ein völlig schiefes Bild von unserem Lebensraum liefern würde. Suchen wir überdies Klarheit über einige Zusammenhänge aktueller Mobilitätsgeschichte, sind Modernisierung und Maschinisierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg höchst aufschlußreiche Teilthemen.

Wohin führt unser Wunsch nach individueller Mobilität?

Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich noch ein ganz anderer Angelpunkt dieser Themenkomplexe: „Möchten wir das 20. Jahrhundert begreifen, sollten wir das Wesen der Massenmotorisierung verstehen; die ist wiederum ein legitimes Kind der individuellen Mobilität, welche durch das Fahrrad vom exklusiven Herrenvergnügen zum Breitensport wurde.“

So habe ich es für die Themenleiste „die gefolgschaft des ikarus“ [link] formuliert, mit der wir nun auf das kommende „April-Festival“ [link] zugehen.

Diese Erzählung soll auf sehr individueller Ebene deutlich machen, wie sich die komplexe Materie fassen läßt. Das korrespondiert mit einer Facebook-Leiste zum Thema Mobilitätsgeschichte. Hier bewegen wir uns im Plauderton durch rund zwei Jahrhunderte, um auszuleuchten, was es mit all dem auf sich hat und wie es zusammenhängt: [link]

Die andere Facebook-Leiste ist dem Themenschwerpunkt „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ gewidmet: [link] Da gehen wir konzentriert in die regionale Praxis des kulturellen Engagements.

So sollen Theorie und Praxis, Aktion und Reflexion in laufender Wechselwirkung bleiben, um hier, in der „Energie-Region“, ein kulturelles Beispiel von Best Practice im LEADER-Kontext zu etablieren.

Jahreswende

Die Jahreswende als Markierung. Wie anstrengend sich 2011 erwiesen hat, weil verschiedene krisenhafte Entwicklungen zur Basis durchgeschlagen haben, ist nun oft genug erzählt worden, findet sich auch als Notiz noch einmal kurz im Presse-Info von Dezember 2011: [link] Das sollte reichen. Es ist uns, wie erwähnt, viel gelungen.

Das verdankt sich vor allem auch einer Reihe höchst unterschiedlicher Persönlichkeiten, die sich jeweils in einem Teilbereich unserer Vorhaben engagiert haben. Das verdankt sich AUCH einer Ausdifferenzierung, in der einzelne Leute ganz eigene Wege gehen, dem größeren Ganzen aber über Berührungspunkte verbunden bleiben.

Die letzte Woche von 2011 haben Themen dominiert, welche unserem „Kuratorium für triviale Mythen“ [link] gehören und die sich im Bereich Mobilitätsgeschichte bündeln lassen.

Schnittpunkte: (von links) Norbert Gall, Franz Sattler und Michael Toson

Außerdem haben sich in den letzten Tagen des Jahres einige verhaltensoriginelle „Web-Marodeure“ auf unserer Website eingefunden. Das gibt einen Anlaß zur Reflexion der Telepräsenz plus authentisches Anschauungsmaterial zu einigen grundlegenden Fragen der Netzkultur: [link]

Ganz ohne Rekreation geht es nicht. Demnach werden wir den Jänner eher ruhig zubringen. Allerdings setzen wir Ende des Monats einen weierführenden Akzent zum Thema „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“: [link]

Ich hoffe, wir konnten im vergangenen Jahr deutlich machen, daß „kunst ost“ nicht als konventionelle Veranstaltungseinrichtung funktioniert, sondern eher als eine Versuchsstation und Forschungseinrichtung. Die Hauptfrage lautet nach wie vor:

Wovon handelt kulturelles Engagement auf der Höhe der Zeit?

und dann 2050? #10

Einige Male im Jahr tagt das „Kuratorium für triviale Mythen“ [link] an wechselnden Orten und in wechselnder Besetzung. Diesmal, dem Thema sehr naheliegend, in einer Autobahn-Raststätte. Mich beschäftigt in der Sache zur Zeit vorrangig zweierlei. Die Zeit zwischen 1955 und 1960 sowie das Thema Masseproduktion für eine Massengesellschaft.

Techniker Michel Toson (links) und Fotograf Franz Sattler in der Startposition zu unserer Konferenz

Die zweite Hälfte der 1950er-Jahre war eine Ära beispielloser Massenmotorisierung. Das stellt sich in Debatten und Produktionen dar, die vom Motorrad zum Motorroller führen (Komfortgewinn) und damit das Thema „Rollermobil“ aufwerfen (kein Roller mehr, aber noch kein „richtiges“ Auto), um schließlich über den Fiat 600 zum 500 Nuova und so auch zum Grazer „Puch-Auto“ zu führen, die als Kleinwagen, aber „richtige“ Autos galten.

Bedingungen der Massenproduktion sind Grundlagen einer Preisgestaltung, durch welche die gemeinten Waren für breitere Kreise erschwinglich werden. Es mag banal wirken, wenn wir erörtern, ob eine Schraube mehr oder weniger an einem Auto etwas im Preis bewirkt. Aber das sind tatsächlich relevante Kategorien. Norbert Gall [link], Brand Manager von „Abarth Österreich“ [link], konzedierte, daß hier 3 Cent, dort 5 Cent und da 10 Cent eingespart in der Masse etwas bewegen würde.

Abarth-Brand Manager Norbert Gall, in den lauf der Dinge verstrickt

Michael Toson [link], Techniker bei „Magna Steyr“ [link], erzählte aus seinem Arbeitsbereich, daß in einer abschließenden Durchsicht an einem neuen Fahrzeug sehr wohl erwogen werde, ob man etwa ein Kabel doch noch so verlegen könne, daß sich ein Zentimeter Kabellänge einsparen ließe.

Wir haben mindestens seit a) dem Waffendrill der preußischen Armee und b) seit den Methoden der Effizienzsteigerung durch Henry Ford eine Reihe von menschlichen Zurichtungsverfahren erlebt, die unsere Lebensbedingungen sehr grundlegend veränderten.

Effizienzsteigerung, Beschleunigung, Massenfertigung. Ich hausiere schon eine Weile mit einem Zitat von Philosoph Peter Sloterdijk, der in „Weltverschwörung der Spießer“ meinte: „Wir erleben Vorgänge, die in ihrem ganzen Ausmaß erst durch unsere Nachkommen gewürdigt werden können. Summarisch gesprochen: Wir sind in ein Zeitalter der unmenschlichen Geschwindigkeiten eingetreten – und dieser Übergang läuft mitten durch unsere Lebensgeschichten.“ [Quelle]

Kein Konsumgut repräsentiert das in jeder Hinsicht so sehr, wie das Automobil. Seine Produktion wie seine Nutzung sind Ausdruck dessen, was Sloterdijk kritisiert. Das Geniale an diesem Fetisch, er löst auch noch Begehren in genau diesen Eigenheiten aus, statt uns darin zu beunruhigen, abzuschrecken.

Wir haben es da also mit einem sehr komplexen und problematischen Kulturgut zu tun. Damit werden wir demnach noch eine Menge Arbeit haben. Speziell hier in der „Energie-Region“, wo der steirische Automobil-Cluster [link] gleich ums Ecker präsent ist. Da haben wir einige Gelegenheit, zu überprüfen, welche Fragen das konkret für den Lebensalltag vor Ort aufwirft.

[2050: übersicht]

Förderung oder Kooperation?

Die aktuelle Ausdifferenzierung von „kunst ost“ schreitet voran. Aus dem Umfeld der „Kulturspange“ hat sich nun ein Team (Fickel, Flekatsch, Krusche, Peitler-Selakov) zum Schwerpunkt „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ herauskristallisiert, das augenblicklich schon einmal via „Facebook“ an die Öffentlichkeit tritt: KWW [link]

Die nächste größere Zusammenkunft wird am 25. Jänner 2012 stattfinden und öffentlich zugänglich sein. Die Themenstellung lautet „Regionale Identität: eine Illusion oder unsere Wirklichkeit?“ [link]

Ein anderes Team ist auf der „Reise über die Dörfer“ und besucht Betriebe, um in laufenden Gesprächen einen verfeinerten Eindruck zu erarbeiten, was genau die Themen der Region seien, soweit das einige maßgebliche Akteurinnen und Akteure der Wirtschaftswelt angeht. (Das Team: Bauer, Knittelfelder-Lang, Krusche, Peitler-Selakov und Strassegger.)

Diese Arbeit, als Work in Progress angelegt, liefert uns klarere Vorstellungen, womit wir es in der Begegnung mit Wirtschaftstreibenden zu tun haben. Es herrscht nach unserer Erfahrung unter den Kulturschaffenden der Region noch viel zu wenig Kenntnis dieser anderen Milieus, vice versa.

In den nächsten Tagen trifft sich eine Gleisdorfer „Location Crew“ zur Projektbesprechung, wodurch nun die neue Struktur für die Ebene regionaler Kunstpräsentation ihre konkrete Form erlangt. Das soll beispielgebend für andere Kunstschaffende sein, die im Rahmen von „kunst ost“ Präsenz zeigen wollen.

Gernot Schrampf ("Malwerkstatt Gleisdof") und Sigrid Meister ("Musuem im Rathaus")

Es gibt aber auch noch weitere Optionen. Etwa daß sich eine vollkommen eigenständige Formation in ein Projekt einbringt. Das wird 2012 beispielsweise die „Malwerkstatt Gleisdorf“ machen, die einen eigenen Part entwirft und realisiert, dabei aber mit dem Kernbereich von „kunst ost“ kooperiert.

Zwischen den praxisbezogenen Angelegenheiten haben wir auch grundlegendere Dinge zu bearbeiten. Zwei von diesen drei Logos dürften in der Steiermark einigermaßen geläufig sein, nämlich jene, wo es um 25 Prozent Kulturbudget rauf oder runter geht. Das dritte Logo, dem Thema „no culture no future“ gewidmet, ist bei uns nicht so populär. Warum?

Es handelt nicht nur von einer kritischen Prüfung der Gesamtsituation des Kulturbetriebes, sondern auch von einer Selbstreflexion, die Konsequenzen verlangen würde. Im Sinne von: „die anderen zwei zeichen handeln in der steiermark vor allem davon, EINER der drei instanzen etwas zuzurufen; im sinne von: wenn IHR euer verhalten ändert, werden UNSERE angelegenheiten in ordnung kommen.“ Weite Details dazu: [link] In diesem Zusammenhang sollte klar sein, wir setzen nicht auf Förderung, sondern auf Kooperation.

Michael Toson mit Prototypen seiner Bastelbogen-Autos

Aber es geht bei uns gerade auch um lustigere Themen. Das „Kuratorium für triviale Mythen“ bringt in wenigen Tagen eine kuriose Publikation heraus. Techniker Michael Toson und Graphic Novelist Jörg Vogeltanz haben in Kooperation eine Serie von Ausschneidebögen gestaltet. Die repräsentieren ein Stück Sozial- und Mobilitätsgeschichte, welche auch in einem erläuternden Text skizziert wird.