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FrauenMonat: Neue Grundlagen

Im „FrauenMonat“ 2012 sind nun sehr klare Grundlagen für unsere weitere Arbeit am Themenkomplex „Frauen Macht und Technik“ sowie für ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) verfügbar. Technikerin Mirjana Peitler-Selakov sagt zum Hintergrund:

„Aus historischer, aus kultur- und kunstgeschichtlicher Perspektive wird die Rolle der Frau in der Gesellschaft untersucht. Das gesellschaftliche Bild der Frau vom 17. bis ins 19. Jahrhundert änderte sich so fundamental, dass die Frau aus der öffentlichen Gesellschaft gänzlich verbannt wurde, während der Mann gerade durch seine auf den gesellschaftlichen Aufbau ausgerichtete Tätigkeit definiert wurde. Wie das Frauenbild quer durch die Geschichte bis in die Gegenwart über visuelle Ebenen in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, ist eines der Themen, die im Labor wissenschaftlich erforscht bzw. in einer Ausstellung präsentiert werden.“

Mirjana Peitler-Selakov (Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge)

Aber was heißt das für ein längerfristiges Bildungsvorhaben? Aus der bisherigen Konzeptarbeit heraus macht Peitler-Selakov klar:

„Eine der Grundfragen, die sich erhebt, lautet: Wie baut man Kompetenz im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, insbesondere bei den Mädchen, auf? Aber auch wie entwickelt man Interesse und Kompetenzen am Experimentieren oder wie vernetzt man übergreifende Lern- und Erfahrungsbereiche? Das sind Fragen im Fokus der pädagogischen Forschung im Labor.“

Es wird also wichtig sein, verschiedenen Disziplinen zur Wechselwirkung zu bringen. Peitler-Selakov weiter:

„Aus soziologischer Perspektive werden die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Mädchen und Frauen im Kontext kreativer technischer Tätigkeitsfelder erforscht und untersucht, wie sich diese gegebenenfalls verändern können. Eine Gruppe von jungen SoziologInnen und Gender-ForscherInnen werden folgenden Fragen nachgehen: Wie stellen die Mädchen im Zusammenhang mit ihren Erfahrungen und Projekten im Labor-Projekt ihre Geschlechtsidentität kreativ her? Das heißt auch, wie wird Technik und Geschlecht von ihnen gegebenenfalls kreativ neu verknüpft? Als Methode sind Gruppendiskussionen mit allen im Projekt beteiligten Personen vorgesehen.“

Mirjana Peitler-Selakov ist zur Zeit Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge bei Magna Ecar Systems.

— [FrauenMonat 2012] —

Der Juni von „kunst ost“

Wir haben unser heuriges „April-Festival“ mit einer Session in Bad Gleichenberg abgeschlossen: [link] Nun lädt Kathi Velik, Initiatorin der Kulturinitiative „Kopfbahnhof“, für den kommenden Pfingstsonntag zu Finissage und Brunch, um dieses Ereignis abzurunden: [link]

Währenddessen bereiten wir alles für den heurigen „FrauenMonat“ vor, der diesmal stärker dem praktischen Tun gewidmet ist. Mit Stefanie Wuschitz, Miss Baltazar’s Laboratory, Niki Passath… Dazu sind uns noch Mädchen und junge Frauen willkommen, welche in die (gratis) Workshops einsteigen möchten: [link] Es wird allerdings eine abschließende Veranstaltung dazu geben, die öffentlich zugänglich ist.

Kulturpolitische Fragen sind akuter denn je. Die IG Kultur Steiermark hat in der Sache eine Veranstaltungsserie konzipiert, welche auch in der Provinz Station machen wird. Wir leisten dazu einen Beitrag im Rahmen der „talking communities“. Der Titel sollte Anlaß für ausführlichere Erörterungen sein: „Kunst ist kein Reparaturbetrieb“ [link]

Es ist ja nach wie vor so, daß in regionaler Kulturpolitik die Budgets oft genau NICHT für den Bereich Gegenwartskunst eingesetzt, sondern Richtung sozialer Agenda bewegt werden. Das erzeugt Klärungsbedarf. Siehe dazu auch den Beitrag #22 bei „Wovon handelt Kulturpolitik?“ [link]

Es ist nun bezüglich Mobilitätsgeschichte ein nächster Schritt in Arbeit. Ich mache gerade in Kooperation mit dem Wiener Historiker Matthias Marschik ein weiteres „Puch-Puch“ startklar, das kommenden Herbst unter dem Titel „In Österreich weltbekannt“ (Die Geschichte des Steyr Puch 500) erscheinen wird.

Marschik ist mit den Bereichen Sozialgeschichte und Massenkultur sehr gut vertraut, also ein vorzüglicher Kooperationspartner für unseren diesbezüglichen Vorhaben: [link]

FrauenMonat: FMTech_Lab

Wir haben im Vorjahr erlebt, daß die Themenstellung „Frauen und Technik“ erhebliche Reaktionen ausgelöst hat; sehr positive Reaktionen. Eine Ermutigung, diesen Fokus weiter zu bearbeiten. Dazu kommt, daß unsere Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov gerade ihre Dissertation im Bereich Kunstgeschichte abschließt, sich aber für die nahe Zukunft wieder stärker dem Technikbereich zugewandt hat. Sie ist momentan Functional Safety Manager bei MAGNA E-Car Systems.

Mirjana Peitler-Selakov wurde Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge

Der „FrauenMonat“ 2012, den kunst ost eben vorbereitet, führt nun in eine konkrete Praxis des Zuganges zu Technikfragen für Mädchen und junge Frauen. Siehe dazu auch: [link]

Peitler-Selakov: “Das FMTech_Lab fördert aktive Partizipation von Mädchen in technischen Bereichen. Das realisieren wir auch mit Hilfe von Künstlerinnen und Künstlern. So sorgen wir zugleich für die Präsentation von Wissen und Erfahrungen, die am Schnittpunkt zwischen Technik und Kunst entstehen. Es geht ferner um soziale Dynamiken, die sich zwischen diesen Elementen generieren.“

Grafik: Stefanie Wuschitz

Für die Umsetzung dieses Vorhabens hat eine außergewöhnliche Crew zugesagt: Barbara Huber, Miss Baltazar’s Laboratory, Niki Passath und Stefanie Wuschitz. Interessierte können sich mit uns nun in Verbindung setzen.

— [FrauenMonat 2012] —

FrauenMonat: Nächste Serie

Im Jahr 2011 war der FrauenMonat, den kunst ost alljährlich veranstaltet, von den feinen und geistreichen Arbeiten der Künstlerin Ulla Rauter dominiert. Im Jahr davor durften wir eine bewegende Schau mit Arbeiten von Jelena Juresa zeigen.

Ulla Rauter

Mir ist es sehr wichtig, daß wir unsere regionale Kunstpraxis stets auch mit Impulsen von außen anreichern können. Andere Sichtweisen, andere Verfahrensweisen, überraschende handwerkliche Modi… Hinzu kommt, daß wir seit einer Weile den Themenschwerpunkt „Frauen, Macht und Technik“ bearbeiten.

Das hat uns eine sehr verblüffende Überraschung ins Haus gebracht. Seit etwa einem halben Jahr scheint dieses Thema eine enorme Relevanz zu gewinnen, vor allem in den letzten Monaten ist es auch medial überaus präsent.

Das hat für uns zwei besondere Vorteile. Erstens sind wir in dieser Themenstellung mehr als fit und nun schon mit etlicher Praxis auf dem Set unterwegs, zweitens gehen auf einmal Türen auf, an die wir vorher noch gar nicht gedacht hatten.

Kommenden Juni wird demnach der FrauenMonat wieder dem Thema Frauen und Technik gewidmet sein, genauer: dem Auftakt eines FMTech_Lab, dessen Konzept unsere Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov erarbeitet hat.

“Da sich die Energie-Region Weiz-Gleisdorf als Gebiet der Kreativität, Forschung und Innovation entwickelt und weiter entwickeln möchte, halten wir es für unverzichtbar, in diesen Bereichen Frauen bzw. Mädchen intensiv einzubeziehen. Diverse Quellen der Kreativität (Kunst, Kultur) sollen sich mit den Elementen der Wissenschaft und Technik bzw. der Neuen Technologien verbinden. Und zwar in einem speziell dafür vorgesehenem Modell: im FMTech_Lab.

Mirjana Peitler-Selakov ist nicht nur Kunsthistorikerin (sie schließt gerade ihre Dissertation ab), ihre aktuelle Funktion als Functional Safety Manager bei der MAGNA E-Car Systems GmbH stellt eine reale Verbindung zur Welt von Forschung und Entwicklung in der Technikwelt dar.

Nun zum kommenden FrauenMonat. Da werden einerseits Stefanie Wuschitz und Miss Baltazars Laboratory ordinieren, andrerseits haben wir Niki Passath dabei, mit dem schon ein paar sehr anregenden Sessions hinter uns liegen.

Ich darf versichern, daß wir auch heuer wieder sehr spannende Zusammenkünfte erleben werden, aus denen sich für die eigene Kunstpraxis, egal in welchem Genre, Anregungen mitnehmen lassen.

+) Miss Baltazars Laboratory
+) Interview with Stefanie Wuschitz, part 1: On Women, Technology and Hacking Playground
+) Interview with Stefanie Wuschitz, part 2: Don’t scare of technology, dismantle it!
+) Niki Passath

— [FrauenMonat] —

Wissenschaft und Kunst

Am Beginn des 20. Jahrhunderts war es bei etlichen Leuten der Russischen Avantgarde selbstverständlich, daß sie sich nicht nur als Kunstschaffende, sondern auch als Forschende verstehen. Kasimir Malewitsch ist eines der exponiertesten Beispiel für diese Haltung. Der Einfluß der der Russischen Avantgarde auf die westliche Kunst des vorigen Jahrhunderts kann gar nicht überschätzt werden.

Kasimir Malewitsch: Skizze zum 5. Bild der Oper Sieg über die Sonne, 1913

Das frühe zwanzigste Jahrhundert war von einer enormen Welle wissenschaftlicher Erkenntnisse und technologischer Innovationen geprägt. Diese Phänomene fanden ein markantes Echo unter den Kunstschaffenden. Das hat sich über die folgenden Jahrzehnte vertieft und ausdifferenziert.

Ich bin vor einigen Jahren von Medienkünstlerin Victoria Vesna auf eine exponierten Bezugspunkt in dieser Sache gebracht worden. Sie selbst ist ein starkes Beispiel dafür, wie in der Kunst Fragen und Verfahrensweisen der Wissenschaft aufgegriffen werden, wie aber auch umgekehrt Strategien der Kunst im Wissenschaftlichen Resonanz finden.

Victoria Vesna beim Bau ihres "Quantum Tunnel"

Sie erzählte mir von Richard Buckminster Fuller, der schon in den 1930er-Jahren überzeugt gewesen sei: „Je fortgeschrittener Wissenschaft ist, desto näher kommt sie der Kunst. Je fortgeschrittener Kunst ist, desto näher kommt sie der Wissenschaft.“ [Quelle] Zu Buckminster Fuller siehe: [link]

Kontakt und Wechselwirkung von Wissenschaft und Kunst haben also eine erhebliche Vorgeschichte. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich auch eine auffällige Entwicklung, in der nicht mehr „das schöne Bild“ oder „das wohlgefällige Werk“ im Blickfeld steht, sondern das Bearbeiten von Frage- und Aufgabenstellungen. Prozesse statt Werke als Artefakte, das nahm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts enorm zu.

In diesem Zusammenhang ist es auch zu verstehen, daß etwa kunst ost über die ausdrückliche Einrichtung eines „Labors“ solche Optionen berührt hat: [link] Heute ist dieser Prozeß bei uns schon in einer nächsten Phase. Das führte uns etwa zur Themenstellung „Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft“: [link]

Das führt uns auch zu jenem von Mirjana Peitler-Selakov entworfenen „Tech_Lab“, an das wir mit dem kommenden FrauenMonat [link] von kunst ost ein Stück näher rücken werden. In Summe bedeutet das etwa, wir bemühen uns, auf der Höhe der Zeit zu klären, wie diese drei Genres — Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft – fruchtbar interagieren und in der Folge kooperieren können.

Das soll uns zweierlei bieten. Erstens ein lebhaftes und anregendes Betätigungsfeld, auf dem Menschen mit höchst unterschiedlichen Kompetenzen einen interessanten Möglichkeitsraum vorfinden. Zweitens eine Arbeitsansatz, in dem sich neue Optionen abzeichnen, wie die drei Sektoren Staat, Markt und Zivilgesellschaft kooperieren können.

Gleisdorf als Angelpunkt

Das Laufende umsetzen, nächste Schritte herbeiführen, Neues planen… Ich geb’ zu, manchmal fällt es mir schwer, so einen Fluß der Dinge sicherzustellen. Es ist ein gravierendes Kräftespiel.

Aber genau diese Kontinuität scheint eine der Voraussetzungen zu sein, damit solche Art Kulturarbeit auch in Kommunen und Unternehmen ausreichend ernst genommen wird, um Kooperationen und Kofinanzierungen wert zu sein.

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov

Wir haben momentan im Zusammenspiel von kultur.at und kunst ost eine Reihe von Dingen auf die Schiene gebracht, die spannende Zeiten versprechen. Das lohnt dann die Anstrengung. Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov schreibt gerade ihre Dissertation.

In dieser Phase hat sie aber auch den kommenden „Frauen-Monat“ („Frauen, Macht und Technik“) von kunst ost vorbereitet und, was dem eine erhebliche Perspektive gibt, die Grundlagen für ein „Tech-Lab“ geschaffen, in dem wir wohl einige neue Maßstäbe setzen werden, was den Kontext „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ betrifft.

Darüber hinaus wird Mirjana Peitler-Selakov dann ihr Engagement auf dem Kunstfeld reduzieren, denn sie kehrt in die Automobilentwicklung zurück, hat eine leitende Funktion im E-Car-Bereich von Magna Steyr [link] übernommen.

Kunstsammler Erich Wolf

Eine andere Praxisvariante des Kontext „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ realisieren wir in Kooperation mit dem Unternehmer und Kunstsammler Erich Wolf: [link] Daraus ergibt sich der heurige Herbst-Schwerpunkt von kunst ost, welcher traditionell der Gegenwartskunst im internationalen Rang gewidmet ist.

Erich Wolf ist federführend in der Entwicklung des Symposions „Regionalität und Realität // Globalität und Virtualität“, das wir am 7. und 8. September dieses Jahres im Hause von Binder+Co [link] realisieren werden.

Damit möchte ich deutlich machen, daß wir augenscheinlich eine nächste Stufe erreicht haben, Themenstellungen und Arbeitsweisen hier in der Provinz auf ein Niveau zu bewegen, wo wir weder den Vergleich mit Projekten im Landeszentrum scheuen müssen, noch beim Schritt über Landesgrenzen eine schlechte Figur machen. Das meint auch, der primäre Ereignisort Gleisdorf erweist sich als ein Angelpunkt kultureller Innovation.

Prioritäten prüfen

Die Frage nach dem Rang Kultur- und Kunstschaffender

Diesmal ein sehr kleines Plenum mit der Arbeit an großen Vorhaben. Wir hatten uns in der Nachbarregion („Vulkanland“) getroffen, auf Schloß Hainfeld. Beim vorangegangenen Plenartreffen [link] waren schon einige Punkte deutlich geworden, die nun greifbarer gemacht werden müssen. Der Hintergrund all dessen ist heuer kontrastreich.

Zusammenfassend läßt sich sagen: Nun ist rund ein Jahr vergangen, seit die Konsequenzen mehrjähriger Krisenentwicklungen, national und international, ganz konkret und hart zur Basis regionaler Kulturschaffender durchgeschlagen haben.

Irmgard Hierzer (links) und Irmgard Eixelberger

Ende Oktober 2010 war klar, daß sich die Kommunen von uns zurückziehen, um sich mit allenfalls verbleibenden Kulturbudgets um ihre „hauseigenen“ Einrichtungen zu kümmern. Allein die Stadt Gleisdorf hat ihr Kulturbudget in zwei Jahresschritten (2010/2011) um 75 Prozent reduziert. Genau! Es blieb bloß noch ein Viertel übrig. Was das auf viele kleine Gemeinden umgelegt bedeutet, ist klar: Null Prozent Rest.

Inzwischen wurde sogar der Ausstellungsbetrieb im Gleisdorfer „Museum im Rathaus“ eingestellt und dieser wichtige wie zentrale Veranstaltungsort bleibt ab nun weitgehend privater Initiative überlassen. So schaut’s aus, punktum. Es gab keinen Moment, wo etwa das Kulturreferat bekanntermaßen engagierte Leute an einen Tisch gebeten hätte, so im Sinne von: „Wir sollten über den Status quo reden“.

Also kein kulturpolitischer Diskurs. Also minus 75 Prozent. Also keine Gespräche. So ist es gekommen. Wird es so bleiben? Zum Glück nicht ganz. Das war alles sehr anregend. (Ironie!) Die Politik beginnt nun doch noch, auf unser Bestreben zu reagieren. Worum geht es aber insgesamt?

Schloß Hainfeld war ja gerade erst unser Treffpunkt, um den Themenbrocken „Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ in unsere Praxis herüberzuführen: [link] Siehe dazu auch die Notiz: [link] Das ist einer der Themenschwerpunkte im aktuellen Konzentrationsprozeß.

Gerhard Flekatsch

Ein anderer Aspekt betrifft die Frage nach dem Rang Kultur- und Kunstschaffender innerhalb der Regionalentwicklung. Da haben die Kommunen der „Energie-Region“ gerade einen anspruchsvollen Prozeß gestartet, der unter dem Aspekt von „BürgerInnenbeteiligung“ in die nächsten Jahre hinein wachsen soll. „Vision 2050“ ist für uns auf jeden Fall ein Anlaß, um zu demonstrieren, was kulturelle Kompetenzen in einer regionalen Gesellschaft sind und bedeuten.

Wir haben beim aktuellen Plenum erörtert und beschlossen, dem eine Serie von Arbeitstreffen folgen zu lassen. Die Themen-Website dazu gib schon einen Überblick, was in der Sache bisher zur Diskussion stand: [link] Nun wird „kunst ost“ seine Rolle in diesem Prozeß noch präzisieren.

Das bedeutet, wir bemühen uns, klarer erkennbar zu machen, daß zwar die künstlerische Praxis selbst kein soziales oder politisches Werkzeug ist und daß unsere künstlerische Arbeit sich selbst verpflichtet bleiben sollte, daß aber Kompetenzen, die wir aus der Befassung mit Kunst beziehen, im Gemeinwesen wichtig sind.

Wir haben außerdem erörtert, wo ein kulturpolitischer Diskurs ansetzen kann, da uns die letzten zwei Jahre mehr als deutlich gezeigt haben: Es gibt in den Kommunen der Region keinen breiten Konsens, sich für eine zeitgemäße Kulturpolitik zu engagieren, weil es darüber keine ausreichende Sachkenntnis gibt.

Landeszentren haben es da leichter, weil da historisch gewachsene Milieus bestehen, deren kulturelle Ansprüche und deren Kulturverständnis die Basis eines kulturellen Klimas ergeben, von dem die „Provinz“ keine Spur zeigt. Gut, es ist eben so und da bleiben momentan nur wir Kulturschaffende, die sich dem widmen mögen. Das heißt auch, Graz hat alle Vorteile materieller und immaterieller Art gegenüber der restlichen Steiermark, eine angemessene Wechselwirkung in der Frage findet kaum, eigentlich eher nicht statt.

Kernpunkt: Wenn wir den Leuten in Politik und Verwaltung klar machen möchten, warum es uns geben soll und warum Kommunen in den Kulturbereich investieren müssen, sollten wir das erst einmal uns selbst klar machen.

Dazu gehören auch Fragen nach Vermittlungsarbeit und Präsentation. Wir kennen die Falle. Alle Welt flötet: „Quoten sagen doch nichts aus.“ Aber unterm Strich fragt die Politik: „Wie viele Besucherinnen und Besucher waren da?“ Die konventionelle Verwertungslogik dominiert. Wir sind dem bisheute noch nie ausreichend streitbar entgegengetreten. Wir ließen es bisher an klaren Argumenten fehlen.

Wenn wir das nicht aufbrechen, wird es niemand sonst tun. Also haben wir auch uns selbst zu fragen: Warum soll es Ausstellungen geben? Welchen Sinn und welchen Stellenwert hat Präsentation? Wie viel davon sollte allenfalls zugunsten anderer Aktivitäten zurückgenommen werden?

Wir waren uns freilich einig: Das soll es weiter geben. Wir werden uns auch zukünftig über diesen Weg an eine Öffentlichkeit wenden, ein Publikum suchen. Doch insgesamt muß das Repertoire verschiedener Kulturveranstaltungen überdacht werden. Auf eine Kommunikation mit einem Publikum werden wir nicht verzichten. Aber es geht auch noch um ganz andere Settings und ganz andere Aufgabenstellungen.

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov mit Unternehmer Andreas Kindermann (Mitte) und Tierarzt Karl Bauer

Das kommende Aprilfestival bleibt natürlich auf der Checkliste: [link] Es wird allerdings konzeptionell gründlich zu überarbeiten sein. Unser „FrauenMonat“ bleibt auch auf dem Programm. Da hat Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov aus dem letzten Sommer heraus offenkundig mehrere Durchbrüche geschafft. Siehe dazu auch die Notiz „Frauen, Technik, Kunst“: [link]

Für den Herbst 2012 ist ohnehin schon länger eines von zwei Symposien fixiert, mit dem wir auf die Ebene eines internationalen Kunstdiskurses gehen. Der kommende Herbst ist dem Thema „regionalität und realität // globalität und virtualität“ gewidmet; siehe: [link]

Wir sind also gerüstet, die Positionen Kulturschaffender jenseits des Landeszentrums neu zu besetzen und zu begründen.

Frauen, Technik, Kunst

Wir haben heuer einen Fokus auf Frauen und Technik gesetzt. Wir? Genauer: Mirjana Peitler-Selakov, unsere Kuratorin für Schwerpunkt-Projekte. Das Kürzel „FMTechnik!“ steht für „Frauen, Macht und Technik“. Dem war diesen Sommer auch der „FrauenMonat“ von „kunst ost“ gewidmet: [link]

Eine Publikation von Gerlinde Knaus

Ein Auftakt. Die Konsequenzen sind überraschend. Peitler-Selakov hat inzwischen in dieser Sache verschiedene Linien weiter verfolgt und die Grundlagen für ein „FMTech_Lab“ erarbeitet: „Die Allgegenwärtigkeit von Technik in unserem Alltag ist ein weiterer Grund, sich stärker in technischen Berufen zu engagieren. Frauen nutzen Technik ebenso wie Männer, wirken an ihrer Gestaltung aber immer noch zu wenig mit. Hier liegt für Mädchen und junge Frauen ein breites Potential, das bisher ungenutzt bleibt.“

Das wird sich zum Teil ebenso hier in der „Energie-Region“ entfalten. Über Verfahrensweisen, in denen auch Strategien der Kunst genutzt werden beziehungsweise Künstlerinnen mit ihren Kompetenzen Beiträge erarbeiten.

Mirjana Peitler-Selakov, ein Feature

Darin stecken überdies Möglichkeiten, unsere Optionen für den Entwicklungsprozeß „Vision 2050“ [link] zu bereichern. Wenn wir heute Grundlagen für zukünftige Lebensbedingungen mitgestalten möchten, ist das ein höchst relevantes Teilthema.

Dieser Tage erschien außerdem eine Publikation, die Gerlinde Knaus herausgegeben hat: „Pionierinnen“ (Die fabelhafte Welt der Frauen in der Technik, Band 2). Der Titel erklärt hinreichend, worum es geht. Unter den Beiträgen ist auch ein Feature, das Mirjana Peitler-Selakov und ihre Zugänge zu diesen Belangen nachvollziehbar macht.

Das Buch ist für Euro 16,50 im Buchhandel oder direkt bei Knaus’ www.mussekunst.com erhältlich. Sie können es aber auch als kostenlosen Download im PDF-Formamat erhalten. Die Datei hat etwa 3,8 MB: [link]

Einen interessanten Denkanstoß zu derlei Zusammenhängen bot übrigens Andrea B. Braidt, die Vizerektorin für Kunst und Forschung an der Akademie der bildenden Künste in Wien, bei einem Interview, das am 1. Dezember 2011 im „Standard“ erschien. Kunst und Forschung als zwei Seiten einer Medaille namens „Wissen“, das ist ein klarer Hinweis darauf, daß künstlerische Praktiken beim Wissenserwerb hohen Rang haben.

Vizerektorin Andrea B. Braidt in "Der Standard"

zwischenbilanz

unser „frauenmonat“ ist abgeschlossen. damit endet auch das erste halbjahr in den heurigen aktivitäten, von „kunst ost“; genauer: in den nach außen gerichteten aktivitäten. das waren zugleich monate der neuordnung, da sich die rahmenbedingungen für den gesamtsteirischen kulturbetrieb über die budgetlage deutlich geändert haben.

wir konnten den lokalen und regionalen ausfall von budgets diesmal vor allem über privates engagement ausgleichen. landes- und bundesmittel sind auch hilfreich gewesen. die gesamtsituation legt offen, daß es zur zeit noch keinerlei regionale kulturpolitik gibt, die sich merklich über ortsgrenzen hinaus als wirksam erweist. aber das kommt ja vielleicht noch.

die abschließende session des „frauenmonats“ war heuer der malerin herta tinchon gewidmet

unser „frauenmonat“ war mit dem thema „frau, macht, technik“ befaßt. neben dem sachbezogenen teil haben wir uns wieder einmal bemüht, in der kunst generationsübergreifende eindrücke zu vernitteln. so waren mit ulla rauter, eva ursprung und herta tinchon drei generationen von künstlerinnen im programm präsent.

die diskursarbeit ist in eher ruhigen bahnen angelegt. der austausch von erfahrungen und die debatte von intentionen wie von künstlerischen strategien ist auf skurille art ein unterbewertetes genre in österreich. ursprung und tinchon waren ja in unserer reihe „talking communities“ [link] zu gast, wo unter anderem der frage „was sagen kunstwerke?“ nachgegangen wird.

da richtete uns etwa filmemacher heinz trenczak via web 2.0 aus: „wenn man sagen könnte, was kunstwerke ’sagen‘, bräuchte man sie nicht machen.“ das ist die art heimischer gemütlichkeit, die letztlich kulturpolitische debatten verstummen läßt, weil man plötzlich nicht mehr in der lage ist, seine gründe zu nennen. es könnte gerade der jetzige status quo in der steiermark nicht besser illustrieren, welche probleme sich verdichten, wenn kunstschaffende sich in selbstreferenziellen vorstellungen als „besonderes milieu“ hervortun, in dem angeblich besonderes gemacht wird, worüber zu reden weder möglich noch lohnend wäre.

mirjana peitler-selakov geht nun für ihre dissertation in klausur

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov hat mit „FMTechnik!“ [link] einen fulminanten akzent gesetzt, der für unsere generelle themenstellung „zwischen landwirtschaft und high tech“ nun wegweisend war. denn der fokus auf den schwerpunkt „frauen und technik“ ist ein in diesem lebensraum höchst brisantes thema.

nun geht peitler-selakov für ihre dissertation in klausur. sie bearbeitet das thema „krieg, kunst und die politik des erinnerns“. auch nicht gerade ein plädoyer dafür, daß es über die aussage von kunstwerken nichts zu reden gäbe. wobei wir in der auseinandersetzung über solche fragen stets wieder zu klären haben, ob wir uns momentan eher auf den bereich der „regeln der kunst“ oder auf das „reich der sinnlichkeit“ konzentrieren.

damit meine ich vor allem: mindestens seit marcel duchamp gehen im westen kunst und diskurs hand in hand („regeln der kunst“). darauf muß man sich nicht zwingend einlassen. es kann einem ebenso genügen, sich ganz den eindrücken hinzugeben, die einen gerade erreichen und die der persönliche geschmack ordnet, bewertet („reich der sinnlichkeit“). wir haben bei „kunst ost“ gute gründe, zwischen beiden bereichen zu pendeln und gelegentlich auch beide bereiche in wechselwirkung zu bringen.

karl bauer ist – unschwer erkennbar – unser sachpromotor im themenbereich „agrarische welt“

kunstschaffende reagieren zwar auf einige der themen, die wir als kulturinitiative bearbeiten, aber die kunst ist natürlich kein „sozialdienst“ und auch keine abteilung des journalismus. damit meine ich: das aufgreifen von themen, die sich in dieser region als relevant erweisen, ist eine sache, künstlerische beiträge dazu sind eine andere angelegenheit. das bedingt einander nicht zwingend.

ich habe oben den themenbogen „zwischen landwirtschaft und high tech“ erwähnt. tierarzt karl bauer, selbst auf einer landwirtschaft aufgewachsen, ist unser sachpromotor im anderen themensegment. da haben wir grade gemeinsam die grundlagen für unser engagement in den kommenden jahren erarbeitet. nun folgen erste arbeitsgespräche mit kunstschaffenden der region, um zu erörtern, auf welche art wir da gemeinsame schritte tun könnten.

warum wir?

ich hab vorhin in „modalitäten und rahmenbedingungen“ erwähnt: „wichtig ist auch für das kulturelle engagement in der region, daß wir konzepte schaffen, die regionale betriebe bewegen, unsere aktivitäten mitzutragen.“ [link]

das ist einer der härtesten brocken, denn herkömmliche ideen von sponsoring lassen sich auf operettenabende und kammermusik anwenden, auf lesungen, die mit prominenten schauspielern besetzt sind und auf so manches theaterprojekt konventioneller art, auch auf den charity-bereich. herkömmliches sponsoring hat vor allem repräsentationsaufgaben.

kulturelle aufbauarbeit, wie wir sie leisten, und gegenwartskunst als beitrag dazu sind dafür auf anhieb nicht geeignet. damit meine ich, sie sind zur repräsentation nicht geeignet. sie wären ja ihrerseits eher das ziel von finanzierungen durch charity- und sponsoring-aktivitäten. sie können also nicht zugleich deren repräsentatives trägersystem sein.

das besagt auch: wo gegenwartskunst schon erheblichen rang und zum teil auch marktwert hat, sind eben markt, sammler und andere instanzen präsent, um in diesen bereich zu investieren. doch quasi das VORFELD solcher kunstbereiche, aus dem dann einzelne kunstschaffende mit jener reputation und auch jenem gehobenen marktwert hervorgehen werden, ist eine deutlich unterfinanzierte zone.

das kompensieren freilich auch keine lokalen geschäftsleute vor ort. sie sind über herkömmliche kulturelle aktivitäten nicht zu bewegen, nennenswerte beträge in ein kulturprojekt zu investieren.

eben diese geschäftsleute schätzen teilweise traditionelle kulturangebote, wie sie in den landeszentren oder an festspielorten angeboten werden. dank umfassender mobilität sind diese veranstaltungen beliebig erreichbar, was also kein mangelgefühl aufkommen ließe, wenn am eigenen wohnort das kulturgeschehen etwa auf ein level der 1970er-jahre zurückgefahren würde.

ich meine, es würde vorerst keine heftigen reaktionen geben, wenn sich die entwicklung von rund 30 jahren des heimischen kulturgeschehens plötzlich ungeschehen machen ließe.

kurioser weise würden die selben leute, die den status quo unter kulturschaffenden für überflüssg halten, händeringend zwar, aber mit aufgestickten ärmeln millionenbeträge in genau die „ergänzenenden“ maßnahmen schaufeln, mit denen sie jene stagnation und den rasenden kompetenzverlust dieser gesellschaft auszugleichen wünschen.

damit will ich ausdrücken: wir erleben eigentlich jetzt schon auf massive art, welche kompetenzmängel ein unterfinanzierter und teils auf repräsentation getrimmter kulturbetrieb zur folge hat. weil nämlich ein gesamtes kulturelles klima abkühlt und absackt, millionen von menschen dem boulevard und endlosem tv-konsum überläßt, was ja ganz offensichtlich nicht sehr inspirierend wirkt.

in all dem liegt einige brisanz, die wir in eine kulturpolitische debatte zu übersetzen haben. denn hier, in unserem metier, bei uns kunst- und kulturschaffenden, liegen etliche der kompetenzen, die dem etablierten betrieb offensichtlich abgehen. das hat mir allein schon der heurige programmschwerpunkt „frauen, macht & technik“ [link] gezeigt, mit dem wir erstaunlich offene türen fanden.

quelle: kronenzeitung vom 18. juli 2011

was lese ich nun kurz vor unserere letzten veranstaltung in der heurigen serie zu diesem thema? dem land fehlen rund 2.000 facharbeitskräfte und seitens der wirtschaft werde gewünscht, daß sich mehr frauen in berufen qualifizieren würden, die bisher eher nur von männern gewählt wurden.

es zeigt sich also, was wir als kulturinitiative gerade machen, korrespondiert mit wachsenden debatten über akute defizite in unserer gesellschaft. freilich ist die kunst nicht dazu da, solche probleme zu lösen. doch der kulturbereich gesamt ist ein „möglichkeitsraum“, um solche angelegenheiten zu thematisieren und zu bearbeiten.

damit möchte ich sagen: die kunst ist immer noch die kunst. sie hat keine anderen aufgaben, als das zu sein. soziale aufgabenstellungen müssen wir schon mit anderen mitteln anpacken. kunst ist kein soziales „reparatur-set“.

aber als KULTURschaffende sind wir gut gerüstet, soziale frage- und aufgabenstellungen zu bewältigen. dabei wiederum sind die komplexen erfahrungen aus der befassung mit kunst sehr fruchtbar. so hängt das zusammen. und darum WIR. darum wird es nicht möglich sein, unsere beträge zur entwicklung des gemeinwesens zu ignorieren.