Schlagwort-Archiv: art klinika

Axiom * 2014: Komplexitätsbewältigung

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov entwickelt ihr eigenes Projekt nun mit einem Schwerpunkt in Graz. Wir werden unser Projekt auf die Provinz-Situation abstimmen. Dazu kommt der Teil, den ich auf die Strecke lege.

Heimo Müller und sein Blogmobil

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Jahreswechsel 2012/2013

Unsere letzte Veranstaltung des Jahres 2012 fand dort statt, wo wir 2010 mit der Serie „talking communities“ begonnen gaben. In Novi Sad, zu Gast beim Kollektiv „Art Klinika“. Das war zugleich ein formeller Schlußakt in deren Projektreihe „Eutanazija“, mit welcher die serbische Formation einen Teil der krisenhaften Erfahrungen in diesem jungen Staat bearbeitet hat.

Das Buch zum Projekt: "Eutanazija 2009 - 2011"

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Axiom: 2014 bis 2019

Seit einigen Monaten erörtere ich in meinem Umfeld gelegentlich das kommende Jahr 2014. Es verweist auf 1914. Sollten Kulturschaffende in dieser Sache nichts zu sagen haben, wäre der Massenkultur eine essenzielle Nische zum beliebigen Bespielen überlassen. 1914 ist das Schlüsseljahr zur Eröffnung des 20. Jahrhunderts.

Literaturwissenschafter Radivoj Doderovic von der "Matica Srpska"

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2012: Abschließende Session

Das Jahr endet für mich, für uns, mit einer Station im serbischen Novi Sad, wo unsere mehrjährige Zusammenarbeit mit der „Art Klinika“ nun einen bemerkenswerten Punkt passiert.

Zur Vorgeschichte: Ein Eintrag vom 10. Dezember 2010 erzählt vom Auftakt zur „Schock-Allianz“ und von unserer ersten Session im Rahmen der „talking communities“: [link] Das handelt in der Folge auch von einigen Markierungen und weiterführenden Prozessen: [link]

Die Novi Sad-Session von 2010: In der Innenstadt

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Status quo Ende 2012

Um es vorwegzunehmen: Uns geht es derzeit besser als ich für möglich gehalten hätte. Das verdankt sich zum Beispiel inspirierten Menschen, die auf konzeptionelle Schritte im Kernbereich dieser Kulturinitiative mit eigenen Ideen reagiert haben.

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Axiom: Verzweigung

Für unsere konstituierende Konferenz waren Jelena Juresa und Ivana Volic nach Österreich gekommen. Die Künstlerin und die Wissenschafterin, wechselseitig beiden Metiers, der Kunst und der Wissenschaft, verpflichtet.

Jelena Juresa (links) und Ivana Volic

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schock-allianz #2

was für tage! ich bin noch stark unter dem eindruck der jüngsten serbien-reise, wo wir unter anderem die nächsten schritte für die schock-allianz debattiert haben. eine prozeßhafte kooperation verschiedener kunst-inititiativen, bei unseren südslawischen nachbarn allerdings stark geprägt von den bedingungen einer post-kriegs-gesellschaft.

doch wie bei dieser reise, so hab ich auch davor, während der besuche in bosnien und im kosovo, unmißverständlich erfahren: die traumata sind realität, aber niemand kann sich längerfristig über gesellschaftliche defizite und die radikalen erlebnisse im krieg definieren. also ist da ein massives ringen um perspektiven und um neue möglichkeiten. (siehe dazu auch: jenseits der zentren!)

im ersten beitrag zur "schock-allianz": der fotograf gerhard gross (hier in gornji milanovac), zur abwechslung einmal als objekt einer ausstellung

das bedeutet unter anderem, und das verbindet uns auf jeden fall, daß wir strategien suchen und erproben, wie ein zeitgemäßes kunstgeschehen sich behaupten kann, wie es wenigstens etwas boden sichern kann, wenn die ressourcen und rahmenbedingungen dafür sich verschlechtern. unser österreichischer einstiegsbeitrag zu diesem projekt greift das motiv der „verschwundenen galerie“ auf.

das bedeutet, die exponate stecken in einer kiste, die ganze ausstellung ist in den „privaten raum“ verfrachtet, dem öffentlichen raum entzogen, und nur über das web bekommen man einblick, wovon die ausstellung handelt. [link]

wäre die kiste öffentliche zugänglich, könnte man wenigstens durch seitliche „bullaugen“ einen blick auf den inhalt erhaschen. so aber ist die künstlerische vermitllungsarbeit zwar nicht völlig stillgelegt, doch mangels ressourcen dem öffentlichen leben vorenthalten.

der russische künstler sergey yugov im kontext des ursprungsprojektes

ich habe diese verfahrensweise 2003 entwickelt, um damals (im rahmen von „graz 2003: kulturhauptstadt europas“) auszudrücken, daß wir jenseits der zentren praktisch keine adäquaten räume zur vermittlung von kunst, spezielle bildender kunst, haben. dieses defizit hat sich zwar punktuell etwas gemildert, doch aktuell sind diese zarten strukturen schon weider bedroht. hier ein kleiner überblick der 2003er-sessions: [link]

nun gehen wir mit unseren südslawischen nachbarn daran, aktuell auszuloten, was uns an möglichkeiten und handlungsspielräumen bleibt, zwischen „low budget“ und „no budget“ die dinge voranzubringen; und zwar ganz unabhängig davon, ob momentan eine reale kulturpolitik uns dabei entgegenkommt oder auf distanz hält.

ich denke, aus diesen erfahrungszusammenhängen heraus lassen sich dann auch unsere positionen gegenüber der politik neu entwerfen. (siehe dazu auch: das kühle extrazimmer #7!)

— [schock-allianz #1] —

das kühle extrazimmer 7

ob „kunst ost“ eine netzkultur-initiative ist? bis heute nur in ansätzen. ich würde das augenblicklich noch kein beispiel für „best practice“ nennen. doch wir sind auf dem weg. erinnern sie sich an die drei C, die ich im beitrag #3 dargelegt habe? „CCC“ meint „content, community, contiunity“.

detail aus der "art klinika" (novi sad)

welches setup weist bei uns nun richtung netzkultur? wir stützen uns momentan auf zwei websites. diese hier (kunstost.at) ist die „hauptbühne“ auf basis einer datenbank; ein „content management system“. dahinter gibt es eine art „arbeitszimmer“ auf konventioneller html-basis: van.at/kunst/ost

dazu bereiten wir mit kollegin nina strassegger-tipl heuer eine web-evidenz für kreative der „kunst ost“-basis vor. einzelportraits und features, die ihrerseits zu den persönlichen/privaten websites der leute verzweigen.

dieses weitreichende fundament im web wird noch durch eine präsenz auf „facebook“ ergänzt: [link] eine sehr dynamische ebene, umschlagplatz für informationen, auch raum für eine ansatzweise debatte über kunst, vor allem aber ein „geselliges eck“.

detail aus der „art klinika“ (novi sad)

es läßt sich also nach zwei jahren intensiverer aufbauarbeit zeigen, daß „kunst ost“ sich einige wichtige grundlagen geschaffen hat, auf die sich eine netzkulturinitiative stützen sollte. das meint, es gibt verschiedene personen-kreise im realraum, die über eine mehrschichtige struktur im internet verbindung halten und dort ihr tun darstellen.

was noch eine kluge ergänzung all dessen wäre: daß es im web auch spezifische werke dieser community gäbe, die nur in binär codierter form, also digital, voliegen. wichtig scheint mir ferner, daß sich beispiele „kollektiver kreativität“ zeigen würden, die sich über web-stützung etablieren.

dabei spielen telekommunikation und teleworking wichtige rollen. einen ansatz dazu haben wir nun beispielsweise in der grenzüberschreitenden „Šok alijansa“, der „schock-allianz“, die uns mit mehreren südslawischen kulturschaffenden verknüpft: [link]

„netzkultur“ meint aus meiner sicht vernetzungs-strategien in realer sozialer begegnung, ergänzt um angemessene verzweigungen ins web; zuzüglich eine auch künstlerische nutzung von digital-medien, also von binär codierten darstellungsformen.

das sollte im günstigstens fall ebenso von „medienkonvergenz“ handeln, also vom ineinandergehen verschiedener medien, wie es eben erst durch den gemeinsamen binärcode und den gemeinsamen maschinen-systemen möglich ist. (das werde ich bei nächster gelegenheit noch etwas genauer ausführen.)

[NETZKULTUR: der überblick]

talking communities #2

für mich sind diese schritte als „back to some basics“ angelegt. im data overflow einer dominanten fernsehwelt a la berlusconi, die auch auf die anderen medienbereiche erdrückenden einfluß nimmt, haben wir gute gründe, uns dieser grundlegenden kompetenzen zu versichern und sie konsequent einzusetzen: reale soziale begegnung und diskurs im sinne von „nennen sie ihre gründe!“

ich hatte „im fenster“ unter anderem zur frage gefunden, warum wir das nicht per lautsprecher nach draußen übertragen. nein, es geht um genau diese nähe, wo die mediale reichweite sich aus der physis, aus der konstitution unserer sinne herleitet. im zentrum der stadt, gut sichtbar, präsent, aber nicht an ein größeres publikum adressiert.

zur erinnerung: „broadcasting“, also das prinzip „ein sender, viele empfänger“, war eine grundsituation des faschismus. das personal der tyrannis ist immer bestrebt, die individuell gehaltene kommunikation unter kontrolle zu bekommen. dem gegenüber brauchen wir strategien und praxisformen, „öffentlichkeit“ und öffentliche diskurse erhalten zu können, auch wenn und gerade weil die aktuelle mediensituation das eher zu demontieren scheint.

der schon erwähnte abend in der „art klinika“ [link] bekam noch ein kurioses stück realismus in eben solchen zusammenhängen; auf welche arten nämlich menschen ihre möglichkeiten ausloten, um ein geistiges und kulturelles klima zu sichern, in dem eine zeitgemäße demokratie sich einlösen könnte. das sind ja zusammenhänge, die in meiner auffassung einer “art under net conditions” insofern wichtig sind, als ich stets auch nach den „ungebungsbedingungen“ meiner kunst zu fragen habe.

publizist gregor mayer, versierter kenner der region

es ist mindestens 25 jahre her, daß ich gregor mayer das letzte mal begegnet bin. wir haben seinerzeit in graz gemeinsam an einem zeitungsprojekt gearbeitet, zu dem auch mein „avantouristischer“ kollege emil gruber gehörte. es ist also eine ewigkeit und drei tage her, daß wir einander sahen. nun kam er in der „art klinika“ zur tür herein.

mayer lebt seit den 1980ern in budapest und in beograd, schreibt für blätter wie „profil“ und „der standard“ über jene entwicklungen, die uns in eine neue ära wuchten, von der wir so wenig wissen, welche kräftespiele uns zu welchen ergebnissen führen werden.

wir saßen nachts noch in diesem kleinen lokal, wo man die suppe im kochtopf serviert bekommt. in wenigen tagen wird er nach kairo abreisen, um über die aktuelle lage im irak zu berichten.

ich skizziere diesen hintergrund deshalb, weil er den angemessenen kontrast zur momentanen situation im vordergrund abgibt. es könnte heißen: „der weg der tausend gespräche“. ein weg kultureller und politischer entwicklung im sinne zeitgemäßer demokratie, im sinne eines eintretens für die unteilbarkeit der menschenwürde.

einige sehr wichtige impulse habe ich dazu im jahr 1999 vom damaligen botschafter chiles erhalten. osvaldo puccio hatte meine einladung nach gleisdorf angenommen, um in eine dialog-situation zu kommen, in ungefähr das, was wir heute als „talking communities“ realisieren. wir erörterten seine teils radikalen erfahrungen vor dem hintergrund seiner jahrelangen reisen in die dörfer chiles, um dort mit den menschen ungezählte gespräche, diskussionen zu führen.

tausend gespräche. im sinne der haltung von hrant dink, über den mir von einer türkischen künstlerin erzählt worden ist, er habe ein prinzip verkörpert, das so lauten könnte: „reden, reden, reden, bis wir einander kannten.“ [link]

gregor repräsentiert in seinem metier dieses suchen nach vorläufigen klarheiten, dieses ausloten eines status quo bei gleichzeitigem bemühen um intellektuelle redlichkeit. das sind übrigens einige der grundlagen dessen, was wir uns unter „talking communities“ vorstellen. eine klare gegenposition zur kulturellen „ära berlusconi“.

— [talking communities] —

aktuell von gregor mayer:
Aufmarsch, Die rechte Gefahr aus Osteuropa

talking communities

die „art klinika“ in novi sad ist ein ort, aber auch eine formation; eine gruppe kunst- und kulturschaffender. in den kellerräumen befindet sich unter anderem die „schock-galerie“, ausgangspunkt jener jungen „allianz“, die eben entsteht und die ein materielles wie immaterielles netzwerk ergeben soll: [link]

ich hatte nach meiner session in einem schaufenster in der innenstadt [link] dort gestern einen abend zu fragen künstlerischer praxis: Input. Iz serije „Umetnicke prakse“.

wie sich in der anschließenden debatte zeigte, es gibt für kunstschaffende in serbien zwar „sichtbarkeit“, also zugang zur öffentlichkeit, aber kaum einen markt. und daß in einer post-kriegs-gesellschaft öffentliche budgets für die kunst auf den prioritätenlisten eher weiter unten vorkommen, wird kaum überraschen.

nun handelt meine auffassung von einer “art under net conditions” (“umetnost u uslovima umreženja”) zwar von strategien, die unter eben solche bedingungen zu ergebnissen führen, allerdings in einem generell sehr wohlhabenden land; verglichen mit serbien. im sinne von: wenn ich den markt eher meide und die allgemeine sichtbarkeit der prozesse schon das wesentlichste ereignis ist, was einen lauf der (künstlerischen) dinge angeht, weil die essenziellen aspekte kleineren kreisen vorbehalten sind, welche art kunstfeld läßt sich damit bereiten?

daß die essenziellen aspekte kleineren kreisen vorbehalten seien, meint eine künstlerische praxis, die sich nicht primär an ein massenpublikum oder „die branche“ richtet, sondern sehr viel stärker in der art einer „forschungsgruppe“ und überschaubaren „reisegesellschaft“ funktioniert. („the quest“)

der serbische künstler nikola dzafo

unabhängig davon muß sich freilich ein jahresbudget ausgehen, „to make a living“. aber da bleiben auch fragen offen, wie etwa die nach den optionen für einen künstler wie beispielsweise nikola dzafo, eine schlüsselperson der „art klinika“. dzafo ist primär ein exzellenter maler und findet eben in diesem genre zu keiner passablen marktposition; mangels eines ausreichend potenten kunstmarktes im lande. das äußert sich dann auch in so banalen fragen, wie oft ein bild neu grundiert und übermalt werden kann, da die leinwände ja nicht gratis vom himmel fallen.

— [talking communities] —