Schlagwort-Archiv: talking communities

wohin und wie?

unser engagement für die gegenwartskunst hat vor- und rahmenbedingungen. wir haben gewissermaßen boden zu bereiten, um neue verfahrensweisen abseits des landeszentrums zu entwickeln und zu erproben. es geht um akzente von der basis her und um impulse von außen, um den blick über den tellerrand, aber auch um konkrete schritte über solche ränder hinaus.

das heißt für’s „basis-team“ konkret, die prägenden sozialen und kulturellen kräftespiele der region zu beachten, in die arbeit einzubeziehen. die grundlage dafür ist auf kontinuität ausgelegtes themenzentriertes arbeiten. das hat einen speziellen fokus im alljährlichen „april-festival“, dessen 2012-version wir nun schon vorbereiten:

Leben: Die Praxis der Zuversicht

wir haben einige themenbereiche und arbeitsansätze festgelegt, um die gegenwart der agrarischen welt in der „energie-region“ auszuleuchten. meine primären gesprächspartner für die entwicklung einer diesbezüglichen schwerpunkt-linie von „kunst ost“ sind der tierarzt karl bauer und der künstler christian strassegger. (zum aktuellen hintergrund siehe den beitrag brisanz und idylle!)

christian strassegger, präziser fotograf und schöpfer humorvoll gehaltener objekte

über die befassung mit der „nikola tesla-doktrin“ entwickeln wir außerem einen technologie-schwerpunkt, den ich augenblicklich mit kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov detaillierter ausarbeite.

sie kommt ursprünglich aus der motorenentwicklung (avl list), ist also mit beiden metiers, der technik und dem kulturbetrieb, vertraut. bei diesem teilthema sind wir via teleworking mit dem, belgrader forscher branimir jovanovic im einvernehmen und im austausch. (er war eben unser gast beim „april-festival“ 2011.)

eine der arbeiten, mit der malerin michaela knittelfelder-lang auf einen besuch im elin-werk für elektromotoren reagiert hat

so bemühen wir uns um die erzeugung eines „möglichkeitsraumes“, aus dem kunstschaffende anregungen für weitere vorhaben finden. es sind nicht nur die inhalte, es sind auch ambiente und inventare im bereich der genannten themen, aus denen sich ästhetische impulse beziehen lassen, wie etwa die aktuelle arbeit von malerin michaela knittelfelder-lang belegt.

mirjana peitler-selakov befaßt sich zur zeit auch mit dem thema „frauen und technik“, womit der bereich „frauenemonat“ weiter geführt wird. sie bereitet überdies für den herbst unseren tradtionellen kunst-schwerpunkt mit internationalem bezug vor.

mit dem oben erwähnten christian strassegger arbeiten wir ferner an der „künstlerischen klammer“, die zwischen den genannten themenbereichen vermitteln und sie zusätzlich auf das reale gebiet der „energie-region“ übertragen soll. das realisieren wir unter dem titel „close to nature“, inhaltlich 2010 von mirjana peitler-selakov erarbeitet.

mirjana peitler-selakov (rechts) mit zwei "schlüsselpersonen" des heurigen "april-festivals", den malerinnen irmgard hierzer (links) und michaela knittelfelder-lang

zu all diesen vorhaben, die auf künstlerische und themenbezogene schwerpunkte ausgerichtet sind, kommt begleitend die serie talking communities, in der es vor allem darum geht, know how zu mehren.

dabei verfolgen wir zwei linien. mit dem einen teil „konferenz in permanenz“ bieten wir vor allem anregungen zu kulturpolitischen fragen an, mit dem anderen teil „was sagen kunstwerke?“ erschließen wir möglichkeiten der debatte über kunst und kunstwerke. den auftakt dazu hatten wir mit medienkünstler niki passath: [link]

das ist die aktuelle aufgabenstellung von „kunst ost“, an der wir mit engagierten menschen arbeiten möchten. das bedeutet vor allem, wir sehen es NICHT als unsere aufgabe, FÜR andere eine bühne zu bauen und so „kulturprogramm“ zu fahren. wir sehen es als unsere aufgabe, MIT anderen an der kulturellen situation dieser region zu arbeiten.

lokalaugenscheine

rein in räume, rauf auf leitern, runter auf den boden der tatsachen, rüber ins nächste cafe. vorbereitungen. letzte klärungsschritte. jetzt liegen noch zwei vernissagen vor uns und gegen ende des monats werden wir den nikola tesla-tag absolvieren.

fotograf franz sattler auf fact finding mission in albersdorf

der „boden der tatsachen“ ist ja vor allem auch ein „deutungsraum“, ein terrain, wo verhandelt wird, was die dinge seien. künstlerische verfahrensweisen als einer von mehreren wegen, um reflexion und deutung vorzunehmen, auch selbstvergewisserung.

warum ist das wichtig? aus wenigstens zweierlei gründen. wir sind sinnsuchende wesen, denen bloße alltagsbewältigung gewöhnlich nicht reicht, um damit ein leben auszufüllen. da treffen sich dann im günstigsten fall etliche intentionen von kunstschaffenden und publikum.

ein letzter lokalaugenschein im "business park"; von links: franz lukas, manuela petermann (von "ingenos"), richard mayr und andreas turk

das „april-festival“ ist heuer mehr denn je zu einem ereignis geworden, in dem äußerst verschiedene kreative menschen sich aus einer größeren themenstellung ein teilthema wählten, um es mit ihren bevorzugten mitteln zu bearbeiten.

und während sich dieses festival dem ende zuneigt, sind schon die ersten arbeitsschritte für das von 2012 in gang: [link] so wollen wir einen ausreichend großen zeitraum öffnen, damit a) jene für nächste „location crews“ zusammenfinden, die in neuen frage- und aufgabenstellungen harmonieren und damit b) um genug zeit zu haben, die anspruchsvolle themenstellung auszuloten.

zwei vernissagen: [gleisdorf] [albersdorf]

im mai tagen dann wieder die „talking communities“. einmal geht es um grundlagen der kulturförderung: [link] zum anderen sehen wir uns ein kurioses stück regionalgeschichte etwas näher an. heinz boxan, vormals verwalter auf gut herberstein, wird uns einblicke bieten, wie das ausplündern der republik gelingt, wenn leute aus unseren eliten zusammengreifen.

heinz boxan ist insider eines spektakulären betrugsfalles in der oststeiermark.

das verspricht ein aufschlußreicher abend zu werden: [link] in tagen der einbrechenden budgets dürfte die verlockung zu solchen machenschaften ja da und dort ansteigen. apropos einbrechende budgets! wie sehr wir davon im kulturbereich betroffen sind, habe ich schon skizziert. aber da gib es noch ganz andere problemlagen.

das leben schwer behinderter menschen ist ebenso belastet wie das ihrer angehöriger. bisher haben kompetente assistenzleistunen deren existenz stabilisiert. und genau da drohen nun streichungen, die etliche betroffene an den rand von panik bringen. ich trage hier einige diesbezügliche informationen zusammen: [link]

— [april-festival] —

talking communities #5

die worte sind nicht das, was sie bezeichnen. also können wir die dinge ganz beliebig benennen. nichts zwingt uns, an bestimmten begriffen festzuhalten. aber wenn in meinem umfeld nicht bekannt ist, was ich mit welchen worten bezeichne, haben wir ein verständigungsproblem.

kaum ein bereich menschlicher selbstvergewisserung entfaltet sich so radikal zwischen derlei übereinkünften und deren möglichen gegenteilen, wie die kunst. damit meine ich, nie sind wir uns der bedeutungen und der begriffe sicher. genau darin liegen die möglichkeiten für enorme erfahrungen.

diese wunderbare unschärfe mag in den bereichen der künstlerischen praxis und der kunstrezeption vorrangig sein. für fragen der kunstvermittlung und der kulturpolitik brauchen wir es temporär meist etwas genauer.

ich betone das temporäre, weil ich darauf bestehen muß, daß keine der übereinkünfte in dieser sache als zeitlos festgeschrieben gelten darf. wir haben stets neu zu verhandeln, was womit gemeint sei.

medienkünstler niki passath eröffnet unsere serie "was sagen kunstwerke?"

dieser grundlegenden forderung (für eine zeitgemäße kulturpolitik) ist unsere reihe „talking communities“ gewidmet. sie hat vorerst zwei bereiche, die einander ergänzen sollen.

den einen bereich bespielen wir mit der reihe „was sagen kunstwerke?“. dazu laden wir kunstschaffende ein, sich mit einem interessierten publikum über ein konkretes werk aus ihrem oeuvre auseinanderzusetzen.

das geschieht heuer erstmals im rahmen des „april-festivals“, wo medienkünstler niki passath sich bereit erklärt hat, den auftakt zu übernehmen.

heimo steps, derzeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, wird bei unserer "konferenz in permanenz" einige grundlagen der kulturpolitik darlegen

den zweiten bereich lösen wir über debatten zu verschiedenen teilthemen ein. dazu hat sich heimo steps bereit erklärt, mit uns die intentionen des landeskulturförderungsgesetzes zu erörtern. (steps hat vor einiger zeit grundlagen zum aktuellen steirischen gesetz erarbeitet. er leitet momentan den steirischen förderbeirat.)

wir werden also gelegenheit finden, aus erster hand zu erfahren, wie solche fragen im bereich von politik und verwaltung behandelt werden. in summe liegt mir daran, daß wir über gesprächssituationen und laufende diskurse klären, in welchen konkreten zusammenhängen sich unser kulturelles engagegment und künstlerisches tun entfaltet.

— [talking communities] —
— [april-festival] —

Was sagen Kunstwerke?

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov, bei „kunst ost“ vor allem für den Programmbereich und für internationale Kontakte zuständig, hat für unseren Bereich der „talking communities“ eine eigene Debatten-Reihe entworfen. Wir werden das im Lauf dieses Jahres ausbauen. Die zentrale Frage lautet dabei:

Was sagen Kunstwerke?

Wir funktioniert das? Wir haben nun schon einzelne Kunstschaffende gewonnen, an je einem Abend ein Werk mitzubringen, dieses kurz zu erläutern, dann einer offenen Debatte darüber beizuwohnen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov (2. v. links) neben christian strassegger, michaela knittelfelder-land und irmgard eixelberger

Wir laden zu diesen Abenden vor allem Künstlerinnen und Künstler aus unserem Umfeld ein, aber auch – ganz generell – an Kunst interessierte Menschen. Und wozu das? So sollen Gelegenheiten und Anregungen entstehen, um konkrete Erfahrungen zu sammeln, wie wir über Kunst reden und debattieren können.

Ich habe schon mehrfach erwähnt: Wenn alles Kunst ist, dann ist nichts Kunst. Wenn wir keine Begriffe von den Dingen haben, können wir nicht darüber sprechen, auch nicht darüber streiten.

Sprechen und Sprachen! Spricht beispielsweise der etwas brummige Oswald Oberhuber über verschiedene Kunstrichtungen, dann meint er eigentlich „Sprachen“. Nach seiner Auffassung gibt es keine Stile, sondern – so führt er aus – Künstler entwickeln eigene Sprachen.

medienkünstler niki passath zwischen mirjana peitler-selakov und sandra kocuvan

Es geht also um Code-Systeme, um Kommunikationsbedingungen, um Zeichen und Bedeutungen. Das legt nahe: Wie man andere Sprachen durch Studium und Praxis erlernen kann, sind uns auch die „Sprachen“ der Kunst zugänglich, wenn wir uns auf entsprechende Erfahrungsprozesse einlassen.

An den Abenden zum Thema „Was sagen Kunstwerke?“ im Rahmen der „talking communities“ geht es dann auch um Fragen wie „Können Kunstwerke zum Nachdenken bewegen?“ „Was sagen sie aus und zu wem sagen sie was?“ Kunstschaffende und Publikum sind eingeladen, in einer Reihe von öffentlichen Erörterungen eine bewußte, kritische Beziehung zur zeitgenössischen Kunst zu suchen.

Eine der ersten Stationen wird die Malerin Herta Tinchon anbieten, die demnächst ihre Personale im Gleisdorfer „MIR“ („Museum im Rathaus“) eröffnet. Eine andere Station bietet Medienkünstler Niki Passath bei unserem kommenden „April-Festival“.

+) „April-Festival
+) „talking communities

zwischenstände

was geschieht zur zeit? na, so allerhand. eben hatten wir eine weitere station der „talking communities“: [link] tom tipu pono und renate buchgraber vom projekt „:freie galerie:“ fanden sich zu einer debatte ihrer konzeptionellen grundlagen ein. das in graz ansässige galerie-projekt wird – von einigen kühnen annahmen über den kunstbetrieb ausgehend – nun aus der webpräsenz in eine zusätzliche ereignis-zone im realraum überführt.

tom tipu pono und renate buchgraber vom projekt „:freie galerie:“

einiger anlaß, einschätzungen und aussichten zu debattieren. davor hatten wir ein bemerkenswertes arbeitsgespräch mit meinen “drei tenören”, die freilich nicht singen, sondern ein ungewöhnliches projekt-trio ergeben, in dem eine reflexion über unseren lebensraum zu einem gemeinsamem fotografischen statement führen wird.

da war der moment, in dem franz lukas kopfschüttelnd sagte: „je mehr ich über meine letzten aussagen nachdenke, desto mehr entferne ich mich davon. ich fange wieder bei null an.“ das hat uns amüsiert und es war ihm vermutlich in dem augenblick gar nicht klar, wie sehr genau das, diese radikale bereitschaft, vorläufig erreichtes zu verwerfen, oft ein wertvolles fundament künstlerischer praxis ist. eine unverzichtebare art von produktivem zweifel.

das trio im radikalen kontrast: richard mayr, andreas turk und franz lukas

lukas sagte, es werde seine arbeit vermutlich darauf hinauslaufen daß er nur ein einziges bild zeige, in dem sich der prozeß verdichte. ich wünschte, er würde gute gründe finden, sich von dieser konsequenten konzentration nicht abbringen zu lassen. wir haben also im set nun den „buddhisten“ (lukas), den „praktikanten der kontraste“ (turk) und den „zeitreisenden“ (mayr).

von links: das gleisdorfer kultur-team alois reisenhofer, sigrid meister und winfried kuckenberger

andere session, anderes trio. gleisdorfs kulturreferent alois reisenhofer, kulturbüro-leiter winfried kuckenberger und „MIR“-kustodin sigrid meister in einer debatte mit uns, wo es denn nun regional/kulturell weitergehen könne und wovon allenfalls eine weiterführende kooperation zwischen “kunst ost“ und der stadt gleisdorf handeln könnte.

jungejunge! das sind frostige zeiten. und irgendwie ist in der region so allerhand schaden entstanden; genauer: in der regionalpolitik. das hat aber vielleicht auchn sein gutes. der status quo legt uns behutsame schritte nahe. achtsame prüfung der möglichen vorhaben und der fragen, was dabei das zeug zum konsens hat.

neben all dem erreicht mich einige unruhe anläßlich des buches über den „fall herberstein“, das nun erscheint. ich habe daran als sekretär von autor heinz boxan mitgearbeitet. dadurch haben wir bei „kunst ost“ die basis-finanzierung für das erste quartal 2011 erwirtschaftet: [link]

boxan stand mit andrea herberstein, die sich notorisch „gräfin“ nennen ließ, vor gericht. beide wurden für die verübten betrügereien verknackt; boxan zu bedingten, herberstein zu unbedingten strafen. das buch erscheint in kürze, denn für den 17. februar wird das gerichtsurteil der zweiten instanz erwartet: [link]

ich erhalte inzwischen schon manche zuschrift, die mir „andere blickwinkel“ zum casus quasus anbietet. alles sehr interessant, denn es illustriert, was noch heute populäre auffassungen von regionalentwicklung sind, welche sich auch die falsche „gräfin“ nutzbar machte. ich bin sehr neugierig, was ich in der angelegenheit noch erfahren darf …

— [kunst.rasen] —

talking communities #4

unsere „konferenz in permanenz“ ist hauptsächlich der laufenden erörterung von kulturpolitischen fragen und anforderungen zeitgemäßer medienkompetenz gewidmet. sie hat eine vorgeschichte, die über mehrere jahre in sehr verschiedene formen stattfand: [link]

mit unserer „novi sad-session“ haben wir einige unserer inzwischen erprobten verfahrensweisen gebündelt. es geht um die möglichkeit, diskurs und reale soziale begegnung zu verknüpfen und damit (teils) auch markierungen im öffentlichen raum zu setzen. damit betonen wir a) die notwendigkeit kritischer debatten und b) die konkrete körperliche anwesenheit im öffentlichen raum als politische kategorie.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov (links) in der debatte mit "diagonale"-chefin barbara pichler (mitte) und deren mitarbeiterin brigitte bidovec. thema: visuelle codes verstehen

damit drücken wir ferner kulturpolitische ansprüche aus, gestützt auf eine simple bedingung: „nennen sie ihre gründe!“ das hat uns in seiner aktuellen umsetzungsform zum konzept der „talking communities“ geführt: [link]

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov ist gerade damit befaßt, dies arbeitsebene um eine spezielle version zu ergänzen, die kunstschaffende und publikum in eine gemeinsame debatte führt.

es geht bei all dem auch um aktuelles rüstzeug, speziell um medienkompetenzen, die uns nützen sollen, a) eine von medienanwendungen durchdrungene gesellschaft besser zu verstehen und b) einiges davon in künstlerischer praxis nützen zu können.

philosoph dragan prole bei unserer "novi sad-session"

in der notiz #1 ist der aktuelle auftakt skizziert, den wir im serbischen novi sad realisiert haben. die notiz #2 erläutert einige basics und den zusammenhang mit einem wesentlichen schlüsselerlebnis; als osvaldo puccio, der damalige botschafter chiles, meiner einladung nach gleisdorf folgte.

die notiz #3 nimmt bezug auf prozesse, die zu einer position „jenseits der salons“ führen mußten. um es etwas polemisch auszudrücken: wenn die burgeoisie zu einem die welt umspannenden konzept geworden ist und die „neue landflucht“ urbanes leben betont wie nie zuvor, wenn überdies eine anachronistische bohéme die spaßnummer zwischen „alles karajan!“ und „es bellen die rebellen“ gibt, haben wir einigen klärungsbedarf, auf welche arten wir uns wo und wozu treffen möchten, um der gegenwartskunst boden zu sichern. vor allem jenseits des landeszentrums …

— [talking communities] —

was fördert das land?

ich war voriges jahr aus dem zentrum der „energie-region“ vom obmann informiert worden, daß die „schlossfestspiele stadl“ als LEADER-kulturprojekt eingereicht werden würden. der zuständige ausschuß auf landesebene lehnte das projekt heuer ab. ulla patz, leitende redakteurin der „kleinen zeitung“ in weiz, faßte den status quo unter dem titel „was das land fördert“ zusammen: [link]

das könnte ein anregender anlaß für eine debatte über regionals kulturgeschehen sein. ich hab die angelegenheit in unserem projekt-logbuch kommentiert: [link] und überdies frau patz einige zusammenhänge aus meiner sicht erläutert. (meine mail an ulla patz finden sie hier am ende dieses eintrags.) sie hat diese post nun im blatt aufgegriffen: [link]

heimo steps, derzeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, wird bei unserer "konferenz in permanenz" einige grundlagen der kulturpolitik darlegen

ich halte es für erfeulich, daß in der „kleinen“ offenbar platz ist, um einige kulturpolitische fragestellungen in den öffentlichen diskurs zu bringen. entsprechend hoffe ich, daß andere akteurinnen und akteure dieses bereiches sich nun äußern werden.

es wäre von vorteil, wenn so die teilweise sehr kontrastreichen (kulturpolitischen) optionen einmal auf den tisch kämen, um eine grundlage zu schaffen, auf der erste schritte für eine REGIONALE KULTURPOLITIK zu gehen wären, die jeweils eben NICHT an orts- und gemeindegrenzen enden.

kleiner einschub:
ich habe heimo steps, den derzeitigen vorsitzenden des förderbeirates, der das stadl-projekt abgelehnt hat, für eine „konferenz in permanenz“ eingeladen, er hat uns sein kommen zugesagt. da werden wir einige grundlagen der kulturförderung mit ihm erötern können: „talking communities“ [link]

ein querverweis:
im süden der region machen wir gerade positive erfahrungen, wie sich so ein temporäres zusammengreifen anfühlen kann, wo sich plötzlich bürgermeister, gemeinderäte, kulturbeauftragte und sogar unternehmer mit künstlern und kulturschaffenden an einen tisch setzen, um sich über mögliche kooperationen zu verständigen. siehe dazu die übersicht unseres „april-festivals“! [link]

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Betreff: Was das Land fördert
Von: der krusche
Datum: Thu, 03 Feb 2011 11:59:04 +0100
An: ulla.patz (kleine zeitung)
werte frau patz!

zu ihrem artikel „Was das Land fördert“: das betrifft GESAMT ja eigentlich ZWEI ganz verschiedene fördermöglichkeiten im land steiermark.

a) die herkömmliche landeskulturförderung, zu der man wie gewohnt einreichen kann und
b) die zeitlich limitierte LEADER-kulturschiene, die mit der leader-förderperiode bald endet und die ein ganz eigenes regelwerk hat.

einreichungen müssen für BEIDES aber im kulturauschuß behandelt werden.
obmann chr. stark hatte mich vor der jahreswende informiert, daß die stadl-festspiele als LEADER-projekt eingereicht würden.

da hätte man freilich von hausaus wissen können, daß die chancen extrem gering bis nahe null sind, weil dort die zuständige referentin der kulturabteilung ganz unmißverständlich klar gemacht hat: es geht bei der leader-kulturschiene hauptsächlich um GEGENWARTSKUNST.

darin hat sie auch konsens mit dem zuständigen referenten der abteilung 16. das wäre NACH dem regionalen lenkungsausschuß die folgende instanz. und dieser instanz folgt eben der ausschuß, der das stadl-projekt offenbar abgelehnt hat.

bliebe also die generelle steirische förder-schiene, die ja allen kulturschaffenden zugänglich sein muß. aber hat man halt die landesweite, harte konkurrenz sehr viel größerer einrichtungen, die dieses genre (operette & musical) pflegen.

wir alle kannten die aktuellen leader-präferenzen seit märz 2010 sehr genau … bei jener konferenz waren ja auch die leader-managements vertreten: [link]

damals mußte also dem management klar sein, daß operette eher nicht gehen wird. ab MAI 2010 wußten alle professionals des steirischen kulturgeschehens: zur jahreswende hin wird es einschüchternde budget-einbrüche geben: [link]

diese headline — „die abrissbirne scheingt bereits“ — hat uns allen klar signalisiert: wer jetzt keine zukunftsweisenden konzepte hat bzw. bloßn dinge vorhat, die im kielwasser herkömmlicher vorhaben liegen, wird beim land kaum ein budget abholen können. da waren also z.b. die tagung mit vollath in graz und in weiz: [link]

nun ist es ja keineswegs so, daß all diese entwicklungen besagen: hier gehts NUR gegenwartskunst, vergessen wir den rest. nein!

es gäbe eine reihe von optionen, in der regionalen kulturpolitik verschiedene genres zu KOMBINIEREN und so ein paar ereignislinien zu entwickeln, die quer durch die region reichen, die gemeinsam eine größere KO-finanzierung aus verschiedenen förderschienen ermöglichen würden.

EINE voraussetzung dafür wäre halt, daß diverse orts-honoratioren endlich aufhörten, nur für die eigene gemeinde zu denken und zu handeln und daß sich erfahrene leute an einen größeren tisch setzen.

in der praxis dominiert derweil noch der modus: kriegt der eine was, wird der andere ihn dafür hassen.

das ist natürlich ein sicherer weg, die entwicklung der REGION in den aktuellen krisenlagen zu BREMSEN, statt zu fördern.

viel smarter wäre dagegen wohl, wenn die zuständigen funktionstragenden sich einmal aufraffen könnten, arbeitsedingungen anzubieten, in denen sich PROZESSHAFT erarbeiten ließe:

+) was sind KULTURPOLITISCHE zielsetzungen für die REGION, auf die wir uns einigen könnten?
+) welche rahmenbedingunen und welche mittel wären dafür nötig?
+) wer könnte in der prakischen umsetzung dann welche nötigen kompetenzen abdecken?
+) wie könnte eine wache REGIONALPOLITIK so einen prozeß begleiten, fördern und sichern?
+) damit nämlich die SACHPROMOTOREN mit den MACHTPROMOTOREN der region zusammenfinden und in der praxis LERNERN, wie eine längerfristige kooperation sehr verschiedener charaktere funktionieren könnte.

🙂
martin krusche

das neu formierte basis-trio

die neue konzeption von „kunst ost“ ist eine praktische reaktion auf den strukturellen erdrutsch im kulturellen gefüge der steiermark. die ersten zwei wochen des neuen jahres liegen hinter uns, die wesentlichen pläne für 2011 sind so weit überarbeitet, daß wir nun absolut handlungsfähig sind; wenn auch unsere vorhaben heuer etwas bescheidener ausfallen müssen als vorher.

hauptereignis ist natürlich das kommende april-festival. auf dem weg dort hin werden wir am 8. februar die hochspannungshalle der TU graz besuchen, um uns einige aspekte dieser technologie genauer darlegen zu lassen.

medienkünstler und erfahrener robotiker: niki passath

außerdem wollen wir ende jänner noch die ausstellung roboterträume im kunsthaus graz besuchen. dafür hat uns ein äußerst sachkundiger mann jetzt kursorisch zugesagt, als führer zu fungieren. der medienkünstler niki passath wird sich zeit nehmen, uns bei diesem besuch zu begleiten, um die zusammenhänge und hintergründe zu erläutern.

mirjana peitler-selkavon (links) und nina strassegger-tipl von "kunst ost"

außerdem starten wir in der zweiten februar-hälfte auch mit der serie „talking communities“, bei der es gelegenheit gibt, interessante kutzrschaffende näher kennen zu lernen, debatten zu führen, kontakte zu knüpfen. das sind die aktuellen schritte des neuen basis-trios: martin krusche (künstler), mirjana peitler-selakov (kunsthistorikerin) und nina strassegger-tipl (kulturmanagerin)

Kunst ist kein Hobby

so hat christian henner-fehr einen aktuellen beitrag in seinem „kulturmanagement blog“ überschrieben: [link] dabei eröffnet er gleich mit einem sehr populären klischee: „Wer sich künstlerisch betätigt, wird von seinem Idealismus angetrieben und macht das nicht wegen des Geldes. Solche Sätze haben Sie wahrscheinlich auch schon des öfteren gehört.“

woher kommen solche ideologischen konstruktionen? ursprünglich ist das ja eine sehr romantische vorstellung aus gesellschaftlichen kreisen, die andere für sich arbeiten ließen. wer sich nicht den ganzen tag abrackern mußte, um ein leben zu haben, durfte freizeit und muße darauf verwenden, sich „edle lebenszwecke“ auszudenken.

heute hat eine im sturm der boulevard-medien geglättete „freizeitgesellschaft“ auf neue art sinnkrisen. vor allem auf sehr viel breiterer basis. da müssen dann zum beispiel romantische vorstellungen was kunst sei als „sinnstiftungsgeschäft“ herhalten.

wir werden heuer im rahmen der „talking communities“ quer durchs jahr ein wenig beleuchten, welche unterschiedlichen positionen in unserer umgebung bestehen und welche begriffsklärunen sich allenfalls als nützlich erweisen.

es wird nicht darum gehen, eine position gegen die andere auszuspielen, sondern besser zu lernen, wie sehr unterschiedliche zugänge neben einander und manchmal mit einander bestehen können, um in summe ein kraftvolles kulturelles klima zu tragen.

[talking communities]

talking communities #3

kulturelle salons, zirkel, das hat so seine historien. diese kulturellen ereignisse, seit dem 18. jahrhundert in europa von bedeutung, waren in unserer geistesgeschichte prägend. sie waren auch die quelle bemerkenswerter geschichten.

ein beispiel: fjodor dostojewski gehörte einem zirkel an, in dem er einen text von wissarion belinski verlas, der gogol gewidmet war. dieser leseakt brachte ihn nach sibirien. der zar hatte ihm die lesung mit verbannung und zwangsarbeit quittiert.

sie merken schon, romantisch ist das eigentlich nicht. außerdem handeln solche geschichten von kreisen, denen meine leute nicht angehört haben. was sich dann als „bürgerlicher salon“ herauskristallisierte, ein hort kultureller entwicklungen (und politischer merkwürdigkeiten), kann eigentlich auch kein angemessenes modell für mein milieu abgeben.

nostalgia 1984: martin krusche (links) mit dem filmemacher herbert josef grosschedl

heute ranken sich viele legenden um das grazer „forum stadtpark“. das meiste davon halte ich für kreative privatmythologien, wenngleich man die meriten von fredi kolleritsch & co. ja nich gering schätzen muß. das war die generation vor uns. und die ist hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt gewesen. (diesbezüglioch sind wir bei diesen professoren und bohemiens in die lehre gegangen.)

schließlich gab es „graz underground“ in den 1980er-jahren, boheme-hafte zustände, künstlerisch betonte kreise der nachfahren von keuschlern, kleinhäuslern, dienstboten. wie viele generationen hatte es bisher denn gegeben, um solche art der „kulturellen kreise“ zu erproben? wir waren eher „offene zirkel“, ohne gemeinsames programm, ohne gemeinsame vorhaben im kunstbetrieb.

nostalgia 1984 (von links): walter grond, lucas cejpek, helga glantschnig und stephan eibel erzberg

unter uns gab es zwar vereinzelt leute, die situierter mittelschicht entstammen, aber das war ja eigentlich kleinbürgertum, bildungsbürgertum, also seinerseits noch in erheblicher sozialer distanz zu dem, was in den rund 200 jahren davor „salon-kultur“ ausgemacht hatte.

die unsägliche „verschnöselung“ des bildungsbürgertums hat inzwischen einige terrains frei gemacht. was meint „verschnöselung“? ich habe es seit vielen jahren im kulturbetrieb laufend mit akademisch graduiertem personal zu tun, darunter erfüllen nur die wenigsten leute grundlegende standards ihres milieus. ich kann bei diesen leuchten die simpelsten standards an kunstverständnis und wissen um kulturelle zusammenhänge nicht voraussetzen.

solche „schnösel“ habe ich nicht nur in politik und verwaltung, sondern auch in allerhand managements vor der nase. da herrscht eine stichwortgeberei, ein einwerfen von floskeln, aber wenn ich genauer nachfrage, falle ich in’s leere. das hat kulturpolitisch fatale folgen.

so sind wir schon eine weile damit befaßt, adäquate situationen zu entwerfen, die einer entspannten debatte über fragen der kunst und des kulturbetriebes förderlich sind, ohne dabei zu einer billigen karikatur bürgerlicher kultursalons zu werden. das sind hintergründe des weges von „talking communities“

— [talking communities] —