Es wurde vor rund einem Jahrzehnt eine Produktion, für die drei durchaus schrullige Leute zusammengegriffen haben. Dabei ging es um ein altes Medium.

Es wurde vor rund einem Jahrzehnt eine Produktion, für die drei durchaus schrullige Leute zusammengegriffen haben. Dabei ging es um ein altes Medium.
Seit den letzten Jahren fokussiert das Kuratorium für triviale Mythen in kontrastreicher Art auf einige Motive der Populärkultur. Der 14. April 2012 ist dabei eine spezielle Markierung. Ich hielt im Weizer Gasthof Allmer, den Vortrag „Gehen, reiten, fahren“ (Fahrzeug & Fetisch): [link] Das war eine Station im damaligen April-Festival von Kunst Ost.
Wir haben unser heuriges „April-Festival“ mit einer Session in Bad Gleichenberg abgeschlossen: [link] Nun lädt Kathi Velik, Initiatorin der Kulturinitiative „Kopfbahnhof“, für den kommenden Pfingstsonntag zu Finissage und Brunch, um dieses Ereignis abzurunden: [link]
Währenddessen bereiten wir alles für den heurigen „FrauenMonat“ vor, der diesmal stärker dem praktischen Tun gewidmet ist. Mit Stefanie Wuschitz, Miss Baltazar’s Laboratory, Niki Passath… Dazu sind uns noch Mädchen und junge Frauen willkommen, welche in die (gratis) Workshops einsteigen möchten: [link] Es wird allerdings eine abschließende Veranstaltung dazu geben, die öffentlich zugänglich ist.
Kulturpolitische Fragen sind akuter denn je. Die IG Kultur Steiermark hat in der Sache eine Veranstaltungsserie konzipiert, welche auch in der Provinz Station machen wird. Wir leisten dazu einen Beitrag im Rahmen der „talking communities“. Der Titel sollte Anlaß für ausführlichere Erörterungen sein: „Kunst ist kein Reparaturbetrieb“ [link]
Es ist ja nach wie vor so, daß in regionaler Kulturpolitik die Budgets oft genau NICHT für den Bereich Gegenwartskunst eingesetzt, sondern Richtung sozialer Agenda bewegt werden. Das erzeugt Klärungsbedarf. Siehe dazu auch den Beitrag #22 bei „Wovon handelt Kulturpolitik?“ [link]
Es ist nun bezüglich Mobilitätsgeschichte ein nächster Schritt in Arbeit. Ich mache gerade in Kooperation mit dem Wiener Historiker Matthias Marschik ein weiteres „Puch-Puch“ startklar, das kommenden Herbst unter dem Titel „In Österreich weltbekannt“ (Die Geschichte des Steyr Puch 500) erscheinen wird.
Marschik ist mit den Bereichen Sozialgeschichte und Massenkultur sehr gut vertraut, also ein vorzüglicher Kooperationspartner für unseren diesbezüglichen Vorhaben: [link]
Fotograf Richard Mayr scheint zu grübeln. Der rote Kofferraumdeckel gehört zu einem Ferrari Mondial. Der wiederum gehört Michael Toson, von dem ich hier nun mehrmals erzählt habe, weil er die Bastelbögen zum aktuellen „Puch-Buch“ erstellt hat. (Toson spiegelt sich rechts in der Scheibe des Wagens.)
Die „Vorpremiere“ des Puch-Albums ereignet sich im Rahmen des „April-Festivals“, wo ich das Thema “Gehen, reiten, fahren” referiere: [link] Ich bin momentan sehr tief in die historischen Grundlagen unserer Mobilitätsgeschichte verwoben.
Zur Gegenwart dieses Themas zeigen sich bei uns auch kuriose Bezüge, da unsere Kuratorin Mirjana-Peitler-Selakov in wenigen Tagen bei Magna Steyr an Bord gehen wird, um dort einen Bereich der Sicherheitskontrolle in der E-Car-Forschung zu übernehmen. Siehe dazu: „Gleisdorf als Angelpunkt“ [link]
Doch zurück zu Richard Mayr. Die Gleisdorfer Galerie „Einraum“ erhält gerade ein neues Konzept, das von der Firma Kricker Glas [link] mitgetragen wird. Im Vorbeigehen fällt dort momentan der mächtige, barock anmutende Goldrahmen des großen Fensters auf. Und das Zebra, welches einem da entgegenblickt.
Hier sind also zur Zeit einige Arbeiten von Mayr zu sehen, der kommenden Dienstag ein Teil jenes Trios ist, das eine weitere Station des „April-Festivals“ ergibt: [link]
Das Puch-Buch
Einige Puch-Werke mit 9 Bastelbögen
Von Martin Krusche, Michael Toson & Jörg Vogeltanz
Ein Album, 36 Seiten, Euro 9,- (zuzügl. Versand)
Die Bezeichnung „Puch-Schammerl“ oder „Puch-Auto“, kurz „Pucherl“, ist auch jenen geläufig, die kein ausgeprägtes Interesse an Automobilen haben. Jene Generationen, die in den 1950er- und 60er-Jahren geboren wurden, haben diese Fahrzeuge noch im Alltag erlebt. Vor allem aber Fahrräder, Motorroller und Motorräder der Marken Steyr und Puch.
Massenmotorisierung und motorisierter Individualverkehr sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich geworden. Das Automobil war nicht nur Vehikel, sondern zugleich ein soziales Statement. Es drückte vor 50 Jahren die Teilhabe am kommenden Wohlstand aus.
Rund ein Jahrhundert lang waren österreichische Betriebe in der Fahrzeugentwicklung mehr als einmal international tonangebend. Neben den oben angedeuteten sozialgechichtlichen Aspekten sind in der Historie von Steyr, Austro Daimler und Puch auch einige bedeutende Kapitel der Technologiegeschichte festgeschrieben.
Gerade diese Mischung ist heute interessant. Die Verzahnung von Sozial- und Technologiegeschichte im Heraufdämmern völlig neuer Formen der Massenkultur, wie sich das ab 1933/34 vollzogen hat; in Prozessen, die bis heute andauern. Es ist eine Grundlage zum Verständnis des 20. Jahrhunderts, diese komplexe Gesamterscheinung des Themas wenigstens skizzenhaft zu verstehen.
Wir rollen das Thema im „Kuratorium für triviale Mythen“ von der Seite der Alltagskultur her auf. Wir vertiefen es aber auch für Momente in solide geschichtliche Betrachtungen und führen von da zurück zu den vergnügten Äußerungen einer (auto-) mobilen Massengesellschaft, die ihre daher rührenden Probleme noch weitgehend ignoriert.
Das „Puch-Buch“ (Krusche, Toson & Vogeltanz) ist einer von mehreren Beiträgen zu diesem Unterfangen, welches sich in verschiedene mediale Formen verzweigt. Neben der geschichtlichen Skizze bieten wir im Album neun Bastelbögen mit den wichtigsten Fahrzeugen der Steyr-Daimler-Puch AG (nach 1945) zur Betrachtung, aber auch, um die Fahrzeuge en miniature zu bauen.
Die Bastelbögen
• Der Prototyp PUCH U3
• Das erste Serienmodell PUCH 500
• Der renntaugliche PUCH 650 TR II
• Der Kombi PUCH 700 C
• Der Schlußakzent STEYR FIAT 126
• Der kleine Allrad-Star PUCH HAFLINGER
• Der große Haflinger-Nachfolger PUCH PINZGAUER 710 M
• Der Allrad-Evergreen PUCH G 300 GD
• Die Concept-Studie MAGNA MILA
Kontext
Ein Beitrag zum Thema Mobilitätsgeschichte
kunst ost, vision 2050: [link]
Weiterführend im Internet
• Kuratorium für triviale Mythen: [link]
• Puch: Eine Dokumentation: [link]
• Mobilitätsgeschichte im Plauderton: [link]
• Die Gefolgschaft des Ikarus (laufende Erzählung): [link]
Die „Vorpremiere“
• „Gehen, reiten, fahren“: [link]
— [Das Puch-Buch] —
Das April-Festival ist vorzüglich angelaufen: [link] Derweil ist allerhand Hintergrundarbeit fällig. Die Abrechnung von Projekten, neue Einreichungen wollen vorbereitet sein. Weitere Umsetzungsschritte sind fällig. Karlheinz Rathkolb, Hausherr des Grazer Puch-Museums, hält hier unser Album schon in Händen. Hinter ihm die Halle P, noch nicht öffentlich zugänglich. Das Museum ist eben in jene historische Halle übersiedelt, die noch zu Lebzeiten von Johann Puch gebaut wurde.
Wir werden unser „Puch-Buch“ [link] mit der Historie und den Bastelbögen bedeutender Nachkriegsfahrzeuge dort am 10. Mai präsentieren. Damit hat das „kuratorium für triviale mythen“ bei kunst ost einen markanten Akzent zum Thema Mobilitätsgeschichte gesetzt.
Das große Thema behandeln wir auch am 14. April bei einer Station des April-Festivals in Weiz, wo ich in der Geschichte sehr viel weiter zurückgehen werde, um dann flott in die Gegenwart zu führen: [link]
Bernhard Kober, einer der ersten Akteure unseres Kuratoriums, bietet das Album derzeit im Gleisdorfer Fachgeschäft für Modellbau an: [link] … neben der kleinen Einführung in die Geschichte der Spielzeugautos: [link] Die Publikationen sind für je neun Euro erhältlich.
Es ist bloß die Hälfte der Lieferung. Der Fahrer war so freundlich, mir meine Wohnungstür nicht völlig zuzumauern. Außerdem kamen die Pakete in zwei Durchgängen. Das hat seine Vorteile, denn Kartons, mit solchen Alben vollgepackt, bringen es auf ein stattliches Gewicht, das geschultert und unters Dach verbracht werden muß.
Also habe ich mir diese freudigen Mühen aufteilen können. Es ist insgesamt eine lange Geschichte auf einem gewundenen Weg. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich begonnen hab, mit Michael Toson an diesem Vorhaben zu arbeiten. Nun aber liegt das kuriose Album vor mir und duftet heftig. Ich liebe den Geruch von Druckfarbe ebenso wie den von altem Papier, welchen betagte Bücher verströmen. Frische Drucksorten riechen naturgemäß vollkommen anders.
Ich mag auch diese gewundenen Wege, auf denen etwas wird, das sich derart prozeßhaft entwickelt, langsam entfaltet. Hier ist es ein Stück Mobilitätsgeschichte, das erzählt und gezeigt wird. Die Historie hab ich zusammengefaßt, Techniker Michael Toson schuf die Ausschneidebögen, Graphic Novelist Jörg Vogeltanz besorgte das Art Work.
Die „Puch-Werke“, das sind neun Bastelbögen mit den maßgeblichen Fahrzeugen aus der Grazer Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier eine kleine Leseprobe der Geschichte zu dieser Geschichte: [link]
So ist außerdem ein Akzent gesetzt, mit dem unser Kuratorium für triviale Mythen in einen nächsten Bereich der Arbeit an unserer Mobilitätsgeschichte geht. Das hat eine Erzählebene in der Themenleiste „Die Gefolgschaft des Ikarus“: [link]
Das hat außerdem schon bald eine Station im Rahmen unseres April-Festivals: „Gehen, reiten, fahren“ (Fahrzeug & Fetisch) [link] Die Geschichte des 20. Jahrhunderts belegt mehr als deutlich, daß die soziokulturelle Inszenierung und emotionale Aufladung dieser Hauptobjekte einer damals neuen Massenkultur, der Automobile und schließlich Motorräder, so radikal, langfristig und mit derart hohem Budgetensatz betrieben wurde, da kann eine rein rationale, vor allem ökologisch begründete Kritik dieser Entwicklung gar nicht hinreichen.
Wir wollen also klären, über welche soziokulturellen Zugänge diese Thema greifbarer werden kann und wohin diese Entwicklung führen mag…
[Das Puch-Buch]
(Euro 9,- zuzügl. Versandkosten)
[Der Avantourismus]
[Das April-Festival 2012]
Wir haben es nicht kommen gesehen. Als es uns erwischt hat, fielen uns kaum adäquate Reaktionen ein. Ich meine diese Umbrüche. Zuerst haben wir gesehen, wie eine Industriegesellschaft ihre Blue Collar-Jobs verliert, da war das Handwerk schon entwertet. Dann wurden wir, in der Entwertung von Industrie-Jobs, zur Wissensgesellschaft, von manchen etwas schlampig als Informationsgesellschaft verstanden. (Den essentiellen Unterschied zwischen dem Erwerb von Information und dem Erwerb von Wissen muß ich nun hoffentlich nicht erläutern.)
Die letzten 20 Jahre waren davon geprägt, daß die Wissensarbeit ebenso entwertet wurde, wie vor ihr die Industriearbeit und vor der das Handwerk; bei gleichzeitig rasendem Anstieg an Content-Bedarf. Das Angebot mußte demnach angehoben werden, die Preise gingen runter. Verblüffend!
Mir ging das durch den Kopf, weil gestern eine Künstlerin im Web 2.0 schrieb: „bücher machen ist horror!!!“ Das ist in meinen Ohren ein entsetzliches Statement. Ich liebe Bücher.
Das Machen von Büchern gehört zu den magischen Handlungen unserer Kultur. Natürlich nicht in der Form einer Massenproduktion. Aber kleine Editionen zu realisieren, das sind außergewöhnliche Erfahrungen.
Kleiner Einschub:
Ich gehe selbst gerade mit Kollegen in das Finish einer Print-Publikation, die viel Arbeit gemacht hat. Mühen, ja, aber was für ein Prozeß! („Das Puch-Buch„)
Ich hab mir als junger Kerl einen großen Teil der Fertigkeiten angeeignet, die es zum Büchermachen braucht, konnte damals auch eine Offset-Presse bedienen. Ich habe Bücher und Zeitschriften gemacht. Sowohl im inhaltlichen Bereich, was ich heute noch tue, als auch im Anfertigen der Artefakte.
Das ist weit mehr als bloß ein Herstellen von Dingen. Unsere Demokratie beruht auf der Tatsache, daß es Öffentlichkeit und Meinungsbildung gibt, die nicht vom Staat abhängen. Derlei ist nicht ausschließlich, aber sehr wesentlich etwas auf Medienanwendung Gestütztes.
Ich finde es gleichermaßen irritierend, daß man a) das Büchermachen als „Horror“ erleben und desavouieren muß, daß b) seit etlichen Jahren so viele Kunstschaffende vor allem beklagen, was sie tun. (Dann laß es doch! möchte man zurückrufen.)
Was ist uns also mehr eingefallen, denn das Jammern, da wir erlebten, wie die Bezahlung für Contentproduktion so sprunghaft nach unten fiel? Warum war uns offenbar kaum etwas aufgefallen, als die Leute aus Handwerksbereichen und später in den Industriehallen es genau so erlebt hatten? Entwertung. Ich vermute, wir waren zu lange den Annehmlichkeiten einer blühenden Jammerkultur ausgesetzt, um dem von Anfang an entgegenzutreten.
Kürzlich hatte ich eine interessante Debatte, in der es darum ging, daß eine zu massive „Intellektualität“ den Lauf von manchen Dingen blockiere, weil beispielsweise Funktionstragende in den Kommunen nicht die Zeit hätten, sich damit entsprechend auseinanderzusetzen. Der naheliegende Schluß daraus: Wenn ich etwas bewegen will, muß ich es einfacher machen. Muß ich das wirklich?
Diese Überlegung unterschlägt nämlich einen wichtigen Punkt: Was tun, wenn jeder weitere Schritt an Komplexitätsreduktion einem die ganze Sache entgleiten läßt? Ich meine, diesen Modus „einfacher machen“ kenne wir nun in seinen förderlichen Effekten seit wenigstens 25 Jahren, denn das wird ja von zahlreichen Agenturen praktiziert und ist in der Medienwelt sehr populär.
Was hat’s gebracht? Sind Funktionstragende in Summe engagierter und tatkräftiger? Haben Problemlösungskompetenzen allgemein merklich zugenommen? Ist die Bereitschaft, beizeiten Entscheidungen zu treffen und zu handeln, insgesamt gestiegen?
Darauf weist leider nichts hin. Fehlervermeidung durch Entscheidungsvermeidung ist sehr verbreitet. Immer häufiger wird Überregulierung beklagt. Bürokratie nimmt zu, Handlungsspielräume scheinen abzunehmen.
All das vor dem Hintergrund, daß wir eines der teuersten Bildungssysteme Europas haben, dessen Ergebnisse zur Zeit über weite Strecken als erbärmlich gelten müssen. In der Oststeiemark herrscht zur Zeit glücklicherweise noch Vollbeschäftigung, aber in Unternehmerkreisen höre ich, es könnte noch besser laufen, wenn man die Anzahl der Fachkräfte hätte, die gebraucht würden. Das gelingt uns schon etliche Zeit nicht mehr so sehr; unseren Kindern adäquate Bildungswege einzurichten.
Ich soll es den Funktionstragenden leichter machen, einfacher formulieren? Tut mir leid, Leute, dieser Weg hat sich nicht bewährt. Ihr werdet Euch anstrengen müssen, um a) komplexere Zusammenhänge besser erfassen zu können und b) Eure Arbeitsabläufe so zu ordnen, daß wieder mehr Zeit bleibt, sich mit kniffligen Sachverhalten ausreichend intensiv zu befassen.
Wir haben all die Heilsversprechen der Simplifizierungs-Branche längst als Postwurfsendungen erhalten, daß unsere Briefkästen überquollen. Wir haben all die Phrasen gehört, die gequirlten Reden, die knackigen Botschaften, wir haben die glänzenden Renderings gesehen, die so tun, als würden sie uns die Mühe abnehmen, aus Information Wissen zu machen.
Genau DAS ist einer der entscheidenden Punkte: Aus Information Wissen zu machen. Ein höchst anspruchsvoller Vorgang, der sich, wie Erfahrungen zeigen, nicht an Maschinen delegieren läßt, auch nicht an Agenturen.
Wir haben miterlebt, wie Wissensarbeit immer weniger wert wurde, also immer schlechtere Bezahlung erhielt. Wir sind in einer Situation angelangt, die von Kompetenzverlusten und Stagnation geprägt ist. Tut mir leid! Ich kann es dem werten Publikum nicht einfacher machen. Wenn all das noch billiger werden muß, wird uns das teuer zu stehen kommen. Unter anderem, weil uns dann gut ausgebildete, hoch motivierte Leute aus Ländern, auf die bei uns gerne herabgeblickt wird, um die Ohren fahren werden.