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Intensive Gespräche

Da wir alle die aktuellen Umbrüche spüren, auch erfahren, wie in der Politik damit umgegangen wird, bleibt kaum jemand, der seine Umgebung wahrnimmt, von den anstehenden Fragen unberührt. Dabei entsteht nichts zufriedenstellendes, wenn menschliche Gemeinschaft in Lager zerfällt, die nach dem antiquierten Modell „Wir und die Anderen“ einander zurufen, was eben die jeweils Anderen anders machen sollten.

Gespräch im Schaufenster, von links: Otto Sapper, Bernhard Pilz und Wolfgang Weber
Gespräch im Schaufenster, von links: Otto Sapper, Bernhard Pilz und Wolfgang Weber

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Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft aktuell

Vor fast genau einem Jahr, am 9. November 2012, habe ich unsere Arbeit zum Thema „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ erwähnt und dabei auch von Gesprächen mit Otto Sapper erzählt, welcher aus der agrarischen Welt kommt und das wirtschaftliche Gesamtgeschehen der Region sehr gut kennt.

Der "Kulturpakt Gleisdorf" verknüpft unterschiedliche Sphären der Stadt und der Region

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Gespräche, Gespräche, Gespräche…

Mit beiden hatten wir schon verschiedene Verständigungs- und Arbeitsschritte gesetzt. Der Ingenieur und der Kaufmann. Bei der zweiten Session von „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ unter dem Titel „SATT und HUNGRIG: Was braucht der Mensch alles?“ [link] hatten sich ihre Wege gekreuzt.

Otto Sapper, vertraut mit wirtschaftlichen Belangen und der agrarischen Welt

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KWW: Wonach hungert unsere Region?

Wir haben nun erst eine kurze gemeinsame Wegstrecke in dieser Kooperation absolviert und da wird eine kraftvolle Perspektive absehbar, die dadurch an Schärfe und Spektrum gewinnt, daß sich in den einzelnen Stationen höchst unterschiedliche Menschen mit ihren Kompetenzen einbringen. KWW steht für Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft, ist eine Kooperation der Kulturvereine bluethenlese und kunst ost mit dem Ingenieurbüro Fickel.

„Es ist Zeit, nicht nur nachzudenken, sondern auch zu handeln.“ So ein Fazit von Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov, die bei der dritten KWW-Session die Position der Kunst einbrachte. Sie betonte, wir seien in privaten Beziehungen und familiären Situationen durchaus damit vertraut, wechselseitige Verantwortung zu übernehmen, aber da bestehe ein merkliches Defizit einzelner Menschen, auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu empfinden.

Hausherr Franz Seidl, Geschäftsführer von estyria, betonte an anderer Stelle die Frage der Sinnbildung, die offenbar zentral sei. Das Erleben von Sinnhaftigkeit scheint ja eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für das Handeln von Menschen zu sein.

In einer (westlichen) Welt der radikalen Überangebote an Gütern, bei gleichzeitig unaufhörlichen Abwärtsbewegungen von Entlohnungen und Qualitäten, kann eine halbwegs bei Laune gehaltene Massengesellschaft erhebliche Orientierungsprobleme bekommen.

Hans Meister, vormals Vizebürgermeister und Kulturreferent von Pischelsdorf, also erfahren in regionalpolitischen Fragestellungen, rückte einen sehr fundamentalen Aspekt in den Fokus: „Wer nie Hunger hatte, kann nicht beurteilen, was es eigentlich bedeutet, einen vollen Teller vor sich zu haben.“

Es war diesen Abend noch mehrfach zu erörtern, was denn nun unsere individuelle Wahrnehmung der Welt an mehr oder weniger stichhaltigen Einschätzungen erlaubt. Meister setzte in diesem einen Punkt noch nach: „Der Hunger ist nicht ausgerottet. Er ist bloß weggezogen; in eine andere Gegend.“

Vor diesem Hintergrund kann es gar nicht egal sein, welchen Aufwand ich in Anspruch nehme, um in einem Überangebot an Waren so sehr den Durchblick zu verlieren, daß ich zu einer sachgerechten Wahl gar nicht mehr qualifiziert bin.

Dann stand fast ruhig aber unerbittlich in der Debatte: „Eine satte Gesellschaft hat sehr geringen Veränderungswillen .“ Das wird spätestens dann brisant, wenn der Lauf der Welt uns Umbrüche aufzwingt, in denen wir Veränderungsbereitschaft zeigen sollten, um uns auf der Höhe der Zeit bewegen zu können.

In solchen Zugängen wird dann durchaus deutlich, daß Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft einige akute Fragestellungen teilen, aus denen sich gemeinsame Aufgaben ableiten ließen.

Otto Sapper, einerseits aktiver Landwirt, andrerseits Geschäftsstellenleiter der WOCHE in Gleisdorf, hat alltäglich mit Wirtschaftstreibenden zu tun. Er ist überzeugt: „In den nächsten zehn, fünfzehn Jahren wird das Dahinter immer wichtiger werden. Es geht nicht nur um Produktwerbung, sondern auch um die Geschichten, wie es zu was kommt.“

Das hat sehr viel mit grundlegenden Kulturtechniken zu tun. So bedeutet zum Beispiel LITERARITÄT, daß man einen Text nicht nur LESEN, sondern auch VERSTEHEN kann. Das verlangt eine Auffassungsgabe, die es einem erlaubt,
a) die Schrift zu entziffern,
b) Kontext und Subtext zu entschlüsseln und
c) das Ganze in einem größeren Zusammenhang zu verstehen.

Das gilt gleichermaßen für visuelle Codes. Unterm Strich sollten wir in der Lage sein, die Zeilen ebensogut zu lesen wie das, was zwischen den Zeilen steht. Wir sollten auch gerüstet sein, verdeckte Intentionen aufzuspüren und Manipulation zu durchschauen.

Das sind übrigens Fertigkeiten, die sich in kaum einem Zusammenhang besser verfeinern ließen als in der ausdauernden Befassung mit Kunst. In keinem Metier sind das Symbolische, die Mehrdeutigkeit, das Kräftespiel zwischen Reduktion und Überbetonung und viele andere Eigenheiten der Darstellung und Kommunikation so sehr grundlegender Bestandteil des Geschehens wie in der Kunst.

Aber der Abend war den möglichen Querverbindungen zwischen allen drei Genres gewidmet; und deren Bedeutung für einen gesellschaftlichen Stand der Dinge. Hans Meister faßt diese Aspekte zusammen: „Wir brauchen nicht mehr Produkte, sondern mehr Orientierung.“ Es gehe auch darum, verbindlich herauszufinden: „Wonach hungert unsere Region?“

[KWW: Die dritte Session]

Komplementäre Momente

Das nennen ich wirklich gute Nachrichten! Malerin Irmgard Hierzer, Schlüsselperson einer „location crew“ für das kommende „April-Festival“, schrieb mir eben:

“noch etwas: die kleine gruppe ist so richtig angenehm. jeder leistet seinen beitrag, es ist für mich eine total schöne ZUSAMMENARBEIT“

Das bedeutet, wir haben nun mehrere kleine Formationen, die in sich völlig autonom arbeiten, was dann auch heißt: Der eigenen Chemie entsprechend und folgend. Das führt zu sehr unterschiedlichen Ensembles. Ich bin überzeugt, daß dieser Modus für die nahe Zukunft äußerst vielversprechend ist.

Das Foto für diese Station stammt von Christian Strassegger

Somit bekommt das „April-Festival“ voraussichtlich eine Stabilität, die sich als sehr wertvoll erweisen wird. Denn das bedeutet auch, es können sich kontroversielle Ansichten und Vorstellungen formieren, die dann NICHT in einer Plenar-Situation aufeinanderprallen müssen, sondern die sich in eigenständigen Stationen bewähren mögen, um so letztlich zu einander komplementär zu wirken.

Das sollte auch bedeuten, wo Konfrontation unverzichtbar erscheint, ereignet sie sich zwischen den Ideen und nicht zwischen den Menschen, die diese Ideen vertreten. (Ich hoffe, der grundlegende Unterschied in dieser Gewichtung wird deutlich.)

Das Augenmerk auf komplementäre Entwicklungen drückt sich auch in der thematischen Orientierung jener „location crew“ aus:
8 Künstler
8 Leben
8 Versuche zur PRAXIS DER ZUVERSICHT
[link]

Ein anderer Bereich, der sich konzeptionell gerade sehr gut einlöst, ist unsere Kooperation „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“: [link] Zur dritten Session in dieser Serie haben wir augenblicklich für das Podium drei Zusagen, die eine äußerst interessante Kombination ergeben.

Hans Meister (links) im Gespräch mit Karl Bauer

Johann Baumgartner [link] leitet den Kulturbereich im Grazer „Raiffeisenhof“. Hans Meister, vormals Vizebürgermeister und Kulturreferent von Pischelsdorf, unterrichtet in der Obstbaufachschule Wetzawinkel: [link] Otto Sapper, aktiver Landwirt im Nebenerwerb, ist der Geschätftsstellenleiter der „WOCHE“ Gleisdorf: [link]

In dieser Arbeitsreihe möchte ich zu mehr Klarheit finden, WAS die Prioritäten und Fragestellungen in anderen Metiers sind, um so nicht nur ein wechselseitiges Kennenlernen voranzubringen, sondern auch besser sehen zu können, worin Kooperation denkbar und wünschenswert wäre.

Kooperation bedeutet unter anderem, Ressourcen zu teilen, um für gemeinsam gewählte Aufgaben besser gerüstet zu sein. Ein Denkansatz, den ich zum Beispiel im aktuellen Diskurs rund um das Grazer „Künstlerhaus“ kaum finden kann: [link]

Ich hab hier in einem vorigen Eintrag notiert:
“Zurück zur Frage der Begegnung mit Leuten aus anderen Metiers und zu Fragen der Kooperation. Das ist für mich nämlich eines der Schlüsselwörter, wenn wir a) aus den Posen gebeugter Bittsteller und b) aus den Verknappungen durch jüngste Krisenfälle herauskommen wollen. Kooperation als die Grundlage von Kofinanzierung statt Förderung.“ [Quelle]

Dieser Orientierung zu folgen handelt nicht bloß von der Frage, was wir als Kunst- und Kulturschaffende brauchen, um UNSERE Ideen umzusetzen, sie handelt AUCH von der Frage, warum und wodurch andere mit uns zu tun haben sollen. Darauf brauchen wir konkrete Antworten…