Die vergangenen Wochen hatte ich Arbeit daran, die derzeitige Projekt-Komplexität von kunst ost herunterzufahren. Da dieses ganzeUnterfangen vor allem einmal eine Art Labor ist, in dem ausgelotet werden muß, welche Strategien, Zielsetzungen und Verfahrensweisen sich kulturell abseits des Landeszentrums bewähren können, entstehen laufend neue Arbeitslinien.
Die bedürfen dann einer Prüfung dessen, was sich sinnvoll weiterverfolgen läßt. Das verlangt jeweils, einige der eröffneten Bereiche wieder hinter sich zu lassen. So etwa derzeit die „Kulturspange“ [link] und die erste Formation von „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ [link]
KUnstsammler Erich Wolf mit einem ersten Probedruck des Programmbuches für unser Symposion
Die Überschrift dieses Eintrags ist ein Zitat. Jene Textpassage kommt in einem kleinen Feature vor, welches Künstler Richard Kriesche zu unserem kommenden Symposion verfaßt hat. Er bezieht sich für „Regionalität und Realität // Globalität und Virtualität“ auf den Bauern Franz Gsellmann und schreibt:
„im kontext der gründung einer plattform für zeitgenössische kunst in der steiermark ist gsellmanns radikale haltung beispielhaftes vorbild für die fördernden und fordernden von künstlerischen hervorbringungen aus der region, dieser region ein bild ihrer selbst zu geben. gefragt ist daher nicht länger die strategisch systemisch ausgerichtete kunst mit augenmerk auf ihre globale verträglichkeit, ist nicht im bereits 1000ste museum ‚more of the same’ mit lokal koloriertem unterfutter zu errichten, sondern eine plattform hochgradig kunstferner kunst gefragt, der es in ihrer regionalen abgeschiedenheit nachweislich gelungen ist, das lokale bzw. regionale in den globalen kontext umzuschreiben. und nicht umgekehrt! auch dafür steht die kunstferne kunst gsellmanns pate.“
Künstler Richard Kriesche
Das beinhaltet auch eine Position, die gegen jene Flut von „Public Realtions“ steht, in der aus diversen Büros mit Allerweltsfloskeln und branchenüblichem Jargon über die Lebensrealität(en) der Menschen d’rübergeschrieben wird.
Es herrscht stellenweise eine Art der „Agentur-Geschwätzigkeit“, welche von beliebig austauschbaren Illustrationen begleitet wird, da ereignet sich genau das Gegenteil von dem was Kriesche mit solchen Worten unterstreicht: „Dieser Region ein Bild ihrer selbst zu geben“.
Im Frühjahr 2011 habe ich unserem damaligen April-Festival folgendes Bild vorangestellt: „Wenn diese Region eine Erzählung wäre, dann könnte sie sich selbst erzählen, falls die Menschen, die hier leben und arbeiten, ihre Stimmen erheben würden.“ [Quelle]
Franz Gsellmanns "Weltmaschine" (Foto: Roman Klementschitz)
Das korrespondiert mit den Möglichkeiten der Kunst, genauer, der Befassung mit Kunst. Ob rezipierend oder produzierend, es kann auch fließende Übergänge in einander haben, die Befassung mit Kunst bietet eine Verfeinerung der eigenen Wahrnehmung, der Denk- und Kommunikationsmöglichkeiten. Das legt schließlich nahe, sich nach außen mitzuteilen.
Oft sind diese Erfahrungsmöglichkeiten in soziale Ereignisse eingebunden, respektive ereignen sich als soziale Momente. Unser Vorhaben basis kunst ist in einigen seiner Grundlagen genau diesen Optionen gewidmet. Das Erzählen in seinen verschiedenen medialen Erscheinungsformen ist nie bloß den „Professionals“ vorbehalten, sondern war schon ein zentrales Ereignis menschlicher Gemeinschaft, da ist „Künstlerin/Künstler“ noch lange nicht gedacht worden.
Was nun unser Projekt basis kunst angeht, zur Erinnerung: „In einem mehrjährigen Prozess soll im Raum Gleisdorf eine Plattform für Gegenwartskunst entstehen, die in ihrem Präsentationsbereich zeigen wird, was steirische Gegenwartskunst leistet und auf welche künstlerischen Leistungen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sich dieses Potenzial stützt.“
Dieser ausdrückliche Fokus auf Gegenwartskunst hat aber seine Umgebung und Bezugsrahmen, die ihrerseits Schwerpunkte herausbilden: „In anderen Wirkungsbereichen soll die Plattform eine Art Relaisstation ergeben, welche heimisches Kunstgeschehen mit internationalen Verknüpfungen ausstattet und dabei jungen Kunstschaffenden der Steiermark jenes Know how anbietet, das für sie nötig ist, um auch international zu reüssieren.“
"fencing IV (landscape)" von "zweintopf" in der Gleisdorfer Galerie "einraum"
Das ist freilich nur einer der weiterführenden Aspekte. In der Verknüpfung mit anderen Schwerpunkten unserer Kulturarbeit ergeben sich Bezugspunkte zu Bereichen der Alltagskultur, der trivialen Mythen und des (zeitgenössischen) Handwerks sowie zu verschiedenen Metiers der Arbeitswelt.
Demnach: „Das Projekt muss, sich lokal, bzw. in der Kleinregion bewähren, damit es vor Ort möglichst breit mitgetragen wird und da auch einen erkennbaren Nutzen entfaltet;
+) regionale Relevanz erlangen und mindestens steiermarkweit als ein Beispiel der „best practice“ Wirkung zeigen, um in dieser räumlichen Dimension Gewicht zu erlangen und Synergien zu ermöglichen. Die an kreativen Prozessen, Strategien und Projekten interessierte Öffentlichkeit muss teilhaben können;
+) international, also Landesgrenzen überschreitend, Rang erreichen, um sich in einer Situation der „wechselseitigen Kommunikation“ und des Austausches zu bewähren. Dazu soll es für heimische Kunstschaffende eine nach außen vermittelnde Rolle spielen, umgekehrt aber Know how und Publikum aus nicht nur ganz Österreich, sondern auch aus dem europäischen Umfeld in die Oststeiermark führen.“
Wir haben einen Prozeß initiiert, welcher in der Region einen Akzent hervorbringen soll, der a) gesamtsteirische und b) internationale Relevanz entfalten möge, nein: muß.
Ziel des Vorhabens ist die Konzeption, der Aufbau und die Etablierung einer Plattform für steirische Gegenwartskunst in der Region; einer Plattform, die sich auch als Kompetenzzentrum und Präsentations- bzw. Vermittlunsgort bewährt. Hier eine kleine Vorschau zur Auftaktveranstaltung:
7. & 8. September 2012
Gleisdorf: Symposion Regionalität und Realität // Globalität und Virtualität
Eine Veranstaltung zur Begründung der Gründung der Plattform für steirische Gegenwartskunst
Diese Veranstaltung ist der Auftakt eines mehrjährigen Prozesses. Sie wird in einer Kooperation der Kulturvereine kunst ost (Martin Krusche) und styrian contemporary (Erich Wolf)realisiert.
Im Kernbereich dieses ersten Symposions stehen Inputs und Know how-Angebote zur Frage, was so eine Einrichtung leisten soll und wie sich das praktisch handhaben läßt.
Wir haben Astrid Becksteiner-Rasche gewonnen, im Bereich solcher Institutionen und unter Wirtschaftstreibenden eine adäquate Auswahl zu treffen, deren Ansichten und Erfahrungen wir in unsere Debatten hereinholen.
Unternehmer Erich Wolf ist als Kunstsammler ein profunder Kenner aktueller Entwicklungen
Bei diesem Symposion geht es freilich auch konzentriert um Kunst und um „Vorbedingungen“ der Kunst. Dazu durchleuchtet Medienkünstler Richard Kriesche die oststeirische Ausnahmeerscheinung des Franz Gsellmann. Der Bauer hat uns mit seiner „Weltmaschine“ ein erstaunliches Werk und allerhand Denkanstöße hinterlassen.
Richard Kriesche zur Gesellmann-Ausstellung, die wir vorbereiten und die er kuratiert: „gsellmann steht für uns nicht im kontext der künste, sondern in ihrem vorfeld, im kontext einer ‚ungebrochenen’, einer absolut ‚originären’ kreativität — mit anderen worten, gsellmann repräsentiert das archaische und anarchische, das allem künstlerisch- wie auch wissenschaftlich-kreativen schaffen und lebensvollzug eigen ist. gsellmanns kunst begründet sich geradezu aus ihrer ferne zur kunst.“
Die Gäste, mit denen wir uns über anstehenden Fragen auseinandersetzen werde:
+++) Freitag 07. September 2012, Tag 1: Präsentationen von Kunsthäusern / Kunstmuseen / Kunstsammlungen im europäischen Kontext
+) Dr. Sabine Folie: Die Generali Foundation, Wien
+) Prof. Dr. Ludger Hünnekens: Burda Museum, Baden-Baden
+) Carmen Gasser-Derungs und Remo Derungs: Gelbes Haus, Flims
+) Pater Winfried: Sammlung Stift Admont, Admont
+) Mag. Erich Wolf: basis kunst, Gleisdorf
+++) Samstag 08. September, Tag 2: Präsentationen von Wirtschaftsunternehmen im internationalen Kontext
+) Dipl.-Dolm. Dr. Fritz Kleiner: KLEINER+KLEINER gmbh, Graz
+) Dr. Manfred Gaulhofer: Gaulhofer Vertrieb GmbH & Co KG, Übelbach
+) KR Hans Roth: Saubermacher Dienstleistungs AG, Feldkirchen bei Graz
Ich kann die Stunden, bevor es los geht, nie leiden. Dabei bin ich für die Eröffnung des April-Festivals in der höchst entspannenden Position am Rande gewesen. Das war eindeutig der Abend von Irmgard Hierzer, die mit ihrer Crew den Auftakt unseres Frühlingsschwerpunktes gestaltet hat. Und was für ein Auftakt!
Malerin Irmgard Hierzer
Wir sind auf einem interessanten Weg. Da geht es eindeutig längst nicht bloß um Repräsentation. Was sich in dieser üppig besuchten Vernissage eingelöst hat, ist das Ergebnis eines komplexen Prozesses, der im Akt einer Ausstellung keineswegs abbricht.
Inhaltliche Impulse, kontrastreiche Zugänge, gelegentliche Kontroversen, Privates verschränkt sich ab und zu mit den Arbeitsverläufen einer Gruppe, selbst Leben und Sterben berühren die Wege jener kleinen Reisegesellschaften, als deren Summe sich kunst ost inzwischen erweist.
Das ist vielleicht der für mich wichtigste Aspekt in dieser Geschichte. Es geht keineswegs immer ohne Reibungen, aber es hat Bestand. Kontinuität. Und es läßt, wie sich stets neu zeigt, keinen Aspekt des Lebens aus. Dazu kommt, was zu hoffen war, aber keineswegs gesichert schien: Dieses Prozeßhafte ist inzwischen wieder Anlaß, daß sich Offizielle aus den Kommunen solchem Geschehen zuwenden.
Ich denke, wir werden zeigen können, daß hier eine Art soziokultureller Prozesse erprobt wird, die einem konzentrierten Wirken von Geist, Emotionen und gestalterischen Kompetenzen in einem komplexen Zusammenhang Kontinuität geben; als einem kulturellen Geschehen, in dem Repräsentation zwar weder unterschätzt noch gering geschätzt wird, wo deren Anlaß aber ein weit höheres Gewicht bekommt.
Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov im Gespräch mit Kunstsammler Erich Wolf
Da nun dieses April-Festival gerade erst begonnen hat, beschäftigt mich allerdings schon, welche Schritte uns zum April 2013 führen könnten. Klar ist jetzt schon, diese Schritte führen im kommenden Herbst über ein Symposion, das den Titel „regionalität und realität // globalität und virtualität“ trägt: [link]
Ich bin bereits eine Weile im Dialog mit Kunstsammler Erich Wolf, der die Hauptperson in diesem Vorhaben ist, der Angelpunkt eines mehrjährigen Vorhabens, um so eine Plattform für steirische Gegenwartskunst aufzubauen: „ereignis-ort, präsentationsraum, bildungsstätte, arbeits-ort, drehscheibe für einen umfassenden know how-transfer. ein projekt, das sich nicht nur lokal und regional bewähren soll, sondern das auch internationale relevanz entfaltet.“ [Quelle]
gegenwartskunst ist ein themenbereich, der uns die möglichkeit bietet, grundlegende menschliche kompetenzen zu verfeinern und zu vertiefen. wer das bloß als dekorationsgeschäft deutet oder den tourismusagenda zuordnet, wird seine bzw. ihre kenntnis der welt noch etwas auf stand bringen müssen.
wir haben kürzlich unsere kooperation mit der „sammlung wolf“ fixiert [link] und dazu ein ideenpapier vorgelegt, das einem „kompetenzzentrum für gegenwartskunst“ gewidmet ist: [link]
kunstsammler erich wolf hat den auftakt für das kommende symposium nun markiert
kunstsammler erich wolf hat das nun mit künstler richard kriesche auf eine nächste ebene inhaltlicher konkretisierung gebracht: „regionalität und realität // globalität und virtualität“, so der titel eines symposions, das wir im herbst 2012 in gleisdorf realisieren werden.
dieses symposion wird einerseits gelegenheit sein, internationale gäste zu treffen, um mit ihnen fragen der kunstvermittlung und der präsentation von gegenwartskunst zu erörtern. andrerseits wird es unser erster von zwei größeren schritten „zur begründung der gründung des ersten regionalmuseums für zeitgenössische kunst in österreich“, so die formulierung von kriesche.
das heißt, wir haben nun einen mehrjährigen prozeß initiiert, der uns über solche und andere stationen zu einer klärung offener fragen auf der höhe der zeit bringen soll. es gibt ja eine ganze reihe von zusammenhängen, die sich darauf beziehen, wie zentrum und „provinz“ sich zu einander verhalten mögen. naheliegend, dem kulturbereich dabei eine spezielle rolle einzuräumen, wo es um INHALTLICHE klärungen geht.
innerhalb des KULTURbereiches ist dann aber die GEGENWARTSKUNST ein eigenes feld, überdies ein ANDERES genre als die in der region vorherrschenden VOLUNTARY ARTS.
da also äpfel nun mal keine birnen sind und das aktive gestalten laufender prozesse in der region auch eine klarheit der begriffe verlangt, wollen wir mit diesem prozeß den gesamten themenkomplex deutlicher sichtbar machen.