Schlagwort-Archiv: franz sattler

nachhall

irgendwas klingt vergnügt nach. die vorletzte station. das war vorgestern. nun liegt noch dieser ungewöhnliche „tesla-tag“ vor uns. der ist gewissermaßen auch eine angelegenheit des „kuratoriums für triviale mythen“. bernhard kober und branimir jovanovic werden uns einige grundlagen der energiegewinnung und der kraftmaschinen darlegen: [link]

fotograf franz sattler mit avantouristischem haustier

unsere session in albersdorf ging vergnügt und ziemlich gemütlich über die bühne. der ort albersdorf ist heute von der automobil-industrie geprägt. das sieht man dem dorf nicht unbedingt so deutlich an, weil die fabriken jenseits der bundesstraße liegen, außerhalb des ortsgebietes.

aber die kommunlabgaben hängen davon ab, was in einer gemeinde an arbeitskräften gemeldet ist. daraus ergibt sich ein erheblicher kontrast zu rein agarisch geprägten gemeinden. denn es macht einen unterschied, ob kommunen eigene mittel aufbringen können oder stark von land und bund abhängig sind.

von links: franz sattler, emil gruber und martin krusche

wir haben uns nun in einigen jahren sehr gründlich in jene zusammenhänge geschraubt, die rund um einen autkühler auffindbar werden, wenn man genauer nachsieht, was da zusammengewirkt hat, um diesen status quo herbeizuführen, von dem wir nun langsam abzurücken haben.

individualverkehr auf der basis von verbrennungsmotoren wird ein immer exklusiveres vergnügen werden. die exklusivität … „exklusion“ bedeutet ja ausgrenzung, ausschluß. anfangs war das automobil nur den reichen vorbehalten. dazu könnte es wieder kommen.

wir sind überwigend die enkel und urenkel von proletarischen kreisen, von eher armen leuten in landwirtschaft und industrie. welche enorme rolle das private automobil als ideologisch aufgeladenes werkzeug in dieser sache spielte, ist allgemein nicht einmal annähernd bekannt und geläufig.

die zweite karte ist da ...

die karre war ein versprechen, am wachsenden wohlstand teilnehmen zu dürfen. das hatte sozialen und politischen sprengstoff in sich. kein zufall, daß dieses versprechen an fahrzeugen festgemacht wurde, die heute noch sehr populär sind. zum beispiel die vespa, der 500er fiat und sein österreichisches pendant, das „puch-schammerl“, der vw käfer … oder denken sie an den citroen 2cv.

übrigens! jetzt ist die zweite karte der edition des „kuratorium für triviale mythen“ das. und die zeigt ein kurios modifiziertes „puch-schammerl“: [link]

— [april-festival] —

lokalaugenscheine

rein in räume, rauf auf leitern, runter auf den boden der tatsachen, rüber ins nächste cafe. vorbereitungen. letzte klärungsschritte. jetzt liegen noch zwei vernissagen vor uns und gegen ende des monats werden wir den nikola tesla-tag absolvieren.

fotograf franz sattler auf fact finding mission in albersdorf

der „boden der tatsachen“ ist ja vor allem auch ein „deutungsraum“, ein terrain, wo verhandelt wird, was die dinge seien. künstlerische verfahrensweisen als einer von mehreren wegen, um reflexion und deutung vorzunehmen, auch selbstvergewisserung.

warum ist das wichtig? aus wenigstens zweierlei gründen. wir sind sinnsuchende wesen, denen bloße alltagsbewältigung gewöhnlich nicht reicht, um damit ein leben auszufüllen. da treffen sich dann im günstigsten fall etliche intentionen von kunstschaffenden und publikum.

ein letzter lokalaugenschein im "business park"; von links: franz lukas, manuela petermann (von "ingenos"), richard mayr und andreas turk

das „april-festival“ ist heuer mehr denn je zu einem ereignis geworden, in dem äußerst verschiedene kreative menschen sich aus einer größeren themenstellung ein teilthema wählten, um es mit ihren bevorzugten mitteln zu bearbeiten.

und während sich dieses festival dem ende zuneigt, sind schon die ersten arbeitsschritte für das von 2012 in gang: [link] so wollen wir einen ausreichend großen zeitraum öffnen, damit a) jene für nächste „location crews“ zusammenfinden, die in neuen frage- und aufgabenstellungen harmonieren und damit b) um genug zeit zu haben, die anspruchsvolle themenstellung auszuloten.

zwei vernissagen: [gleisdorf] [albersdorf]

im mai tagen dann wieder die „talking communities“. einmal geht es um grundlagen der kulturförderung: [link] zum anderen sehen wir uns ein kurioses stück regionalgeschichte etwas näher an. heinz boxan, vormals verwalter auf gut herberstein, wird uns einblicke bieten, wie das ausplündern der republik gelingt, wenn leute aus unseren eliten zusammengreifen.

heinz boxan ist insider eines spektakulären betrugsfalles in der oststeiermark.

das verspricht ein aufschlußreicher abend zu werden: [link] in tagen der einbrechenden budgets dürfte die verlockung zu solchen machenschaften ja da und dort ansteigen. apropos einbrechende budgets! wie sehr wir davon im kulturbereich betroffen sind, habe ich schon skizziert. aber da gib es noch ganz andere problemlagen.

das leben schwer behinderter menschen ist ebenso belastet wie das ihrer angehöriger. bisher haben kompetente assistenzleistunen deren existenz stabilisiert. und genau da drohen nun streichungen, die etliche betroffene an den rand von panik bringen. ich trage hier einige diesbezügliche informationen zusammen: [link]

— [april-festival] —

simultane abläufe

lokalaugenschein. platzabsprachen. einige drinks und plaudereien. mit franz sattler und emil gruber (foto) im wollsdorferhof; also draußen auf der „strecke“, wo wir in wenigen tagen die ausstellung wheels eröffnen werden. davor wird noch eine andere ausstellung eröffnet: „ungleich/ist gleich“ [link]

emil gruber, erfahrener "avantourist", hat für seinen beitrag die zeitmaschine angeworfen

das heurige „april-festival“ ist zu einer bemerkenswerten schau kollektiver kreativität geworden. dabei zeigt sich einmal mehr, daß es für solche ereignisse eben nicht bloß um gegenwartskunst gehen kann, sondern erst eine verknüpfung aller vier genres zu einem derartigen ereignis führt.

der bisherige verlauf und die inhaltliche arbeit hat übrigens inzwischen eine klare themenstellung für das kommende jahr und das „april-festival“ 2012 ergeben. wir werden uns eine komplexe aufgabenstellung erarbeiten und dann an die umsetzung gehen: „leben: die praxis der zuversicht“. die startseite ist schon montiert: [link]

die themenstellung für das nächste "april-festival" ist schon fstgelegt

ich hab inzwischen auch etwas zeit gefunden, unsre radio-leiste voranzubringen. in sound-miniaturen von jeweils rund zwei minuten länge deponiere ich die „kunst ost kulturnotizen“ auf radio gleisdorf und schließlich in unserem ton-archiv. das aktuelle blatt: [link]

übrigens, die online-dokumentation des
erzeitigen „april-festivals“ wächst: [link]

komplexitätskrisen

wenn es gar so dicht hergeht, neige ich zu komplexitätskrisen. (dabei hat nicht die momentane komplexität meiner arbeit eine krise, sondern ICH wegen eben dieser komplexität.)

das hängt nicht bloß mit einem größeren arbeitspensum zusammen. es ereignet sich vor allem, wenn ich innerhalb einzelner tage zwischen zu vielen zu kontrastreichen themen und aufgaben hin- und herpendeln muß.

aus dem gedicht muß ein banner werden ...

da liegen dann zum beispiel gerade 60 zentimeter gedicht an … kleiner scherz! zu unserer station „wheels“ im rahmen des „april-festivals“ habe ich ein gedicht geschrieben, das in seiner endfassung bestätigt sein will, um auf ein banner von 60 x 60 zentimeter zu kommen: [link]

vom "kuratorium für triviale mythen" wird der "avantourismus" gepflegt

doch bevor wir diese station realisieren, steigt noch der erste „tag der trivialen mythen“, genauer: an diesem tag auf dem anwesen der familie pölzer in brodingberg steigt unsere „essig-rakete“.

die "essig-rakete" hat raumfüllendes format

und das ist keine gar so kleine sache, die medienkünstler niki passath da vorbereitet. übrigens, hier ist eben bei „vive les robots“ ein interview mit passah erschienen: [link] während ein teil der crew an der rakete arbeiten wird, hat ein anderer teil in der küche zu tun.

"la ida" eröffnet bald ihre firma

bei der brodingberg-session wird nämlich unsere experimental-bäckerin ida kreutzer ordinieren. sie repräsentiert für mich eine zeitgemäße deutung des begriffes kunsthandwerk. (mitte des monats wird ida übrigens ihre neue firma formell eröffnen.)

inzwischen wäre mit meinen „drei tenören“ ein lokalaugenschein fällig, aber zum bevorzugten termin habe ich schon einen lokalaugenschein mit meinen „avantouristen“. (franz sattler plädiert inzwischen längst wieder für das reisen. ja, wir sollten abhauen!)

übrigens! heimo steps, zur zeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, hat mir nun die zwei termine für die „talking communities“ bestätigt. wir werden also im mai den öffentlichen diskurs über rahmenbedingungen des kunstgeschehens fortführen.

soll ich weitererzählen? ich lasse es vorerst. gehen wir einmal durch die nächsten stationen, dann werde ich hier die weiterens schritte im projekt „kunst ost“ darlegen.

— [april-festival] —

was herauskommt

nun stecken monate arbeit in diesem „april-festival“. so viele inspirierte leute haben sich aufgerafft, mehr zu tun als nur das eigene werk zu promoten. und obwohl ich die ganze zeit mitten in diesen prozessen gesteckt habe, bin ich verdutzt, was sich mir alles zeigt. auch falle ich in manches, das sich plötzlich ereignet, wie ein fremder, ein gast, hinein.

durch eine verschiebung im programm ergab sich eine lücke in der gleisdorfer stadtbücherei, die nun herta tinchon mit einer kleinen auswahl an arbeiten bespielt

das sind ziemlich irritierende effekte, die mir zugleich große freude machen, weil sich darin eine ganz neue erfahrung andeutet. wir arbeiten zwar schon geraume zeit an der idee von „kollektiver kreativität“ und wie die sich ereignen mag, aber nun, wo sich das anscheinend stärker denn je einlöst, bin ich ziemlich überrascht, wie es sich anfühlt.

in diesen ereignissen tun sich mittlerweile auch unter den beitragenden stärkere kontraste auf als zuvor. da gibt es etwa eine künstlerin, die ein zehn jahre altes konzept aufwärmt und so schlampig umsetzt, daß die arbeit nach einer woche schon auseinandergefallen ist. gut, soll sein. andere haben sich dagegen auf die gesetzte themenstellung eingelassen und neue werke gründlich erarbeitet.

fotograf richard mayr scheint mi den ergebnissen seiner anstrengung zufrieden zu sein

da riecht man an bildern noch die frische farbe. da darf ich dabei sein, wenn jemand seine ergebnisse per post erhält, auspackt, vor freude strahlt, weil die arbeiten den hoch angesetzten erwartungen entsprechen.

da plaudere ich mit dem kunstsammler erich wolf, der sich stets umsieht, was an künstlerischen arbeiten in der region entsteht, und erfahre von ihm, wer sich in den letzten zwei jahren gut sichtbar gesteigert habe.

zurückhaltend mit kommentaren, aber stets mit wacher aufmerksamkeit am lauf der dinge: kunstsammler erich wolf

es ist also ein lebhaftes geschehen, das sich im kontext von „kunst ost“ entfaltet. immer mehr leute nützen merklich die gelegenheit, erstens von einem konzentrierten kunstgeschehen impulse zu beziehen und zweitens dann durch das eigene tun ihrerseits impulse zu geben. ein kurioses kräftespiel.

mit fotograf franz sattler hatte ich inzwischen ein plauder-stündchen, in dem etliche dinge auf den punkt zu bringen waren. eine seiner arbeiten („in der hitze der nacht“) ist nun gegenstand der erste karte in einer kleinen edition von kunstkarten, die ich voranbringen möchte: [link]

fotograf franz sattler tendiert zum reisen. wir werden also demnächst eine gemeinsame ausfahrt kunstschaffender realisieren.

ferner habe ich mit ihm erörtert, was ich davor schon mit kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov debattiert hatte. wir beginnen jetzt schon mit den vorbereitungen für das „april-festival“ 2012. die themenstellung geht noch näher an die menschen heran: „leben: die praxis der zuversicht“.

— [april-festival] —

april-festival: rundgänge

eine zweite führung durch gleisdorfs innenstadt, entlang der stationen des „april-festivals“, war von „irischen momenten“ geprägt. (ein gang durch belfast würde einen gelegentlich in wiederkehrende regengüsse geraten lassen, aber auch sonne und nebenbei einigen wind bescheren.)

fotograf franz sattler in allwetter-ausstattung

nina strassegger-tipl lotste die gäste zu den einzelnen stationen. diese weise, den alltag der menschen zu bespielen, geht übrigens auf eine konzentrierte form zurück, die wir vor einigen jahren als jene kompakte „bühne“ zu gestalten versuchten, die sich anlaßbezogen und temporär in der stadt entfalten möge. ich nannte das damals aufgrund der form der route „gleisdorf: ein L für die kunst“ [link]

die aktivitäten von „kunst ost“ handeln unter anderem von einem kontinuierlichen vertiefen der erfahrungen, wie wir mit der kunst auf einem terrain bestehen können, das nicht primär der kunstvermittlung gewidmet ist.

nina strassegger-tipl (links) und gleisdorfs bürgermeister christoph stark

darin hat gleisdorf allerdings eine besondere ausnahme. das „museum im rathaus“ ist sicher der attraktivste ausstellungsort in der region.  dort waren wir etwas spät am tage angelangt, weil es als schlußpunkt der runde angelegt ist. der arbeitstag im rathaus hatte längst geendet.

malerin irmgard hierzer (mitte) bei der erläuterung der arbeiten von michaela knittelfelder-lang

dabei machten wir die kuriose erfahrung, was geschieht, wenn das museum schon „scharf gemacht“ wurde. ein bewegungsmelder sprang auf uns an und im haus, außerhalb des hauses sowie im anschließende café ging ein ohrendbetäubender alarm los.

die geschichte endete mit einer plauderei, bei der uns zwei freundliche polizisten und ein mitarbeiter der gemeinde gegenüber standen. bürgermeister christoph stark, der sich zu der zeit schon bei freunden befand, um seinen geburtstag zu feiern, meinte, als ich ihm von unserem malheur berichtete, lachend: „ist mir auch schon passiert.“

[april-festival]

was ist kunst? #8

können sie sich unter einem „wow-effekt“ etwas vorstellen? es ist gewissermaßen die triviale variante von „kathedrale!“ markanter effekt, heftige reaktion. so in der art. ja, das ist schon etwas, worauf in der kunst nicht unbedingt verzichtet wird. die etwas zurückhaltendere deutung dessen meint ungefähr einen „erhebenden moment“. das kann auch auf „andere zustände“ hinauslaufen. solche „alterated states“ kennen wir nicht nur durch die einnahme verbotener substanzen, der eigene leib produziert kraftvolle stoffe, die unsere wahrnehmung verschieben und uns in solche anderen zustände versetzen. menschliche kultur handelt seit ewigkeiten davon, was auch immer an mitteln und methoden dazu führt.

ob es also nun um eher triviale momente geht, ob wir uns feierlich fühlen und erhoben sein möchten, erhoben über alltägliche zustände, stets sind das intensive wahrnehmungserfahrungen. der hooligan, dem es während eines fußball-matches völlig die sicherungen schmeißt, tobt da vermutlich auf einem ähnlichen bedeutungs-kontinent wie die kunstfreundin, die von einem entzücken über besonderen kunstgenuß gerade auf wolken schwebt.

der reisende und fotograf emil gruber pendelt mit seiner liebhaberei ausdauernd zwischen trivialen artefakten und hochkarätigen kunstgegenständen

vermutlich würde man beim durchforschen unserer gehirne mit einem scanner feststellen, daß dabei – fußball-match oder kunstgenuß – einerseits höchst unterschiedliche neuronen-ensembles feuern, aber ich stelle mir vor, es gibt dabei andrerseits auch viele übereinstimmungen. kleiner einschub: was immer wir tun, was immer uns bewegt, es bildet sich in gehirnaktivitäten ab. es wird durch physikalische und chemische ereignisse, die heute durch verschiedene „bildgebende verfahren“ gut sichtbar gemacht werden können, in unseren köpfen repräsentiert. diese oder jene gehirnegionen zeigen dann „leuchtende“ aktivitäten, was vergleiche der anlässe und ereignisse zuläßt.

franz sattler, fotograf und wandelndes gegenkonzept zu stubenhockern, verzichtet auf große gesten und zieht kontinuierliche arbeit vor.

aber diese neuronale ebene interessiert mich im augenblick gar nicht weiter. wir sind als spezies offenbar ziemlich darauf versessen, „wow-effekte“ oder „kathedrale!“-momente zu erleben, ganz egal, wodurch wir sie auslösen und auf welche weise sie sich einlösen. in der wirtschaft bediebnt man sich dieser neigung von menschen ebenso wie in anderen branchen.

und die effekte selbst? kulturelle und soziale konventionen regeln hierarchien solcher momente. in meinen kindertagen galt etwa die polarisierung „schundhefte“ (comics) versus „das gute buch“ als turnierplatz des ringes um kulturelle exzellenz. ein anderer nebenschauplatz ist jener der „kitsch oder kunst“-debatte. aber das sind irgendwie bloß zeitbezogene konzepte der dünkelhaftigkeit, falls sich daraus frontstellungen ableiten. viele von uns finden aus dem „entweder-oder“ in das „sowohl-als-auch“.

ich hab derlei fragen gerade mit den beiden fotografen emil gruber und franz sattler erörtert. in dieser debatte hat gruber den begriff „kathedrale!“ als metapher verwendet. das gefällt mir und erscheint mir für unser thema passend. wir sind akteure des „kuratorium für triviale mythen“. es beschäftigt uns daher ein mögliches ineinandergehen von so unerschiedlichen positionen; nämlich was da einerseits der gegenwartskunst zugerechnet werden kann, was andrerseits sache der populärkultur ist. gegenwartskunst und produkte der pop-kultur sind nicht generell von einandner zu unterscheiden. überlappungen, interferenzen, trugbilder und falschmünzerei ergeben in summe ein gedeutungsgefüge, da war es vergleichsweise simpel, zu sagen: beethove, leonardo, thomas mann!

wir kinder des popismus und des kalten krieges haben uns eine kompliziertere welt angeeignet, als es alte eliten für möglich halten wollten. das macht mir dann auch als künstler viel freude, aber es muß stets unter der androhung massiver verunsicherung gelebt werden.

ich dar für uns drei — gruber, sattler und mich – behaupten, daß wir in unseren leidenschaften keine grenzen zwischen diesen feldern zur kenntnis nehmen; im sinne von: demarkationslinien, an denen wir uns aufhalten würden. es ist auch nicht so, daß unser gemeinsames tun vor allem auf einen „wow-effekte“ oder „kathedrale!“-moment zielen würde. als künstler wählen wir fragestellungen, mit denen wir uns befassen möchten. wir wählen uns gemeinsame aufgabenstellungen.

unsere erfahrung besagt, das führt sehr verläßlich zu besonderen momenten, zu anderen zuständen. das ist einfach so, aber es ist kein „hauptereignis“ in unserem künstlerischen tun. sie ahnen schon, das praktische tun, die erfahrungen, das erlebnis des kritischen austausches, nein! bitte nicht die floskel, daß der weg das ziel sei! wir haben uns nämlich keine bestimmten ziele gesetzt. es ließe sich bestefalls sagen: der weg ist der weg. das hat nun entweder eine sehr buddhistische anmutung oder es ist leeres geschwätz, also lassen wir das.

künstler betreiben künstlerische praxis. wir sammeln dabei erfahrungen mit höchst unterschiedlichen codes und mit fragen, wie man sie verwenden kann. wir tun derlei – jeder für sich – lange genug, daß erwartet werden darf, diese prozesse werfen gelegentlich brauchbare ergebnisse ab. ich kennen kolleginnen und kollegen, die sich dabei dann mit großen gesten hervortun. auch recht! mir egal. das präsentationsgeschäft zähle ich zu den sozialen agenda, nicht zu denen der kunst. marktschreierei halte ich für banal, aber ich ignorirer nicht, daß sich ohne solche zutaten nur schwer geschäfte machen lassen.

gesellige regung und gesellschaftliche relevanz halte ich für zwei grundverschiedene vorkommnisse. ich will nicht so tun, als wäre mir das ringen um sozialprestige völlig gleichgültig. wahrgenommen zu werden, reaktionen auf das zu erfahren, was einem gelingt, das sind ja früchte, die ich auch ganz gerne nach hause trage. zugegeben, wie jedes milieu seinen jargon bildet und seinen verhaltens-kodex entwickelt, ist das „zurückhaltungs-gebot“, welches mir gefällt, im kern auch bloß pose. oder aber doch: haltung? also etwas, das inhalt ist und inhalt ausdrückt?

[überblick]
emil gruber, martin krusche, franz sattler: „wheels

aktion und reflexion

das aktuelle arbeitsjahr von „kunst ost“ wird verstärkt der idee gewidmet sein, aktion und reflexion beieinander zu halten. kunstpraxis in einigen konkreten veranstaltungs-vorhaben. kompetenz-gewinne durch eine kontinuierliche auseinandersetzungen mit fragen zur kunst. debatten und konkrete schritte quer durch die region.

reisen und fotografie unverzichtbare grundlagen: emil gruber (links) und franz sattler beim lokalaugenschein für „wheels“

ein beispiel, wie dabei auch „unscharfe zonen“ geschätzt werden: unser kuratorium für triviale mythen ist eingerichtet, um die grauzonen und die überlappenden felder zwischen alltagskultur und gegenwartskunst zu bearbeiten. aktuell lösen wir das im „avantourismus“-projekt wheels ein. (das steht seinerseits bewußt im kontrast zum „tag der agrarischen welt“.)

eine spezielle anordnung haben wir in jenem „work in progress“, für das sich drei unternehmer der region eingefunden haben … um selbst eine persönliche rolle im kulturgeschehen der gegend einzunehmen, die zu einem gemeinsamen künstlerischen statement führen soll: [link]

ausstellungsräume, diskursräume, aktionsräume ...

inzwischen bereiten wir weitere station der „konferenz in permanenz“ und der „talking communities“ vor, außerdem besuchen wir demnächst das hochspannungslabr der TU in graz. das knüpft an schritte an wie etwa kürzlich der gemeinsame besuch der ausstellung „roboterträume“: [link]

wie erwähnt: aktion und reflexion in einem fluß der ereignisse. all diese möglichkeiten fließen augenblicklich in das kommende „april-festival“; die wachsende übersicht: [link]

wheels

gruber, sattler und ich … wir sind drei männer, die knapp nach der mitte des 20. jahrhunderts geboren wurden. das ist insofern von bedeutung, als wir mit einem sozialen versprechen aufwuchsen, das während des zweiten weltkrieges formuliert wurde: „ihr werdet ALLE am kommenden wohlstand teilhaben!“

dieses große versprechen hatte ein zentrales kultobjekt, ein vehikel, das sehr bald selbst zum materiellen ausdruck dieses versprechens wurde: das automobil. emil gruber, franz sattler und ich stammen aus eher proletarischen milieus. in unseren kindertagen war der erwerb eines eigenen autos eine soziale sensation mit enormen konsequenzen.

franz sattler

zugleich sind wir kinder der pop(ulär)kultur. eine gewaltige kulturelle bewegung, die auf kunst und wirtschaft gleichermaßen radikal einfluß genommen hat. ein soziokulturelles phänomen, das in wenigen jahrzehnten weltumspannende präsenz und wirkung erreichte.

wenn wir uns nun in der „energie-region“ diesem themenkomplex widmen, dann bedeutet das, wir bearbeiten fundamente dieser (industrie-) gesellschaft, wir gehen den rätseln, fragen und anforderungen nach, die am beginn des neuen jahrhunderts offensichtlich sind. diese ganze geschichte, zugleich ein populäres mythengebilde, ist nicht nur gelegentlich anlaß für kriege gewesen, es ist auch eines der zentralen momente jener umbrüche, in die wir mittlerweile gestürzt sind.

emil gruber

was ist also das große ganze und wie zeigt es sich in seiner regional erfahrbaren dimension? welche erzählungen klingen dabei an und welche politischen kräftespiele erreichen uns in diesem zusammenhang?

das trio gruber-krusche-sattler setzt dazu beim kommenden april-festival einen akzent in der gemeinde albersdorf, welche stark vom industriellen geschehen im vorgelagerten raab-tal geprägt ist. das trio wird über mittel der bildenden kunst und der literatur ein gemeinsames künstlerisches statement erarbeiten, das in einem foto von franz sattler und einem song von bruce springsteen seinen ausgangspunkt hat.

so entsteht die ausstellung „wheels“. sie ist ihrerseits kein isoliertes einzelereignis, sondern der impuls für ein längerfristiges projekt, in dem wir den weiten horizont der gesamten themenstellung ausleuchten werden.

an einer stelle des springsteen-songs „thunderroad“ heißt es: „we got one last chance to make it real / to trade in these wings on some wheels. die flügel und die räder; in kombination eine nun schon jahrhundert-metapher für mobilität …

„wheels“ ist ein weiterer „avantourismus“-akzent, initiiert vom „kuratorium für triviale mythen“.

+) april-festival: „elektrisiert“
+) avantourismus
+) kuratorium für triviale mythen

personale franz sattler

sehen, genauer: was man sieht, hängt in hohem maß von den eigenen erfahrungen ab. zu den verblüffenden phänomenen unserer wahrnehmung gehört das „déjà-vu“. so auch der titel der aktuellen personale von franz sattler im gleisdorfer „museum im rathaus“ („mir“). mit überwiegend großformatigen arbeiten führt sattler zu einigen grundlagen unserer weltzugänge.

was finden wir vor? was ist schon in uns, wodurch das vorgefundene seine bedeutung erhält? worin bleiben wir offen für neue erfahrungen? wie er das für sich selbst erschlossen hat, konnten wir vor einer weile bei einem vortrag sattlers im gasthof „allmer“ in weiz erfahren.

fotograf franz sattler neben MIR-kustodin sigrid meister

hat er dort dargelegt, welche künstlerischen arbeiten ihn bewegen und wodurch sie das tun, so kann man jetzt in der ausstellung dem nachgehen, was momentan die summe seiner inhaltlichen und handwerklichen optionen ist.

in einem „aufbrechen“ konventioneller umgangsweisen mit „bildern“ als abbilder weist sattler wege zu künstlerischen möglichkeiten, wie wir einander die welt erzählen.
das ist übrigens auch ein sehr wichtiger aspekt in der arbeit von „kunst ost“; daß wir uns solche möglichkeiten erschließen: mit erfahrenen kunstschaffenden auszuleuchten, wovon KUNST in der praxis handeln kann.

die ausstellung von franz sattler ist noch bis 23. dezember 2010 in gleisdorf zu sehen: [link]