In den letzten Jahren entwickelte Mirjana Peiter-Selakov für die soziokulturelle Drehscheibe „kunst ost“ den Themenschwerpunkt „FMTech_Lab!“, wo die Fragestellungen zu den Zusammenhängen „Frauen, Macht und Technik“ bearbeitet wurden, was schließlich zu einer neuen Praxisebene, der des Labors, führte.
Die vergangenen Wochen hatte ich Arbeit daran, die derzeitige Projekt-Komplexität von kunst ost herunterzufahren. Da dieses ganzeUnterfangen vor allem einmal eine Art Labor ist, in dem ausgelotet werden muß, welche Strategien, Zielsetzungen und Verfahrensweisen sich kulturell abseits des Landeszentrums bewähren können, entstehen laufend neue Arbeitslinien.
Die bedürfen dann einer Prüfung dessen, was sich sinnvoll weiterverfolgen läßt. Das verlangt jeweils, einige der eröffneten Bereiche wieder hinter sich zu lassen. So etwa derzeit die „Kulturspange“ [link] und die erste Formation von „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“ [link]
KUnstsammler Erich Wolf mit einem ersten Probedruck des Programmbuches für unser Symposion
Im „FrauenMonat“ 2012 sind nun sehr klare Grundlagen für unsere weitere Arbeit am Themenkomplex „Frauen Macht und Technik“ sowie für ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) verfügbar. Technikerin Mirjana Peitler-Selakov sagt zum Hintergrund:
„Aus historischer, aus kultur- und kunstgeschichtlicher Perspektive wird die Rolle der Frau in der Gesellschaft untersucht. Das gesellschaftliche Bild der Frau vom 17. bis ins 19. Jahrhundert änderte sich so fundamental, dass die Frau aus der öffentlichen Gesellschaft gänzlich verbannt wurde, während der Mann gerade durch seine auf den gesellschaftlichen Aufbau ausgerichtete Tätigkeit definiert wurde. Wie das Frauenbild quer durch die Geschichte bis in die Gegenwart über visuelle Ebenen in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, ist eines der Themen, die im Labor wissenschaftlich erforscht bzw. in einer Ausstellung präsentiert werden.“
Mirjana Peitler-Selakov (Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge)
Aber was heißt das für ein längerfristiges Bildungsvorhaben? Aus der bisherigen Konzeptarbeit heraus macht Peitler-Selakov klar:
„Eine der Grundfragen, die sich erhebt, lautet: Wie baut man Kompetenz im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, insbesondere bei den Mädchen, auf? Aber auch wie entwickelt man Interesse und Kompetenzen am Experimentieren oder wie vernetzt man übergreifende Lern- und Erfahrungsbereiche? Das sind Fragen im Fokus der pädagogischen Forschung im Labor.“
Es wird also wichtig sein, verschiedenen Disziplinen zur Wechselwirkung zu bringen. Peitler-Selakov weiter:
„Aus soziologischer Perspektive werden die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Mädchen und Frauen im Kontext kreativer technischer Tätigkeitsfelder erforscht und untersucht, wie sich diese gegebenenfalls verändern können. Eine Gruppe von jungen SoziologInnen und Gender-ForscherInnen werden folgenden Fragen nachgehen: Wie stellen die Mädchen im Zusammenhang mit ihren Erfahrungen und Projekten im Labor-Projekt ihre Geschlechtsidentität kreativ her? Das heißt auch, wie wird Technik und Geschlecht von ihnen gegebenenfalls kreativ neu verknüpft? Als Methode sind Gruppendiskussionen mit allen im Projekt beteiligten Personen vorgesehen.“
Mirjana Peitler-Selakov ist zur Zeit Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge bei Magna Ecar Systems.
Wir haben im Vorjahr erlebt, daß die Themenstellung „Frauen und Technik“ erhebliche Reaktionen ausgelöst hat; sehr positive Reaktionen. Eine Ermutigung, diesen Fokus weiter zu bearbeiten. Dazu kommt, daß unsere Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov gerade ihre Dissertation im Bereich Kunstgeschichte abschließt, sich aber für die nahe Zukunft wieder stärker dem Technikbereich zugewandt hat. Sie ist momentan Functional Safety Manager bei MAGNA E-Car Systems.
Mirjana Peitler-Selakov wurde Functional Safety Manager im Bereich der neuen Elektrofahrzeuge
Der „FrauenMonat“ 2012, den kunst ost eben vorbereitet, führt nun in eine konkrete Praxis des Zuganges zu Technikfragen für Mädchen und junge Frauen. Siehe dazu auch: [link]
Peitler-Selakov: “Das FMTech_Lab fördert aktive Partizipation von Mädchen in technischen Bereichen. Das realisieren wir auch mit Hilfe von Künstlerinnen und Künstlern. So sorgen wir zugleich für die Präsentation von Wissen und Erfahrungen, die am Schnittpunkt zwischen Technik und Kunst entstehen. Es geht ferner um soziale Dynamiken, die sich zwischen diesen Elementen generieren.“
Grafik: Stefanie Wuschitz
Für die Umsetzung dieses Vorhabens hat eine außergewöhnliche Crew zugesagt: Barbara Huber, Miss Baltazar’s Laboratory, Niki Passath und Stefanie Wuschitz. Interessierte können sich mit uns nun in Verbindung setzen.
Im Jahr 2011 war der FrauenMonat, den kunst ost alljährlich veranstaltet, von den feinen und geistreichen Arbeiten der Künstlerin Ulla Rauter dominiert. Im Jahr davor durften wir eine bewegende Schau mit Arbeiten von Jelena Juresa zeigen.
Ulla Rauter
Mir ist es sehr wichtig, daß wir unsere regionale Kunstpraxis stets auch mit Impulsen von außen anreichern können. Andere Sichtweisen, andere Verfahrensweisen, überraschende handwerkliche Modi… Hinzu kommt, daß wir seit einer Weile den Themenschwerpunkt „Frauen, Macht und Technik“ bearbeiten.
Das hat uns eine sehr verblüffende Überraschung ins Haus gebracht. Seit etwa einem halben Jahr scheint dieses Thema eine enorme Relevanz zu gewinnen, vor allem in den letzten Monaten ist es auch medial überaus präsent.
Das hat für uns zwei besondere Vorteile. Erstens sind wir in dieser Themenstellung mehr als fit und nun schon mit etlicher Praxis auf dem Set unterwegs, zweitens gehen auf einmal Türen auf, an die wir vorher noch gar nicht gedacht hatten.
Kommenden Juni wird demnach der FrauenMonat wieder dem Thema Frauen und Technik gewidmet sein, genauer: dem Auftakt eines FMTech_Lab, dessen Konzept unsere Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov erarbeitet hat.
“Da sich die Energie-Region Weiz-Gleisdorf als Gebiet der Kreativität, Forschung und Innovation entwickelt und weiter entwickeln möchte, halten wir es für unverzichtbar, in diesen Bereichen Frauen bzw. Mädchen intensiv einzubeziehen. Diverse Quellen der Kreativität (Kunst, Kultur) sollen sich mit den Elementen der Wissenschaft und Technik bzw. der Neuen Technologien verbinden. Und zwar in einem speziell dafür vorgesehenem Modell: im FMTech_Lab.“
Mirjana Peitler-Selakov ist nicht nur Kunsthistorikerin (sie schließt gerade ihre Dissertation ab), ihre aktuelle Funktion als Functional Safety Manager bei der MAGNA E-Car Systems GmbH stellt eine reale Verbindung zur Welt von Forschung und Entwicklung in der Technikwelt dar.
Nun zum kommenden FrauenMonat. Da werden einerseits Stefanie Wuschitz und Miss Baltazars Laboratory ordinieren, andrerseits haben wir Niki Passath dabei, mit dem schon ein paar sehr anregenden Sessions hinter uns liegen.
Ich darf versichern, daß wir auch heuer wieder sehr spannende Zusammenkünfte erleben werden, aus denen sich für die eigene Kunstpraxis, egal in welchem Genre, Anregungen mitnehmen lassen.