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Kulturgeschichte und Kulturgeschehen

Mein aktuelles Plauderstündchen mit Historiker Robert Hausmann weist uns eine sehr interessante Perspektive. Er hatte im vorigen April-Festival erhebliche Denkanstöße geboten, indem er uns einige Grundlagen der Sozialgeschichte dieser Region darlegte: „Tag der agrarischen Welt“ [link]

Ein kulturelles Engagement auf der Höhe der Zeit könnte nicht gelingen, würden wir weitgehend ignorieren, was diesen Lebensraum über viele Generationen geprägt hat und welche mentalitätsgeschichtlichen Kräftespiele zum gegenwärtigen Klima unter den Menschen geführt haben. Die Geschichtsschreibung bietet uns dabei wesentliche Impulse.

Der Gleisdorfer Historiker Robert F. Hausmann

Da es zur Zeit, was die Oststeiermark angeht, kaum Literatur gibt, sind die realen Begegnungen mit Fachkräften eine wichtige Möglichkeit, in dieser Sache mehr zu erfahren. Hinzu kommt der große Vorteil, in Gesprächen einzelnen Aspekten nachgehen zu können.

Kleiner Einschub: Ein zweibändiges Werk, das ich zu solchen Fragen immer wieder zur Hand nehme, ist leider längst vom Markt verschwunden. Aus meinen Notizen zum vorjährigen April-Festival:
Die Historiker Karl Kaser und Karl Stocker haben das in einem fulminanten zweibändigen Werk dargestellt: „Bäuerliches Leben in der Oststeiermark seit 1848“. Sie haben für den Zeitraum zwischen 1848 und 1938 der Oststeiermark „Abgeschlossenheit und Stagnation“ zugeschrieben. [Quelle]

Hausmann erzählt mir nun von einem Projekt, das der Verein für Kulturgeschichte [link] längerfristig in der Steiermark entfaltet, dessen Auftakt in Gleisdorf stattfinden wird: „Es geht um die Vermittlung neuer Forschungsergebnisse aus den Bereichen der Kultur, der Literatur und der Baukunst, der Musik und der Malerei, der Religion und der Lebensformen, der sozialen Entwicklung, des Geschlechterverhältnisses, der Mentalitätsgeschichte in den einzelnen Regionen.“

Dem ist die Tagung „Geschichte und Kultur der Oststeiermark“ gewidmet, die am 27. und 28. April 2012 im Gleisdorfer Forum Kloster stattfinden wird. Ein Auftakt. Die Organisation der Tagung liegt in den Händen von Anton Grabner-Haider, Peter Cordes und Horst Schlögel.

Ich denke, wir sollten Ideen entwickeln, wie sich ein derart dichtes Wissensangebot aufgreifen und in das kulturelle Geschehen der Region verzweigen läßt. Damit meine ich auch, es wäre sehr interessant, eine derartige Veranstaltungsreihe aus dem universitären Bereich mit laufenden kulturellen Aktivitäten regionaler Kulturschaffender zu verknüpfen.

unser erster nikola tesla-tag

nikola tesla ist im bereich der vormaligen „militärgrenze“ österreichs aufgewachsen. das war jenes gebiet, über welches die habsburger und die osmanen ihre reiche gegen einander gestellt sahen. branimir jovanovic, leiter des „nikola tesla-center“ in beograd, sieht in diesem biografischen hintergrund des erfinders wesentliche impulse zum recht asketischen leben teslas.

nikola tesla: seine erfindungen und sein denken zeigen einfluß auf unser leben bis in die gegenwart

der herausragende ingenieur hatte in graz studiert, war dann aber nach amerika gegangen, wo er grundlagen für die elektrifizierung der welt schuf. jovanovic, selbst ingenieur, hat fast drei jahrzehnte zu tesla geforscht und konnte dabei tausende handgeschriebene dokumente einsehen, die tesla hinterlassen hat; briefe, notizen, skizzen.

aus dieser arbeit bezog jovanovic auch eine profunde kenntnis der sozialen überlegungen teslas, dem viel daran gelegen war, im bereich seiner kompetenzen relevante fragen zu verfolgen. tesla befaßte sich offenbar intensiv mit der vorstellung, daß technsiche anwendungen zum wohle ALLER menschen eingesetzt werden könnten, um damit allgemein den leebensstandard anzuheben. (darin wollte ihm freilich eine kapitalistisch orientierte industrie nicht folgen.) in heutiger sprachregelung würde das heißen, tesla hat sich zum beispiel mit den fragen von verteilungsgerechtigkeit befaßt.

würden sie von diesen beiden herren ein gebrauchtes raumschiff kaufen? (links bernhard kober, rechts branimir jovanovic)

tesla ist auch anlaß für sehr kuriose deutungen geworden und erfreut sich in esoterischen kreisen großer beliebtheit. jovanovic grenzte sich da insoferne ab, als er seine eigene kompetenz als techniker betonte und aus dieser position heraus erzählte, daß all jene dokumente aus teslas hand, die er zur einsicht vorliegen hatte, die arbeiten eines technikers, nicht eines esoterikers sind.

nikola tesla war zeit seines lebens über seine außergewöhnlichen begabungen zu erstaunlichen arbeitsergebnissen gekommen. sein denken hat enormen einfluß entfaltet, der bis heute wirkt. unser erster „nikola tesla-tag“ im rahmen des „april-festivals“ war einer annäherung an dieses denken gewidmet.

den auftakt dieser „tesla-session“ bot allerdings der gleisdorfer bernhard kober, „chef-heizer“ in der motoren-abteilung eines lokalen modellbau-geschäftes. kober legte die grundlegenden unterschiede zwischen elektromotoren und verbrennungsmotoren dar. eine basis-orientierung, die zu verstehen helfen soll, welche umbrüche auf uns zukommen, wo wir das ende preiswerter automobile mit benzin- und dieselmotoren vermutlich noch erleben werden. (kober ist übriegens gründungsmitglied des kuratoriums für triviale mythen.)

wenn nun hierzulande alle welt anscheinend überzeugt verkündet: „die zukunft liegt in der elektromobilität!“, dann darf vorerst einmal bezweifelt werden, ob das so klar, so selbstverständlich ist, wie das von statten gehen wird und wohin uns das führen mag. gute gründe, sich diese themen genauer anzusehen.

der vortrag von branimir jovanovic bot dann unter anderem einen zugang zu dem an, was der foscher die „tesla-doktrin“ nennt. eine konklusio aus dem denken von tesla als anregung, eine kursänderung in der dominanten „konsum-kultur“ zu schaffen.

wir werden nun eine zusammenfassung dieses „tesla-tages“ erarbeiten. außerdem ist mit der session in ludersdorf der auftakt für eine längere arbeit an diesem themenkomplex vollzogen, was wir in kooperation mit dem „nikola tesla-center“ entfalten werden. eines der ziele dieser kooperation ist es, die thematik für ein laien-publikum zu erschließen, denn was sich heute als zukunftsträchtige elektro-mobilität verspricht, birgt noch eine menge klärungsbedarf.

— [doku #1] [doku #2] —
— [april-festival] —

verknüpfungen

unser heuriges „april-festival“ neigt sich dem ende zu. die letzte station ist dem erfinder nikola tesla und den konsequenzen seines schaffens gewidmet. in diesem zusammenhang wird uns experte bernhard kober im rahmen des nikola tesla-tages erklären und demonstrieren, worin sich verbrennungsmotoren und elektromotoren fundamental unterscheiden.

innenansichten: bernd kober beim zerlegen eines kleinen, verblüffend leistungsstarken elektro-motors

unser leben basiert in seinem komfort ganz wesentlich auf maschinellen kraftquellen, die zu einem so enormen energiebedarf führen, daß die art und effizienz der maschinen sowie der sparsame einsatz von treibstoffen entscheidend dafür sein dürften, ob und wie unser leben weiterhin mit komfort ausgesatttet sein wird.

im beitrag brisanz & idylle hab ich außerdem eine querverbindung dieser themenstellung zu fragen der agrarwirtschaft und unserer ernährungslage schon anherissen. so zeichnet sich nun eine praktikable kulturelle zusammenschau der themenbereiche ab, die ich für diese region im bipolaren motiv „zwischen landwirtschaft und high tech“ beschrieben hab.

das ergibt dann auch, weil es bei unserem tun nicht unwesentlich um künstlerische praxis geht, eine ganze reihe von anregungen auf ästhetischer ebene, also im bereich sinnlicher wahrnehmung. in diesen zusammenhängen werden schließlich auch handwerkliche aspekte greifbar, wie etwa an jenem kühn gefertigten zweizylinder-miniaturmotor, bei dem selbst die verbindenden zahnräder einzelanfertigungen sind.

dieses von hand gebaute einzelstück zeigt nicht nur mechanische, sondern auch formale qualitäten

die reflexion all dieser zusammenhänge, das handwerk, die kunst, die alltagskultur; durch die aktuelle präzisierung unsere zugänge zu jenen teilaspekten sollte sich eine sehr taugliche form der kulturarbeit im ländlichen raum etablieren lassen, die der gegenwartskunst ebenso kraftvolle wie sinnvolle rahmenbedingungen schafft.

wir sind zur zeit auch schon mit der programm-arbeit für das jahr 2012 beschäftigt. es soll ja gelingen, die verschiedenen themenlinien zusammenzuführen und die praktische umsetzung angemessener kulturereignisse auch in diesen budgetär so schwierigen zeiten sicherzustellen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov, hier rechts neben karakuri-künstlerin kirsty boyle und medienkünstler niki passath

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov bereitet in diesem zusammenhang einen neuen „frauenmonat“ vor, bei dem sie das thema „frauen in der technik“ in den fokus rückt. sie hat außerdem schon im vorjahr einen konzeptionellen ansatz entwickelt, der zur themenstellung „close to nature“ führte, wo es vor allem um projektschritte bezüglich gegenwartskunst geht.

landwirtschaft, technik, kunst, die kommunikation und die alltagsbewältigung … aus den letzten zwei arbeitsjahren heraus scheint sich nun sehr klar abzuzeichnen, wie das in einem soziokulturellen projekt zusammengeführt und in eine regionale kulturpraxis übersetzt werden kann.

nachhall

irgendwas klingt vergnügt nach. die vorletzte station. das war vorgestern. nun liegt noch dieser ungewöhnliche „tesla-tag“ vor uns. der ist gewissermaßen auch eine angelegenheit des „kuratoriums für triviale mythen“. bernhard kober und branimir jovanovic werden uns einige grundlagen der energiegewinnung und der kraftmaschinen darlegen: [link]

fotograf franz sattler mit avantouristischem haustier

unsere session in albersdorf ging vergnügt und ziemlich gemütlich über die bühne. der ort albersdorf ist heute von der automobil-industrie geprägt. das sieht man dem dorf nicht unbedingt so deutlich an, weil die fabriken jenseits der bundesstraße liegen, außerhalb des ortsgebietes.

aber die kommunlabgaben hängen davon ab, was in einer gemeinde an arbeitskräften gemeldet ist. daraus ergibt sich ein erheblicher kontrast zu rein agarisch geprägten gemeinden. denn es macht einen unterschied, ob kommunen eigene mittel aufbringen können oder stark von land und bund abhängig sind.

von links: franz sattler, emil gruber und martin krusche

wir haben uns nun in einigen jahren sehr gründlich in jene zusammenhänge geschraubt, die rund um einen autkühler auffindbar werden, wenn man genauer nachsieht, was da zusammengewirkt hat, um diesen status quo herbeizuführen, von dem wir nun langsam abzurücken haben.

individualverkehr auf der basis von verbrennungsmotoren wird ein immer exklusiveres vergnügen werden. die exklusivität … „exklusion“ bedeutet ja ausgrenzung, ausschluß. anfangs war das automobil nur den reichen vorbehalten. dazu könnte es wieder kommen.

wir sind überwigend die enkel und urenkel von proletarischen kreisen, von eher armen leuten in landwirtschaft und industrie. welche enorme rolle das private automobil als ideologisch aufgeladenes werkzeug in dieser sache spielte, ist allgemein nicht einmal annähernd bekannt und geläufig.

die zweite karte ist da ...

die karre war ein versprechen, am wachsenden wohlstand teilnehmen zu dürfen. das hatte sozialen und politischen sprengstoff in sich. kein zufall, daß dieses versprechen an fahrzeugen festgemacht wurde, die heute noch sehr populär sind. zum beispiel die vespa, der 500er fiat und sein österreichisches pendant, das „puch-schammerl“, der vw käfer … oder denken sie an den citroen 2cv.

übrigens! jetzt ist die zweite karte der edition des „kuratorium für triviale mythen“ das. und die zeigt ein kurios modifiziertes „puch-schammerl“: [link]

— [april-festival] —

lokalaugenscheine

rein in räume, rauf auf leitern, runter auf den boden der tatsachen, rüber ins nächste cafe. vorbereitungen. letzte klärungsschritte. jetzt liegen noch zwei vernissagen vor uns und gegen ende des monats werden wir den nikola tesla-tag absolvieren.

fotograf franz sattler auf fact finding mission in albersdorf

der „boden der tatsachen“ ist ja vor allem auch ein „deutungsraum“, ein terrain, wo verhandelt wird, was die dinge seien. künstlerische verfahrensweisen als einer von mehreren wegen, um reflexion und deutung vorzunehmen, auch selbstvergewisserung.

warum ist das wichtig? aus wenigstens zweierlei gründen. wir sind sinnsuchende wesen, denen bloße alltagsbewältigung gewöhnlich nicht reicht, um damit ein leben auszufüllen. da treffen sich dann im günstigsten fall etliche intentionen von kunstschaffenden und publikum.

ein letzter lokalaugenschein im "business park"; von links: franz lukas, manuela petermann (von "ingenos"), richard mayr und andreas turk

das „april-festival“ ist heuer mehr denn je zu einem ereignis geworden, in dem äußerst verschiedene kreative menschen sich aus einer größeren themenstellung ein teilthema wählten, um es mit ihren bevorzugten mitteln zu bearbeiten.

und während sich dieses festival dem ende zuneigt, sind schon die ersten arbeitsschritte für das von 2012 in gang: [link] so wollen wir einen ausreichend großen zeitraum öffnen, damit a) jene für nächste „location crews“ zusammenfinden, die in neuen frage- und aufgabenstellungen harmonieren und damit b) um genug zeit zu haben, die anspruchsvolle themenstellung auszuloten.

zwei vernissagen: [gleisdorf] [albersdorf]

im mai tagen dann wieder die „talking communities“. einmal geht es um grundlagen der kulturförderung: [link] zum anderen sehen wir uns ein kurioses stück regionalgeschichte etwas näher an. heinz boxan, vormals verwalter auf gut herberstein, wird uns einblicke bieten, wie das ausplündern der republik gelingt, wenn leute aus unseren eliten zusammengreifen.

heinz boxan ist insider eines spektakulären betrugsfalles in der oststeiermark.

das verspricht ein aufschlußreicher abend zu werden: [link] in tagen der einbrechenden budgets dürfte die verlockung zu solchen machenschaften ja da und dort ansteigen. apropos einbrechende budgets! wie sehr wir davon im kulturbereich betroffen sind, habe ich schon skizziert. aber da gib es noch ganz andere problemlagen.

das leben schwer behinderter menschen ist ebenso belastet wie das ihrer angehöriger. bisher haben kompetente assistenzleistunen deren existenz stabilisiert. und genau da drohen nun streichungen, die etliche betroffene an den rand von panik bringen. ich trage hier einige diesbezügliche informationen zusammen: [link]

— [april-festival] —

simultane abläufe

lokalaugenschein. platzabsprachen. einige drinks und plaudereien. mit franz sattler und emil gruber (foto) im wollsdorferhof; also draußen auf der „strecke“, wo wir in wenigen tagen die ausstellung wheels eröffnen werden. davor wird noch eine andere ausstellung eröffnet: „ungleich/ist gleich“ [link]

emil gruber, erfahrener "avantourist", hat für seinen beitrag die zeitmaschine angeworfen

das heurige „april-festival“ ist zu einer bemerkenswerten schau kollektiver kreativität geworden. dabei zeigt sich einmal mehr, daß es für solche ereignisse eben nicht bloß um gegenwartskunst gehen kann, sondern erst eine verknüpfung aller vier genres zu einem derartigen ereignis führt.

der bisherige verlauf und die inhaltliche arbeit hat übrigens inzwischen eine klare themenstellung für das kommende jahr und das „april-festival“ 2012 ergeben. wir werden uns eine komplexe aufgabenstellung erarbeiten und dann an die umsetzung gehen: „leben: die praxis der zuversicht“. die startseite ist schon montiert: [link]

die themenstellung für das nächste "april-festival" ist schon fstgelegt

ich hab inzwischen auch etwas zeit gefunden, unsre radio-leiste voranzubringen. in sound-miniaturen von jeweils rund zwei minuten länge deponiere ich die „kunst ost kulturnotizen“ auf radio gleisdorf und schließlich in unserem ton-archiv. das aktuelle blatt: [link]

übrigens, die online-dokumentation des
erzeitigen „april-festivals“ wächst: [link]

Kunst und Wissenschaft

Einer der „Tage der Kunst“ wurde von Malerin Michaela Knittelfelder-Lang in Markt Hartmannsdorf realisiert. Bei der Eröffnung sprach Autor Gero Jenner zur Einführung, reflektierte das Verhältnis zwischen Technik und Kunst. Es habe vor allem in der Renaissance eine Blüte jenes Denkens gegeben, in dem die Gesetze der Naturwissenschaft und die Möglichkeiten der Kunst zusammengeführt worden seien. Jenner nannte Leonardo als die überragende Größe jener Ära.

Autor Gero Jenner eröffnete die Station in Markt Hartmannsdorf

Kleiner Einschub: Es ist aus dieser Ära ein Brief von Leonardo erhalten, eine Art Bewerbungsschreiben an Herzog Ludovico Sforza. Das ist insofern bemerkenswert, als es einerseits zusammenfaßt, welche Fertigkeiten der Künstler einem noblen Dienstherren anbieten konnte, andrerseits macht es deutlich, wo damals die „Schönen Künste“ rangierten; nämlich an letzter Stelle. Im Absatz 10 heißt es schon fast beiläufig:

„In Friedenszeiten wird es nützlich sein, zu allgemeinem Nutzen (benissimo a paragone di omni) Architektur zu pflegen, Gebäude für Private und die Öffentlichkeit, und die Wasser von Ort zu Ort zu führen. Ich beschäftige mich auch mit Skulpturen in Marmor, in Bronze und in Erden; ebenso fertige ich Gemälde, alles was man will. Ich würde auch an einer Reiterstatue in Bronze arbeiten können, welche zum unsterblichen Ruhme und ewiger Ehre, also auch zur glücklichen Erinnerung Eurer Herrlichkeit Vaters und des fürstlichen Hauses Sforza errichtet werden soll.“ [Quelle]

Gero Jenner bezog sich ins einer Einführung vor allem auch auf J. P. Snow, der gleichermaßen als Autor und als Wissenchafter von Format gegolten hat. Dessen Werk „Die zwei Kulturen“ [link] thematisiert jene unterschiedlichen Bezugssysteme (Kunst und Naturwissenschaften), welche Jenner so skizzierte: „Die Kunst kann einen neuen Kosmos über dieser physischen Grundlage erreichtem. Das hat sie seit jeher getan.“

J. P. Snow schilderte den Kontrast als überaus hart: „Literary intellectuals at one pole-at the other scientists, and as the most representative, the physical scientists. Between the two a gulf of mutual incomprehension-sometimes (particularly among the young) hostility and dislike, but most of all lack of understanding. They have a curious distorted image of each other.“

Medienkünstler Niki Passath schilderte in Brodingberg einige Kontraste zwischen künstlerischen und wissenschaftlichen Verahrensweisen (links Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov, rechts Künstlerin Kirsty Boyle)

Wir hatten das schon am Vortag erörtert, als Medienkünstler Niki Passath Gast in unserer Reihe „Was sagen Kunstwerke?“ [link] gastierte. Passath erzählte von seinen Erfahrungen mit dem Kontrast in der Zusammenarbeit mit Wissenschaftern. Man teilt so manche Fragestellungen, doch in der Frage nach den Methoden trennen sich Wege mitunter energisch.

Von links: Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakvo, Elektronik-Musiker Winfried Ritsch und Medienkünstlerin Victoria Vesna

Vor einigen Jahren hatten wir Gelegenheit, die amerikanische Medienkünstlerin Victoria Vesna kennenzulernen. Sie repräsentiert Positionen auf diesem „Kreuzungsbereich“ in hohem Maße.

Für Vesna ist Buckminster Fuller ein wesentlicher Bezugspunkt. Von ihm stammt eine Auffassung, der gemäß diese Bereiche — Kunst & Wissenschaft — auf folgende Art als verbunden betrachtet werden: „Je entwickelter die Kunst ist, desto mehr ist sie Wissenschaft. Je entwickelter die Wissenschaft ist, desto mehr ist sie Kunst“.

Methoden

komplexitätskrisen

wenn es gar so dicht hergeht, neige ich zu komplexitätskrisen. (dabei hat nicht die momentane komplexität meiner arbeit eine krise, sondern ICH wegen eben dieser komplexität.)

das hängt nicht bloß mit einem größeren arbeitspensum zusammen. es ereignet sich vor allem, wenn ich innerhalb einzelner tage zwischen zu vielen zu kontrastreichen themen und aufgaben hin- und herpendeln muß.

aus dem gedicht muß ein banner werden ...

da liegen dann zum beispiel gerade 60 zentimeter gedicht an … kleiner scherz! zu unserer station „wheels“ im rahmen des „april-festivals“ habe ich ein gedicht geschrieben, das in seiner endfassung bestätigt sein will, um auf ein banner von 60 x 60 zentimeter zu kommen: [link]

vom "kuratorium für triviale mythen" wird der "avantourismus" gepflegt

doch bevor wir diese station realisieren, steigt noch der erste „tag der trivialen mythen“, genauer: an diesem tag auf dem anwesen der familie pölzer in brodingberg steigt unsere „essig-rakete“.

die "essig-rakete" hat raumfüllendes format

und das ist keine gar so kleine sache, die medienkünstler niki passath da vorbereitet. übrigens, hier ist eben bei „vive les robots“ ein interview mit passah erschienen: [link] während ein teil der crew an der rakete arbeiten wird, hat ein anderer teil in der küche zu tun.

"la ida" eröffnet bald ihre firma

bei der brodingberg-session wird nämlich unsere experimental-bäckerin ida kreutzer ordinieren. sie repräsentiert für mich eine zeitgemäße deutung des begriffes kunsthandwerk. (mitte des monats wird ida übrigens ihre neue firma formell eröffnen.)

inzwischen wäre mit meinen „drei tenören“ ein lokalaugenschein fällig, aber zum bevorzugten termin habe ich schon einen lokalaugenschein mit meinen „avantouristen“. (franz sattler plädiert inzwischen längst wieder für das reisen. ja, wir sollten abhauen!)

übrigens! heimo steps, zur zeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, hat mir nun die zwei termine für die „talking communities“ bestätigt. wir werden also im mai den öffentlichen diskurs über rahmenbedingungen des kunstgeschehens fortführen.

soll ich weitererzählen? ich lasse es vorerst. gehen wir einmal durch die nächsten stationen, dann werde ich hier die weiterens schritte im projekt „kunst ost“ darlegen.

— [april-festival] —

agrarische welt: wie einiges zusammenhängt

ich wurde inzwischen mehrmals gefragt, wie ich denn auf das thema „agrarische welt“ gekommen sei. das ist eine geschichte in mehreren ereignis-sprüngen. der jüngste davon ereignete sich im sommer 2010, als ich mit tierarzt karl bauer das kosovo besucht hatte. das bescheidene level, mit dem die meisten bauern dort zurechtkommen müssen, entspricht, so bestätigte mir bauer, ungefähr dem, was der standard in der oststeiermark noch bis zum zweiten wetkrieg gewesen ist. (das hat mir eine menge fragen verursacht, auf die ich dort antworten bekam.)

mit tierarzt karl bauer zwischen kosovo und albanien

davor hatte ich das motiv schon in meinem „regionalen fahrtenbuch“ aufgegriffen: [link] dieser bereich unserer website trägt seit anfang 2010 das motto „zwischen landwirtschaft und high tech“. der grund ist naheliegend. das vormalige armenhaus österreichs, die oststeiermark, war erst nach dem zweiten weltkrieg durch verschiedene modernisierungsschübe zu jenem wohlstand gelangt, den wir heute kennen; und um den neuerdings wieder gefürchtet wird.

ich hatte im ersten eintrag des fahrtenbuchs das wappen von krottendorf werwähnt, in dem ähre und zahnrad diese bipolare situation symbolisieren: agrarisches und technisches. außerdem ist dort von einem zweibändigen werk die rede, das für mich schon für über 20 jahren jene orientierungshilfe ergab, durch welche mir diese region ein stück besser begreiflich wurde: „bäuerliches leben in der oststeiermark seit 1848“ von karl kaser und karl stocker.

ohne wenigstens kursorischer kenntnisse der soziokulturellenn zusammenhänge erschiene mir kulturelles engagement in der region sinnlos

zwischen diesen sehr verschiednen zugängen lag für mich die erfahrung, daß über den weg zur landesausstellung 2001 (“energie”) bis in die gegenwart eine legion von leuten in tourismus-büros, regionalmanagements etc. so allerhand flott dahinschrieben, was die region sei. dorch ein großteil dieser schilderungen, oft in aufwendigen print-produktionen publiziert, gibt eigentlich bloß sehr klischeehafte schilderungen in ausschnitten vom angeblich bäuerlichen und regionalen leben wieder.

wo wir uns heute um den kulturellen bereich einer eigenständigen regionalentwicklung annehmen und für diesen teil des gesellschaftlichen lebens relevante beiträge zu erarbeiten versuchen, muß einigermaßen klar sein, daß wir in der bloßen orientierung an stereotypen promt ins leere laufen und unnütz geld versenken würden.

wir können und wollen in der arbeit nicht ignorieren, was eben noch bestimmend, geradezu normativ im leben der menschen dieser region gewesen ist. was daran sozialgeschichtlich interessant erscheint, dazu erhielten wir gerade nennenswerte anregungen bei ersten „tag der agrarischen welt“.

all das bringt außerdem bezugspunkte zu gegenwärtigen problem- und aufgabenstellungen hervor. individuelle mobilität, verkehrskonzepte, ernährungssicherheit und die frage der nahrungsmittelqualität; vor dem hintergrund weltweiterfinanzkrisen und hochschnellender energie- wie nahrungsmittelpreise zur debatte gestellt.

das sind nicht notwendigerweise bevorzugte themen künstlerischer praxis. aber das sind fundamentale themen, auf denen sich kulturelles engagement aufbaut. und dabei ergibt sich dann durchaus, daß teilthemen und aspekte greifbar werden, die sich dann als künstlerische sujets nahelegen.

ich gehe inzwischen mit ganz anderen augen durch die zonen der agrarischen welt (dieses motiv hab ich allerdings aus dem norden von graz mitgebracht)

so werden wir also dem überaus komplexen thema „agrarische welt“ weiter nachgehen, werden auch interessante querverbindungen zur regional präsenten welt des high tech im auge behalten und in summe einiges beitragen können, was eine authentische vorstellung von dieser region ausmacht. genau DAS sind dann auch durchaus relevante rahmenbedingungen für ein künstlerisches geschehen und ein kulturelles klima, welches dieses künstlerische geschehen fördert.

— [das april-festival 2011] —

agrarische welt: reflexionen

historisch betrachtet: das bäuerliche leben war eine ständige schinderei, der mangel allgegenwärtig und die herrschaft konnte sich nehmen, was ihr zu nehmen beliebte. laufende dienste und abgaben. wenn unter den noblen geheiratet wurde, bedeutete das extra-steuern. wenn ihnen jemand wegstarb, war ein „besthaupt“ fällig, also das beste stück vieh aus den ställen der untertanen. (von krieg gar nicht erst zu reden.)

soziahistoriker robert f. hausmann machte uns mit einigen grundlegenden zusammenhängen vertraut

sie können quer durch österreich hotels finden, die „meierhof“ oder „alter meierhof“ heißen. lustig, daß sich die nachfahren von untertanen dort wohlfühlen sollen. meierhöfe waren einst stattliche wirtschaften der aristorkratie. da durften die bauern mit robot-leistungen zur sache gehen. frondienst, abgaben, sondersteuern …

sozialhistoriker robert f. hausmann gab uns beim „tag der agrarischen welt“ einen ersten überblick, was einige geschichtliche dimensionen des lebens in der region betrifft; und was zusammenhänge des wirtschaftens angeht. dem schloß sich kamillo hörner („volksbildungswerk steiermark“) mit deutungen der aktuellen situation an.

kamillo hörner ("volksbildungswerk steiermark") hatte eine annäherung an das thema landflucht vorbereitet

noch gegen ende des 19. jahrhunderts waren rund 90 prozent der bevölkerung im agarischen bereich tätig. heute sind es im grundlegenden sinn gerade einmal 2,5, insgesamt bis zu 5 prozent. dieser umbruch hatte seine größte schubkraft erst nach dem zweiten weltkrieg, als eine maschinisierung der landwirtschaft sowie neue saat- und düngemittel sich durchsetzten.

tierarzt karl bauer ging schließlich auf heutige produktionsweisen ein und auf aspekte der vermarktung. wenn man bedenkt, daß bei uns der großteil der lebensmittelversorgung von bloß drei handelsketten geleistet wird, kommt man schon etwas ins grübeln. was bedeutet das bezüglich preisgestaltung, qualität und versorgungssicherheit?

tierarzt karl bauer konzentrierte sich auf die themen nahrungsmittelproduktion und ernährungssicherheit

das sind einige der sachlichen bezugspunkte bei unserem ersten „tag der agrarischen welt“ gewesen, welcher auch von einer ausstellung kreativer aus der gemeinde gutenberg (im norden der „energie-region“) getragen wurde. dazu gehörte auch authentische volksmusik der formation „ob & zua“ (rund um christian nell).

es kam in wetzawinkel eine fülle von denkanstößen daher, die wir nach dem „april-festival“ reflektieren und in weitere arbeitsschritte einbringen möchten. gespräche vor ort haben schon gezeigt, daß wir daraus auch für künstlerische arbeiten anregungen beziehen.

eine klare gegenposition zum flachen und geistlosen geschrumpel im mainstream-radio: die gruppe "ob & zua"

obwohl ich mir diesen themen-fokus selbst gewünscht habe und ihn gemeinsam mit karl bauer erarbeiten konnte, war ich dann überrascht, wie groß die reichweite der teilthemen ist, um in unser aller leben hereinzureichen, und wie deutlich wir auf anhieb eben auch für künstlerische vorhaben bezugspunkte finden konnten.

wie im vorigen beitrag erwähnt, wir haben schon eine themenstellung für 2012: an: “leben: die praxis der zuversicht”

— [april-festival] —
— [die region: hofstätten/raab] —