Archiv für den Monat: Februar 2011

was ist kunst? #11

das kommt kaum vor: „es gefällt mir, aber ich verstehe nichts von kunst.“ das kommt häufig vor: „es gefällt mir NICHT, aber ich verstehe nichts von kunst.“ so oder so, jeder der sätze birgt einen wesentlichen hinweis.

wir haben es gewöhnlich mit zwei möglichen zugängen zu tun, die auch mischformen erlauben. ich erfahre kunstwerke
a) über das reich der sinnlichkeit („es gefällt mir/gefällt mir nicht“) und
b) über die regeln der kunst („ich verstehe etwas/nichts von kunst“).

sinnliche wahrnehmung wurde im antiken griechenland „aisthesis“ genannt, also ästhetik. das ist wohl die „hauptabteilung“ der „geschmacksbildung“. freilich wird seit wenigstens zweitausendfünfhundert jahren gestritten, was denn nun „guter“ und was „schlechter“ geschmack sei, ob der „erlesene geschmack“ von „kennern“ oder der breite „massengeschmack“ mehr gewicht habe.

kitsch oder kunst? (nikola macura mit transparenter hasen-maske bei nikola dzafos vernissage zu "lepus in fabula")

sie ahnen sicher, dieses match ist seit jahrtausenden unentschieden. ich seh die frage so gelöst, daß es keine lösung gibt und daß vermutlich auch weiterhin einzelne leute, denen das gefällt, was sich als „den massen geläufig“ bewährt, mit inbrunst die „expertinnen und experten“ verachten werden, während personen, die sich „erlesenen geschmack“ angeeignet haben, dem „massengeschmack“ oft eher abschätzig gegenüberstehen.

ich mußte hier eine menge an- und abführungszeichen verwenden, weil da lauter begriffe stehen, deren inhalt und deutung keineswegs klar und unbestritten ist. ich möchte das positiv bewertet wissen. wir betreten in diesen fragen die wunderbaren welten des kontrastes, der uneindeutigkeiten und der widersprüche.

es ist eine phantastische fähigkeit der menschen, mit widersprüchen und zwischentönen leben zu können, das dann auch gelegentlich zu genießen. ganz offensichtlich wohnt die „wahrheit“ nicht dort, wo man alle widersprüche eliminiert. anscheinend ist eine art „wahrhaftigkeit“ genau in dieser oft verwirrenden pluralität zu finden.

die kunst ist nicht das einzige thema unserer spezies, bei dem solche zustände als vorzüge gewertet werden können. doch sie ist sicher eines der radikalsten beziehungs- und bedeutungsgeflechte, in dem OHNE solche fähigkeiten, derlei kontrasten etwas abzugewinnen, eigentlich fast gar nichts geht. (naja, „malen nach zahlen“ geht immer, aber das wär’s dann schon …)

ohne kontext geht's oft schwer ... (nikola dzafos "hasen-horde" im "museum für zeitgenössische kunst", novi sad)

als kleiner querverweis: in den kulinarischen welten kennen wir das ja auch; wie kühn man in einem bestimmten moment sein muß, um sich eine neue geschmackswelt zu erschließen. und daß es manchmal zeit plus praktische erfahrungen braucht, um geschmacksmischungen lieben zu lernen, deren schilderung einen vielleicht anfangs eher abgeschreckt hätte. (wie viele jahre mußten vergehen, daß ich jenen weißburgunder schätzen konnte, ohne den ich heute auf die welt des weines gut verzichten könnte?)

zurück zum eigentlich kern der geschichte, nämlich zur frage nach den erfahrungsprozessen, denen sich jemand aussetzen möchte; oder auch nicht. es ist müßig, sich über „massengeschmack“ zu alterieren, zumal „die masse“ ohnehin mehr ein denkmodell als eine klar faßbare kategorie ist. aber auch, weil eben diese masse sich ja erfahrungsgemäß recht wenig darum schert, was eine minorität über sie denkt. (außerdem finde ich in der „massenkultur“ eine ganze reihe sehr reizvoller momente und artefakte.)

ganz anders erscheint es mir mit der verächtlichkeit, zu der sich flaneure vom „massen-feld“ und vom boulevard her immer wieder lauthals aufraffen, wenn ihnen danach ist, einzelne liebhaber, erxpertinnen, suchende auf dem kunstfeld zu diffamieren. da habe ich selbst eine niedere reizschwelle und bin recht streitlustig. grade die kunst scheint schnösel und parvenüs anzuziehen, um sich daran abzuarbeiten.

die tollsten schätzchen sind darunter jene, deren ganzer status merklich boulevard-format hat, die sich — mit diesen dünnen hemdchen ausgestattet — auf das kunstfeld drängen und dort kunstversessene, wo es zu friktionen kommt, desavouieren, als „elitär“ anfeinden und dabei anti-intellektuelle attitüden durchspielen, daß sich die balken biegen.

in diesen dümmlichen tänzchen liegt wenigstens etwas interessantes, nämlich ein verkappter hinweis darauf, daß selbst der schnösel in der kunst etwas von belang vermutet, denn warum sollte er sich sonst bemühen, auf diesem terrain zu reüssieren. und das könnte uns sogar verbinden. vielleicht liegt darin einer der reizvollsten kontraste auf den nebenschauplätzen der kunst. vielleicht ist ja genau dort letztlich auch neuer boden für die kunst zu gewinnen. wer weiß?

[überblick]

p.s.:
wie lange wird all das schon kontroversiell debattiert? im 16. jahrhundert schuf giorgio varasi ein text-oeuvre, das ihm den ruf des ersten kunsthistorikers unserer geschichte einbrachte. als hofmaler und architekt war er (unter anderem) im gleichen metier versiert wie der architekt vitruvius, dessen schriftlich überlieferte architektur-theorie aus dem ersten vorchristlichen jahrhundert heute sicher auch als ein stück kunst-theorie gelten darf. kritische erörterungen verschiedener fragen der kunst finden sich freilich schon in der griechischen antike.

in der soziokulturellen kuschelecke?

im beitrag was ist kunst? #10 habe ich einige einwände erwähnt, die ich gegenüber dem kunstbetrieb laufend höre. es wimmelt da inzwischen von leuten, die zwar an kunst auffallend wenig interesse zeigen, die auf dem kunstfeld aber offenbar ein „soziokulturelles kuscheleck“ suchen und, wie ich annehmen darf, einen gewinn an sozialprestige.

in der polemik über arsch und titten zur schnattergesellschaft bin ich einigen möglichen gründen dafür nachgegangen und habe sie in den kontrast zu den optionen jener leute gestellt, die etwas wie ein reges geistiges leben gegenüber dem inzwischen gut eingeführten „tittytainment“ bevorzugen. der begriff „tittytainment“ bezieht sich übrigens NICHT auf die bevorzugten nacktheiten, die berlusconi seiner gefolgschaft vor die nase hängt. ich hab ihn — falls ich mich recht erinnere — aus einem buch des medienkritikers neil postman. der meinte damit ungefähr, daß wir dazu neigen, an den brüsten der unterhaltungsindustrie zu hängen wie ein säugling an der mutterbrust, höchst zufriden, so lange uns da niemand wegstößt.

es kann kein zufall sein, daß mir kürzlich, auf dem weg zu unserem heurigen „april-festival“, ein mann, der sich gerade einmal zu netten bastelarbeiten aufrafft, in einem streitgespräch mit der „freiheit der kunst“ kam. worauf bezog sich das? er fand es ärgerlich, daß wir mit einer themenstellung und titelwahl beim april-festival eben diese von ihm vermutete freiheit einschränken würden.

ich möchte für möglich halten, daß im steigenden druck einer maßlos gewordenen „leistungsgesellschaft“ menschen vor eben diesem druck ausweichen. einige davon versprechen sich anscheinend im kunst-kontext diese erleichterung. wie wäre sonst zu erklären, daß etwa eine frau, die sich in sozialen fragen engagiert und dabei auch auf die straße geht, um da über originelle formen von aktionismus akute fragen zu thematisieren, daß diese frau von sich sagt „ich bin aktionskünstlerin“?

ich habe keine gründe, diese kuriosen überlappungen anzufechten. vielleicht ist das ja auch langfristig ein gewinn für die gegenwartskunst, weil all diese attitüden und aktivismen ja zu erfahrungen mit symbolischen formen führen. das ebnet wege im zugang zur kunst. aber wo ich um konkrete präsentationsformen für künstlerische arbeiten ringe, wo ich den austausch mit kunstschaffenden aus anderen ländern, anderen kulturellen bezugsfeldern suche, ist ein ausmaß an arbeit und geld nötig, wovon mir beides nicht vom himmel fällt. siehe dazu etwa jenseits der zentren“!

dieses geld läßt sich auf keinem markt erwirtschaften, es muß als eine gesellschaftlche investition in kultur und geistiges klima akquiriert werden. das bedeutet, es muß KULTURPOLITISCH verhandelt werden. und in eben dieser kulturpolitischen verhandlung, die ich mit politik und verwaltung zu führen habe, muß ich a) meine gründe sehr genau nennen können und b) meine gegenüber in den verhandlungen auch überzeugen können. ohne diese möglichkeiten lassen sich gerade jetzt keine budgets mehr gewinnen, um etwa reisekosten und honorare für anregende gäste aufzubringen.

ohne das gelingen dieser verhandlungen würden wir im eigenen schrebergarten verbleiben müssen. viele kulturelle bereiche würden einfach implodieren, in sich zusammensacken, verschwinden. um all dem gegenüber klare positionen zu halten und für ein etwas anspruchsvolleres kulturelles klima eintreten zu können, muß ich sagen könne, was ich eigentlich meine, wenn ich KUNST erwähne.

(die fotos in diesem beitrag stammenn aus der ausstellung lepus in fabula von nikola dzafo im „musuem für zeitgenössische kunst“ in novi sad.)

— [was ist kunst?] —

über arsch und titten zur schnattergesellschaft

ich hab in meinem logbuch von einem spaziergang durch das verschneite novi sad mit dem literaturwissenschafter radivoj doderovic erzählt: [link] es ging um unsere plauderei über idioten als staats-chefs, wie sie seit mussolini und hitler in europa nicht möglich waren und nun doch. über eine schnatter-gesellschaft ganz im sinne des „arsch und titten-tv“ a la berlusconi. das bedeutet irgendwie: jeder redet überall mit, alles paßt auf eine bühne, man kann ohnehin nicht so genau sagen, was es ist.

literaturwissenschafter radivoj doderovic nach der vernissage von nikola dzafos ausstellung

das war mir zum beispiel kürzlich aufgefallen, als ich eine junge kunsthistorikerin sagen hörte, man könne eh nicht so genau sagen, was kunst sei. sie kann es nicht, weil sie offenbar noch kaum zeit und interesse auf das große thema verwendet hat. an ihrer seite der plüschige maler schwüler nuditäten, dem eine konsequente debatte über kunst bloß etwas „elitäres“ ist, dem er mißtraut. ich verstehe sein mißtrauen, denn wären kriterien zugelassen, er müßte sie auf sein eigenes tun anwenden, was ihn möglicherweise vom kunstfeld kippen könnte.

von einer anderen seite vernahm ich: „wie das die akademische Elite oder der perfide Kunstmarktkapitalismus sieht ist mir schnuppe.“ das diffamieren von leuten, die in der „kopf-arbeit“ tätig sind, hat tradition. ich staune allerdings stets, wenn ich in der kultur-community so ausdrücklich anti-intellektuelle positionen vorfinde. geht es hier bloß um bildungsdünkel? oder ist das schon so ein „berlusconi-effekt“, wonach sich eine art „instant-kultur“ einlösen solle, mit oder ohne „arsch und titten“, die keine mühe bereiten darf, keine entwicklungs- und erfahrungszeit beanspruchen soll, was dann auch gegen reflexion spricht, denn offenbar setzt sich da etwas durch: denken stört.

rasa doderovic hatte mir eben erst ein buch mitgebracht, das zweisprachig vorliegt. was hier in cyrilica zu lesen steht, hat mich überrascht: „Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Karl Franzens-Universität zu Graz vorgelegt von Ivo Andric aus Sarajevo, SHS.“ (der „shs-staat“, also ein „staat der serben, kroaten und slowenen“, war der vorläufer jugoslawiens nach dem ersten weltkrieg.)

Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Karl Franzens-Universität zu Graz vorgelegt von Ivo Andric aus Sarajevo, SHS

ich habe nicht gewußt, daß der diplomat und literaturnobelpreisträger ivo andric in graz studiert hatte. (vermutlich auch so ein repräsentant einer akademischen elite oder sonst wie perfider kulturträger.) die dissertation von andric trägt den titel „Die Entwicklung des geistigen Lebens in Bosnien unter der Einwirkung der türkischen Herrschaft“. daß jemand über die mögliche entwicklung eines geistigen lebens nachdenkt, ist offenbar etwas aus der mode gekommen. vielleicht stagniert sie deshalb auch ein wenig, die geistige entwicklung.

ich finde es sehr provokant, daß man sich womöglich noch rechtfertigen sollte, wenn man reflexion schätzt, diskurse pflegt und erwartet, daß jemand seine gründe zu nennen vermag, wenn er dies oder das dahinbehauptet. goebbels würde lächeln. bei den faschisten galt der „primat der tat“ als vorrangig. aggressives handeln war gefordert, nachdenken galt als verdächtig. im wehrmachtsheer, so wurde mir erzählt, genügte es zuweilen schon, eine brille zu tragen, und man konnte als „intelligenzler“ diffamiert, folglich schikaniert werden.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov und künstler nikola dzafo

mit der gegenwartskunst ist es zur zeit so, daß sie ohne diskurs kaum dingfest gemacht werden kann. das bedeutet nicht, sie könne nur über diskurse erfahren werden. das reich der sinnlichkeit und die regeln der kunst sind zweierlei. was also sinnlich erfahren werden kann und was begrifflich begriffen werden kann, hat jeweils seine ganz eigenen momente.

aber wenn wir darüber reden, über kunst reden, sollten wir wenigstens temporär sagen können, was wir meinen. wenn alles kunst ist, dann ist nichts kunst. wenn jemand über kunst nichts sagen kann, dann kann er eben über kunst nicht reden. das wäre ja keine problematische position. warum also dieses andauernde geschnatter von jenen, die schließlich doch betonen, daß man eigentlich nicht sagen könne, was kunst sei? vielleicht wären sie gut beraten, sich dem reich der sinnlichkeit zu widmen … und öfter eine kunstveranstaltung zu besuchen.

— [was ist kunst?] —

jenseits der zentren

warum führen wir gerade arbeitsgespräche in serbien, wo “kunst ost” doch eine regionale kulturinitiative ist? wir befinden uns momentan in novi sad, der hauptstadt der vojvodina. die stadt ist von der dimension her mit graz vergleichbar. die provinz vojvodina wird von der eu einer „zukunftsregion“ zugerechnet: „Die heute abgesegneten Projekte sehen u.a. eine Bio-Großregion vor, die vom Veneto und Friaul über die Steiermark bis Ungarn und die Vojvodina reicht.“ [quelle]

auf der „matriosca“-website finde ich in der liste der projekt-partner die vojvodina noch uner dem länderkürzel SCG, was serbien und montenegro (crna gora) als gemeinsamen staat meint. das hat sich ja schon vor einem weilchen geändert, montenegro erlangte 2006 eigenstaatlichkeit.

im vordergrund: nikola dzafo (links) und zmuc radionica

in diesem jetzt nicht rasend wichtigen detail liegt aber ein hinweis darauf, warum wir kulturellen austausch mit leuten aus serbien pflegen. es sind nicht die kriterien der verwaltung bestehender eu-projekte, die uns das nahelegenen. doch wie oft hat man gelegenheit, einem tatsächlichen „nation-building“ beizuwohnen? hier entstehen gerade neue nationalstaaten, die darum ringen, ihre kriegs-traumata hinter sich zu lassen.

in diesen situationen, die von mangel und konflikten geprägt sind, hat die gegenwartskunst nicht gerade hohe priorität. das drückt sich einerseits im eklatanten ressourcen-mangel aus, andrerseits sind bestehende strukturen teilweise ausgetrocknet, sogar stillgelegt. dazu kommt für kunstschaffende aus dem südslawischen raum, daß sie von gesellschaftlich ganz anderen schwerpunkten geprägt wurden, was in der begegnung, teils konfrontation, mit dem „westlichen“ kunstmarkt zu kuriosen situationen führt.

wir haben nun seitens „kunst ost“ gute gründe, die debatten und den erfahrungsaustausch mit kulturschaffenen zu suchen, die sich unter diesen bedingungen kulturpolitischen fragen widmen. das ist aber nur ein aspekt, nämlich die frage, wovon denn kulturpolitik heute handeln solle. es geht ferner um strategien und praktische konzepte für ein kunstgeschehen, das sich nicht völlig den dominanten marktmechanismen ausliefern möchte.

es geht mutmaßlich auch um manche unterscheidungen zwischen gegenwartskunst und voluntary arts. was den „profi-bereich“ betrifft, stellt sich die frage, welche art broterwerb sich für kunstschaffende als machbar erweist. nun ist dieser erweb, also ein jahreseinkommen, das uns ökonomisch überleben läßt, keine kategorie der kunst, sondern eine soziale kategorie. aber es wird einleuchten, daß viele leute, die sich nicht auf den kunstmarkt allein als einkommensquele verlassen möchten, wenigstens kunstnahe arbeitsbereiche suchen, um sich da ihren lebensunterhalt zu verdienen.

darka radosavljevic vasiljevic (links) und mirjana peitler-selakov

jenseits dieser individuellen fragestellungen bleibt natürlich auch die anforderung bestehen, ob sich ein kulturbetrieb völlig in die zentren zurückzieht, wo er durch eine erhöhte konzentration der mittel und möglichkeiten handlungsspielraum hat. oder finden wir angemessene strategien, um auch in der sogenannten „provinz“, also jenseits der landeszentren, kulturelle prozesse zu initiieren und zu konsolidieren?

solchen überlegungen widmet sich zum beispiel momentan die sehr erfahrene kunsthistorikerin und kuratorin darka radosavljevic vasiljevic, welche eine der maßgeblichen akteurinnen war, um die belgrader kunsteinrichtung remontaufzubauen. da bahnt sich ein spezieller austausch an.

wir haben also gute gründe, uns über die landesgrenzen hinweg mit engagierten und kompetenten leuten des kunstfeldes zu verständigen, um im laufenden erfahrungsaustausch eher herauszufinden, was unseren regional vereinbarten zielen nützt. ich darf auch davon ausgehen, daß das im geist jener intentionen angelegt ist, die auf landesebene überhaupt erst zu einem LEADER-kulturprogramm geführt haben …

— [balkan buro: šok alijansa] —

was ist kunst? #10

einwände, einwände, einwände. ich höre meist einwände, in den geringeren fällen wohlmeinende oder gar geistreiche äußerungen zur kunst, die mir vielleicht von leidenschaft, eventuell von freude und unter umständen von etwas sachkenntnis erzählen. ich kann nur staunen, wie viel abschätziges ich quer durch’s jahr über „die kunst“ oder einzelne werke höre.

ich mache es mir selbst etwas einfacher. von dingen, die mich langweilen, wende ich mich sehr schnell ab. ich brauche auch nicht unerhebliche darbietungen anderer zu bemerken, um den wert meines eigenen tuns zu betonen. letztlich ist aber die kunst so voller unermeßlicher angebote, voller bewegender, vorzüglicher werke, daß ich kaum zeit und anlaß finde, mich mit schlechten arbeiten zu befassen.

andrerseits belegt die offensichtliche flut teils sehr schwacher arbeiten, daß bei uns eigentlich sehr viele menschen sich mit solchen techniken und künstlerischen strategien aktiv befassen. wer wollte ihnen vorwerfen, falls sie es dabei nicht zur meisterschaft bringen? DASS sie sich mehr oder weniger intensiv mit derlei dingen befassen, ist sicher ein gewinn für sie selbst und wahrscheinlch auch ein gewinn für die gemeinschaft, der sie angehören.

maler hannes schwarz bei der revision früher arbeiten

zurück zu den alltagsdiskursen über kunst, welche so auffallend oft eher abschätzig ausfallen. das übliche gezänk halte ich für ermüdend. wo mich jemand erkennen läßt, daß er oder sie eigentlich keinerlei nachvollziehbares interesse am thema kunst hat, was sich meist durch das fehlen wenigstens EINIGER grundlegender kenntnisse zur sache ausdrückt, will ich mir dessen ansichten über kunst gar nicht anhören. wozu? diese suderei, deren intentionen völlig im dunkel bleiben, läßt mich ratlos zurück.

aber das läßt sich auf jedes metier und jedes genre umlegen. chirurgie? autoreparatur? gärtnerei? kindererziehung? wenn alles nur mist sei und alle nur stümper wären, wenn es früher oder nie besser gewesen sei, wenn nichts von dem, was man zu sehen oder zu hören bekommt, etwas taugt, dann meine ich: man könnte auch einen strick nehmen oder sich in der verachtung der welt bequem einrichten und warten, bis einem die ohren abfallen, die augen erblinden … dann ist es eben so und das entzieht sich jeder fruchtbaren debatte.

im beitrag #3 zu dieser kleinen plauderei findet man eine fotografie, die mir teuer ist. sie zeigt den moment eines alten künstlers, da er sich selbst gerade radikal in frage gestellt hat. er ließ mich in diesem intimen moment so nahe an sich heran, daß dieses bild entstehen konnte.

ich habe die aufnahme gemacht, als ich mit dem maler hannes schwarz zum stift admont gefahren war. dieser mann von erheblichem künstlerischen rang, seit jahren unfähig zu malen, weil ihn eine schüttellähmung schwer beeinträchtigt, hatte sich die reise gewünscht, denn in admont besteht eine sammlung von früheren schwarz-werken, die er jahrzehnte nicht mehr gesehen hatte.

hannes sagte, er würde gerne überprüfen, ob diese werke seiner heutigen auffassung von kunst und den daraus resultierenden kriterien standhalten würden. ein insofern riskantes unterfangen, als er ja, falls er große teile seines oeuvres verwerfen müßte, nicht mehr in der lage wäre, neue arbeiten zu schaffen, die diesen verlust ausgleichen würden. warum ich diese geschichte erzähle?

hannes und friedl schwarz im stift admont

ich möchte eine vorstellung anbieten, welche dimensionen die befassung mit kunst haben kann. hannes und seine frau friedl haben ein ganzes leben lang stets nach weiteren ästhetischen erfahrungen gesucht, waren immer auf der suche nach eindrücken, die bestehendes in einen kontrast zu einander setzen.

es paßt zu dieser geschichte, daß friedl voriges jahr während eines ruhigen ausstellungsbesuches in kärnten verstarb. ja, sie hatten gerade erst begonnen, gemeinsam mit dem kunstsammler erich wolf eine kollektion anzusehen. erich hat mir die geschichte erzählt. friedl lag schließlich tot in dem etwas abgeschiedenen museum. es war auf den transport des leichnams zu warten und die leitung des hauses hatte eine angekommene besuchergruppe gebeten, auf einen rundgang zu verzichten, bis friedls leib geholt würde. also waren die zwei, hannes und erich, in der stille zwischen den werken …

hannes, von dem man annehmen darf, daß er in diser situation mehr als nur betroffen war, die beiden hatten jung geheiratet und ein langes leben mit einander verbracht, schlug erich vor, in der verbleibenden zeit durch die ausstellung zu gehen. so teilte er mit seiner frau über deren tod hinaus noch einige momente dieses gemeinsamen erlebens von kunstwerken, das alle ihre gemeinsamen jahrzehnte bestimmt hatte.

ich erzähle das nicht aus ergriffenheit, sondern weil es nach meinem geschmack illustriert, was uns die kunst sein kann. es ist diese art von verbindlichkeit und intensität, die ein level markiert, auf dem ich mich mit jemandem über kunst ausseinandersetzen mag. ein level, auf dem die leidenschaft für die erfahrung von kunst tonangebend ist, für ihre relevanten werke, nicht für ihre schwachen momente …

[überblick]

was ist kunst? #9

die dinge sind nicht bloß was sie sind, sondern stets auch etwas anderes. ich weiß, das kommt jetzt ein wenig floskelhaft daher. als kinder hatten wir manchmal magischen gegenstände in den händen. dazu zählten „wackelbilder“. es waren meist kleinere blättchen, die einen wechselnden inhalt boten, wenn man den blickwinkel leicht verschob. (bilder hinter sogenannten lenticularfolien.)

diese art „wackelbilder“ sind heute längst von anderen visuellen sensationen übertroffen, werden aber immer noch erzeugt. dazu schreibt ein anbieter über den „flip-effekt“ etwa: „Die Erzeugung von äußerst effektvollen Bildabfolgen ist möglich.“

ich erinnere mich an kindertage, in denen ein fernsehgerät noch nicht zum obligaten inventar eines haushaltes gehörte. da war der eindruck solcher wechselbilder natürlich in einen anderen zusammenhang gebettet als gegenwärtig, wo unser vermögen, visuelle codes zu entschlüsseln, mit inputs vollgestopft ist wie nie zuvor in der menschheitsgeschichte.

mit „vexierbildern“ verhält es sich ähnlich wie mit „wackelbildern“. sie verlangen allerdings, daß der „flip“ im kopf passiert. man muß sie nicht unbedingt bewegen, um den „zusätzlichen“ bildinhalt zu entdecken. solche kuriositäten sind in der kunst wenigstens seit der renaissance erhalten. in meiner kindheit waren „suchbilder“ sehr populär. da sind im vordergründig offensichtlichen bildinhalt noch andere motive versteckt gewesen, die man suchen mußte. eine frage des „flip“ im kopf.

dieser „flip“ im kopf, ich sehe rückblickend, daß solche simplen vergnügen, in wackel- und suchbildern kleine überraschungen zu finden, grundlegende erfahrungen waren, die mich lehrten, kunstwerke zu „lesen“; also die visuellen codes zu entschlüsseln und zu verstehen.

derlei möglichkeiten der verborgenen inhalte finde ich natürlich auch in anderen codes, nicht bloß in den bildwelten. in einer polemisch verkürzten deutung des möglichen unterschiedes zwischen kitsch und kunst ließe sich behaupten: im kitsch ist nichts zusätzliches verborgen. er erzählt bloß sich selbst.

nun hat für mich jahrzehntelange künstlerische praxis zu einem kuriosen effekt geführt. die ganz welt ist mir zu einem „vexierbild“ geworden. je ausdauernder ästhetische erfahrungen sich auswirken dürfen, desto zwingender werden mir solche sichtweisen. vielleicht besagt das ja auch bloß, daß ich reichlich geübt habe, auf einer sehr breiten skala von tiefenschärfe den fokus beliebig zu verschieben.

metapherngeschäfte! ich erzähle hier nicht die welt und nicht die kunst. das sind bloß reflexionen und denkanstöße. meine erfahrung besagt: das leben in der kunst wird so zum „dauerzustand“. ich würde diesen blick auf komplexität, diese neigung vexierbilder zu lesen, um nichts mehr aufgeben.

würde ein einziges bild für eine ausstellung genügen? (von links: die fotografen andreas turk, richard mayr und franz lukas)

tiefenschärfe und komplexität. das verlangt keineswegs, sich so auch in einem werk zu zeigen. radikale reduktion kann die richtige antwort auf eine bestimmte fragestellung sein. ich habe das gerade in einem laufenden prozeß diskutiert, wo ein leidenschaftlicher fotograf auf eine ausstellung zugeht und dazu tendiert, dort bloß ein einziges bild zu zeigen. es gab kurz die überlegung, wie ein publikum das wohl aufnehmen würde.

das führte zu einigen ausführlichen erörterungen. im allgemeinen wird kunstschaffenden manchmal vorgeworfen, daß sie sich dem publikum andienen würden. wenn sie sich aber bei der arbeit einen gedanken an das publikum verbieten, kann das ebenso zu vorhaltungen führen.

das handelt vor allem einmal von der vermischung verschiedener jobs. die aufgaben der KUNST sind heute ja ganz andere als die aufgaben der KUNSTVERMITTLUNG. was also in der kommunikation nach innen geschieht, hat andere zusammenhänge als die kommunikation nach außen, fordert einen, ganz unterschiedliceh aufgaben zu erfüllen.

ich kenne aus der regionalen kulturarbeit kreative leute, die eine befassung mit all diesen zusammenhängen entweder ablehnen oder in ihrer arbeit weitgehend vermissen lassen. kein einwand! aber ich kann jemandem nicht folgen, der so eine position hält und sich dennoch unter die flagge der gegenwartskunst reklamiert …

[überblick]

das kühle extrazimmer 10

im vorigen eintrag [link] notierte ich: „ich hab es lieber, wenn die website einigermaßen authentisch abbildet, was wir im ‚real-raum‘ sind und tun. nicht größer, nicht kleiner …“ meine gründe dafür sind politischer art. bei der frage, was denn das sei, „das politische“, hänge ich an der vorstellung, daß leibliche anwesenheit im öffentlich raum ein unverzichtbares fundament „des politischen“ sei. deshalb ist das für mich ein vorrangiges kriterium. (von medial aufgeblähten „realitäten“ halte ich gar nichts.)

es geht um reale soziale begegnung im physischen/analogen raum; da wiederum nicht bloß in privaten, sondern auch in öffentlichen räumen. ich sehe viele von uns kunstschaffenden in einer bewußt gesuchten tradition, die von bürgerlichen salons und von hitzigen debatten an öffentlichen plätzen handelt. wo das nicht so ausdrücklich sichtbar wird, bleibt davon wenigstens ein fragmentchen: der anspruch, öffentlich wahrgenommen zu werden, also ein interessiertes publikum vorzufinden.

mirjana peitlr-selakov, kunsthistorikerin und dipl. ing. der elektrotechnik

bei manchen leuten, mit denen ich in österreich zu tun hatte, ist eigentlich nur dieses fragmentchen, dieser eine anspruch geblieben. ich habe andrerseits seit etlichen jahren mit leuten aus südost-europa zu tun, vor allem aus ländern, die vormals miteinander jugoslawien gewesen sind. da sehen die gewichtungen teilweise ganz anders aus.

am vorabend einer weiteren reise nach serbien habe ich einen text von mirjana peitler-selakov durchgesehen, der einige punkte enthält, die mir hier zum thema passen. vorweg diese passage: „Von einem Künstler, einer Künstlerin, wird heute erwartet, sich in globalen Zusammenhängen erfolgreich durchzusetzen und gleichzeitig lokale und spezifisch ästhetische wie politische Anliegen verstehbar zu machen.“ ein brisanter zusammenhang …

in einem späteren abschnitt schreibt peitler-selakov: „Die klassische Konzeption von Kunstschaffenden im Westen als ‚öffentliche Intellektuelle‘, als Figuren der Aufklärung in einer bürgerlichen Öffentlichkeit, hat definitiv an Aktualität verloren und ist noch von rein historischer Relevanz. Parallel dazu verschwindet auch die Vorstellung von einer bürgerlichen Öffentlichkeit als einem Raum, der von rational-kritisch ausgestatteten Subjekten betreten werden soll. Es gibt ‚die Öffentlichkeit‘ nicht mehr, sondern entweder überhaupt keine Öffentlichkeit oder eine Reihe verschiedener fragmentierter, spezifischen Öffentlichkeiten.“

das rührt an die frage: WER spricht zu WEM mit welcher REICHWEITE? und zwar von welchem ORT aus in welches FELD hinein? darin liegt ferner die frage verborgen: wer erhebt seine stimme nicht? wer wird nicht gehört? dazu paßt die kritische anmerkung: „Parallel wurden klassische bürgerliche Repräsentationsräume durch Märkte ersetzt oder in Konsum- und Unterhaltungsräume umgewandelt.“

entertainment, infotainment und tittytainment als ersatz für den austausch von argumenten? das wohnzimmer mit seiner elektronik-ausstattung als platons höhle? wenn ich netzkultur als ein sinnvolles praxisfeld verstehe, auf dem wir medienzugänge und medienkompetenzen erlangen und praktizieren können, dann heißt das vor allem auch: üben wir meinungsbildung, um eine meinung zu haben. üben wir mediengestützte kommunikation, um eine grundlegende vorstellung zu erlangen, wie diese angebliche „informationsgesellschaft“ funktioniert.

meine eigene erfahrung besagt: das ist heute in vielen bereichen leichter möglich, niedrigschwelliger angeordnet, als noch vor jahrzehnten. ich stand seinerzeit an einer offset-presse, um büchlein zu drucken. digitalprint-anlagen machen das heute einfacher. radiomachen war einst von sehr teuren, nur von experten bedienbaren equipments abhängig. die filmwelt hatte auch sehr hohe zugangsschwellen. das internet gab es noch gar nicht.

die meisten dieser bereiche kann ich heute mit einem preiswerten laptop und etwas peripherie bewältigen. maschinen, die mir selbst zu teuer wären, kann ich zumindest gegen erträgliche gebühren mit meinem zeug ansteuern. wir haben es also einerseits schwerer, weil mainstream-betriebe die medienwelt völlig verändert haben und permanent auf dominanz aus sind. wir haben es aber auch leichter, weil türhüter uns viele zugänge nicht mehr verstellen können.

[NETZKULTUR: der überblick]

april-festival: programm und plakat

nina strassegger-tipl hat eben den ersten plakatentwurf für das kommende „april-festival“ geliefert. wir sind gut in der zeit, das programm steht nun im wesentlich, bedarf nur noch einiger detail-arbeit: [link]

das visuelle hauptmotiv zu diesem jahresschwerpunkt stammt übrigens aus einer bemerkenswerten foto-serie, für die künstler christian strassegger [link] die region ausgelotet hat. was dabei inzwischen eine wichtige rolle spielt: dieses festival ist mehr als seine vorläufer ein praxismodell der „drei sektoren“.

damit meine ich die praxis-anordnung für eine KOOPERATION der drei sektoren „staat, markt und zivilgesellschaft“. die betonung liegt auf KOOPERATION. wir haben in summe ein setting herbeigeführt, in dem kunst- und kulturschaffende selbst ein hohes maß an eigenverantwortung übernehmen.

in der koordination dieser selbstbewußten aufstellung gelang es dann, eine reihe von bürgermeistern und kulturbeauftragten in die „gesamtkonstruktion“ hereinzubekommen UND einige unternehmer zur mitwirkung zu bewegen.

dieses setup ist überdies der konkrete auftakt für einen kulturpolitischen modus, der erstmals konsequent über einzelne ortsgrenzen hinausreicht. ein NOVUM in der „energie-region“.

un muß sich freilich diese verfahrensweise erst bewähren, um uns eine grundlage zu schaffen, eventuell längerfristig derlei modi zu entwickeln, die dabei möglichst auch an reichweite zulegen sollten. schauen wir einmal, dann seh’n wir schon …

— [das programm] —
— [die inhaltlichen grundlagen] —

Was sagen Kunstwerke?

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov, bei „kunst ost“ vor allem für den Programmbereich und für internationale Kontakte zuständig, hat für unseren Bereich der „talking communities“ eine eigene Debatten-Reihe entworfen. Wir werden das im Lauf dieses Jahres ausbauen. Die zentrale Frage lautet dabei:

Was sagen Kunstwerke?

Wir funktioniert das? Wir haben nun schon einzelne Kunstschaffende gewonnen, an je einem Abend ein Werk mitzubringen, dieses kurz zu erläutern, dann einer offenen Debatte darüber beizuwohnen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov (2. v. links) neben christian strassegger, michaela knittelfelder-land und irmgard eixelberger

Wir laden zu diesen Abenden vor allem Künstlerinnen und Künstler aus unserem Umfeld ein, aber auch – ganz generell – an Kunst interessierte Menschen. Und wozu das? So sollen Gelegenheiten und Anregungen entstehen, um konkrete Erfahrungen zu sammeln, wie wir über Kunst reden und debattieren können.

Ich habe schon mehrfach erwähnt: Wenn alles Kunst ist, dann ist nichts Kunst. Wenn wir keine Begriffe von den Dingen haben, können wir nicht darüber sprechen, auch nicht darüber streiten.

Sprechen und Sprachen! Spricht beispielsweise der etwas brummige Oswald Oberhuber über verschiedene Kunstrichtungen, dann meint er eigentlich „Sprachen“. Nach seiner Auffassung gibt es keine Stile, sondern – so führt er aus – Künstler entwickeln eigene Sprachen.

medienkünstler niki passath zwischen mirjana peitler-selakov und sandra kocuvan

Es geht also um Code-Systeme, um Kommunikationsbedingungen, um Zeichen und Bedeutungen. Das legt nahe: Wie man andere Sprachen durch Studium und Praxis erlernen kann, sind uns auch die „Sprachen“ der Kunst zugänglich, wenn wir uns auf entsprechende Erfahrungsprozesse einlassen.

An den Abenden zum Thema „Was sagen Kunstwerke?“ im Rahmen der „talking communities“ geht es dann auch um Fragen wie „Können Kunstwerke zum Nachdenken bewegen?“ „Was sagen sie aus und zu wem sagen sie was?“ Kunstschaffende und Publikum sind eingeladen, in einer Reihe von öffentlichen Erörterungen eine bewußte, kritische Beziehung zur zeitgenössischen Kunst zu suchen.

Eine der ersten Stationen wird die Malerin Herta Tinchon anbieten, die demnächst ihre Personale im Gleisdorfer „MIR“ („Museum im Rathaus“) eröffnet. Eine andere Station bietet Medienkünstler Niki Passath bei unserem kommenden „April-Festival“.

+) „April-Festival
+) „talking communities

programmarbeit

momentan dominiert die arbeit in den „eingeweiden“ von „kunst ost“. das bedeutet auch: die unterschiedlichen formationen, welche sich richtung april-festival auf den weg gemacht haben, zu einem gemeinsamen ereignis zu begleiten.

das ist unter anderem ein ringen um details in den inhalten. eine klärung der schwerpunkte. auf welche teile des größeren ganzen soll nun der fokus gerichtet werden? da ist ein (themen-) bogen zwischen agrarischer welt und high tech. neuerdings stellt sich immer wieder die frage: „wovon reden wir eigentlich?“

klärungsschritte beim jüngsten arbeitstreffen in gutenberg

das meint: überprüfen der eigenen annahmen, hinter die kulissen lieb gewonnener ansichten blicken. was mich an all dem gerade sehr freut, da ist eine hohe bereitschaft vieler teilnehmender leute, sich INHALTLICH mit den themen auseinanderzusetzen und das dann in ihren kommenden beiträgen aufzugreifen.

zufalls-fund in wetzawinkel ...

wir haben also nun die spannende situation, daß immer mehr kreative der region interesse zeigen, ihr reflexionsvermögen und ihre bevorzugten ausdrucksformen einzusetzen, um in gelegentlichen gemeinsamen vorhaben im kulturbereich an einem „großen bild“ der region zu zeichnen, das nicht für den tourismus geföhnt oder irgendwelche bilanzen geschönt ist.

da wird nichts „knackiges“ abgeliefert, sondern auch kantiges gezeigt. da sprechen die menschen, die hier leben und arbeiten, selbst. wie blickt die bäuerin maria hochegger auf die welt? ihre bilder sind kritische erzählungen.

welchen weg ist die vormalige fabriksarbeiterin annemarie schrank gegangen, um jenseits der schweren arbeit sich auch andere facetten des lebens zu erschließen? sie scheint von einer künstlerischen arbeitswut getrieben, mit der sie ihre umgebung auslotet.

einst beim trafo-bau, heute mit leidenschaft im atelier: annemarie schrank

das ist der eine aspekt des geschehens, diese erschließung künstlerischer praxisformen, um dem eigenen leben eine zusätzliche ebene zu geben. das führt natürlich andrerseits zum wunsch nach auftritt, äußerung, begegnung mit anderen menschen, auch anderen kreativen.

im kern geht es hier um KOMMUNIKATION, um einen wachsenden austausch, bei dem nicht bloß die alltäglich vertrauten codes eingesetzt werden. und es geht, wie die gespräche deutlich zeigen, auch darum, dem lauf der dinge im eigenen lebensraum nicht sprachlos gegenüberzustehen. so wird nun am „tag der agrarischen welt“ eine runde kreativer aus einer der nördlichsten gemeinden der „energie-region“ die südlichste gemeinde besuchen. ein auftakt …

p.s.: elisabeth wiedenhofer, auf dem ersten foto ganz links, hat die koordination der gutenberger gruppe für das „april-festival“ übernommen.