Schlagwort-Archiv: martin krusche

unsere reichweite

vor einigen jahren haben wir symbolisch eine line gezogen, die von wien über beogad nach istanbul reichte. damit sollte ausgedrückt werden, daß unser lebensraum von drei großen kulturellen konzepten bestimmt ist: von latinität, orthodoxie und islam: [link]

das sind nicht bloß religiöse kategorien, sondern die begriffe stehen eben auch für kulturelle und politische dimensionen, wobei in allen drei sphären das denken der griechischen antike zwar unterschiedlich, aber ausnahmslos rezipiert und gewürdigt wurde.

was hat das mit unserer gegenwart zu tun? mentalitätsgeschichte, kulturelle paradigmen und allerhand überlieferungen wirken oft noch über hundert generationen von menschen mitbestimmend, wo gegenwärtige eigenheiten sich soziokulturell so oder so zeigen, äußern. es dürfte bei einem gegenwärtigen engagement im soziokulturellen bereich nützlich sein, solche zusammenhänge wenigstens flüchtig zu kennen. (aber wir reisen auch leiblich zu unseren „alten nachbarn“; siehe dazu das balkan-büro!)

zum thema "europa" fühlen wir uns auch als regionale kulturinitiative angesprochen

manches davon loten wir in unserem regionalen kuturprojekt aus, OBWOHL wir ausdrücklich (leader-) projekt einer bestimmten region sind, also (auch) regionale grenzen haben. die sind aber vor allem formaler natur. der blick über tellerränder und landesgrenzen bleibt unverzichtbar. er ist überdies von unseren partnerinnen und partnern auf landesebene ausdrücklich erwünscht.

beim „europatag 2011“ werde ich solche aspekte in der ersten runde „mobilität“ u.a. mit dzevad karahasan (schriftsteller), elisabeth arlt (verein pavelhaus), anna badora (schauspielhaus graz) und peter pakesch (universalmuseum joanneum) diskutieren.

nikola tesla-experte branimir jovanovic in action: from consumerism to sustainability

das thema „mobilität“ berührt in unserer arbeit auch agenda des kuratoriums für triviale mythen und die „nikola tesla-doktrin“, zu der wir ab nun längerfristig mit dem forscher branimir jovanovic kooperieren. (siehe dazu den beitrag weichenstellungen!)

eine querverbindung zu einem anderen aspekt dieses themenkomplexes: ich arbeite zur zeit gemeinsam mit sozialhistoriker matthias marschik an einem buch, in dem wir österreichs prominentestes phänomen der massenmobilisierung nach dem zweiten weltkrieg vorstellen: „Steyr-Puch 500. Seine Zeit, sein Umfeld, seine Verwandten“. (demnächst im sutton verlag!)

das korrespondiert mit unserer gesamten themenstellung „zwischen landwirtschaft und high tech“, wo vor allem die ersten jahrzehnte der zweiten republik eine zeit der radikalen moderiniserung waren, das heißt sehr konkret auch: eine ära der umfassenden maschinisierung und jenes individualverkehrs mit automobilen, von dem wir uns nun — unter merklichen mühen — langsam wieder verabschieden dürfen.

als wäre es für unser thema extra arrangiertworden: soziale distanz in den 1960ern (ein östereichiches "puch-schammerl" neben einem porsche 356 und vor einem jaguar e-type auf einem parkplatz in gleisdorf)

das sind einige aktuelle arbeitsschwerpunkte entlang unserer vorstellung, der gegenwartskunst in einem soziokulturellen projekt mehr gewicht zu verschaffen; in einem kräftespiel, das wir lokal, regional und international verknüpfen.

die soziokulturelle drehscheibe „kunst ost“ ist das überhaupt erste LEADER-projekt der steiermark. den überblick der laufenden projekte finden sie hier: [link] vermutlich bin ich nicht der einzige, der zur zeit darüber staunt, daß hier eine LEADER-region, nämlich unsere, sich neuerdings über das promoten volkstümlicher schlagermusik hervortut.

ich bin vorerst noch völlig ratlos über der tatsache, daß ein offizielles leader-management das regionale engagegment für innovation und zukunftsorientierung über kommerzielle unterhaltungsmusik promoten möchte (quelle: woche weiz & birkfeld)

aber das ist eben ein stück regionaler realität, die vielleicht über aktuelle kommunikations-defizite innerhalb der region salopp hinwegsehen lassen soll; siehe dazu die aktuelle notiz im projekt-logbuch: [link]

weichenstellungen

wir haben, wie schon im beitrag verknüpfungen skizziert, mit dem ende unseres heurigen “april-festivals” die weichen für die weitere arbeit von “kunst ost” gestellt, da die inhaltlichen grundlagen nun im wesentlichen erarbeitet sind.

bei der programmarbeit (von links): christian strassegger, mirjana peitler-selakov und nina strassegger

dabei haben wir einen ausgangspunkt in der kooperation mit dem forscher branimir jovanovic zur “tesla-doktrin”, aus der wir wertvolle denkanstöße zum heutigen status quo unserer gesellschaft gewinnen. damit verstärken wir das fundament unseres mehrjährigen vorhabens, in der region den themenbogen “zwischen landwirtschaft und high tech” zu bearbeiten und unsere ergebnisse in eine kulturelle wie künstlerische praxis zu überführen.

branimir jovanovic forscht seit jahrzehnten über nikola tesla

der ingenieur und erfinder nikola tesla hinterließ rund 150.000 dokumente, in denen sein denken und seine damaligen ausblicke nachvollziehbar werden. branimir jovanovic hat mehrere jahrzehnte – gestützt auf diese dokumente – über tesla geforscht. jovanovic, selbst ein techniker und erfahren mit wissenschaftsgeschichte, blickt mit eben diesen kompetenzen auf tesla.

jovanovic zitiert aus einem interview mit tesla, das etwa 1920 stattgefunden hat:
“Wir befinden uns in einem Zeitalter der beispiellosen technischen Errungenschaften, die mehr und mehr zu einer absoluten Herrschaft über die Kräfte der Natur und der Vernichtung von Raum und Zeit führen. Aber diese Entwicklung, welche zu unserem Komfort, zu Bequemlichkeit und Sicherheit der Existenz beiträgt, weist nicht in Richtung einer wahren Kultur und Aufklärung. Im Gegenteil, sie ist zerstörerisch für Ideale.”

teslas umfassende kritik an den vor allem sozialen und politischen konsequenzen aus den anwendundunen der neuen technologien kann aus heutiger sicht sehr gut auf ihren gehalt überprüft werden. und dabei lassen sich erstaunliche anregungen finden.

die strecke: wir bespielen seit jahren strecken zwischen den orten der region mit akzenten und künstlerischen momenten

so haben wir nun den themen- und arbeitsbogen für die nahe zukunft weitgehend vollständig. die zwei wesentlichen pole sind, wie erwähnt, die agrarische welt und der high tech-bereich. den agrar-schwerpunkt bearbeite ich zur zeit mit tierarzt karl bauer und fotograf christian strassegger. im technikbereich ist kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov federführend, die als dipl. ing. der elektrotechnik das metier gründlich kennengelernt hat.

die künstlerische klammer für beide bereiche schaffen wir mit der projektreihe „close to nature“. das korrespondiert mit weiteren vorhaben des „kuratoriums für triviale mythen“, von dem ebenfalls beiträge kommen, die einen starken kunstbezug haben, aber auch populäre kulturformen nutzen.

es wird weitere „tesla-tage“ geben, mit denen wir uns der arbeit an der „tesla-doktrin“ widmen, wie sie jovanovic entworfen hat. außerdem wird peitler-selakov einen themenschwerpunkt „frauen und technik“ umsetzen.

unser erster nikola tesla-tag

nikola tesla ist im bereich der vormaligen „militärgrenze“ österreichs aufgewachsen. das war jenes gebiet, über welches die habsburger und die osmanen ihre reiche gegen einander gestellt sahen. branimir jovanovic, leiter des „nikola tesla-center“ in beograd, sieht in diesem biografischen hintergrund des erfinders wesentliche impulse zum recht asketischen leben teslas.

nikola tesla: seine erfindungen und sein denken zeigen einfluß auf unser leben bis in die gegenwart

der herausragende ingenieur hatte in graz studiert, war dann aber nach amerika gegangen, wo er grundlagen für die elektrifizierung der welt schuf. jovanovic, selbst ingenieur, hat fast drei jahrzehnte zu tesla geforscht und konnte dabei tausende handgeschriebene dokumente einsehen, die tesla hinterlassen hat; briefe, notizen, skizzen.

aus dieser arbeit bezog jovanovic auch eine profunde kenntnis der sozialen überlegungen teslas, dem viel daran gelegen war, im bereich seiner kompetenzen relevante fragen zu verfolgen. tesla befaßte sich offenbar intensiv mit der vorstellung, daß technsiche anwendungen zum wohle ALLER menschen eingesetzt werden könnten, um damit allgemein den leebensstandard anzuheben. (darin wollte ihm freilich eine kapitalistisch orientierte industrie nicht folgen.) in heutiger sprachregelung würde das heißen, tesla hat sich zum beispiel mit den fragen von verteilungsgerechtigkeit befaßt.

würden sie von diesen beiden herren ein gebrauchtes raumschiff kaufen? (links bernhard kober, rechts branimir jovanovic)

tesla ist auch anlaß für sehr kuriose deutungen geworden und erfreut sich in esoterischen kreisen großer beliebtheit. jovanovic grenzte sich da insoferne ab, als er seine eigene kompetenz als techniker betonte und aus dieser position heraus erzählte, daß all jene dokumente aus teslas hand, die er zur einsicht vorliegen hatte, die arbeiten eines technikers, nicht eines esoterikers sind.

nikola tesla war zeit seines lebens über seine außergewöhnlichen begabungen zu erstaunlichen arbeitsergebnissen gekommen. sein denken hat enormen einfluß entfaltet, der bis heute wirkt. unser erster „nikola tesla-tag“ im rahmen des „april-festivals“ war einer annäherung an dieses denken gewidmet.

den auftakt dieser „tesla-session“ bot allerdings der gleisdorfer bernhard kober, „chef-heizer“ in der motoren-abteilung eines lokalen modellbau-geschäftes. kober legte die grundlegenden unterschiede zwischen elektromotoren und verbrennungsmotoren dar. eine basis-orientierung, die zu verstehen helfen soll, welche umbrüche auf uns zukommen, wo wir das ende preiswerter automobile mit benzin- und dieselmotoren vermutlich noch erleben werden. (kober ist übriegens gründungsmitglied des kuratoriums für triviale mythen.)

wenn nun hierzulande alle welt anscheinend überzeugt verkündet: „die zukunft liegt in der elektromobilität!“, dann darf vorerst einmal bezweifelt werden, ob das so klar, so selbstverständlich ist, wie das von statten gehen wird und wohin uns das führen mag. gute gründe, sich diese themen genauer anzusehen.

der vortrag von branimir jovanovic bot dann unter anderem einen zugang zu dem an, was der foscher die „tesla-doktrin“ nennt. eine konklusio aus dem denken von tesla als anregung, eine kursänderung in der dominanten „konsum-kultur“ zu schaffen.

wir werden nun eine zusammenfassung dieses „tesla-tages“ erarbeiten. außerdem ist mit der session in ludersdorf der auftakt für eine längere arbeit an diesem themenkomplex vollzogen, was wir in kooperation mit dem „nikola tesla-center“ entfalten werden. eines der ziele dieser kooperation ist es, die thematik für ein laien-publikum zu erschließen, denn was sich heute als zukunftsträchtige elektro-mobilität verspricht, birgt noch eine menge klärungsbedarf.

— [doku #1] [doku #2] —
— [april-festival] —

verknüpfungen

unser heuriges „april-festival“ neigt sich dem ende zu. die letzte station ist dem erfinder nikola tesla und den konsequenzen seines schaffens gewidmet. in diesem zusammenhang wird uns experte bernhard kober im rahmen des nikola tesla-tages erklären und demonstrieren, worin sich verbrennungsmotoren und elektromotoren fundamental unterscheiden.

innenansichten: bernd kober beim zerlegen eines kleinen, verblüffend leistungsstarken elektro-motors

unser leben basiert in seinem komfort ganz wesentlich auf maschinellen kraftquellen, die zu einem so enormen energiebedarf führen, daß die art und effizienz der maschinen sowie der sparsame einsatz von treibstoffen entscheidend dafür sein dürften, ob und wie unser leben weiterhin mit komfort ausgesatttet sein wird.

im beitrag brisanz & idylle hab ich außerdem eine querverbindung dieser themenstellung zu fragen der agrarwirtschaft und unserer ernährungslage schon anherissen. so zeichnet sich nun eine praktikable kulturelle zusammenschau der themenbereiche ab, die ich für diese region im bipolaren motiv „zwischen landwirtschaft und high tech“ beschrieben hab.

das ergibt dann auch, weil es bei unserem tun nicht unwesentlich um künstlerische praxis geht, eine ganze reihe von anregungen auf ästhetischer ebene, also im bereich sinnlicher wahrnehmung. in diesen zusammenhängen werden schließlich auch handwerkliche aspekte greifbar, wie etwa an jenem kühn gefertigten zweizylinder-miniaturmotor, bei dem selbst die verbindenden zahnräder einzelanfertigungen sind.

dieses von hand gebaute einzelstück zeigt nicht nur mechanische, sondern auch formale qualitäten

die reflexion all dieser zusammenhänge, das handwerk, die kunst, die alltagskultur; durch die aktuelle präzisierung unsere zugänge zu jenen teilaspekten sollte sich eine sehr taugliche form der kulturarbeit im ländlichen raum etablieren lassen, die der gegenwartskunst ebenso kraftvolle wie sinnvolle rahmenbedingungen schafft.

wir sind zur zeit auch schon mit der programm-arbeit für das jahr 2012 beschäftigt. es soll ja gelingen, die verschiedenen themenlinien zusammenzuführen und die praktische umsetzung angemessener kulturereignisse auch in diesen budgetär so schwierigen zeiten sicherzustellen.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov, hier rechts neben karakuri-künstlerin kirsty boyle und medienkünstler niki passath

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov bereitet in diesem zusammenhang einen neuen „frauenmonat“ vor, bei dem sie das thema „frauen in der technik“ in den fokus rückt. sie hat außerdem schon im vorjahr einen konzeptionellen ansatz entwickelt, der zur themenstellung „close to nature“ führte, wo es vor allem um projektschritte bezüglich gegenwartskunst geht.

landwirtschaft, technik, kunst, die kommunikation und die alltagsbewältigung … aus den letzten zwei arbeitsjahren heraus scheint sich nun sehr klar abzuzeichnen, wie das in einem soziokulturellen projekt zusammengeführt und in eine regionale kulturpraxis übersetzt werden kann.

brisanz und idylle

wir haben von unserem ersten „tag der agrarischen welt“ vor allem dieses motiv mitgenommen: ernährung ist das große geschäft der zukunft. international tätige companies kaufen schon heute riesige flächen auf. das wird abhängigkeiten in ganz neuem ausmaß hervorbringen.

wir werden von der geschäftswelt mit idyllischen bildern verwöhnt, was den blick darauf verstellt, daß sich schon jahrzehnte eine bipolare anordnung durchgesetzt hat, in welcher die bäuerliche landwirtschaft gegenüber der industriellen landwirtschaft den völligen nachrang hinnehmen muß. die dominante agrar-industrie verkauft uns ihre produkte vorzugsweise mit werbebildern, die sozusagen der bäuerlichen landwirtschaft heruntergerissen wurden.

tierarzt karl bauer wuchs in der agrarischen welt auf

ich hab diese zusammenhänge gerade erneut mit tierarzt karl bauer debattiert. wir sind uns einig, daß wir diesen themenkomplex für unsere kulturellen vorhaben erschließen wollen. es ist ein feld radikaler zusammenhänge, die unser aller leben erreichen; in jedem winkel der welt.

in den letzten fünfzig jahren ging in österreich – bei steigendem überfluß – die zahlt der menschen, welche in der landwirtschaft tätig sind, von 21 auf 3,9 prozent zurück. bei gleichbleibenden flächen hat die anzahl der landwirtschaftlichen betriebe laufend abgenommen. (das bedeutet: vergrößerung und rationalisierung vieler betriebe.)

der produzenenseite steht gegenüber: hierzulande wird der gesamte lebensmittelmarkt von genau drei konzernen kontrolliert. spar hat sich 29,5 prozent des marktes erarbeitet, rewe rund 31 prozent und hofer zirka 20 prozent. das bedeutet, etwa 80 prozent des lebensmittelmarktes sind in der hand von bloß drei international tätigen companies.

georg keuschnigg in „forum land“, ferbuar 2011

das läßt die fragen nach ernährungssicherheit und ernährungssouveränität einigermaßen brisant erscheinen. hier muß die rede von verfügbarkeit, qualität und preisen der nahrungsmittel sein. wenn man darüber nachdenkt und wenn man einrechnet, daß steigende energiepreise ein hauptereignis sind, um den agrarischen markt zu beeinflussen, wenn ich dann noch über das transportwesen, über verkehrskonzepte und regionale strukturprobleme nachdenke, dann wird sofort deutlich, was diese dinge mit den möglichen themen der „energie-region“ zu tun haben.

übrigens! „forum land“ (die zeitung für den ländlichen raum) titelte auf dem cover der ausgabe ferbuar 2011: „gemeindefinanzen: kippt der ländliche raum weg?“ der individualverkehr wird immer teurer, der öffentliche verkehr wird merklich reduziert. die neue landflucht ist längst realität. ganz klar, daß sich in der befasung damit auch soziokulturelle aufgabenstellungen abzeichnen. und diese ergeben ferner einladungen an kunstschaffende.

verleger reinhard wernbacher ist gelaunt, sich in das kulturprojekt einzubringen

ich habe also mit karl bauer und einigen anderen leuten konsens: das ist eine große themenstellung, die wir uns schrittweise, in einzelnen veranstaltungen und mit der konzentration auf teilthemen, erschließen möchten. dazu diskutiere ich nun auch die arbeit an einem buch, das uns gewissermaßen zu diesem thema führt und welches interessierten laien eine grundlegende orientierung bietet. das findet verleger reinhard wernbacher recht interessant. vor allem, weil wir einige grundlegende themenaspekte und speziell regionale zusammenhänge bündeln möchten.

das läuft übrigens auf einen weiteren schritt in dem hinaus, was mir als kulturelle option vorschwebt: die region erzählt sich selbst, indem die menschen, die hier leben und arbeiten ihre stimmen erheben: mit ihren jeweils bevorzugten mitteln und medien.

— [tag der agrarischen welt 2011] —
— [april-festival 2012]  —

nachhall

irgendwas klingt vergnügt nach. die vorletzte station. das war vorgestern. nun liegt noch dieser ungewöhnliche „tesla-tag“ vor uns. der ist gewissermaßen auch eine angelegenheit des „kuratoriums für triviale mythen“. bernhard kober und branimir jovanovic werden uns einige grundlagen der energiegewinnung und der kraftmaschinen darlegen: [link]

fotograf franz sattler mit avantouristischem haustier

unsere session in albersdorf ging vergnügt und ziemlich gemütlich über die bühne. der ort albersdorf ist heute von der automobil-industrie geprägt. das sieht man dem dorf nicht unbedingt so deutlich an, weil die fabriken jenseits der bundesstraße liegen, außerhalb des ortsgebietes.

aber die kommunlabgaben hängen davon ab, was in einer gemeinde an arbeitskräften gemeldet ist. daraus ergibt sich ein erheblicher kontrast zu rein agarisch geprägten gemeinden. denn es macht einen unterschied, ob kommunen eigene mittel aufbringen können oder stark von land und bund abhängig sind.

von links: franz sattler, emil gruber und martin krusche

wir haben uns nun in einigen jahren sehr gründlich in jene zusammenhänge geschraubt, die rund um einen autkühler auffindbar werden, wenn man genauer nachsieht, was da zusammengewirkt hat, um diesen status quo herbeizuführen, von dem wir nun langsam abzurücken haben.

individualverkehr auf der basis von verbrennungsmotoren wird ein immer exklusiveres vergnügen werden. die exklusivität … „exklusion“ bedeutet ja ausgrenzung, ausschluß. anfangs war das automobil nur den reichen vorbehalten. dazu könnte es wieder kommen.

wir sind überwigend die enkel und urenkel von proletarischen kreisen, von eher armen leuten in landwirtschaft und industrie. welche enorme rolle das private automobil als ideologisch aufgeladenes werkzeug in dieser sache spielte, ist allgemein nicht einmal annähernd bekannt und geläufig.

die zweite karte ist da ...

die karre war ein versprechen, am wachsenden wohlstand teilnehmen zu dürfen. das hatte sozialen und politischen sprengstoff in sich. kein zufall, daß dieses versprechen an fahrzeugen festgemacht wurde, die heute noch sehr populär sind. zum beispiel die vespa, der 500er fiat und sein österreichisches pendant, das „puch-schammerl“, der vw käfer … oder denken sie an den citroen 2cv.

übrigens! jetzt ist die zweite karte der edition des „kuratorium für triviale mythen“ das. und die zeigt ein kurios modifiziertes „puch-schammerl“: [link]

— [april-festival] —

lokalaugenscheine

rein in räume, rauf auf leitern, runter auf den boden der tatsachen, rüber ins nächste cafe. vorbereitungen. letzte klärungsschritte. jetzt liegen noch zwei vernissagen vor uns und gegen ende des monats werden wir den nikola tesla-tag absolvieren.

fotograf franz sattler auf fact finding mission in albersdorf

der „boden der tatsachen“ ist ja vor allem auch ein „deutungsraum“, ein terrain, wo verhandelt wird, was die dinge seien. künstlerische verfahrensweisen als einer von mehreren wegen, um reflexion und deutung vorzunehmen, auch selbstvergewisserung.

warum ist das wichtig? aus wenigstens zweierlei gründen. wir sind sinnsuchende wesen, denen bloße alltagsbewältigung gewöhnlich nicht reicht, um damit ein leben auszufüllen. da treffen sich dann im günstigsten fall etliche intentionen von kunstschaffenden und publikum.

ein letzter lokalaugenschein im "business park"; von links: franz lukas, manuela petermann (von "ingenos"), richard mayr und andreas turk

das „april-festival“ ist heuer mehr denn je zu einem ereignis geworden, in dem äußerst verschiedene kreative menschen sich aus einer größeren themenstellung ein teilthema wählten, um es mit ihren bevorzugten mitteln zu bearbeiten.

und während sich dieses festival dem ende zuneigt, sind schon die ersten arbeitsschritte für das von 2012 in gang: [link] so wollen wir einen ausreichend großen zeitraum öffnen, damit a) jene für nächste „location crews“ zusammenfinden, die in neuen frage- und aufgabenstellungen harmonieren und damit b) um genug zeit zu haben, die anspruchsvolle themenstellung auszuloten.

zwei vernissagen: [gleisdorf] [albersdorf]

im mai tagen dann wieder die „talking communities“. einmal geht es um grundlagen der kulturförderung: [link] zum anderen sehen wir uns ein kurioses stück regionalgeschichte etwas näher an. heinz boxan, vormals verwalter auf gut herberstein, wird uns einblicke bieten, wie das ausplündern der republik gelingt, wenn leute aus unseren eliten zusammengreifen.

heinz boxan ist insider eines spektakulären betrugsfalles in der oststeiermark.

das verspricht ein aufschlußreicher abend zu werden: [link] in tagen der einbrechenden budgets dürfte die verlockung zu solchen machenschaften ja da und dort ansteigen. apropos einbrechende budgets! wie sehr wir davon im kulturbereich betroffen sind, habe ich schon skizziert. aber da gib es noch ganz andere problemlagen.

das leben schwer behinderter menschen ist ebenso belastet wie das ihrer angehöriger. bisher haben kompetente assistenzleistunen deren existenz stabilisiert. und genau da drohen nun streichungen, die etliche betroffene an den rand von panik bringen. ich trage hier einige diesbezügliche informationen zusammen: [link]

— [april-festival] —

simultane abläufe

lokalaugenschein. platzabsprachen. einige drinks und plaudereien. mit franz sattler und emil gruber (foto) im wollsdorferhof; also draußen auf der „strecke“, wo wir in wenigen tagen die ausstellung wheels eröffnen werden. davor wird noch eine andere ausstellung eröffnet: „ungleich/ist gleich“ [link]

emil gruber, erfahrener "avantourist", hat für seinen beitrag die zeitmaschine angeworfen

das heurige „april-festival“ ist zu einer bemerkenswerten schau kollektiver kreativität geworden. dabei zeigt sich einmal mehr, daß es für solche ereignisse eben nicht bloß um gegenwartskunst gehen kann, sondern erst eine verknüpfung aller vier genres zu einem derartigen ereignis führt.

der bisherige verlauf und die inhaltliche arbeit hat übrigens inzwischen eine klare themenstellung für das kommende jahr und das „april-festival“ 2012 ergeben. wir werden uns eine komplexe aufgabenstellung erarbeiten und dann an die umsetzung gehen: „leben: die praxis der zuversicht“. die startseite ist schon montiert: [link]

die themenstellung für das nächste "april-festival" ist schon fstgelegt

ich hab inzwischen auch etwas zeit gefunden, unsre radio-leiste voranzubringen. in sound-miniaturen von jeweils rund zwei minuten länge deponiere ich die „kunst ost kulturnotizen“ auf radio gleisdorf und schließlich in unserem ton-archiv. das aktuelle blatt: [link]

übrigens, die online-dokumentation des
erzeitigen „april-festivals“ wächst: [link]

Kunst und Wissenschaft

Einer der „Tage der Kunst“ wurde von Malerin Michaela Knittelfelder-Lang in Markt Hartmannsdorf realisiert. Bei der Eröffnung sprach Autor Gero Jenner zur Einführung, reflektierte das Verhältnis zwischen Technik und Kunst. Es habe vor allem in der Renaissance eine Blüte jenes Denkens gegeben, in dem die Gesetze der Naturwissenschaft und die Möglichkeiten der Kunst zusammengeführt worden seien. Jenner nannte Leonardo als die überragende Größe jener Ära.

Autor Gero Jenner eröffnete die Station in Markt Hartmannsdorf

Kleiner Einschub: Es ist aus dieser Ära ein Brief von Leonardo erhalten, eine Art Bewerbungsschreiben an Herzog Ludovico Sforza. Das ist insofern bemerkenswert, als es einerseits zusammenfaßt, welche Fertigkeiten der Künstler einem noblen Dienstherren anbieten konnte, andrerseits macht es deutlich, wo damals die „Schönen Künste“ rangierten; nämlich an letzter Stelle. Im Absatz 10 heißt es schon fast beiläufig:

„In Friedenszeiten wird es nützlich sein, zu allgemeinem Nutzen (benissimo a paragone di omni) Architektur zu pflegen, Gebäude für Private und die Öffentlichkeit, und die Wasser von Ort zu Ort zu führen. Ich beschäftige mich auch mit Skulpturen in Marmor, in Bronze und in Erden; ebenso fertige ich Gemälde, alles was man will. Ich würde auch an einer Reiterstatue in Bronze arbeiten können, welche zum unsterblichen Ruhme und ewiger Ehre, also auch zur glücklichen Erinnerung Eurer Herrlichkeit Vaters und des fürstlichen Hauses Sforza errichtet werden soll.“ [Quelle]

Gero Jenner bezog sich ins einer Einführung vor allem auch auf J. P. Snow, der gleichermaßen als Autor und als Wissenchafter von Format gegolten hat. Dessen Werk „Die zwei Kulturen“ [link] thematisiert jene unterschiedlichen Bezugssysteme (Kunst und Naturwissenschaften), welche Jenner so skizzierte: „Die Kunst kann einen neuen Kosmos über dieser physischen Grundlage erreichtem. Das hat sie seit jeher getan.“

J. P. Snow schilderte den Kontrast als überaus hart: „Literary intellectuals at one pole-at the other scientists, and as the most representative, the physical scientists. Between the two a gulf of mutual incomprehension-sometimes (particularly among the young) hostility and dislike, but most of all lack of understanding. They have a curious distorted image of each other.“

Medienkünstler Niki Passath schilderte in Brodingberg einige Kontraste zwischen künstlerischen und wissenschaftlichen Verahrensweisen (links Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov, rechts Künstlerin Kirsty Boyle)

Wir hatten das schon am Vortag erörtert, als Medienkünstler Niki Passath Gast in unserer Reihe „Was sagen Kunstwerke?“ [link] gastierte. Passath erzählte von seinen Erfahrungen mit dem Kontrast in der Zusammenarbeit mit Wissenschaftern. Man teilt so manche Fragestellungen, doch in der Frage nach den Methoden trennen sich Wege mitunter energisch.

Von links: Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakvo, Elektronik-Musiker Winfried Ritsch und Medienkünstlerin Victoria Vesna

Vor einigen Jahren hatten wir Gelegenheit, die amerikanische Medienkünstlerin Victoria Vesna kennenzulernen. Sie repräsentiert Positionen auf diesem „Kreuzungsbereich“ in hohem Maße.

Für Vesna ist Buckminster Fuller ein wesentlicher Bezugspunkt. Von ihm stammt eine Auffassung, der gemäß diese Bereiche — Kunst & Wissenschaft — auf folgende Art als verbunden betrachtet werden: „Je entwickelter die Kunst ist, desto mehr ist sie Wissenschaft. Je entwickelter die Wissenschaft ist, desto mehr ist sie Kunst“.

Methoden

komplexitätskrisen

wenn es gar so dicht hergeht, neige ich zu komplexitätskrisen. (dabei hat nicht die momentane komplexität meiner arbeit eine krise, sondern ICH wegen eben dieser komplexität.)

das hängt nicht bloß mit einem größeren arbeitspensum zusammen. es ereignet sich vor allem, wenn ich innerhalb einzelner tage zwischen zu vielen zu kontrastreichen themen und aufgaben hin- und herpendeln muß.

aus dem gedicht muß ein banner werden ...

da liegen dann zum beispiel gerade 60 zentimeter gedicht an … kleiner scherz! zu unserer station „wheels“ im rahmen des „april-festivals“ habe ich ein gedicht geschrieben, das in seiner endfassung bestätigt sein will, um auf ein banner von 60 x 60 zentimeter zu kommen: [link]

vom "kuratorium für triviale mythen" wird der "avantourismus" gepflegt

doch bevor wir diese station realisieren, steigt noch der erste „tag der trivialen mythen“, genauer: an diesem tag auf dem anwesen der familie pölzer in brodingberg steigt unsere „essig-rakete“.

die "essig-rakete" hat raumfüllendes format

und das ist keine gar so kleine sache, die medienkünstler niki passath da vorbereitet. übrigens, hier ist eben bei „vive les robots“ ein interview mit passah erschienen: [link] während ein teil der crew an der rakete arbeiten wird, hat ein anderer teil in der küche zu tun.

"la ida" eröffnet bald ihre firma

bei der brodingberg-session wird nämlich unsere experimental-bäckerin ida kreutzer ordinieren. sie repräsentiert für mich eine zeitgemäße deutung des begriffes kunsthandwerk. (mitte des monats wird ida übrigens ihre neue firma formell eröffnen.)

inzwischen wäre mit meinen „drei tenören“ ein lokalaugenschein fällig, aber zum bevorzugten termin habe ich schon einen lokalaugenschein mit meinen „avantouristen“. (franz sattler plädiert inzwischen längst wieder für das reisen. ja, wir sollten abhauen!)

übrigens! heimo steps, zur zeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, hat mir nun die zwei termine für die „talking communities“ bestätigt. wir werden also im mai den öffentlichen diskurs über rahmenbedingungen des kunstgeschehens fortführen.

soll ich weitererzählen? ich lasse es vorerst. gehen wir einmal durch die nächsten stationen, dann werde ich hier die weiterens schritte im projekt „kunst ost“ darlegen.

— [april-festival] —