Wie soll ich mir erklären, in welchem Maß und auf welche Art in meiner Umgebung antisemitische Töne zunehmen, ohne daß ich deutliche Einwände höre?

Wie soll ich mir erklären, in welchem Maß und auf welche Art in meiner Umgebung antisemitische Töne zunehmen, ohne daß ich deutliche Einwände höre?
Ich hab während der Gleisdorfer Unruhe interessante Leute und bemerkenswerte Statements kennengelernt.
Gleisdorfs Gemeinderat Wolfgang Weber notierte zu einer gehabten Kontroverse: „Der Rechtsstaat hat eine klare Grenze gesetzt!“ Das bezieht sich auf eine Auseinandersetzung mit zwei Frauen, die sich über einige Zeit hinweg in der Gleisdorfer Unruhe speziell exponiert haben.
Ich befasse mich gerade mit unserer Tradition, in Krisenzeiten eine Komplexitätsreduktion zu pflegen, die uns zu binären Erklärungsmustern neigen läßt. Morgenland/Abendland klingt da noch harmlos. Chaos/Kosmos, Wildnis/Zivilisation, Zentrum/Provinz … Die Tradition meiner Leute kennt seit etwa den 1890er Jahren zunehmende ethnische Diskurse, bei denen slawische Leute als „Untermenschen“ etikettiert wurden, um durch solche Feindmarkierung die Selbstdefinition billiger zu machen.
Die Heimat schickt ihr letztes Aufgebot? Nun feiern sich auf Bühnen und in Online-Foren Menschen, die mir versprechen, meine Demokratie, meine Freiheit, meine Kultur, meine Identität zu schützen. Menschen, die freilich keine 20 Minuten unaufgeregtes Gespräch über Österreichs Demokratie, Freiheit, Kultur und Identität durchstehen würden, die auch großteils keinen Tau haben, was das Wort Heimat hier in der Oststeiermark eben noch bedeutet hat.
Oh! Meine Kiste kann Moiree! Das dachte ich auf Anhieb. Die Seite ist weg. Erst vermutete ich eine technische Panne. Dann bekam ich Post vom Chefredakteur. „Rumpelstilz und die Antisemitin“ war übrigens auf der Plattform nicht gelöscht, sondern bloß auf „Entwurf“ gestellt worden. Das halte ich für einen akzeptablen Schritt.
Der Antisemitismus ist eine menschenverachtende Entlastungsstrategie, mit der man sich auf Kosten anderer Menschen einfache Antworten für komplexe Fragen verschafft. Weshalb tut das jemand? Es ist bequem. Es erspart die Mühen von Wissenserwerb und schützt einen davor, sich selbst in Frage stellen zu müssen.