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Mobilitätsgeschichte: Die Bastelbögen

Daß Michael Toson [link] gerade Nachtschicht fährt, um mit seinen Bastelbögen, die Jörg Vogeltanz [link] graphisch aufbereitet hat, nun die einzelnen Modelle zu bauen, hat eine launige Vorgeschichte. Österreich ist seit Anbeginn der Geschichte des Automobilismus ein Land der Automobilproduktion. Das reicht bis in die Gegenwart, auch wenn dieser Umstand momentan breiterer Wahrnehmung ein wenig entzogen ist.

Der 126er, wie er heute noch als Lizenzbau bei südöstlichen Nachbarn läuft, als frischer Bastelbogen

In all den Jahrzehnten wurde vor allem ein Auto zur folkloristischen Ikone: Der Steyr-Puch 500. Dessen Geschichte und ihre Zusammenhänge machen wir grade in einer gemeinsamen Publikation anschaulich. Diese Produktion hat einen Vorlauf von kuriosen Details. Es begann an einem Abend, den ich mit Werner Musil und Ferdinand „Fredi“ Thaler verbrachte. Musil ist bei Magna Steyr für den LKW-Bereich zuständig, Thaler ein altgedienter „Puchianer“ der unter Ledwinka Lehrling gewesen ist.

Erich Ledwinka war jener leitende Ingenieur bei Puch, in dessen Verantwortung die Pucherl und die Haflinger entstanden sind. Ich bekam also sehr direkte Einblicke in die historischen Geschehnisse jener Tage. Thaler erwähnte damals die Idee, auf dem Kreisverkehr in der Puchstraße solle es ein Memorial oder einen angemessenen Wegweiser gaben.

Insider verschiedener Felder: Werner Musil (links) und Ferdinand „Fredi“ Thaler

Darauf bat ich den Graphic Novelist Jörg Vogeltanz, mir eine Fotomontage anzufertigen, die eine optimale Visualisierung dieser Idee schaffen sollte. Ich lieferte das Fotomaterial und Jörg zauberte. Das Ergebnis war für unsere Augen bezaubernd. Die spätere Realisierung kam an diese Darstellung sehr nahe heran; siehe: [link]

Der Vogeltanz-Entwurf für das Memorial in der Puchstraße

Zu jenem Zeitpunkt hatte ich schon alles eingesammelt, was von Enthusiasten in meiner Umgebung und was via Internet an Bastelbögen mit dem Pucherl verfügbar war. Durchgehend schlecht umgekupferte Fiats, miserable grafische Arbeiten.

Die Ära der miesen Grafiken in der Abteilung Steyr-Puch 500 ist gerade zu Ende gegangen.

Da wollte ich Jörg schon gewinnen, einen schönen Bogen zu erarbeiten. Aber irgendwie kamen wir damit nicht voran. Zu viele andere Prioritäten. Später hatte ich via Web Michael Toson kennengelernt.

Das brachte neuen Schwung in diese Idee, denn Toson hat sich schin allerhand Kompetenz mit Bögen erarbeitet, die er so schicht hielt, daß ungeübte Leute beim Basteln nicht verzweifeln würden, aber so akkurat, daß man die Originale erkennen könnte.

Im „Kuratorium für triviale Mythen“ [link] fanden wir dann an einen gemeinsamen Tisch. Jetzt ist es so weit. In wenigen Tagen werden wir damit in Druck gehen.

Nichts gegen gute Laune!

Ich muß darauf bestehen, daß die Arbeit auch Spaß machen soll, ganz egal, wie hart die Konsequenzen waren, die uns aus verschiedenen Krisensituation des Staates und der Welt inzwischen erreicht haben. Im Sinn von: Die Freude darf mir nicht verloren gehen. Das löst sich auf sehr unterschiedliche Weisen ein. Zum Beispiel, wenn Dinge gelingen. Und wenn inspirierte Menschen mich bei unseren Vorhaben begleiten.

Auch allerhand Rückmeldungen machen mir Freude. Die sind teils inhaltliche Art und bereichern so das verfügbare Know how. Die sind teils auf aktive Teilnahme an kommenden Stationen bezogen. Die haben aber auch Momente der Ermutigung. (Können wir alle gut brauchen, hm?)

Michael Toson (links) mit Karlheinz Rathkolb, dem Leiter des Puch-Museums

In den letzten Wochen dieses Jahres sind wir ganz auf das Thema Mobilitätsgeschichte konzentriert. Augenblicklich arbeitet Graphic Novelist Jörg Vogeltanz [link] am Layout einer Publikation, die zweierlei bietet:
a) Eine Serie von Bastelbögen, mit denen Techniker Michael Toson [link] die Geschichte des „Puch-Autos“ darstellt.
b) Eine erläuternder Text von mir, der diese Historie vom Beginn des 20. Jahrhunderts her aufrollt.

Der Weg in die Massenmotorisierung ist von einem fast unbeschreiblichen ideologisch-propagandistischen Kräftespiel getragen worden, das im Faschismus Bilder etablierte, die bis heute Wirkung haben. Fahrrad – Motorrad – Automobil; die Mechanisierung der individuellen Mobilität hat weltweit so enorme Konsequenzen gezeigt, daß es uns schwer fällt, einen kritischen Blick zu entwickeln, der nicht zutiefst von den trivialen Mythen dieser Geschichte geprägt ist.

Der Austro Daimler „Sascha“, von Ferdinand Porsche konstruiert, war zu seiner Zeit zwar noch den Reichen vorbehalten, ist aber konzeptionell der erste bedeutende „Kleinwagen“ Österreichs

Um dieses Thema zu erschließen, hat unser „Kuratorium für triviale Mythen“ [link] nun auch eine Themenleiste auf Facebook eingerichtet, wo die Sache im launigen Plauderton abgehandelt wird: [link]

Dieser Themenbereich ereignet sich auch in Querverbindungen zu unserem Schwerpunkt „Frauen und Technik“, den Mirjana Peitler-Selakov eingeführt hat. Siehe dazu: [link] Peitler-Selakov arbeitet zur Zeit aber noch an einem ganz anderen Thema. Ihre Dissertation handelt von: „Kunst und Krieg: Politik des Erinnerns in öffentlichem Raum“.

Die „Akademie Graz“ veranstaltet die Reihe „Trauma und Kreativität“. Im Zuge dessen ist ein Block dem Teilthema „Verletzungen der Seele“ gewidmet, bei dem Peitler-Selakov mit eine Beitrag vertreten ist; zu einigen brisanten Fragen:

„Ein Trauma kann nicht wie andere Erinnerungen erzählt werden. Können Kunst und Literatur dazu beitragen, die Unmöglichkeit des Ausdrucks mit anderen Formen erzählter Erinnerung zu übersetzen? Kreativität ist eine gestaltende Kraft, mit der Widerstand gegen menschenunwürdige Verhältnisse aufgebaut werden kann, und mit der man die Würde des Menschen zu behaupten versucht.“ [quelle]

[2050: Übersicht]

Scharf stellen in unscharfen Verhältnissen

Wohin ich mich auch wende, Kulturschaffende führen Klagen über den Status quo. Mir ist das kein Rätsel und wir wissen ja auch, wie es gekommen ist. Aber um das deutlich zu sagen: Ich hab keine Lust, mich selbst als „Opfer“ oder „Problemfall“ zu definieren. Und ich hab auch keine Laune, dauernd nur mit dem befaßt zu sein, was uns schwer fällt. Da müssen auch noch andere Aspekte eine Rolle spielen können.

Die laufenden Debatten sind mir überdies etwas zu dünn. Ich wünsche mir:
+) Wenn schon Polemik, dann mit Esprit!
+) Wenn schon „Flaming“, dann aber radikal und mit grober Kelle!
+) Ansonsten hätte ich es gerne lieber sehr viel sachlicher und unaufgeregter!

Am wenigsten interessiert mich das populäre Verfahren, die Selbstdefinition durch Feindmarkierung vorzunehmen. Das ist erbärmlich. Ich brauche keine Wand, gegen die ich spielen kann, um anderen klar zu machen, wer ich bin und warum ich das bin.

Als Kunst- und Kulturschaffender muß ich in der gegebenen Situation neu klären, was ich selbst zu leisten vermag, wer mich als Verbündeten akzeptieren würde und was daraus folgt, wenn ich meine Position gegenüber Politik und Verwaltung zu verdeutlichen hab.

Wenn ich am Stand der Dinge Kompetenzmängel und Stagnation feststellen muß, dann betrifft das wahrlich nicht bloß die anderen Metiers, sondern auch unseres. Also liegt mir an brauchbaren Befunden, die einer Prüfung und Debatte standhalten. Daraus sind Schlüsse zu ziehen und Handlungspläne zu entwerfen, dann geht’s los. (Ja, ich wiederhole mich.)

"kunst ost" in der aktuellen Ausgabe von "top of styria"

Mich interessiert zur Zeit natürlich sehr, was wir als Kulturschaffende überhaupt direkt mit Wirtschaftstreibenden zu tun haben können. Das ist ja keineswegs so klar und herkömmliche Vorstellungen von Sponsoring führen in unserem Bereich erfahrungsgemäß eher ins Leere.

In der heurigen Jahresausgabe von „top of styria“ ist auf Seite 18 meine Zusammenfassung solcher Überlegungen zu finden: [link]

Außerdem haben wir im Rahmen unserer „Kulturspange“, einer Kooperationsebene im Kulturbereich, nun eine Reihe von Arbeitstreffen eröffnet, wo solche Annahmen, Optionen, Überlegungen debattiert werden, um in praktikable Versuche zu münden: [link]

Ich sehe die wachsende Diskussion um das Grazer Künstlerhaus als einen interessanten Anlaß, um zu klären, wo denn Kunst- und Kulturschaffende in der Steiermark momentan überhaupt stehen; vor allem auch in ihrer Auseinandersetzung mit Politik und Verwaltung. Deshalb fasse ich einen Teil einschlägiger Beiträge hier zusammen: [link]

Techniker Michael Toson (links) und Graphic Novelist Jörg Vogeltanz im Grazer Johann Puch-Museum

Die Alltagskultur bleibt derweil nicht unberücksichtigt. Aus unserem „Kuratorium für triviale Mythen“ ist inzwischen so einiges hervorgegangen. Das bildet längst einen speziellen Fokus auf Mobilitätsgeschichte. Der hat nun eine im Plauderton gehaltene Ebene auf Facebook, an der Person Johann Puch festgemacht: [link]

Das kommende Puch-Buch

Verlagslektorin Dorothee Müller (Sutton Verlag, Erfurt) schrieb mir eben: „Außerdem brauchen wir bitte das Bild Nr. 105 noch einmal mit 20 Zentimetern Höhe und 300 dpi Auflösung oder noch besser als Originalbild. Dieses würden wir gerne für das Cover verwenden, dafür liegt es aktuell aber zu klein und qualitativ zu mangelhaft vor.“

Das betrifft jenes Buch über den Steyr-Puch 500, welches ich gerade gemeinsam mit Sozialhistoriker Matthias Marschik geschrieben hab. Siehe dazu auch die Notiz vom 25. Oktober 2011: [link]

Nun ist aber auf diesem Wunschbild ein Fiat Nuova 500 zu sehen, weshalb ich zu antworten hatte: „das geht leider keinesfalls, denn es ist KEIN puch, sondern ein fiat. die puchianer-kurie würde uns einen killer schicken.“

Der Fiat Nuova 500 war ein Hauptereignis der Massenmotorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg

Müller: „Das falsche Coverbild tut mir natürlich sehr leid, da sind wir ja grad noch einmal mit dem Leben davongekommen… Um diesen Gefahren vorzubeugen, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie uns noch eine Liste der Bildnummern schicken könnten, die als Coverbilder infrage kommen. Oder gibt es vielleicht sogar noch eine vergleichbare Aufnahme zu Bildnr. 105, die aber einen Puch zeigt?“

Zur Erläuterung der Episode: Das „Pucherl“ wurde in Graz-Thondorf gebaut. Die Karosserie stammt hauptsächlich vom italienischen Fiat, doch aufgrund einer Reihe technischer Details bestehen „Puchianer“ darauf, daß der Thondorfer Wagen NICHT als Fiat-Klon verstanden werden darf.

Die Historie von Steyr, Daimler und Puch ist die eines weit verzweigten Weltkonzernes, der heute von Magna Steyr repräsentiert wird

Wir haben es hier mit einem zentralen Stück österreichischer Mobilitätsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Der Automobilismus ist über fast hundert Jahre mit einem so horrenden Aufwand an Propagandamitteln eingeführt worden, daß wir heute kaum eine realistische Vorstellung davon haben, wie das gemacht wurde und was davon heute wie in unseren Köpfen sitzt.

Wir gehen diesen Motiven auf mehreren Ebenen konzentriert nach. Eine davon ist unser „Kuratorium für triviale Mythen“, bei dem das Kulturgeschichtliche daran mit einigem Augenzwinkern bearbeitet wird: [link] Andere Arbeitsbereiche führend mehr und mehr dazu, das ganze auch mit Fragen des Energiebereiches und jenen nach Ernährungssouveränität zu verknüpfen.

Für laufenden Notizen und Plauderein zu diesem gesamten Themenkomplex gibt es hier nun auch eine Facebook-Präsenz: [link]

und dann 2050? #4

wir haben bei „kunst ost“ die aufgabe gewählt, im zentrum unserer arbeit der GEGENWARTSKUNST zu mehr augenmerk, wertschätzung und spielraum zu verhelfen. um das zu bewirken, sind wir allerdings gut beraten, den größeren zusammenhang dieses kulturellen themas zu beachten, zu betrachten und zu bearbeiten.

wir konzentrieren uns also über weite strecken auf SOZIOKUKTURELLE themenstellungen. der themenrahmen ist so definiert: „zwischen landwirtschaft und high tech“. dabei beziehen wir uns vor allem auf aspekte der sozialgeschichte und mentalitätsgeschichte, um von daher auf die gegenwärtige alltagspraxis verschiedener lebensbereiche einzugehen.

rund um das vorhaben „vision 2050“ ergeben sich nun anlässe, erneut zu klären, welche rollen KULTURSCHAFFENDE im gemeinwesen finden und einnehmen können. gemeinwesen, das ist im grunde auch ein überbegriff für die summe jener kräftespiele, in denen sich menschen zwischen eigennutz und gemeinwohl entscheiden. dieses thema habe ich gerade in einer begegnung gestreift.

wolfgang leitner, gemeinderat, von beruf statiker

gemeinderat wolfgang leitner ist techniker. in einer kleinen plauderei hat er jene zwei interessanten pole betont, die zu beachten vermutlich sehr wichtig ist. einerseits spricht er gegen die inzwischen immer häufiger beklagte überregulierung und meint berispielsweise: „wenn du dir ein haus baust, willst du ja auch nicht, daß dir jedes detail vorgeschrieben wird.“ auf der anderen seite, wenn wir über belange der ökonomie und ökologie sprechen, sagt er: „manches kannst du nur über den preis und über vorschriften regeln“, weil die meisten menschen in der orientierung auf eigennutz keine ausreichende motivation aufbrächten, diesen eigennutz zugunsten des gemeinwohls angemessen zurückzunehmen.

ich denke, genau hier stecken auch manche vorhaben der regionalpolitik fest. ich schließe daraus, daß gemeinwohl passend dargestellt werden muß, um in diesen punkten etwas voranzubringen. und das geht sicher nicht über flotte werbesprüche. für kunst- und kulturschaffende kann das bedeutet: begegnen und erzählen. („erzählen“ meint hier freilich ganz verschiedene künstlerische techniken und verfahrensweisen.)

das meint nicht, der kulturbetrieb sei als „werkzeugkiste“ für sozialarbeit und regionalpolitische reparaturarbeiten gedacht. der kulturbetrieb schafft einen ereignis- und erfahrungsraum für einige ganz grundlegende kompetenzen der menschen. das hat auch seine trivialen ausläufer.

emil gruber, sammler, reisender, besitzer einer „wunderkammer“
emil gruber, sammler, reisender, besitzer einer „wunderkammer“

ich sehe mich selbst als ein kind der pop-kultur. diese proleten-situation in grazer hochhäusern hatte zwar einzelne momente mit beethoven und mozart, aber ohne goethe, zweig und handke. das war also keine kindheit nach der art des bildungsbürgertums, sondern eine welt, in der „readers digest“ und popmusik dominiert haben, in der comic-hefte als „schundhefte“ ausgewiesen, aber sehr populär waren.

diese meine welt, in der harte schläge als normal galten, aber intellektualität verdacht erregte, ließ mich an trivialen stoffen großen geschmack finden. das ist ein stück hintergund jenes tätigkeitsbereiches, den wir heute in der region einem „kuratorium für triviale mythen“ übertragen haben: [link] von sammler emil gruber, der unser manifest des „avantourismus“ verfaßt hat, habe ich eine vorstellung von „wunderkammern“ bezogen, die sehr emotionales, genau nicht theoretisch fundiertes sammeln ausdrücken.

in grubers avantouristischen traktat heißt es an einer stelle: „2. Unsere vertragliche Pflicht ist nicht die ordnungsgemäße Vermittlung von Pauschalavantourismuserkenntnissen sondern individuelle avantouristische Erkenntnisleistungen.“ ein ironischer hinweis darauf, daß wir erfahrung und erkenntnis nur über eigeninitiative und die wahrnehmung eigener verantwortung für erreichbar halten.

techniker m. (links) im selbstgebauten cockpit einer formel 1-simulation und dj m. an den turntables (zur wahrung der privatsphäre anonymisiert)

inzwischen sind freilich noch ganz andere felder von jugendkulturen aufgegangen, die von anderen musiken und anderen codes bestimmt sind, anders als alles, mit dem ich aufgewachsen bin. kurios genug, daß wir darin berühungspunkte und überlappungen finden, denn wenn diese youngsters party machen, repräsentiere ich eigentlich dabei die generation, die von ihnen schon zu großeltern gemacht wurde. das ergibt interessante begegnungen und kuriose interferenzen: [link]

noch einmal zurück zu gemeinderat wolfgang leitner, der dem kulturausschuß von gleisdorf angehört. in unserer erörterung kam ein nebensatz vor, den ich für sehr wichtig halte: „wir können im kulturausschuß nur bearbeiten, was uns vorgelegt wird.“ der ausschuß ist also kein gremium, das von sich aus in kulturpolitischen fragen aktiv wird. er ist ein fachausschuß, der dem gemeinderat zuarbeitet.

daraus folgt, wir müssen vor allem einmal von uns aus klären, welche rollensituation und welches verhältnis wir als kunst- und kulturschaffende gegenüber a) dem gemeinderat und b) dem kulturausschuß einnehmen wollen. von da ab kann sicherlich wachsende verständigung greifen, kann sich auch ein zeitgemäßer entwurf der kooperation zwischen a) der kommune und b) bürgerinnen und bürgern entwickeln.

was das an kulturpolitischen optionen für nicht bloß einen ort, sondern eine region ergeben soll, will erst geklärt sein.

[2050: übersicht]

mobilitätsgeschichte

die „avantouristische zentralbibliothek“ hat zuwachs erhalten. diese kleine bibliothek hat sozialhistoriker matthias marschik vor einer weile mit seinem opulenten band „flieger, grüß‘ mir die sonne …. eine kleine kulturgeschichte der luftfahrt“ initiiert. sammler emil gruber setzte mit dem film „two lane blacktop“ von monte hellman einen wichtigen cineastischen akzent in dieser jungen sammlung.

nun kam per post gerade marschiks aktuelle publikation: „automobil in wien 1955-1975“. der band erschien im „sutton verlag“ wo zur zeit unsere gemeinsame publikation über den steyr-puch 500 in arbeit ist. das „kuratorium für triviale mythen“ [link] ist also wieder aktiver und der „avantourismus“ wird neue blüten treiben.

unser nächstes projekt ist eine publikation mit den ausschneidebögen von michael toson, wobei das artwork von graphic novelist jörg vogeltanz kommen wird. apropos toson. der fährt inzwischen, wenn das wetter nicht zu unfreundlich ist, einen ferrari mondial, was am steuer einige unerschrockenheit verlangt und in der garage die fertigkeiten eines versierten mechanikers.

marschik und ich sind bescheidener motorisiert, dafür mit unseren überlegungen gerade in den optionen jener legendären hochenergie-zone, die sich überm teich als ära der „muscle cars“ manifestiert hat, während europas automobilismus ideologisch und technisch andere wege ging. aber dem thema widmen wir uns wohl erst kommendes jahr näher. (siehe zu marschik auch: individuelle mobilität!)

lebendige kunstgeschichte

richard mayr ist unternehmer. punktum. falsch! mayr besitzt einen gleisdorfer traditionsbetrieb, das ist ein teil der geschichte. ein anderer teil handelt davon, daß er sich über jahre zu einem fotografen auf hohem niveau profiliert hat. bisher war er damit hauptsächlich im angewandten bereich tätig, inzwischen interessieren ihn auch künstlerische strategien. das belegt zum beispiel die jüngste kunstkarte in der edition unserers „kuratoriums für triviale mythen“: [link]

fotograf richard mayr bei der durchsicht neuer arbeiten

mayr widmet sich außerdem in seinem betrieb der gegenwartskunst über eine reihe von veranstaltungen: [link] in dieser serie wird es am 1. oktober 2011 einen abend geben, der nicht als personale angelegt ist, sondern als ein querschnitt durch die zeitgenössische malerei österreichs.

kurator karl a. irsigler wird zum themenabend „lebendige kunstgeschichte“ anhand der werke von kubin, weiler, mikl, attersee, schmalix und anderen eine einführung zum verständnis dieser arbeiten bieten.

am 1. oktober 2011: "lebendige kunstgeschichte"

der titel „lebendige kunstgeschichte“ macht klar, hier handelt es sich durchgehend um kanonisierte werke, was meint, sie stehen als kunstwerke außer streit. das sind freilich immer kategorien des vorläufigen, denn die auf- oder abwertung von werken ereignet sich stets zeitbezogen. es gibt auch keinen durch mehrere zeiten durchgängigen kunstbegriff. das heißt, die menschlichen vorstellungen, was kunst sei, ändern sich laufend.

genau deshalb ist eine ständige auseinandersetzung mit kunst nötig, da diese ja nicht bloß von kunst handelt, sondern vor allem auch von unseren eigenen sichtweisen und vorstellungen von der welt. das bedeutet, im kunstschaffen selbst wie in der betrachtung von gegenwartskunst erfahren wir uns selbst auf der höhe der zeit.

mayr ist einer von mehreren unternehmern gleisdorfs, die dieses augenmerk auf gegenwartskunst pflegen und auch dazu beitragen, daß menschen adäquate zugänge finden. ich hab hier kürzlich den abend im hause von erich wolf erwähnt: [link]

während andernorts nach wie vor eher auf events und touristisch orientirte kunstereignisse gesetzt wird, belegt solches engagement eine konzentration auf subtilere bereiche menschlicher wahrnehmung; was ja gesellige momente keineswegs ausschließt.

individuelle mobilität

das fazit leutete „eingezwickt.“ so faßte man es im oktober 1897 zusammen, als in der illustrierten „wiener bilder“ über „ein straßenbild aus dem radlerleben in wien“ berichtet wurde. automobile waren praktisch noch keine auf dem set. die illustration zeigt, wer sich damals den platz auf den flächen teilen mußte.

auf dem weg in das 20. jahrhundert konkurrierten auf den straßen fuhrwerke, straßenbahnen, fahrräder und fußvolk (das auto kam erst etwas später dazu)

da sind zwei radfahrer zwischen fuhrwerken und im hintergund holt die straßenbahn auf. wären noch die fußgänger zu erwähnen, die im begleitenden text so vorkommen: „erstlich hat man mit den noch immer nicht vom schauplatz verschwundenen fußgängern zu rechnen, die am liebsten gerade erst dort gehen, wo ein radler fährt…“

klingen diese töne nicht sehr vertraut und aktuell? wir befassen uns bei „kunst ost“ unter anderem mit MOBILITÄTSGESCHICHTE, weil die themen individuelle mobilität und massenmotorisierung nicht nur über sachfragen präsent sind, sondern auch während vieler jahrzente mit enormen geldmitteln ideologisch befrachtet und promotet wurden.

matthias marschik, dr. phil. habil., ist historiker und kulturwissenschaftler, autor zahlreiche publikationen zum thema populärkultur, besonders zum österreichischen sport und zur fluggeschichte

durch die arbeit im rahmen unseres „kuratoriums für triviale mythen“ hat sich das einvernehmen mit dem kulturwissenschafter matthias marschik verdichtet. ich habe mit ihm eben ein manuskript zur geschichte des „steyr-puch 500“ abgeschlossen. das buch wird kommendes frühjahr im „sutton verlag“ erscheinen. dort kam eben marschiks „automobil in wien, 1955-1975“ heraus: [link]

wir sind also bezüglich der technologischen und sozialen grundlagen dieser geschichte ganz gut aufgestellt. die steiermark hat in diesem zusammenhang spezielle bezugspunkter vorzuweisen. das ist exemplarisch an der geschichte des johann puch, die ich hier gerade im web aufblättere, festzumachen: [link]

diese geschichte bietet interessante querverbindungern. da wäre etwa von franz pichler, dem gründer der weizer „pichlerwerke“ zu reden: [link] da bietet der lebenslauf des autors peter rosegger anknüpfungspunkte, da wird die wirkung von nikola tesla näher zu betrachten sein.

so leuchten wir den kulturellen und ideologischen hintergrund jenes mächtigen wirtschaftskomplexes aus, dessen völlige umstellung wir vor allem einmal mental schaffen müssen, denn die energie- und infrastrukturkosten steigen inzwischen so steil an, daß es absehbar ist, wann der automobilismus wieder den kleineren kreisen reicher leute vorbehalten sein wird.

im blickfeld

was ist bewerkenswert und was wir leicht übersehen? was drängt sich uns auf und was verbirgt sich genau hinter diesen „sensationen“?

wir sind seit jahren in enorme umbrüche verwoben. diverse krisen in der weltweiten finanz- und wirtschaftswelt haben das nicht erst in gang gebracht, sondern unlängst bloß stärker in unser bewußtsein gerückt. eine neue landflucht macht sich in ganz europa bemerkbar. („die menschen flüchten nicht einfach in die nächste größere stadt, sondern auf die nächste autobahn.“) also sind wir gut beraten, über dragen wie mobilität, ernährungssicherheit und aktuelle schübe im neu wachsenden stadt-land-gefälle nachzudenken.

wichtigkeit ist meist eine frage von definitionsmacht

aber warum sollte das in summe thema und arbeitsinhalt für eine kulturinitiative sein, die sich überdies im uentrum ihres tuns der gegenwartskunst widmet?

ich hab in was ist kunst“ #17 skizzierert, welch hohen rang die „freiheit der kunst“ ausdrücklich in unseren gesetzen eingeäumt bekommt und welchen inhalten dieser aspekt von freiheit gewidmet ist. während die kunst selbst die kunst ist und kein mittel oder wirkzeug, sondern sich selbst gewidmet, hat die befassung mit kunst auch ganz andere zusammenhänge. (befassung mit kunst meint gleichermaßen praxis, vermittlung und rezeption.)

sieht man sich zum beispiel näher an, wovon das leben in der agrarischen welt über wenigstens die letzten hundert generationen geprägt war, findet man manche aufschlüsse über rahmenbedingungen des status quo. wir durchleuchten die gegenwart dieses gesellschaftlichen bereiches vor den historischen hintergründen, um zu einer brauchbaren deutung der regionalen gegenwart zu kommen.

karl bauer ist ein profunder kenner der agrarischen wlet in dieser region

das heißt konkret, wir bearbeiten bei „kunst ost“ die „tage der agrarischen welt“ 2011-2013 in korrespondenz mit anderen veranstaltungsreihen, welche folgenden teilthemen gewidmet sind, die in der oststeiermark und in der „energie-region weiz-gleisdorf“ ebenso zur debatte stehen wie in überregionalen zusammenhängen:
+) moblitätsgeschichte
+) frauen in der technik
+) die „nikola tesla-doktrin“
+) triviale mythen und alltagskultur

das wird sich stellenweise auch in künstlerische vorhaben verzweigen. und es wird von einer debatten-reihe begleitet, der serie „talking communities“: [link]

im augenblick bereiten wir den „frauenmonat“ 2011 vor, zu dem kuratprin mirjana peitler-selakov das rhema „FMTechnik!“, also „frauen, macht und rechnik“, erarbeitet hat.

der programmfolder zu "FMTechnik!" ist verfügbar (gestaltung nina strassegger-tipl)

damit ist nun auch langsam der blick auf den kommenden herbst frei, wofür wir einen internationalen kunst-schwerpunkt vorbereiten. dazu demnächst genaueres!

— [FMTechnik! Das Programm] —

frauenmonat von „kunst ost“

nach dem „april-festival“ nun ein weiterer programm-fixpunkt im jahreslauf: der „frauenmonat“. kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov hat mit dem schwerpunkt „FMTechnik!“ das thema „frauen, macht und technik“ ins blickfeld der heurigen aktivitäten gerückt. die generelle inhaltliche arbeit zu diesem thema verknüpft peitler-selakov mit einem speziellen künstlerischen beitrag.

künstlerin ulla rauter (links) und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

lokalaugenschein. projektbesprechung. künstlerin ulla rauter [link] besuchte gleisdorf. wir haben einen raum in einer passage im stadtzentrum zur verfügung; beim „popcorner“: [link] … eine immobilie von horst lesser: [link]

damit gehen wir einmal mehr mit beiträgen der gegenwartskunst in räume des alltagslebens der stadt. rauter wird aktuelle werke zeigen, aber auch direkt vor ort etwas erarbeiten.

"glissando" von ulla rauter

die künstlerin wird in wien von konzett vertreten: [link] ihre subtilen arbeiten sind anlaß, auch die aktuelle mediensituation zu reflektieren. die vernissage zur ausstellung von ulla rauter ist mit einer speziellen performance für dienstag, den 5. juli 2011, angesetzt. kurz darauf, am 8. juli, wird eine fachtagung im „service center“ der stadt gleisdorf (rathausplatz 3) realisiert.

die frauenbeauftrage von gleisdorf, vizebürgermeisterin christa lang, trägt das vorhaben mit. bei dieser tagung werden versierte frauen von verschiedenen einrichtungen das thema in bezug auf ihren fachbereich referieren. „ams“, „institut für soziologie“, „FiT – frauen in der technik steiermark“ … es wird ein interessanter querschnitt präsent sein.

einen speziellen aspekt von „frauen und technik“ wird von der grazer künstlerin eva ursprung [link] vorgetragen werden. ihre erfahrung mit elektronischer musik spielt dabei eine wesentliche rolle.

außerdem tagen unsere „talking communities“ wieder zum thema „was sagen kunstwerke?“ diesmal mit der gleisorfer künstlerin herta tinchon [link]

das „kuratorium für triviale mythen“ hat inzwischen auch auf das thema reagiert. hier eine erste notiz zum thema wie männlich ist die technik?.

— [frauenmonat: FMTechnik!] —