Archiv für den Monat: Januar 2011

was ist kunst? #8

können sie sich unter einem „wow-effekt“ etwas vorstellen? es ist gewissermaßen die triviale variante von „kathedrale!“ markanter effekt, heftige reaktion. so in der art. ja, das ist schon etwas, worauf in der kunst nicht unbedingt verzichtet wird. die etwas zurückhaltendere deutung dessen meint ungefähr einen „erhebenden moment“. das kann auch auf „andere zustände“ hinauslaufen. solche „alterated states“ kennen wir nicht nur durch die einnahme verbotener substanzen, der eigene leib produziert kraftvolle stoffe, die unsere wahrnehmung verschieben und uns in solche anderen zustände versetzen. menschliche kultur handelt seit ewigkeiten davon, was auch immer an mitteln und methoden dazu führt.

ob es also nun um eher triviale momente geht, ob wir uns feierlich fühlen und erhoben sein möchten, erhoben über alltägliche zustände, stets sind das intensive wahrnehmungserfahrungen. der hooligan, dem es während eines fußball-matches völlig die sicherungen schmeißt, tobt da vermutlich auf einem ähnlichen bedeutungs-kontinent wie die kunstfreundin, die von einem entzücken über besonderen kunstgenuß gerade auf wolken schwebt.

der reisende und fotograf emil gruber pendelt mit seiner liebhaberei ausdauernd zwischen trivialen artefakten und hochkarätigen kunstgegenständen

vermutlich würde man beim durchforschen unserer gehirne mit einem scanner feststellen, daß dabei – fußball-match oder kunstgenuß – einerseits höchst unterschiedliche neuronen-ensembles feuern, aber ich stelle mir vor, es gibt dabei andrerseits auch viele übereinstimmungen. kleiner einschub: was immer wir tun, was immer uns bewegt, es bildet sich in gehirnaktivitäten ab. es wird durch physikalische und chemische ereignisse, die heute durch verschiedene „bildgebende verfahren“ gut sichtbar gemacht werden können, in unseren köpfen repräsentiert. diese oder jene gehirnegionen zeigen dann „leuchtende“ aktivitäten, was vergleiche der anlässe und ereignisse zuläßt.

franz sattler, fotograf und wandelndes gegenkonzept zu stubenhockern, verzichtet auf große gesten und zieht kontinuierliche arbeit vor.

aber diese neuronale ebene interessiert mich im augenblick gar nicht weiter. wir sind als spezies offenbar ziemlich darauf versessen, „wow-effekte“ oder „kathedrale!“-momente zu erleben, ganz egal, wodurch wir sie auslösen und auf welche weise sie sich einlösen. in der wirtschaft bediebnt man sich dieser neigung von menschen ebenso wie in anderen branchen.

und die effekte selbst? kulturelle und soziale konventionen regeln hierarchien solcher momente. in meinen kindertagen galt etwa die polarisierung „schundhefte“ (comics) versus „das gute buch“ als turnierplatz des ringes um kulturelle exzellenz. ein anderer nebenschauplatz ist jener der „kitsch oder kunst“-debatte. aber das sind irgendwie bloß zeitbezogene konzepte der dünkelhaftigkeit, falls sich daraus frontstellungen ableiten. viele von uns finden aus dem „entweder-oder“ in das „sowohl-als-auch“.

ich hab derlei fragen gerade mit den beiden fotografen emil gruber und franz sattler erörtert. in dieser debatte hat gruber den begriff „kathedrale!“ als metapher verwendet. das gefällt mir und erscheint mir für unser thema passend. wir sind akteure des „kuratorium für triviale mythen“. es beschäftigt uns daher ein mögliches ineinandergehen von so unerschiedlichen positionen; nämlich was da einerseits der gegenwartskunst zugerechnet werden kann, was andrerseits sache der populärkultur ist. gegenwartskunst und produkte der pop-kultur sind nicht generell von einandner zu unterscheiden. überlappungen, interferenzen, trugbilder und falschmünzerei ergeben in summe ein gedeutungsgefüge, da war es vergleichsweise simpel, zu sagen: beethove, leonardo, thomas mann!

wir kinder des popismus und des kalten krieges haben uns eine kompliziertere welt angeeignet, als es alte eliten für möglich halten wollten. das macht mir dann auch als künstler viel freude, aber es muß stets unter der androhung massiver verunsicherung gelebt werden.

ich dar für uns drei — gruber, sattler und mich – behaupten, daß wir in unseren leidenschaften keine grenzen zwischen diesen feldern zur kenntnis nehmen; im sinne von: demarkationslinien, an denen wir uns aufhalten würden. es ist auch nicht so, daß unser gemeinsames tun vor allem auf einen „wow-effekte“ oder „kathedrale!“-moment zielen würde. als künstler wählen wir fragestellungen, mit denen wir uns befassen möchten. wir wählen uns gemeinsame aufgabenstellungen.

unsere erfahrung besagt, das führt sehr verläßlich zu besonderen momenten, zu anderen zuständen. das ist einfach so, aber es ist kein „hauptereignis“ in unserem künstlerischen tun. sie ahnen schon, das praktische tun, die erfahrungen, das erlebnis des kritischen austausches, nein! bitte nicht die floskel, daß der weg das ziel sei! wir haben uns nämlich keine bestimmten ziele gesetzt. es ließe sich bestefalls sagen: der weg ist der weg. das hat nun entweder eine sehr buddhistische anmutung oder es ist leeres geschwätz, also lassen wir das.

künstler betreiben künstlerische praxis. wir sammeln dabei erfahrungen mit höchst unterschiedlichen codes und mit fragen, wie man sie verwenden kann. wir tun derlei – jeder für sich – lange genug, daß erwartet werden darf, diese prozesse werfen gelegentlich brauchbare ergebnisse ab. ich kennen kolleginnen und kollegen, die sich dabei dann mit großen gesten hervortun. auch recht! mir egal. das präsentationsgeschäft zähle ich zu den sozialen agenda, nicht zu denen der kunst. marktschreierei halte ich für banal, aber ich ignorirer nicht, daß sich ohne solche zutaten nur schwer geschäfte machen lassen.

gesellige regung und gesellschaftliche relevanz halte ich für zwei grundverschiedene vorkommnisse. ich will nicht so tun, als wäre mir das ringen um sozialprestige völlig gleichgültig. wahrgenommen zu werden, reaktionen auf das zu erfahren, was einem gelingt, das sind ja früchte, die ich auch ganz gerne nach hause trage. zugegeben, wie jedes milieu seinen jargon bildet und seinen verhaltens-kodex entwickelt, ist das „zurückhaltungs-gebot“, welches mir gefällt, im kern auch bloß pose. oder aber doch: haltung? also etwas, das inhalt ist und inhalt ausdrückt?

[überblick]
emil gruber, martin krusche, franz sattler: „wheels

krisenfest

ich hatte in letzter zeit etliche gespräche geführt, welche sich um die frage drehten, wie es denn nun im kulturbereich weiter gehe, wo doch so viel an budgets weg sei. politiker haben die rollbalken heruntergelassen. beamte zeigen sich teils sehr spröde. es wird auch nicht gar so gerne klartext geredet. ich hab in den vergangenen wochen mehrmals gestaunt, was da an UNAUSGESPROCHENEM im raum steht.

wir sind im kern von „kunst ost“ als dreier-team übriggeblieben. es besteht da einigkeit, momentan eine eher plüschige botschaft auszusenden, die besagt: „WIR sind härter als diese krise!“ was meint das? wir wußten seit einem dreiviertel jahr was kommen werde. jetzt ist es da. wir waren gerüstet: schlankere strukturen, adaptiertes konzept und aufgestrickte ärmel, um innerhalb kurzer zeit neue faktenlagen zu schaffen.

klar, das klingt nun etwas salopper als es sich zugetragen hat. aber krisen auszusitzen, das läßt sich eben nicht im schaukelstuhl machen.

eine große runde kunstschaffender beim ersten 2011er-plenar-treffen in ludersdorf

eben hat es das erste plenar-treffen im neuen jahr gegeben. ich bin erstaunt gewesen, wie GROSS die runde war, die diesmal in ludersdorf an einen gemeinsamen tisch gefunden hat. es scheint einigermaßen deutlich, daß die aktuelle konzeption von „kunst ost“ nun bei den leuten angekommen ist. das hilft sehr, die kräfte zu bündeln.

allerdings mangelt es noch etwas an geld-bündeln. aber das dürfte sich nun ebenso lösen lassen. zumindest für die auftakt-phase von „kunst ost neu“ haben wir durch eine spezielle dienstleistung ein nennenswertes startkapital erarbeiten können.

heinz boxan, vormals gutsverwalter in herberstein, davor kino-betreiber in pischelsdorf, ist ein profunder kenner einiger ecken regionaler kulturgeschichte

das ist ebenso romantisch wie kurios zustande gekommen. es gab vor jahren einen kriminalfall, der die politik der steiermark in ihren fundamenten erschüttert und das gesamte fördersystem des landes, vor allem auch die kulturförderungs-modalitäten, verändert hat. es ist der wohl schillerndste skandal der steiermark in der zweiten republik geworden.

ich war nun einige zeit der sekretär jenes vormaligen gutsverwalters, welcher neben andrea herberstein als beitragstäter in dieser kausa vom gericht eingesackt worden ist. heinz boxan ist ein erfahrener insider einer ziemlich verrückten geschichte. es wird nun ein buch erscheinen, in dem boxan einblicke gewährt, wie dieses „system herberstein“ funktioniert hat. dafür waren berge von archivalien durchzuackern und in einer umfassenden medien-recherche gegenzuchecken, anschließend mit boxan zu debattieren, was davon nun wie für eine publikation in frage käme.

das war viele wochen mein zusätzliches „nachtgeschäft“, also neben dem üblichen tagesgeschäft, um unser projekt in seiner umbruchs-phase finanziell abzusichern und uns im „basis-team“ einige monate spielraum zu verschaffen, das neue konzept zu etablieren und geschäftlich auf die schiene zu bringen.

eigentlich ein grimmiger witz, daß ein kriminallfall, in dem ungezählte millionen an öffentlichen geldern versickert sind, uns eine arbeit beschert, mit deren lohn wir den verlust an öffentlichen geldern in unserem kulturprojekt kompensieren können. um es goschert auszudrücken: das schicksal ist ein scherz-keks!

aktion und reflexion

das aktuelle arbeitsjahr von „kunst ost“ wird verstärkt der idee gewidmet sein, aktion und reflexion beieinander zu halten. kunstpraxis in einigen konkreten veranstaltungs-vorhaben. kompetenz-gewinne durch eine kontinuierliche auseinandersetzungen mit fragen zur kunst. debatten und konkrete schritte quer durch die region.

reisen und fotografie unverzichtbare grundlagen: emil gruber (links) und franz sattler beim lokalaugenschein für „wheels“

ein beispiel, wie dabei auch „unscharfe zonen“ geschätzt werden: unser kuratorium für triviale mythen ist eingerichtet, um die grauzonen und die überlappenden felder zwischen alltagskultur und gegenwartskunst zu bearbeiten. aktuell lösen wir das im „avantourismus“-projekt wheels ein. (das steht seinerseits bewußt im kontrast zum „tag der agrarischen welt“.)

eine spezielle anordnung haben wir in jenem „work in progress“, für das sich drei unternehmer der region eingefunden haben … um selbst eine persönliche rolle im kulturgeschehen der gegend einzunehmen, die zu einem gemeinsamen künstlerischen statement führen soll: [link]

ausstellungsräume, diskursräume, aktionsräume ...

inzwischen bereiten wir weitere station der „konferenz in permanenz“ und der „talking communities“ vor, außerdem besuchen wir demnächst das hochspannungslabr der TU in graz. das knüpft an schritte an wie etwa kürzlich der gemeinsame besuch der ausstellung „roboterträume“: [link]

wie erwähnt: aktion und reflexion in einem fluß der ereignisse. all diese möglichkeiten fließen augenblicklich in das kommende „april-festival“; die wachsende übersicht: [link]

wheels

gruber, sattler und ich … wir sind drei männer, die knapp nach der mitte des 20. jahrhunderts geboren wurden. das ist insofern von bedeutung, als wir mit einem sozialen versprechen aufwuchsen, das während des zweiten weltkrieges formuliert wurde: „ihr werdet ALLE am kommenden wohlstand teilhaben!“

dieses große versprechen hatte ein zentrales kultobjekt, ein vehikel, das sehr bald selbst zum materiellen ausdruck dieses versprechens wurde: das automobil. emil gruber, franz sattler und ich stammen aus eher proletarischen milieus. in unseren kindertagen war der erwerb eines eigenen autos eine soziale sensation mit enormen konsequenzen.

franz sattler

zugleich sind wir kinder der pop(ulär)kultur. eine gewaltige kulturelle bewegung, die auf kunst und wirtschaft gleichermaßen radikal einfluß genommen hat. ein soziokulturelles phänomen, das in wenigen jahrzehnten weltumspannende präsenz und wirkung erreichte.

wenn wir uns nun in der „energie-region“ diesem themenkomplex widmen, dann bedeutet das, wir bearbeiten fundamente dieser (industrie-) gesellschaft, wir gehen den rätseln, fragen und anforderungen nach, die am beginn des neuen jahrhunderts offensichtlich sind. diese ganze geschichte, zugleich ein populäres mythengebilde, ist nicht nur gelegentlich anlaß für kriege gewesen, es ist auch eines der zentralen momente jener umbrüche, in die wir mittlerweile gestürzt sind.

emil gruber

was ist also das große ganze und wie zeigt es sich in seiner regional erfahrbaren dimension? welche erzählungen klingen dabei an und welche politischen kräftespiele erreichen uns in diesem zusammenhang?

das trio gruber-krusche-sattler setzt dazu beim kommenden april-festival einen akzent in der gemeinde albersdorf, welche stark vom industriellen geschehen im vorgelagerten raab-tal geprägt ist. das trio wird über mittel der bildenden kunst und der literatur ein gemeinsames künstlerisches statement erarbeiten, das in einem foto von franz sattler und einem song von bruce springsteen seinen ausgangspunkt hat.

so entsteht die ausstellung „wheels“. sie ist ihrerseits kein isoliertes einzelereignis, sondern der impuls für ein längerfristiges projekt, in dem wir den weiten horizont der gesamten themenstellung ausleuchten werden.

an einer stelle des springsteen-songs „thunderroad“ heißt es: „we got one last chance to make it real / to trade in these wings on some wheels. die flügel und die räder; in kombination eine nun schon jahrhundert-metapher für mobilität …

„wheels“ ist ein weiterer „avantourismus“-akzent, initiiert vom „kuratorium für triviale mythen“.

+) april-festival: „elektrisiert“
+) avantourismus
+) kuratorium für triviale mythen

was ist kunst? #7

in seinem opulenten werk „die geschichte der kunst“ hat ernst w. gombrich deutlich gemacht, daß es keinen kunstbegriff gibt, der durch die zeiten gültigkeit habe. wir müssen laufend neu klären, was wir mit dem begriff „kunst“ meinen.

die grazer philosophin elisabeth list sagte kürzlich in ihrer rede „Zur Eröffnung der Ausstellung ‚Philosophinnen – Liebhaberinnen der Weisheit’“ zu fragen der definitionshoheit: „Bedeutungen fallen nicht vom Himmel, sondern werden festgelegt, werden gemacht, hergestellt. Und hinter der Festlegung von Bedeutungen steht ein bestimmtes Interesse, eine bestimmte Macht.“ [quelle]

philosophin elisabeth list in unserem setting "die verschwundene galerie"

an anderer stelle sagte list: „Ich wiederhole, was Judith Butler sagt: Ohne Begründungen können wird nicht Handeln und Denken. Aber sie sind nichts Ewiges, Absolutes, sie beruhen auf kontigenten Grundlagen, und sehr oft auf politischen, und dessen muss man sich bewusst sein.“

gombrichs hauptwerk erschien erstmals 1950. damals fehlte noch die erfahrung der „pop-kultur“. meine spätere ausgabe ist um das kapitel „eine endlose geschichte“ erweitert. es trägt den untertitel „der triumph der moderne“. gegen ende des buches findet man den satz „unsere kenntnis der geschichte ist immer unvollständig“. so verhält es sich auch mit der kunst ganz generell.

es ist eine markante erfahrung, das GANZE in der unvollständigkeit von kenntnis zu erfahren. ein erheblicher kontrast zu jener zielstrebigkeit und lösungs-orientierung, mit der wir in der alltagsbewältigung klare ergebnisse suchen. gombrich drückt meines erachtens in jener passage keinen mangel aus, sondern – ganz im gegenteil – den zugang zu einer grenzenlosen fülle als einer besonderen qualität menschlicher kultur. das ausmaß dieser fülle beweist sich gewissermaßen in der stets unvollständigen kenntnis einzelner personen.

elisabeth list kritisiert den „für die Philosophie lange Zeit charakteristische Anspruch, die Welt und ihre Erkenntnis umfassend, vollständig zu erklären, ein Anspruch, der etwas mit einem männlichen Habitus zu tun hat: Der Anspruch, im Gebrauch der Vernunft eine Souveränität zu besitzen, die alles erklärt, alles, was es gibt intellektuell zu unterwerfen. Heute wissen Philosophen, dass sich dieser Anspruch nicht einlösen lässt.“

selbstreflexion als schattengeschäft? kunst als paradoxe praxis?

der vorwurf zielt auf einen herrschaftsanspruch, auf den griff nach definitionsmacht. kunstpraxis, wie ich sie kenne, handelt von einer prinzipiellen skepsis gegenüber solchen macht-optionen.unser wissen ist begrenzt, die kunst ist es nicht. dieses grenzenlose, die kunst, spottet letztlich jeder anmaßung und generell der tyrannis.

freilich gibt es genug beispiele, daß sich einzelne kunstschaffende der tyrannis angedient haben. gombrich hielt im mai 1992 einen vortrag im wiener rathaus. diesen vortrag schloß er mit einer kleinen referenz an seinen lehrer, den kunsthistoriker hans tietze. er zitierte ihn: „Und lassen Sie sich nichts verbieten!“ gombrich war der ansicht, daß „künstler und kenner aus begreiflichen gründen zur intoleranz“ neigen. ich teile diese einschätzung und diese emotion.

daraus leitet sich einmal mehr die disposition zu widersprüchlichen, uneindeutigen situationen ab. ich hab hier behauptet, die kunst vertrage sich nicht mit der tyrannis. und ich stimme zu, sie sei jedoch ihrerseits anlaß für einen zug zur intoleranz. wie geht das? ich lebe es schon lange, aber ich kann es ihnen eigentlich nicht erklären. erinnern sie sich an eintrag #2! da habe ich die übung des „koan“ erwähnt. wir haben eben auch in unserer kultur momente, die sich nicht über erklärungen, sondern nur über praxis erfahren lassen.

[überblick]

das kühle extrazimmer 9

diese website besteht und funktioniert nicht für sich allein. sie befindet sich (im zentrum unserer aktivitäten) mit einigen anderen websites im wechselspiel. es gibt gewissermaßen „innere kreise“ von ein- und ausgehenden links und “querverbindungen“. das zeigt dann auch einen bescheidenen effekt auf die platzierung der website in suchmaschinen.

ein beispiel dafür ist unsere präsenz auf „facebook“: [link] die hat den nutzen, daß ein netzwerk von menschen laufend „programmhinweise“ darüber erhält, was auf der „kunst ost“-website gerade neu zu finden ist.

über welche KANÄLE erreicht uns WAS? und werden wir gehört, wenn wir ANTWORTEN? (medienkünstler niki passath vor dem "andy warhol robot" von nam june paik)

das könnte man jetzt natürlich weiter treiben, auf twitter, myspace etc. ebenfalls „filialen“ aufmachen und so um ein größeres publikum rennen; für den versuch, dieses zur „stamm-website“ zu lotsen. wenn wir etwas zu bieten hätten, was sich vor allem im web entfaltet, wären solche expansions-schritte naheliegend. wir sind aber primär und ganz bewußt im „real-raum“ einer konkreten region (oststeiermark) anwesend, aktiv, engagiert.

„kunst ost“ ist vor allem ein regionales kulturprojekt, freilich mit all den querverbindungen in die welt, wie sie uns grade attraktiv erscheinen. also gibt es keinen grund, einen großen teil unserer arbeitskraft-ressourcen darauf zu verwenden, daß wir im web als „riesen“ erscheinen und einen breiten schatten etwa bis nach japan werfen.

die nötigen anstrengungen für eine adäquate netz-präsenz müssen nach dem bemessen werden, was wir im „real-raum“ tun. unseren aktivitäten im „web-raum“ haben diesen vorhaben zuzuarbeiten. (das ist freilich weit mehr, als hier im moment auffallen mag. aber dazu später.)

ich hab nun hoffentlich deutlich machen können: es gibt allerhand optimierungs-techniken und mögliche aktionen, um die publikumszahl nach oben zu hauen. aber in meinem metier ist publikums-maximierung kein INHALT, sondern ein … na, vielleicht: STRUKTURDETAIL.

ich habe vorerst immer noch die qualität von kommunikation im fokus, die quantität ist domäne einer benachbarten branche. dennoch behalte ich unsere besuchsstatistik im auge. es ist ein wenig so, wie wenn man nach dem wetter ausschau hält, wolkenformationen zu deuten versucht.

um bei dieser wetter-metapher zu bleiben, das wolkenbild ist ja nur EIN parameter, durch den ich eindrücke gewinne. haben wir wind und falls ja, woher kommt er? wie schmeckt die luft, wie warm oder kalt ist sie? haben wir es eher feucht oder trocken? knistert etwas? gehen die dinge richtung anspannung oder richtung ruhe?

die website von „kunst ost“ soll natürlich ein als unser „schaufenster“ fungieren. der aspekt „visitenkarte“ gehört dazu. die website möge auch ein rummelplatz oder tummelplatz sein. primär ist sie ein informationskanal, der grundsätzlich mehrweg-kommunikation zuläßt.

damit bin ich schon einmal sehr zufrieden. deshalb liegt mir auch nichts daran, hier zehntausende menschen ansprechen zu können. das wäre eine harte tendenz richtung „broadcasting“, also richtung der anordnung „ein sender/viele empfänger“; das alte prinzip der „goebbels-schnauze“, ein element des faschismus.

ich hab es lieber, wenn die website einigermaßen authentisch abbildet, was wir im „real-raum“ sind und tun. nicht größer, nicht kleiner …

[NETZKULTUR: der überblick]

ästhetische erfahrungen suchen

ich hab im vorigen eintrag erwähnt, daß wir heuer bei „kunst ost“ verstärkt auf eine aktive community setzen, auf leute, die an der welt interesse zeigen, anstatt die welt verpflichten zu wollen, sich vorzugsweise mit ihnen zu befassen. solche zugänge handeln auch vom aktiven suchen nach ästhetischen erfahrungen.

medienkünstler niki passath (mit dem rücken zur kamera) vor seiner arbeit „zoe“ im kunsthaus graz. neben ihm unternehmerin jaqueline pölzer und künstler johnny fortmüller

dabei ist es naheliegend, daß sich kunstschaffende für aktuelle künstlerische entwicklungen interessieren, ebenso für die arbeit anderer kunstschaffender. das kommende „april-festival“ geht in seiner themenstellung einigen fragen nach, die der „elektrifizierung der welt“ zugrunde liegen mögen. das hat über wenigstens zweihundert jahre auch zu sehr populären „mythen der modernität“ geführt, welche sich teilweise in trivialen sujets zeigen, die aber selbstverständlich auch in künstlerischen projekten thematisiert werden.

wir sind diesen zusammenhänge gerade in der ausstellung „roboterträume“ im kunsthaus graz nachgegangen. dabei hatte sich medienkünstler niki passath, der selbst mit einer arbeit in dieser ausstellung vertreten ist, bereit erklärt, uns zu führen und mit uns anfallende fragen zu debattieren.

von links: medienkünstler niki passath, kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov und malerin hertha tinchon

das hat uns übrigens zu einer weiteren übereinkunft für das kommende „aprilfestival“ geführt. wir werden ja auf dem anwesen der familie pölzer einen „tag der trivialen mythen“ abhalten. einen der beiträge dieses tages realisiert experimental-bäckerin ida kreutzer. niki passath wird ein weiteres set zu diesem tag beitragen …

[siehe dazu auch krusches log, eintrag #1685!]

veränderung … schafft unruhe

es hat an einigen stellen merkliche unruhe in die „kreative basis“ der region gebracht, weil die botschaft angekommen ist: wir sind keine kulturelle service-stelle, die einer handvoll leuten jahr für jahr einen regionalen ausstellungsbetrieb bietet, damit die stets gleichen leute auf die stets gleiche art sich gelegentlich vor publikum finden. diese art von serienbetrieb ist ebenso unnötig wie hinfällig.

solche ich-bezogenen konzepte verblassen heute vor den möglichkeiten einer aktiven community, die sich auf zeitgemäße themen und aufgabenstellungen einläßt. meines erachtens verläuft genau da die grenzlinie zwischen einem bloßen dekorationsgeschäft und einem lebhaften kulturgeschehen, in dem der lauf der dinge reflektiert wird, in dem es lebhafte auseinandersetzungen mit den bedingungen der kunst gibt; also auch mit unseren lebensbedingungen.

in der debatte mit peter moser, dem kulturbeauftragten der gemeinde ludersorf, erfährt man äußerst klare ansichten darüber, was eine konkret betreute kulturpolitik in einer kleinen gemeinde sein kann

für diesen zugang kann sich etwa auch peter moser, kulturbeauftragter der gemeinde ludersorf, erwärmen. wir hatten eben ein plauderstündchen, um eine mögliche zusammenarbeit für das kommende april-festival zu erörtern. er hat längst seine eigenen dispositionen getroffen. die korrespondieren offensichtlich mit der vorstellung, unser kulturelles engagement sollte beitragen, daß die menschen, die hier leben, auch selbst ausdrücken, was das leben in der region sei.

daraus ergibt sich eine kulturelle gegenposition zu üblichen werbetextereien, die zuweilen unzutreffende bilder schaffen, weil sie nicht von gelebten kommunikationsprozessen vor ort ausgehen, sondern von einem schreibtisch aus einer gängigen verwertungslogik gewidmet werden. das muß kein schaden sein, denn trommeln gehört eben zum geschäft. aber es führt doch eher selten zu beschreibungen, die den menschen in diesem lebensraum ein realistisches identifikationsangebot machen würden.

das aktuelle basis-trio von „kunst ost“ ist also eindeutig daran orientiert, einen kurs abseits professioneller marktschreierei zu entwickeln, allerdings ebenso unter verzicht auf rein selbstbezogene kreative, die eine völlig schlampig dahergeredete auffassung von einer „freiheit der kunst“ vorschieben, um ihre partikular-interessen möglichst mit öffentlichen geldern zu unterfüttern.

ich darf als unsere prioritäten herausstreichen: kritischer diskurs, dialog und kooperation. das bedeutet NICHT, wir müßten uns mit jedem verstehen. das bedeutet eher, kanten und kontraste herauszuarbeiten und zu überprüfen, was davon ein längerfristiges engagement rechtfertigt.

drei erfolgreiche unternehmer der region, zugleich drei exzellente fotografen. von links: andreas turk, richard mayr und franz lukas

diese prozeß- und dialogorientierte ausrichtung von „kunst ost“ im jahr 2011 führt dann auch zu solchen settings. eben habe ich drei erfolgreiche unternehmer der region an einem risch erlebt. sie sind es als geschäftsleute gewohnt, auf entwicklungen in ihrer umgebung zu achten und zu reagieren. richard mayr, franz lukas und andreas turk sind aber auch zugleich exzellente fotografen.

das legte mir nahe, sie nicht als mögliche sponsoren für ein kulturprojekt anzusprechen, sondern als mögliche akteure, die so im kulturgeschehen der region für sich eine rolle finden mögen. dieses erste arbeitsgepräch war für mich eines der bemerkenswertesten erlebnisse der letzten monate. ich bin sehr neugierig, wohin uns solche arbeitsansätze führen.

april-festival 2011: verknüpfungen

wie hängen die themen „automobilismus“ und „agrarische welt“ zusammen? auf vielfache art. ein thematischer schnittpunkt ist dabei zum beispiel der aspekt „ernährungssicherheit“, an dem unter anderem das thema nahversorgung hängt.

und was hat das alles in einer KULTURveranstaltung zu tun?

wir haben, mit verlaub!, schon ein weile übereinkunft im team, daß wir bei der befassung mit KUNST auch nach den BEDINGUNGEN der kunst fragen, also nach den momentanen verhältnissen in der gegend (und jenem teil der gesellschaft), wo sich unser engagement gerade entfaltet. de gehen dann bereiche von kunst, kultur und sozialem ineinander, was ausdrückt: soziale aspekte können nicht ignoriert werden.

kamillo hörner, engagierter volksbildner aus unserer region, wirdmet sich den fragen nach schnittpunkten sehr konträr scheinender themen

hier stehen also zwangsläufig fragen nach soziokulturellen zusammenhängen an. diese in summe enorm große themenstellung legt nahe, in MEHREREN schritten der bearbeitung solcher zusammenhänge den FOKUS jeweils auf verschiedene DETAILS des ganzen auszurichten. das bedeutet: wir gehen dabei längerfristig und schrittweise vor.

ich führe zur zeit eine ganze reihe von arbeitsgesprächen, in denen ich sachkundige leute aus den verschiedenen (themen-) bereichen für unser „april-festival“ zu gewinnen versuche. dabei lege ich großen wert darauf, daß wir menschen hier aus unserem lebensraum ins boot bekommen. aber es ist auch wichtig, interessante personen aus ganz anderen gegenden zu gewinnen, impulse von außen zu erhalten.

kamillo hörner ist eines der beispiele für diesen modus. (er leitet das „steirische volksbildungswerk“.) mit ihm habe ich gerade solche überlegungen diskutiert. er wird sich bei unserem „tag der agrarischen welt“ einbringen. einige seiner thematischen ansätze berühren voraussichtlich auch jenen inhaltlichen „übergangsbereich“ zum themenkomplex „automobilismus“, bei dem „elektromobilität“ nur EIN aspekt ist.

der wissenschafter branimir jovanovic ist ein vorzüglicher kenner des themas "nikola tesla" und seiner verschiedenen querverbindungen zu gegenwärtigen problemstellungen im ernergiebereich

das ist übrigens ein zusammenhang, den heuer auch unser „kuratorium für triviale mythen“ berühren wird. hier habe ich eben zusagen von zwei exzellenten fotografen erhalten. emil gruber und franz sattler werden sich mit mir auf ein gemeinsames projekt einlassen. (bürgermeister robert schmierdorfer hat mich schon wissen lassen, daß wir mit diesem vorhaben in der gemeinde albersdorf willkommen sind.)

außerdem ist eben eine zusage von branimir jovanovic gekommen. der mann forscht seit über 20 jahren über den herauseragenden erfinder nikola tesla. jovanovic will die „energie-region“ besuchen und im rahmen des „april-festivals“ einen vortrag halten, dem eine debatte darüber folgen wird, was tesla bedeutet und was er uns zu gegenwärtigen problemstellungen hinterlassen hat.

[april-festival 2011: notizen & reflexionen]

weiterführend:
+) zu nikola tesla: [link]
+) branimir jovanovic bei „unit 13“ (ortlos architects) [link]
+) das „kuratorium für triviale mythen“ [link]
+) das „Steirische Volksbildungswerk“ [link]
+) das „Bundesamt für Ernährungssicherheit“ [link]
+) Ernährungssicherheit („Statistik Austria“) [link]
+) Ernährungssicherheit („AGES“) [link]