Archiv für den Monat: Dezember 2010

an der schwelle

die schwelle zwischen zwei jahren ist meist mit besonderen bedeutungen aufgeladen. es muß nicht so sein, aber diesmal ist es so: das jahresende mit der jahreswende ergibt zugleich das markante ende eines abschnittes. die „startphase“ von „kunst ost“ liegt endgültig hinter uns.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov und kulturmanagerin nina strassegger-tipl

so satt wie 2010 wird wohl kein weiteres projektjahr mehr ausgestattet sein. unabhängig davon müssen wir schlüsse ziehen und für 2011 planen, um die dinge in fluß zu halten. kulturmanagerin nina strassegger-tipl arbeitet derzeit an einigen schwerpunkt-fragen im bereich „voluntary arts“. kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov hat dem bereich „talking communities“ in den fokus gerückt.

neue dispositionen, neue kombinationen, neue handlungspläne. gut. die letzten 10 wochen waren kein spaziergang. anfang dezember ist außerdem klar geworden, wie weit nun die konkreten budgeteinbrüche gehen würden. (siehe dazu: umbruch“!)

unser team ist verkleinert (siehe dazu:schichtwechsel“!) unser arbeitspensum eigentlich nicht. wir weren uns also bemühen, es schlau anzugehen. im projekt-logbuch ist der aktuelle status quo knapp zusammengefaßt: [link]

reale debatten, austausch, anregungen: "talking communities"

mir ist auch nicht fad. jetzt will die nötige basisfinanzierung wenigstens für das erste quartal 2011 erarbeitet sein. auf der angenehmen seite verzeichne ich eine reihe von besprechungen, die vor mir liegen, denn es hat sich gezeigt, daß die region eine ganze reihe wacher, anregender leute aufzubieten hat, die unsere vorhaben begleiten werden.

das kühle extrazimmer 6

kulturelles engagement, das sich auch in einer vorstellung von „netzkultur“ ausdrückt, handelt unter anderem von themen wie öffentlicher raum, öffentlicher diskurs, von niedrigschwelligen bildungs- und medienzugägen, letztlich von partizipation, also von umfassender teilnahme am öffentlichen politischen und kulturellen leben.

ich nehme an, diese vorstellung von DEMOKRATIE erscheint für sich schon manchen menschen eher anstrengend. eher plüschig ausgedrückt: um das einzulösen, müssen aus untertanen staatsbürgerinnen und -bürger werden. eine pyramidenförmig geordnete „führergefolgschaft“, wie wir sie aus der feudalzeit kennen, sollte sich in demokratische reisegesellschften (plural!) transformieren. (die praxis des kontrastes!)

kultursalon in novi sad (foto: art klinika)

das handelt von differenzen der geschwindigkeiten und von ganz unterschiedlichen kommunikationsbedürfnissen. es darf wohl behauptet werden: ungleichzeitigkeit ist menschenmaß; was nicht bedeuten kann, daß schnellere deshalb a priori als „sieger“ gelten.

für unsere soziokultuellen vorhaben, soweit sie auch fragen der NETZKULTUR betreffen, steht uns ein sehr eindrucksvolles und knapp gehaltenes „grundsatzpapier“ zur verfügung. es ist teil eines unserer bedeutendsten texte aus dem 20. jahrhundert. ich meine „Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948) [link]

der darin enthaltene artikel 19 besagt:
„Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten„

das ist ja ein praktisches programm:
+) ungehindert
+) über Medien jeder Art
+) und ohne Rücksicht auf Grenzen
+) Informationen und Gedankengut
+) zu suchen,
+) zu empfangen
+) und zu verbreiten.

dabei werden „informationen und gedankengut“ als wertvoll angedeutet, auch als gute anlässe für kommunikation, für auseinandersetzung, für austausch. kleiner querverweis: diese annahme ist natürlich ihrerseits eine kulturelle konvention, eigentlich: ein bildungsideal. wenn ich mich umsehe, fällt mir auf, daß viele menschen sich die freiheit nehmen, dieses ideal auszuschlagen. (sie werden in der sache vermutlich keinen wert auf belehrung legen.)

ich halte wissensdurst für eine grundlage von netzkultur, zugleich eine zentrale voraussetzung für kommunikation. über dieses kriterium läßt sich dann auch klären, ob mediale ereignisse bloß entertainment sind oder auch darüber hinaus gewicht und bedeutung haben.

diese dinge ereignen sich im spannungsfeld zwischen ästhetik und anästhesie. wie das gemeint ist? ästhetik kommt vom griechischen „aisthesis“, das bedeutet WAHRNEHMUNG. deren gegenteil ist „an-aisthesis“, die BETÄUBUNG.

[NETZKULTUR: der überblick]

fehler machen

wir haben die freiheit, auch fehler zu machen. „kunst ost“ ist eine art forschungsprojekt. ein „kulturelles labor“. wir brauchen also die möglichkeit herauszufinden, welche optionen etwas taugen und welche wir hinter uns lassen sollten.

ich hab im vorigen eintrag notiert:
>>“provinz war gestern!“ und zwar auf jeden fall da, wo uns die dinge gelingen.<<

und weiterführend:
>>was uns zwischendurch mißlungen ist, macht uns zwar keine freude, hat aber einen bescheidenen nutzen im sinne von „fein, daß wir diese fehler abhaken können. nicht nötig, sie zu wiederholen.“<<

an welchem haken hängt man, wenn man nur mehr im kreis rennt?

ich halte das für zwei ganz wesentliche referenzpunkte im gesamtvorhaben „kunst ost“. als wir losgezogen sind, um in der sache etwas zu klären, auch: zu erreichen, war INNOVATION eines der motive. sowas behauptet man leicht, es löst sich schwer ein. ferner: wo immer öffentlich gelder verwendung finden, um private vorhaben zu verstärken oder überhaupt erst zu ermöglichen, sollten intentionen und vereinbarungen transparent sein.

dies ist eine republik, also eine „res publika“, eine „öffentliche angelegenheit“. dabei hat unsere erfahrung gezeigt, daß transparenz der intentionen und vorhaben keineswegs oberste priorität hat. weder in der lokalpolitik, noch im regionalgeschehen ist das gesichert.

in dem zusammenhang haben wir sehr gegensätzliche erfahrungen gemacht. es gibt leute aus politik und verwaltung, die offen handeln und eine gewisse risikobereitschaft zeigen, jenseits der dummen heuchelei, die so tut, als würden wir alle stets erfolge produzieren.

wir sind aber auch mehrmals gegen eine alte art der „funktionärsherrlichkeit“ geprallt, was meint: alteingesessene kommunale kräfte, denen schon lange nichts diskussionswüdiges mehr eingefallen ist, erleben heute einen realen funktions- und bedeutungsverlust. dafür revanchieren sie sich mit aggressiven schritten bis an den rand von rufschädigung und geschäftsstörung.

ich habe keinen zweifel, daß die momentan anstehenden problemlagen und veränderungsschübe so massiv wirken, daß gelegentlich herrschende funktionärs-inkompetenz in naher zukunft immer offenkundiger werden wird. solche herrschaften werden ihre kräfte dann brauchen, um den eigenen sessel noch halbwegs zu sichern, es wird ihnen nicht genug energie bleiben, neue projekte anzufeinden.

was wählen, wenn es viele möglichkeiten gibt?

es geschieht ohnehin jetzt schon sehr viel hinter den kulissen der region. wir erfahren davon nur wenig, oft werden wir, wie zu sehen war, plötzlich vor vollendete tatsachen gestellt. das zwingt uns kurze reaktionszeiten auf und verlangt manchmal in kürzester zeit, mit einem brauchbaren „pan b“ unterwegs zu sein.

ich denke, diese aktuellen erfahrungen könnten eine passable anregung sein, das denkmodell von der kooperation der „drei sektoren“ weiter zu entwickeln. das meint die idee, staat, markt und zivilgEsellschaft stünden einander nicht als fordernde instanzen gegenüber, die einander pflichten auflisten, sondern sind einem bemühen um begegnung in augenhöhe gewidmet.

wenn das vorrangiges motiv augenhöhe ist, ergeben sich daraus ganz andere verfahrensweisen als jene, die ich bisher vor allem kenne. eine interessante themen- und aufgabenstellung für das kommende jahr …

aussichten auf 2011

wogen haben sich geglättet. klarheiten haben sich eingestellt. im ersten halbjahr 2011 werden wir mit dem regionalen april-festival“ unseren hauptakzent setzen. (hier wird unsere kollegin nina strassegger-tipl eine zentrale rolle einnehmen.)

im zweiten halbjahr soll es wieder ein internationaler akzent sein; wenn alles gut geht, erneut in kooperation mit dem festival „steirischer herbst“.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov bei "labor-übung"

eine eigene kategorie ist der „frauenmonat“, dem „schwerpunkt frauenleben“ gewidmet, den wir weiterführen möchten. diese größeren vorhaben werden quer durch das jahr mit kleineren ereignissen verflochten. hier sollen die „talking communities“ dominieren: reden, reden, reden, bis wir einander kennen.

mit diesem fazit beschrieb mir vor jahren eine türkische künstlerin den ermordeten journalisten hrant dink. wir leben in einer ära, wo weltweit auffallend oft kritische medienleute ermordet werden; vor dem hintergrund, daß der mainstream-betrieb, allem voran das fernsehen, ohnehin jede dialogfähigkeit und diskursbereitschaft der menschen übertönt, zur seite drängt.

also heißt es für uns „back to the basiscs“, abgeleitet aus unserer konferenz in permanenz und aus den bisherigen „kultursalons“. die betonung liegt hier auf realer sozialer begegnung, auf gesprächen und der fähigkeit, seine bzw. ihre gründe zu nennen. (dazu kommen know how-angebote speziell für den kulturbereich.)

einen prägnanten auftakt dessen haben wir gerade im serbischen novi sad gesetzt: [link] das ist zugleich ein hinweis darauf, daß „kunst ost“ nicht nur lokal und regional agiert, sondern auch den austausch mit kulturschaffenden anderer länder sucht und praktiziert.

warum? ganz einfach! einerseits lassen sich die eigenen annahmen und schlüsse ganz gut auf ihre tauglichkeit überprüfen, wenn man deren grundlagen auch mit menschen aus ganz anderen regionen debattiert. andrerseits ist dies ein eu-projekt. die dimension einer eventuell europaweiten relevanz kann ich nicht zuhuse, im eigenen dorf klären oder erreichen.

überdies haben wir ja für den aspekt des „labor-betriebes“ von „kunst ost“ die aufgabe übernommen, kulturpolitische und soziokulturelle grundlagen zu erarbeiten, die sich über die eigene region hinaus als tauglich erweisen sollen. auch dazu ist es unverzichtbar, das eigene bezugssystem gelegentlich zu verlassen. (siehe dazu etwa dieschock-allianz!)

ein moment in sarajevo ...

andere mögen von paris, london oder berlin träumen. wir sind zum schluß gekommen, daß länder wie bosnien oder serbien interessante referenzpunkte ergeben. unsere „kulturen“ verfügen über gemeinsame historische wurzeln. sie waren außerdem mehr als ein halbes jahrtausend jener region zugehörig, in der wien und istambul die absolut normativen instanzen gewesen sind. beograd war dazwischen ein „angelpunkt“ dieses kräftespieles und sarajevo ein vor allem auch kulturelles zentrum von herausragender bedeutung.

lokal, regional, international. ich denke das ist ein angemessener horizont für ein ambitioniertes kulturprojekt. dieser zugang, der nun auf mehrjähriger praxis beruht, rechtfertig gewiß die feststellung: „provinz war gestern!“ und zwar auf jeden fall da, wo uns die dinge gelingen.

was uns zwischendurch mißlungen ist, macht uns zwar keine freude, hat aber einen bescheidenen nutzen im sinne von „fein, daß wir diese fehler abhaken können. nicht nötig, sie zu wiederholen.“

weihnachts-punsch

graphic novelist jörg vogeltanz von unserem kuratorium für trivialer mythen blickt quasi berufsbedingt hinter den lauf der dinge. dieser eigenheit entspringt seine heutige weihnachtspost. wir deuten die welt vorzugsweise in vertrauten bildern.


das blatt entstammt einer serie heidnischer meditationsbildchen, die einem helfen, die welt hinter der welt zu erschließen. eine tradition, die auf das „institut sheng“ zurückgeht, von dem einst das internationale „büro für konspiration und paranormales“ eingerichtet wurde.

in der klassischen weihnachtsmeditation erforschen wir den „österreichischen weg“: ohne eigenen plan in die gegend rennen, hoffend, man werde irgendwo ankommen und dann schon wissen, was das ziel ist, dabei erstunliche geschichten absondernd, die kaum zu glauben sind, und alles leugnend, falls man mit seinen verdeckten intentionen aufgeflogen ist.

inspiration für diese weihnachtsinspiration war ein kasus des vormals vaterländischen politikers m., der innerhalb weniger jahre vergessen hat, wofür ihm eine fette provision bezahlt worden war:

>>Porr zahlte an Meischberger rund 800.000 Euro. Unter anderem soll er von der Porr-Tochterfirma UBM 600.000 Euro Provision für die Vermittlung eines Mietvertrages in München erhalten haben, schrieb der „Falter“ vor drei Wochen.<< [Quelle: ORF]

warum das auf einer kultur-website zur sprache kommt? erstens, weil uns so ganz generell interessiert, warum die republik am rande einer pleite dahinschrammt, wo doch so immense geldsummen in bewegung sind. zweitens, weil der versuch, sich in dieser kausa abzusprechen, wie er zwischen den zwei vormals vaterländischen politikern stattgefunden hat, von brachial-poetischer qualität ist, die unserem hansi n. neststreu fast ebenbürtig erscheint.

+++++ zitat:
Grasser: „… na, aber das würd ich mir ah ein bisserl anschauen, verstehst, in welchen Ländern, in welchen Ländern ist die Porr, in welchen Projekten war sie tätig, ein bisschen in die Richtung argumentieren, in die sie auch selber argumentieren.“
Meischberger: „Da bin ich jetzt supernackt.“
Grasser: „Da würd ich halt ein bisschen eine Recherche machen.“
Meischberger: „Aber wie willst du denn das machen. Da kriegst nicht einen Kontakt von denen.“
Grasser: „Na gar nicht, aber ich würde mir anschauen sozusagen, ich mein, des siehst eh im Internet, in welchen Ländern sind s’, was haben sie gemacht, welche Projekte haben s’ wo gemacht.“
[quelle: die presse]

einige takte status quo

es ist so greifbar: das jahr endet nun. ich hatte in den letzten wochen manchmal das gefühl, die mehrjährigen mühen unserer konsequenten aufbauarbeit auf dem kulturfeld könnten unter den aktuellen krisen von gemeinden, land und bund ins leere laufen und was erreicht wurde, sei in gefahr.

so ist es zum glück doch nicht. das verdanke ich vor allem inspirierten leuten, die sich weiterhin auf das einlassen, was wir uns vorgenommen haben. ich denke auch, daß der erhöhte druck im neuen jahr so manche spreu vom weizen trennen wird. denn was auf dem kulturfeld gehampel und stümperei ist, wird wohl kaum noch budgets erreichen.

zurück zu den basics: martin krusche bei den "talking communities" (reden, reden, reden, bis wir einander kannten) foto: "art klinika"

wir sind von nur wenigen aspekten der ganzen entwicklung überrascht worden, letztlich bloß von einigen details. das große ganze der einbrüche war absehbar und stand schon vor wenigstens einem halben jahr zur debatte.

wo die kunst auftritt, sind antwortvielfalt und sogar widersprüchlichkeit die regel. hier äußert sich die „conditio humana“ jenseits von verwertungslogik. (was freilich nicht ausschließt, daß aktuerinnen und akteure dann AUCH den weg auf diesen oder jenen markt finden.)

man könnte sagen: „kunst ost“ hat sich nicht eigentlich der kunst verschrieben, denn die ist sache der jeweils handelnden person und muß nicht „orgnaisiert“ werden. aber wir haben uns den BEDINGUNGEN der kunst gewidmet; und einigen ihrer grundlagen. (wir unterscheiden also zwischen „kunst“ und „kunstbetrieb“.)

aktion und reflexion beinander halten: kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

das drückt sich auch in der aktuellen besetzung des „kern-teams“ aus, woduch wir ein komplexes konzept zu realisieren suchen. mirjana peitler-selakov ist nicht nur kunsthistorikerin und seit einiger zeit als freie kuratorin tätig, sie ist ursprünglich auch dipl. ing. der elektrotechnik.

etliche umsetzungsfragen sin keinen spielereien gewidmet, sondern professionellen abwicklungen: kulturmanagerin nina strassegger-tipl

nina strassegger-tipl ist kulturmanagerin, die sich zur zeit verstärkt dem thema öffentlichkeitsarbeit widmet, bei uns überdies speziell als fachreferentin der „voluntary arts“ tätig wird. diesen bereich könnte man als die „soziale schwester“ der gegenwartskunst verstehen.

ich bin künstler und repräsentant einer art under net conditions“, die sich in menschlicher gemeinschaft als längerfristiger prozeß entfaltet, ohne dabei – was heutzutage recht populär ist – konventionelle sozialarbeit als künstlerische praxis zu behaupten.

daß wir mit den finanzierungsfragen zum 2011er-jahr weitgehend von vorne beginnen müssen, ist fast schon business as usual. ich möcht annehmen, das läßt sich genauso lösen wie einiges an inhaltlichen fragen, die aus unseren letzten arbeitsjahren abzuleiten sind.

nehmen sie mit uns kontakt auf, wenn ihnen diese art des zuganges zu einem kulturellen engagement auf der höhe der zeit interessant erscheint!

das kühle extrazimmer 5

in der folge #4 habe ich erzählt, warum mich visits/user sessions interessieren, hits dagegen überhaupt nicht. besuchszahlen, ja, es ist wie mit dem geld, ich kann ruhig darüber reden, ich gehöre ja nicht zu den reichen.

ich WILL quote! das meint: ich will mir im web ebenso ein publikum erarbeiten wie im realraum. (zum thema „quote“ im anschluß noch ein hinweis auf die tagung “Netzliteratur”, die am 17.5.2000 im grazer „forum stadtpark“ stattgefunden hat.) aber ich hab real überhaupt nichts von aufgeblähten darstellungen.

es gibt nämlich allerhand „optimierungsmaßnahmen“, die man sich selbst greifbar machen kann; oder man bezahlt professionals dafür. dabei halte ich es für einen qualitativen unterschied, ob ich das nötige tue, damit ich im web gefunden werden kann oder ob ich alle register ziehe, um möglichst viele visits auf mich zu ziehen.

nicht rasend wichtig, aber doch interessant: zu welcher tageszeit tut sich auf unserer website was?

das grundproblem ist simpel: was nützen mir denn real tausendsfünfhundert visits pro tag, wenn davon tausenddreihundert leute aus aller welt sind, die mich in den suchmaschinen gut vorgeführt bekamen, aber eigentlich eh was anderes gesucht haben?

konnte ich deutlich machen, was ich meine? für meine arbeit und das gedeihen meiner vorhaben nützen mir faktisch nur leute, die tatsächlich an den themen interessiert sind, die ich anzubieten habe. das web wirkt in dieser sache keine wunder. es bietet mir bloß eine ZUSÄTZLICHE BÜHNE, ein preiswertes schaufenster, im besten fall eine plattform für interessante begegnungen und teleworking.

menschen, die sich für gegenwartskunst, kulturpolitik und soziokulturelle zusammenhänge interessieren, sind in unserer gesellschaft eine minorität. also werden sie auch im web nicht massenhaft auftreten.

ich bin genau deshalb sehr skeptisch, wenn kultur-leute aus meinem milieu viel geld in üppige webauftritte investieren. das ist eine art elektronisches imponiergehabe, das sich meistens nicht einlösen wird; einlösen im sinn von: die erhebliche investition im effekt rechtfertigen.

unter uns alten gäulen der netzkultur offenbart sich jemand, der da zu großen gesten neigt, als rookie, parvenü, womöglich großspuriger stümper. es gibt viele gründe, eine „quotenhatz“ jenseits inhaltlichen gewichtes als blödsinn abzutun.

[NETZKULTUR: der überblick]
[die statistik]

post scriptum: weiterführend

die forderung “ich will quote!“ habe ich augenzwinkernd am 17.5.2000 bei der tagung “Netzliteratur” im grazer „forum stadtpark“ erhoben. der text dazu ist als RTF-datei hier verfügbar: „Ich will Quote!“ (Und ein BMW-Cabrio. Das teurere!) [link]

wer sich über solche zusammenhänge etwas ausführlicher informieren möchte, findet zitate aus diesem meinem text und die analyse des größeren zusammenhanges in der dissertation von andrea ghoneim: „Literarische Publikationsformen im World Wide Web“, Veränderungen in Produktion, Publikation und Vermittlung von Literatur am Beispiel ausgewählter österreichischer Literatur-Medien: [link] (PDF-datei, ca. 6 MB)

kunst ost: zwischenstand

quer durchs land hat es nun budgetär, also de facto auch politisch, in mehreren etappen gekracht. lustig ist das nicht, aber mit vergossener milch kann ich mich keinesfalls länger befassen. jetzt ist einmal an der stabilisierung eigener projekte zu arbeiten, damit nicht unkontrollliert den bach runter geht, was wir in mehreren jahren aufgebaut haben.

kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov (rechts) in der „art klinika“ in novi sad

wie erleben überaus spannende tage. krisen hin, budgetprobleme her, das sind zeiten für kulturoptimisten. schließlich ist uns inzwischen nicht fad geworden. ganz im gegenteil. den ansatz für einen sehr konkreten, vor allem grenzüberschreitenden erfahrungsaustausch haben wir nun in serbien absolviert. das berührt in der folge auch kroatien und slowenien: die schock-allianz

kurt liechtenecker, ein kenner der modellbaugeschichte und erfahrener praktiker

kurt liechtenecker, mitarbeiter vonmodellbau kober, hält hier ein besonderes modell in händen. der vormalige pädagoge und versierter handwerker, man müßte bei dem kleinen kartonmodell fast sagen: feinmechaniker, hat unseren „projekt-rolls royce“ aus einem bastelbogen von michael toson herausgearbeitet; bis hin zur „emily“ auf dem kühler.

das berührt unser kuratorium für triviale mythen, für das uns „modellbau kober“ längerfristig ein eigenes fenster in gleisdorf zur verfügung gestellt hat: [link] gehen sie davon aus, daß wir in diesem genre 2011 einige interessante aktzente setzen werden.

so, der reihe nach: wir haben unsere „vier genres“ auch bei geschwächten strukturen auf stand. die gegenwartskunst wurde hier schon angeschnitten, alltagskultur und kunsthandwerk (in zeitgemäßer deutung) ebenso. die „voluntary arts“, das bei weitem größte feld unter den akteurinnen und akteuren der region, haben bei uns inzwischen eine eigene fachreferentin.

kultur-managerin nina strassegger-tipl hat sich nun gründlich eingearbeitet

diesen bereich deckt kultur-managerin nina strassegger-tipl ab. sie betreut inzwischen auch die neuen „location crews“, mit denen wir richtung „april-festival“ 2001 unterwegs sind: [link]

damit übernimmt sie einige aufgaben, die vorher in anderen händen lagen. christa ecker-eckhofen und michaela zingerle werden „kunst ost“ verlassen. zingerle hat ihr eigenes LEADER-projekt in der nachbarschaft, um das sie sich nun verstärkt kümmern muß: styrian summer_art | regional

christa ecker-eckhofen (links) und mirjana peitler-selakov

christa ecker-eckhofen will sich wieder mehr dem kunsthandwerk zuwenden. sie hat eben in einer außerordentlichen generalversammlung dem vorstand alle relevanten dokumente vorgelegt. nach der jahreswende wird das neue team auch formell die angelegenheiten des projektes „kunst ost“ betreuen. dieses team sind: martin krusche (künstler), mirjana peitler-selakov (kunsthistorikerin) und nina strassegger-tipl (kuturmanagerin).

talking communities #2

für mich sind diese schritte als „back to some basics“ angelegt. im data overflow einer dominanten fernsehwelt a la berlusconi, die auch auf die anderen medienbereiche erdrückenden einfluß nimmt, haben wir gute gründe, uns dieser grundlegenden kompetenzen zu versichern und sie konsequent einzusetzen: reale soziale begegnung und diskurs im sinne von „nennen sie ihre gründe!“

ich hatte „im fenster“ unter anderem zur frage gefunden, warum wir das nicht per lautsprecher nach draußen übertragen. nein, es geht um genau diese nähe, wo die mediale reichweite sich aus der physis, aus der konstitution unserer sinne herleitet. im zentrum der stadt, gut sichtbar, präsent, aber nicht an ein größeres publikum adressiert.

zur erinnerung: „broadcasting“, also das prinzip „ein sender, viele empfänger“, war eine grundsituation des faschismus. das personal der tyrannis ist immer bestrebt, die individuell gehaltene kommunikation unter kontrolle zu bekommen. dem gegenüber brauchen wir strategien und praxisformen, „öffentlichkeit“ und öffentliche diskurse erhalten zu können, auch wenn und gerade weil die aktuelle mediensituation das eher zu demontieren scheint.

der schon erwähnte abend in der „art klinika“ [link] bekam noch ein kurioses stück realismus in eben solchen zusammenhängen; auf welche arten nämlich menschen ihre möglichkeiten ausloten, um ein geistiges und kulturelles klima zu sichern, in dem eine zeitgemäße demokratie sich einlösen könnte. das sind ja zusammenhänge, die in meiner auffassung einer “art under net conditions” insofern wichtig sind, als ich stets auch nach den „ungebungsbedingungen“ meiner kunst zu fragen habe.

publizist gregor mayer, versierter kenner der region

es ist mindestens 25 jahre her, daß ich gregor mayer das letzte mal begegnet bin. wir haben seinerzeit in graz gemeinsam an einem zeitungsprojekt gearbeitet, zu dem auch mein „avantouristischer“ kollege emil gruber gehörte. es ist also eine ewigkeit und drei tage her, daß wir einander sahen. nun kam er in der „art klinika“ zur tür herein.

mayer lebt seit den 1980ern in budapest und in beograd, schreibt für blätter wie „profil“ und „der standard“ über jene entwicklungen, die uns in eine neue ära wuchten, von der wir so wenig wissen, welche kräftespiele uns zu welchen ergebnissen führen werden.

wir saßen nachts noch in diesem kleinen lokal, wo man die suppe im kochtopf serviert bekommt. in wenigen tagen wird er nach kairo abreisen, um über die aktuelle lage im irak zu berichten.

ich skizziere diesen hintergrund deshalb, weil er den angemessenen kontrast zur momentanen situation im vordergrund abgibt. es könnte heißen: „der weg der tausend gespräche“. ein weg kultureller und politischer entwicklung im sinne zeitgemäßer demokratie, im sinne eines eintretens für die unteilbarkeit der menschenwürde.

einige sehr wichtige impulse habe ich dazu im jahr 1999 vom damaligen botschafter chiles erhalten. osvaldo puccio hatte meine einladung nach gleisdorf angenommen, um in eine dialog-situation zu kommen, in ungefähr das, was wir heute als „talking communities“ realisieren. wir erörterten seine teils radikalen erfahrungen vor dem hintergrund seiner jahrelangen reisen in die dörfer chiles, um dort mit den menschen ungezählte gespräche, diskussionen zu führen.

tausend gespräche. im sinne der haltung von hrant dink, über den mir von einer türkischen künstlerin erzählt worden ist, er habe ein prinzip verkörpert, das so lauten könnte: „reden, reden, reden, bis wir einander kannten.“ [link]

gregor repräsentiert in seinem metier dieses suchen nach vorläufigen klarheiten, dieses ausloten eines status quo bei gleichzeitigem bemühen um intellektuelle redlichkeit. das sind übrigens einige der grundlagen dessen, was wir uns unter „talking communities“ vorstellen. eine klare gegenposition zur kulturellen „ära berlusconi“.

— [talking communities] —

aktuell von gregor mayer:
Aufmarsch, Die rechte Gefahr aus Osteuropa

talking communities

die „art klinika“ in novi sad ist ein ort, aber auch eine formation; eine gruppe kunst- und kulturschaffender. in den kellerräumen befindet sich unter anderem die „schock-galerie“, ausgangspunkt jener jungen „allianz“, die eben entsteht und die ein materielles wie immaterielles netzwerk ergeben soll: [link]

ich hatte nach meiner session in einem schaufenster in der innenstadt [link] dort gestern einen abend zu fragen künstlerischer praxis: Input. Iz serije „Umetnicke prakse“.

wie sich in der anschließenden debatte zeigte, es gibt für kunstschaffende in serbien zwar „sichtbarkeit“, also zugang zur öffentlichkeit, aber kaum einen markt. und daß in einer post-kriegs-gesellschaft öffentliche budgets für die kunst auf den prioritätenlisten eher weiter unten vorkommen, wird kaum überraschen.

nun handelt meine auffassung von einer “art under net conditions” (“umetnost u uslovima umreženja”) zwar von strategien, die unter eben solche bedingungen zu ergebnissen führen, allerdings in einem generell sehr wohlhabenden land; verglichen mit serbien. im sinne von: wenn ich den markt eher meide und die allgemeine sichtbarkeit der prozesse schon das wesentlichste ereignis ist, was einen lauf der (künstlerischen) dinge angeht, weil die essenziellen aspekte kleineren kreisen vorbehalten sind, welche art kunstfeld läßt sich damit bereiten?

daß die essenziellen aspekte kleineren kreisen vorbehalten seien, meint eine künstlerische praxis, die sich nicht primär an ein massenpublikum oder „die branche“ richtet, sondern sehr viel stärker in der art einer „forschungsgruppe“ und überschaubaren „reisegesellschaft“ funktioniert. („the quest“)

der serbische künstler nikola dzafo

unabhängig davon muß sich freilich ein jahresbudget ausgehen, „to make a living“. aber da bleiben auch fragen offen, wie etwa die nach den optionen für einen künstler wie beispielsweise nikola dzafo, eine schlüsselperson der „art klinika“. dzafo ist primär ein exzellenter maler und findet eben in diesem genre zu keiner passablen marktposition; mangels eines ausreichend potenten kunstmarktes im lande. das äußert sich dann auch in so banalen fragen, wie oft ein bild neu grundiert und übermalt werden kann, da die leinwände ja nicht gratis vom himmel fallen.

— [talking communities] —