Eigentlich wollte ich eine Glosse schreiben, deren Titel „Wie der Neofaschismus nach Gleisdorf kam“ lauten könnte.

Eigentlich wollte ich eine Glosse schreiben, deren Titel „Wie der Neofaschismus nach Gleisdorf kam“ lauten könnte.
Gleisdorfs Gemeinderat Wolfgang Weber notierte zu einer gehabten Kontroverse: „Der Rechtsstaat hat eine klare Grenze gesetzt!“ Das bezieht sich auf eine Auseinandersetzung mit zwei Frauen, die sich über einige Zeit hinweg in der Gleisdorfer Unruhe speziell exponiert haben.
Die Gleisdorfer Protestbewegung hat am Abend des Wahlsonntags einen bisherigen Tiefpunkt erreicht. Es kamen so wenige Leute zusammen, daß gleich einmal die drei bereitstehenden Polizeiwagen abfuhren, ehe sich das Restgrüppchen zerstreute. Was war geschehen?
Dieser Begriff „Kulturfestung“ ist heutzutage natürlich ein Widerspruch in sich, ein ideologisches Relikt aus Herrschaftsverhältnissen der Feudalzeit. Damit beklebt jemand ein von jeglicher Komplexität befreites politisches Konstrukt aus versunkenen Zeiten, um sich den konkreten Anforderungen der Gegenwart nicht stellen zu müssen.
Ich kam an jenem Freitag von einem Arbeitsessen heim und sah die verstummte Weltverbesserungsmaschine wie einen gestrandeten Wal vor dem Gleisdorfer Rathaus. Da hatte ich kurz ein beklommenes Gefühl. Was ist mit den Leuten? Sind sie alle weggeschafft worden? Es hieß doch kürzlich noch in ohrenbetäubender Lautstärke: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut!“ Das Tröten ist verebbt.
Ich bin ja so gerührt, wenn meine Leute sich rebellisch geben, wo wir in Österreich doch gar kein Talent zur Revolution haben, solchen Mumm auch noch nie hatten. Es geht mir zu Herzen, wenn sie ihre ungelösten Autoritätskonflikte hinaustragen und sich daran erregen, daß sie es nun irgendjemandem richtig gegeben oder wenigstens richtig reingesagt haben.
Ich habe schon skizziert, wie eine Neue Rechte sich in Europa ab den 1980er Jahren in einer beeindruckenden Kulturleistung zu verbreiten und etablieren begann. Ich habe erzählt, wie wir rund um 1990 Literatur in die Hände bekamen, die beschrieb, was da vor sich ging. Russische Neofaschisten wie Alexander Dugin sahen sich damals gerne im Westen um, reisten, trafen sich mit Gleichgesinnten. (Wien wird prominent genannt.)
Es ist schlüssig, daß Putin sogar in Gleisdorf demonstrativ geschätzt wird, weil er mit seiner Gang für ein rechtsradikales bis neofaschistisches Weltbild steht, das auch in Österreich gefeiert wird; neuerdings geschmeidig mit anderen Protestpositionen vermischt. In Summe eine smart angelegte Attacke auf die Fundamente unserer Republik. Eine Entwicklung, auf die etwa unsere Mandatare ebenso öffentlich antworten sollten, wie dieser kontinuierliche Rechtsruck öffentlich promotet wird.
Setzt man das Puzzle zusammen, auch wenn etliche Steinchen fehlen mögen, wird deutlich, warum in den Reihen der Impfgegnerschaft und sonstiger Unzufriedener auf Gleisdorfs Straßen die Standarte von Präsident Putin plausibel ist.
In Gleisdorf feiern sich unter allerhand Protestierenden seit Monaten regelmäßig Menschen, von denen die Republik demonstrativ verachtet wird, die bewährte Instanzen der Gesellschaft für nichtig erklären und präzise Begründungen nur mit Nachrichten aus den eigenen Reihen belegen. (Das nennt man Propaganda.)