Archiv für den Monat: November 2010

kunst! wozu?

sie kennen das? seit einigen jahren werden uns auf dem boulevard die ohren mit einem kampfbegriff vollgeblasen: INTEGRATION! wir wissen zwar nicht gar so genau, was damit gemeint ist, wir wissen auch nicht, woran da eigentlich maß genommen wird. (was sind die kriterien? wer hat sie verfaßt?) aber wir wissen, manche menschen müssen sich sagen lassen, sie seien nicht „integrationswillig“.

man muß gar nicht erst „ausländer“ sein, um zu mir in erheblichem kontrast zu stehen. ich hab allerhand leute aus anderen ländern kennengelernt, die waren mir auf anhieb vertrauter, näher, besser verständlich, als viele leute in der oststeiermark. ETHNOS ist eben nur EINE kategorie, in der wir uns von einander unterscheiden. es ist eine frage der codes und der bezugssysteme.

mut zur differenz!

was uns, die wir einander gerade noch fremd waren, diese zugänge zu einander verschafft, ermöglicht? die kunst. aus jahrzehnten praktischer erfahrung kann ich heute feststellen: die längerfristige befassung mit KUNST erzeugt einen gemeinsamen „möglichkeitsraum“, eine sphäre gemeinsamen verstehens, worin ethnische grenzen ganz nachrangig werden.

die befassung mit kunst. das ist jenes errichten eines sozialen systems in einer gesellschaft, wo selbstvergewisserung und wahrnehmungserfahrungen zu positionen führen, die sich keinen nationalistischen attitüden unterordnen lassen.

wir sind zwar multiethnisch, aber nicht „multikulti“, denn die spezies mensch hat sich KULTUR als soziale sphäre erarbeitet. eine spezies, eine sphäre. innerhalb dieser sphäre schätzen und BRAUCHEN wir DIVERSITÄT. (das weiß jedes pflänzchen und jeder käfer, die in monokulturen eingehen würden!) KUNST hat innerhalb der kultur einen ganz speziellen stellenwert.

so ist unsere praxis angelegt. das bedeutet auch, kunst ist kein werkzeug „um zu …“. kunst ist kein dekorationsgeschäft und kein tourismus-werkzeug. sie handelt von sehr viel grundlegenderen erfahrungen, wie sie uns von anderen genres nicht angeboten werden. in kaum einem anderen bereich erforschen wir uns selbst so fundamental, wie in der befassung mit kunst.

und wo kommen dann soziokulturelle aufgaben zum zug, wenn es im zentrum unseres projektes um kunst geht? das geschieht gewissermaßen im kielwasser der kunst. das bedeutet praktisch, daß nicht die kunst in den dienst der kommunen gestellt wird, sondern daß die in der befassung mit kunst erworbenen kompetenzen in den dienst des gemeinwesens gestellt werden.

die laborgruppe

davon wollte ich noch erzählen. ein ANDERER modus als jener der „location crew“. denn die findet zu einem bestimmten ereignis zusammen, orientiert sich zwar an der themenstellung einer kommenden veranstaltung, arbeitet in sich aber autonom. das ist die location crew: [link]

die laborgruppe ist dagegen nicht veranstaltungsbezogen. sie hat eine ganz andere reichweite, bezieht ihren inneren zusammenhalt aus einem gemeinsamen interesse an themenstellungen und verfahrensweisen.

gleisdorf bei nacht: franz sattler (links) und emil gruber bei der "laborübung" zu den "kollektiven aktionen" aus moskau

die laborgruppe mag sich anlaßbezogen AUCH zu einer location crew verdichten, ist aber nicht so temporär angelegt. haben wir das so „konstruiert“? nein! es hat sich in der praxis herauskristallisiert.

der begriffliche bezug zum „labor“ ergibt sich aus dem längerfristigen „arbeits-charakter“, den diese leute bei „kunst ost“ einbringen. eher ein „feld“ als eine gruppe. so gesehen „gehört“ die laborgruppe nicht „kunst ost“, sondern berührt bloß deren entwicklung.

das ist überhaupt ein wesentlicher aspekt von „kunst ost“. hier werden keine kunstschaffenden „gesammelt“, gebündelt, zusammengefaßt und womöglich GEGEN etwas anderes aufgestellt. der eben benutzte begriff trifft es am ehesten: die entwicklung von „kunst ost“ wird von menschen, die sich hier temporär einbringen, BERÜHRT.

kommunikationsverhalten und aktive anwesenheit bestimmen den lauf der dinge. für den zusammenhalt sorgt eine fixe crew im zentrum des geschehens. der rest bleibt offen.

eine laborgruppe, so hat die praxis gezeigt, widmet sich gelegentlich bestimmten themen, arbeitet vor allem auch an grundsätzlichen fragen und lotet so einen größeren zusammenhang aus, in dem sich AUCH „kunst ost“ ereignet …

kommentare, spam

wenn sie einen kommentar hinterlassen wollen, tun sie es bitte und haben sie ein weilchen geduld. der kommentar muß erst von der administration freigeschaltet werden.

das ist später nicht mehr nötig, wenn das system sie einmal „kennt“. so bremsen wir die spam-flut, durch die unerwünschte produkt-werbung oder „guerilla-marketing“ auf unserer website landet.

die leute grasen das web ab. maschinen tun es hauptsächlich. dann kommt es bei diesen oder jenen beiträgen zu so phrasen wie:

>>Interessante Informationen! Ich werde mich damit in Zukunft mehr beschaeftigen! Bin gespannt auf neue Posts!<<

oder: >>I’ve recently started a blog, the information you provide on this site has helped me tremendously. Thank you for all of your time & work.<<

und der absender ist per link so aufgestellt, daß man dort dann eine produktwerbung oder ähnliches findet. ärgerlich! aber zum glück filtert leistungsfähige software einen großteil solcher post heraus.

deshalb also die kleine verzögerung, falls sie erstmals einen kommentar deponieren. aber keine sorge, was sie eingetippt haben, geht derweil nicht verloren.

was meint „elektrisiert“?

(eine notiz zu unserem kommenden „april-festival“)

da ist die frage, woher ich jenen FUNKEN bekomme, der mich gewissermaßen anfeuert, meine ideen zu folgen. die metaphorik des „elektrisierten“ ist reichhaltig „aufgeladen“. wenn ich „elektrisiert“ bin, werde ich mich entschließen, über die ränder der bloßen alltagsbewältigung hinauszutreten. meinen wir damit nicht auch: inspiration?

was mag es eigentlich bedeuten, ein INSPIRIERTER mensch zu sein? inspiration ist eine der quellen für neue lösungen. sie liefert im günstigsten fall einige jener guten gründe, die wir brauchen, um neben den ausgetretenen wegen auch andere zu suchen oder überhaupt neue zu gehen.

aus diesem anlaß habe ich hier die historische persönlichkeit nikola tesla eingeführt. seine beiträge zur elektrifizierung der welt sind nur ein aspekt in dieser geschichte. weit wichtiger scheint mir für uns: tesla hat, um seine talente entfalten zu können, seine heimat verlassen müssen. der kleine ort im bereich der damaligen „militärgrenze“ österreichs war zu eng gewesen. [wiki-link]

nikola tesla, sonderling und jahrhundert-ingenieur

wir müssen nicht mehr unbedingt in zentren abwandern, haben heute grundlegend andere bedingungen. dazu gehört eine informationelle umwelt, wie sie der menschheit noch nie zuvor verfügbar war. wir konnten ferner der bitteren armut entfliehen, von der früher die agrarische welt geprägt war. technische innovationen spielen dabei eine zentrale rolle.

tesla ist ferner anregend in seiner haltung, sich kulturellen und sozialen fragen verpflichtet zu fühlen. man möchte es ihm so auslegen: „kein wohlstand dank neuer technologien ohne soziale verantwortung und kulturelle aufgaben.“ ich weiß, das ist eine saloppe unterstellung. tesla wurde schon vieles unterstellt; eben WEIL er eine so exponierte persönlichkeit war.

ein aufschlußreicher ausschnitt aus der bibliothek von nikola tesla. (so vorgefunden bei meinem besuch im tesla-museum in beograd.)

aber ich denke, ich bleibe tesla gegenüber auf redliche art respektvoll, wenn ich sein lebenswerk in diesen zusammenhang stelle: technologische anforderungen begreifen, soziale verantwortung wahrnehmen und kulturelle aufgaben suchen. das ist eine „zusammenschau“, wie ich sie auch in unserem kommenden „april-festival“ herbeiführen möchte.

[das april-festival 2011]

budget! (haben sie noch eines?)

nein, schreckhaft sollte man zur zeit nicht sein. schockstarre wäre überhaupt fatal. der ganze kultur-betrieb kommt in bewegung; nicht gar so freiwillig. schon gegebene zusagen werden zurückgezogen. ratlosigkeit ist populär wie nie. unruhe läßt uns munter werden.

drei landeskulturreferenten in einem arbeitsjahr, das hat grimmigen charme. jedes mal andere teams, andere zugänge, andere prioritäten. und jetzt auch noch viele bereiche, die an einer pleite entlangschrammen. überraschung? keineswegs!

widerstände, grabenkämpfe, budgetverhandlungen ...

seit momanten pfeifen es nicht nur die spatzen von den dächern, unken die unken, quaken alle kröten: die kröten, die kohle, das gerschtl, die marie, das liebe geld, es wird knapp, knapp, knapp. und siehe da, die prognosen waren zutreffend.

wie auch immer, jetzt geht also das gerenne so richtig los. die gründe dafür habe ich in unserem projekt-logbuch skizziert: [link]

damit ist der ruhige ausklang des arbeitsjahres den bach runter, die „stillste zeit im jahr“ werden wir uns vergolden, übers bett hängen und der nachwelt überlassen. ich lese schon die ersten protestnoten, die verschickt wurden. oh, der neue wird sich krümmen vor kummer. nein, der war vorher wirtschaftslandesrat, der hält das schon aus.

ich sag es offen, ich bin im moment zu müde, um mich aufzuregen. kulturpolitische streitgespräche hätten wir ja führen können. na, erinnern sie mich bloß nicht daran! das amüsiert mich jetzt ja wenigstens, wenn ich rückschau auf das 2010er jahr halte und an die debatten denke, die NICHT stattgefunden haben.

sie erkennen vielleicht schon alleine an dieser etwas konfusen erzählung: es ist ernst. und mir schwebt vor: konzentration! was ist augenblicklich vorrangig? wie verschaffe ich unseren plänen eine aussicht und unseren vorhaben stabilität?

ich werde darüber schlafen. und wenn ich was weiß, erzähle ich es. okay?

neuland? land in sicht!

ich habe hier schon von der evaluierung der steirischen LEADER-kulturprojekte erzählt. (siehe dazu den beitrag LEADER kultur: steiermarkweit“!) daraus waren einige wichtige anregungen mitzubringen. nun hatte ich unmittelbar vor der vernissage mit fulminanten arbeiten des fotografen franz sattler ein wichtiges arbeitsgespräch mit sandra kocuvan. sie ist die für uns zuständige referentin in der kulturabteilung des landes steiermark.

sandra kocuvan: das imperium schlägt zurück 😉

wir haben eine „Study on the Contribution of Culture to Local and Regional Development – Evidence from the Structural Funds“ diskutiert. es geht uns um überlegungen, wie denn lokales und regionales engagegement angelegt sein muß, damit es zugleich über tellerränder hinausreicht. anders ausgedrückt: wovon handelt unser tun im zusammenhang der frage einer AUCH europäischen relevanz?

kein zufall, daß unsere konsulentin, die kunsthistorikerin mirjana peitler selakov, dieser tage gerade in beograd weilt, um da einige gespräche mit kunst- und kulturschaffenden zu führen. (eine themenlinie wird da in „the quest“ aufgeblättert werden.) wir haben erfahrene leute aus diesen ländern im fokus: bosnien und hercegovina, serbien und kosovo.

karl bauer: tierarzt, reisender und kulturell engagiert, bei einem gläschen „kilkenny“

mit dem tierarzt karl bauer war ich heuer im kosovo. da habe ich viel über die landwirtschaft gelernt und einiges in sachen kunst zu tun gehabt. sie ahnen nun vielleicht: austausch mit inspirierten menschen aus dieser region ist auch für uns ein gewinn.

in summe bedeutet das, wir verständigen uns konsequent mit unseren „alten nachbarn“, denn das war vor hundert jahren noch ein lebensraum, der kulturell und politisch, auch ökonomisch, in einem engen wechselspiel bestand.

mit sachlicher unterstützung von karl bauer wird es beim kommenden „april-festival“ auch einen „tag der agrarischen welt“ geben. so runden wir den themenbogen des kleinen, regionalen mehrsparten-festivals. das bedeutet, künstlerische akzente ereignen sich in verknüpfung mit jenen anderen themenbereichen, die das leben in dieser region nun über mehr als 150 jahre geprägt haben: „zwischen landwirtschaft und high tech“: [link]

von links: sigrid meister, franz sattler, christopher drexler und christoph stark (bei der vernissage von sattler)

ich hab diese dinge auch gerade mit christoph stark besprochen, der nicht nur bürgermeister von gleisdorf ist, sondern auch obmann der energie-region weiz-gleisdorf. denn so viel ist unübersehbar: in den nächsten monaten erhalten wir klarheiten über das ausmaß der einbrüche und kürzungen in budgetfragen.

ich weiß schon, unter meinen leuten will das niemand mehr hören. aber faktum ist: vor allem der bereich „sozialhilfe verbandsumlage“ [link] hat sich praktisch als budgetäre „katastrophenquelle“ erwiesen. jetzt muß, so stark, auch an kleinsten schräubchen gedreht werden, weil sich sonst alles nicht mehr ausgeht.

das heißt ja unterm strich auch: es sollte UNS einiges einfallen, was gute gründe zur stärkung unseres metiers sind, des kulturbereichs, wo die lokalpolitik schon probleme hat, den menschen zu erklären, warum sie den hilfsbedürftigen womöglich nicht ausreichend helfen kann.

es wird uns also im kommenden jahr keinesfalls fad und wir haben ein paar große nüsse zu knacken.

glosse (nicht: flosse!)

also jetzt hören sie einmal, lieber mann. wir sind wir und hier ist hier und wir sind hier und europa ist ganz woanders. wir können hier keine europäischen probleme lösen, wir haben unsere eigenen.
warum wir dann eu-gelder haben wollen? weil wir sie hingezahlt haben. also wollen wir auch wieder welche zurückbekommen. hin und zurück. klar? schauen sie, wir haben derweil mehr hinbezahlt als zurückgekriegt. sowas ist dumm, verstehen sie? nein, nicht WIR sind dumm, ES ist dumm. dumm gelaufen.
ja, ich weiß, heuer hat sonst niemand ein eu-projekt zusammengebracht. na, sie haben ihres ja auch nur, weil, äh, weil, na, also ihr cousin, und dann die in graz, aber das sage ich ihnen, das ist auch kein fundament. sie werden schon sehen.
also europa, na geh! sagen sie einmal: pischelsdorf! oder sagen: unterfladnitz! sprechen sie es aus! wissen sie, was dort los ist, was die menschen für sorgen und probleme haben? wissen sie? nein!
also! was reden sie mir dann von europa? und überhaupt! wer das kleine nicht ehrt, ist das große nicht wert. wie sagte ein berühmter sohn der region im parlament? „halt die pappn!“ verstehn sie das, wenn ich es ihnen erkläre? gut! ich mach mir nämlich schon lange so meine gedanken. wie ist denn das heute? alle denken nur an sich, keiner denkt an mich, außer ich. na eh, hab ich wo gelesen. aber: es ist halt so!

(aus der feder des hansi n. neststreu,
oststeirischer brachialdichter und freund der heimat)

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