kunst! wozu?

sie kennen das? seit einigen jahren werden uns auf dem boulevard die ohren mit einem kampfbegriff vollgeblasen: INTEGRATION! wir wissen zwar nicht gar so genau, was damit gemeint ist, wir wissen auch nicht, woran da eigentlich maß genommen wird. (was sind die kriterien? wer hat sie verfaßt?) aber wir wissen, manche menschen müssen sich sagen lassen, sie seien nicht „integrationswillig“.

man muß gar nicht erst „ausländer“ sein, um zu mir in erheblichem kontrast zu stehen. ich hab allerhand leute aus anderen ländern kennengelernt, die waren mir auf anhieb vertrauter, näher, besser verständlich, als viele leute in der oststeiermark. ETHNOS ist eben nur EINE kategorie, in der wir uns von einander unterscheiden. es ist eine frage der codes und der bezugssysteme.

mut zur differenz!

was uns, die wir einander gerade noch fremd waren, diese zugänge zu einander verschafft, ermöglicht? die kunst. aus jahrzehnten praktischer erfahrung kann ich heute feststellen: die längerfristige befassung mit KUNST erzeugt einen gemeinsamen „möglichkeitsraum“, eine sphäre gemeinsamen verstehens, worin ethnische grenzen ganz nachrangig werden.

die befassung mit kunst. das ist jenes errichten eines sozialen systems in einer gesellschaft, wo selbstvergewisserung und wahrnehmungserfahrungen zu positionen führen, die sich keinen nationalistischen attitüden unterordnen lassen.

wir sind zwar multiethnisch, aber nicht „multikulti“, denn die spezies mensch hat sich KULTUR als soziale sphäre erarbeitet. eine spezies, eine sphäre. innerhalb dieser sphäre schätzen und BRAUCHEN wir DIVERSITÄT. (das weiß jedes pflänzchen und jeder käfer, die in monokulturen eingehen würden!) KUNST hat innerhalb der kultur einen ganz speziellen stellenwert.

so ist unsere praxis angelegt. das bedeutet auch, kunst ist kein werkzeug „um zu …“. kunst ist kein dekorationsgeschäft und kein tourismus-werkzeug. sie handelt von sehr viel grundlegenderen erfahrungen, wie sie uns von anderen genres nicht angeboten werden. in kaum einem anderen bereich erforschen wir uns selbst so fundamental, wie in der befassung mit kunst.

und wo kommen dann soziokulturelle aufgaben zum zug, wenn es im zentrum unseres projektes um kunst geht? das geschieht gewissermaßen im kielwasser der kunst. das bedeutet praktisch, daß nicht die kunst in den dienst der kommunen gestellt wird, sondern daß die in der befassung mit kunst erworbenen kompetenzen in den dienst des gemeinwesens gestellt werden.

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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