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Die Neudau-Sache und so Angelegenheiten…

Ich bin nun schon eine Weile mit Fotograf Richard Mayr unterwegs und wir verfolgen unterschiedliche Themenlinien, von denen sich manches dann im Web manifestiert. Dabei loten wir verschiedene Optionen aus.

Fotograf Richard Mayr (rechts), in der Hallen der vormaligen Neudauer Textilfabrik Borckenstein, auf den Fersen von Projektleiter Winfried Lechner.
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KWW: Rituale und Anordnungen

Die Anordnung trägt eine kuriose Doppeldeutigkeit in sich. Einerseits handelt sie davon, wer wem einen Auftrag erteilen darf. Andrerseits meint sie Aufstellungen und Relationen, also auch, wie sich Positionen zu einander verhalten.

Ich hab in einem vorherigen Beitrag von Architekt Winfried Lechner erzählt und von seinen Berufserfahrungen mit regionalen Codes, ungeschriebenen Regeln und gesellschaftliche Zusammenhänge, die selbst innerhalb der Steiermark erheblich differieren: [link] Zu unserem Thema „Regionale Identität: eine Illusion oder unsere Wirklichkeit?“ hab ich inzwischen noch weitere Vorgespräche geführt.

IT-Fachmann Kurt Winter

Zum Beispiel mit Kurt Winter, der einerseits in der IT-Branche tätig ist, andrerseits hier im Raum Gleisdorf die Wirtschaftskammer repräsentiert. Er erzählte mir von erstaunlichen Erfahrungen, etwa bei Gewerkschaftsverhandlungen, wo zum Beispiel eine falsch gewählte Sitzordnung den Abbruch einer Gesprächsrunde bedeuten könne. Ganz zu schweigen von Fronstellungen, die sich auch in der Anordnung der Sitzmöbel ausdrücke.

Wir haben es da also mit sehr ambivalenten Spielarten des menschlichen Umgangs mit einander zu tun. Einerseits sind Rituale offenbar hilfreich, Gemeinschaft zu ordnen und auf die Art Regelsysteme zu nutzen, die es auch aus sehr unterschiedlichen Positionen heraus möglich machen, an Konsens zu arbeiten und zu Kooperation zu führen. Auf der anderen Seite kann genau das auch zur leeren Geste werden, die blockiert.

Wir kennen das Problem natürlich ebenso im Kunstbetrieb. Das Ringen um Balance zwischen Eigennutz und Gemeinwohl wird gerade im Kontext kultureller Vorhaben ganz gerne ausgesetzt; zugunsten einer angeblichen Verteidigung einer nicht näher begründeten „Freiheit der Kunst“. Damit wir uns recht verstehen, ich argumentiere hier nicht gegen diese Freiheit, sondern bloß gegen eine wahllose Berufung darauf.

Pro beteiligter Person je ein eigenes Universum

In „KWW: Genres, Codes und Perspektiven“ [link] hab ich das Thema „Begegnung in Augenhöhe“ angerissen. Die hat zwei sehr simple Voraussetzungen. Interesse an der jeweils anderen Position und grundlegender Respekt vor dem, was man selbst nicht repräsentiert. Diese beiden Voraussetzungen haben ihrerseits Voraussetzungen. Nämlich mindestens diese, gut eingeführte Klischees und Ressentiments hinter sich zu lassen.

Rituale und Anordnungen meint hier als Negativbeispiel das ewig gleiche Abfeiern populärer Klischees, um in die ewig gleichen Abwehrstellungen zu einander zu gehen, aus denen heraus dann womöglich Kooperation erwachsen soll. Durch welches Mirakel derlei gelingen könnte, ist mir ein weit größeres Mirakel.

Wir haben nun im Gesamtzusammenhang „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ gut eingeführte Klischee-Kataloge auf dem Tisch, welche sich in einer Garnitur von Überschriften zusammenfassen lassen. Demnach würden die Kunstschaffenden nur auf sich schauen, die Wirtschaftsleute nur aufs Geld und die Leute der Wissenschaft nur in die Luft, weil da, irgendwo, die Theorie sei.

Ich gehe davon aus, daß unsere Projektarbeit im aktuellen Zusammenhang unter anderem genau das leistet: Die realen Intentionen und Handlungsweisen HINTER solchen Ressentiments greifbarer zu machen, um folglich brauchbare Ausgangspunkte für interessante Kooperationen zu haben.

Regionale Identität: eine Illusion oder unsere Wirklichkeit?
(Konferenz und öffentlich zugängliches Arbeitstreffen)
Mittwoch, 25. Januar 2012
[link]

April-Festival 2012: Programmskizze

In diesen Tagen haben mehrere Arbeitsgespräche zu einer flotten Verdichtung geführt, in welcher nun das kommende „April-Festival“ ganz konkret Gestalt annimmt. Daran ist, neben den primären Inhalten, auch auffallend, daß wir a) eine interessante Kooperationslage mit mehreren Kultureinrichtungen haben und b) die Ereignisorte in drei LEADER-Regionen angeordnet sind: [link]

Im vorigen Eintrag [link] wurde schon deutlicher, wo es in diesen Fragen hin geht. Nun liegt die Detailarbeit an. In all dem haben wir einige Verzweigungen erarbeitet, die nun deutlich zu zwei inhaltlichen Ebenen geführt haben, die wir in Wechselwirkung bringen:
a) Die Präsentation von künstlerischen Arbeiten
b) Die inhaltliche Arbeit: Kulturtheorie und Praxis-Know how

Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov

Diese Wechselwirkungen, diese zwei Ebenen, das halte ich für wichtig, wo es etwa um die Debatte über die Verwendung öffentlicher Mittel geht. Wir möchten praktisch demonstrieren, daß wir zwar einerseits an der Autonomie der Kunst festhalten müssen, daß wir aber andrerseits auch Bürgerinnen und Bürger der Region sind, die sich mit Lebenszusammenhängen und Sachfragen auseinandersetzen.

Apropos Lebenszusammenhängen und Sachfragen! Gestern hatte ich eine sehr interessante Debatte mit Winfried Lechner, einem Geschäftsführer von Ingenos-Gobiet: [link] Da ging es unter anderem um Fragen der Regionalität. Lechner betont aus seiner beruflichen Erfahrung heraus: „Jede Region hat für sich offenbar ihren eigenen Lebensstil, der den Ansässigen klar ist, aber Außenstehenden nicht.“ Dabei ginge es um regionale Codes und Hierarchien, die man eigentlich erst kennenlernen müsse, wenn man da etwas bewegen möchte.

Architekt Winfried Lechner

Lechner spricht von einem „kulturellen Wechsel“, wenn man in verschiedene Teile der Steiermark komme, das sei stets „eine Reise ins Unbekannte“. Wie erwähnt, das meint regionale Codes, ungeschriebene Regeln und gesellschaftliche Zusammenhänge.

Das wirft natürlich die Frage auf, die wir auch im jeweils Vertrauten stets vor der Nase haben: Darf es eine offene und öffentliche Diskussion über diese regionalen Eigenheiten und Codes geben? Und falls ja, gibt es überhaupt Instanzen, die derlei Kommunikation kontinuierlich tragen oder wenigstens begleiten würden?

Damit sind wir unter anderem beim Kulturbereich angelangt. Das ist traditionell jenes Feld, in dem sich sehr oft Menschen für genau solche Aufgaben interessieren und engagieren. Daraus ließe sich umgekehrt schließen: Die Befassung mit den ungeschriebenen Codes einer Gesellschaft kann zu den naheliegenden Aufgaben von Kulturschaffenden gezählt werden.

Das beschäftigt uns dann auch im Zusammenhang
mit dem regionalen Projekt „Vision 2050“: [link]

Das April-Festival 2012:
„Leben: Die Praxis der Zuversicht“ [link]

Kick die Krise!

Wir haben keine Ressourcenkrise, sondern eine Strukturkrise. Das sagt Winfried Lechner, Geschäftsführer von „Ingenos Gobiet“ [link] ohne mit der Wimper zu zucken. Sein Geschäft ist es, Prozesse so zu entwerfen und zu lenken, daß bei komplexen Vorhaben Ergebnisse greifbar werden, die möglichst wenig von dem abweichen, was konkret gebraucht wird.

Architekt Winfried Lechner

Aber dazu wäre es von Vorteil, stünde am Beginn solcher Prozesse einigermaßen deutlich fest, WAS gebraucht wird. Und genau das, solche Klarheit, darf oft nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Lechner trifft eine interessante Unterscheidung. Bevorzugt jemand Wissen oder die Anwendung von Regeln?

Da kann man durchaus ins Grübeln kommen. Wissen. Regeln. Abläufe. Orientierung. Heinz Wittenbrink [link] saß mit am Tisch. Medienfragen, Kommunikation, Literarität, das sind seine Themen. Was da zu bereden war? Keine Agenda der Kunst, aber Zusammenhänge komplexer Kommunikationssituationen.

Medienfachmann Heinz Wittenbrink

Und im weiteren Sinn war das in genau jenem Themenbogen aufgestellt, den zu präzisieren mich gerade beschäftigt. Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft haben ja allerhand Schnittstellen, Berührungspunkte. Wie und auf welche Inhalte bezogen kann sich das dann in einem konkreten Lebensraum ereignen? Was sind die Anlässe dafür und was kommt inhaltlich alles ins Spiel?

Ich genieße im Augenblick, daß sich hier ausreichend Gelegenheit findet, mit inspirierten Menschen derlei Fragen zu debattieren. Was „kunst ost“ angeht, ist das ein Phase, als wären wir auf Expedition. Es gibt Ideen von Zielen und Vorstellungen von Wegen. Aber es gibt keine Route und keine bindende Ankunft. Es ist ein Durchmessen, vielleicht auch schon ein Vermessen von unklarem Terrain.

Ich hab unterschiedliche Intentionen, mich solchen Dingen zu widmen. Eine davon berührt unser Vorhaben „KWW – Kunst Wirtschaft Wissenschaft“: [link] Wir haben bisher im Milieu kaum frische Ideen vorgefunden, wie diese Bereiche in der Region zusammenfinden könnten und warum sie das sollten. Mit einigen speziellen Ausnahmen.

Wir konnten stets einzelnen Leuten aus solchen Metiers begegnen, die für interessante Debatten offen waren. Also sind wir nun zwar schon eine Weile unterwegs, um auszuloten, was da allenfalls an neuen Optionen erschließbar ist, doch es ist zur Zeit – wie angedeutet — vor allem eine Debattieren und ein Forschen.