Schlagwort-Archiv: stromlinie

Jahre und Zahlenspiele XVI

Java-Gurke und Etrich-Taube

Ich habe als Kind die Ahorn-Samen bestaunt, weil ich so verblüfft war, daß ein Blättchen in Hubschrauber-Art vom Baum trudelt. Ich bestaune diese Schraubenflieger immer noch, weil mich beeindruckt, daß eine Pflanze Erfahrungen sammelt, daraus Schlüsse zieht, schließlich so eine Flugfrucht hervorbringt.

Derzeit vor meiner Haustür: der Schraubenflieger des Ahorn.

Ich habe mir vor Jahren erklären lassen: Bionik bedeutet nicht, daß man einfach nachbaut, was in der Natur vorkommt. Es bedeutet ein Erkennen der Prinzipien, wie sie die Natur anwendet, um sie für technische Lösungen zu nutzen.

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Jahre und Zahlenspiele IX

Fluß der Formen

In meiner Sammlung stehen zwei Miniaturen nebeneinander. Sie zeigen beide Konstruktionen von Karl Jenschke, wenn auch eine davon individuell adaptiert wurde. Das jüngere Modell ist der Steyr 50 (1936–1940), ein exemplarischer Streamliner im Stil des Art déco.

Streamliner: das Steyr Baby vor dem Reisch-Steyr (in 1:43).
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Jahre und Zahlenspiele VIII

Vollstrom und Blockhütte

Meine vorige Notiz präzisierte Ferdinand Micha Lanner mit einem Kommentar: „Ja, ein anfänglicher Fehler der Aerodynamiker: den Auftrieb zu vernachlässigen. Und das Giermoment. Daher die Seitenwindempfindlichkeit, die eigentlich fehlender Bodendruck war.“

Formel-1-Rennwagen W 196 R von 1955 (Foto: Alexander Migl, CC BY-SA 4.0)
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Jahre und Zahlenspiele VII

Stromlinie und Vollstrom

Die neue Linie machte Tempo. Die Allgemeine Automobil Zeitung berichtetet in der März-Ausgabe von 1934: „Bei der Durchbildung seiner einsitzigen Leichtmetallkarosserie in Stromlinienform war man auf äußerste Verringerung des Luftwiderstandes bedacht.“ In dieser Hülle steckt ein Achtzylinder-Reihenmotor mit über drei Liter Hubraum und Kompressor.

Der W 125 mit Stromlinienhülle
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Jahre und Zahlenspiele I

Avantgarde und Art decó

Ich hab diese Jahre 1909, 1914, 1920 und 1933 nun an mehreren Stellen meiner Notizen erwähnt. Da sind jeweils Entwicklungen und Phänomene deutlich geworden, deren Effekte unsere heutiges Leben prägen. Dieses gegenwärtige Leben, das aber seinerseits in einen fundamentalen Umbruch gekommen ist.

Von Art decó zur Stromlinie: Austro-Daimler Schnelltriebwagen
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Die aktuelle Krisensituation verstehen

Ich hab kein Problem mit der Tatsache, daß wir Krisen bewältigen müssen. In unserer Kulturgeschichte besteht seit Jahrtausenden die Vorstellung, daß jede Katharsis eine Krisis zur Vorbedingung habe. Außerdem sind Umbrüche aufregende Zeiten; wenn auch ziemlich anstrengend.

Im Jahr 1848 wurde das Ende der „Erbuntertänigkeit“ rechtskräftig, 1919 endete die Feudalzeit formal. Es folgte ein autoritärer Ständestaat, der in die Nazi-Tyrannis mündete. 1945 durfte die Zweite Republik anbrechen. Wir haben also noch nicht gar so viel Erfahrung damit, ein Kulturgeschehen inhaltlich zu gestalten, kulturpolitisch zu verhandeln und mit angemessenen Ressourcen auszustatten, um nicht bloß Eliten zu bedienen, sondern Zugänge zu Kunst und Kultur für eine Massengesellschaft zu schaffen, zu öffnen…

Ab den späten 1970ern wurde erprobt und etabliert, was wie heute als freie bzw. autonome „Initiativenszene“ kennen. Vieles, was einst unsere Arbeit war, ist heute Standard konventioneller Kulturbeauftragter. Wir sind also überfällig, neue Aufgaben zu finden. Dabei kommt uns der Lauf der Dinge aufmunternd entgegen, denn demnächst bleibt auf mehreren Feldern kein Stein auf dem anderen.

Wir haben in der Kooperation von „kunst ost“ und „kultur.at“ einen Schwerpunkt herausgearbeitet, der mit dem Kürzel KWW markiert wurde: Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft.

Da wir uns nicht nach den dominanten Marktsituationen reichten möchten, da wir aber auch keine 100 Prozent Abhängigkeit vom Staat für sinnvoll halten, ist neu zu klären, wie diese drei Bereiche sich zu einander verhalten mögen; speziell jenseits des Landeszentrums, in der „Provinz“.


Damit meine ich auch, wir haben zu klären, worin genau der Leistungsaustausch bestehen mag, der uns Budgets einbringt. Ich hab einiges zu diesen Überlegungen im Beitrag „Feine Krise“ [link] skizziert. Unsere genaue Kooperationssituation ist hier dargestellt: [link]

Ich hab außerdem zu behaupten, daß es „Die Wirtschaft“ nicht gibt und daß wir gefordert sind, etwas differenzierter klar zu machen, mit wem wir uns unter welchen Bedingungen was vorstellen können; siehe dazu: [link] Das handelt von RAHMENBEDINGUNGEN für all das, was wir dann einzeln und ganz speziell der GEGENWARTSKUNST widmen. In der Arbeitspraxis siehst das abschnittweise aus wie in den folgenden Absätzen umrissen.

Kleiner Einschub: In der „Provinz“ dominieren seites der Kreativen die „Voluntaries“ übermächtig. Das meint, mindestens 80 Prozent der Leute, die hier einen Kulturbetrieb reklamieren, um selbst zu veröffentlichen/auszustellen, sehen sich keineswegs der Gegenwartskunst verpflichtet, sondern repräsentieren die Voluntary Arts: [link] Das hat fundamentale kulturpolitische Konsequenzen.

Wo stehen wir im Moment? Ich hab im vorigen Eintrag [link] skizziert, welche Grundlagen im „FrauenMonat“ 2012 nun greifbar sind, um ein Labor-Projekt („FMTech_Lab!“) zu initiieren. Eine andere Themenlinie ist hier beschrieben: [link] Das bündelt in Summe Aspekte folgender Teilthemen:
+) Mediengeschichte
+) Industriedenkmäler
+) Sozialgeschichte
+) Mobilitätsgeschichte.

Warum haben wir den Fokus ausgerechnet darauf gerichtet? Wir sind die Kinder einer Massenkultur, deren markanter Auftakt in den 1930er-Jahren zu Situationen geführt hat, die uns derzeit ausmachen. Eines der großen Themen dieser Zeit ist die Massenmobilisierung und deren Generalfetisch, das Automobil.

Schon bevor diese Ereigniskette, symbolisiert vom Codesystem „Stromlinie“, unsere vertraute Welt völlig zu verändern begann, haben verschiedene Formen technischer Reproduzierbarkeit und der Massenfertigung zu enormen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Konsequenzen geführt.

Wenn wir also in der „Provinz“ einen kulturpolitischen Diskurs wünschen, sollten Grundlagen und Hintergründe der kulturellen Situation wenigstens im Ausmaß von Zeitgeschichte einigermaßen geläufig sein.