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Die Künstlerhaus-Debatte #10

Sendepause für Fortgeschrittene?

Ich sehe die mittlerweile sehr moderate Kontroverse um das Grazer Kunsthaus als Anlaßfall für Debatten, als einen Kasus, in dem ein bescheidener Weckruf steckt. Aus der ursprünglichen Frontstellung ist eigentlich nichts geworden. Die gängige Klamotte hatte exponierte Rollen für a) Landeskulturreferent Buchmann, b) Joanneum-Boss Pakesch und c) ein heterogenes Bündel an Kunst- und Kulturschaffenden parat.

In der frühen Phase dieser Geschichte sorgte ein sehr anregendes Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ [link] für einen Akzent, der zum Ausgangspunkt taugte. Es ist mir nicht aufgefallen, daß die angeblichen „Hauptgegner“ Buchmann und Pakesch dem energisch widersprochen hätten. Auch ist die stellenweise „Kriegsrhetorik“ aus der Berichterstattung früherer Tage inzwischen verschwunden. Es könnte also interessant werden.

Grübeln für Unerschrockene: "Was will der Künstler, was die Künstlerin?"

Wir warten wohl alle noch gespannt, wie sich Landeskulturbeirat und Landesrat Buchmann zu den eingereichten Projektpapieren in der Sache äußern werden. Inzwischen haben „Krone“ und „Kleine Zeitung“ eine ganze Reihe von Statements zum kulturpolitischen Status quo publiziert. Einiges davon ist online zu finden; siehe die (vermutlich unvollständige) Übersicht: [link]

Etwas unklar ist nach wie vor das öffentliche Agieren der IG Kultur Steiermark. Ohne jeden Zweifel waren es vor allem IG-Leute, die eine Formation initiiert und begleitet haben, welche sich auf dieser Website präsentiert: [link] Doch formelle IG-Statements betonen, dies sei KEINE Initiatve der IG, sondern, wie das Impressum der Site besagt, eine „Arbeitsgruppe steirischer Künstler*innen für ein selbstverwaltetes Künstler*innenhaus Graz“.

Eine nic.at-Abfrage nennt die „werkstadt graz“ [link] und Joachim Baur als Inhaber der Domain. Ein allfälliges Mission Statement von ihm oder seiner Einrichtung habe ich nicht finden können. Er ist auch nicht unter den Leuten des „Einser-Papiers“ [link] genannt.

Es ist also nach wie vor nicht so leicht, halbwegs flott zu überblicken, wer nun genau welche Erwartungen bezüglich Künstlerhaus hegt. Ich kann nur hoffen, daß der Landeskulturreferent, dem nun eine zukunftsweisende Entscheidung abverlangt wird, sich etwas besser informiert fühlen darf.

Eines teilt diese Formation, die „Arbeitsgruppe steirischer Künstler*innen“, mit etlichen anderen Gruppierungen, die Ansprüche auf inhaltliche Gestaltung und zukünftige Nutzung des Künstlerhauses stellen. Sie hat bis dato kein Konzept auf dem Tisch, vermutlich auch in keiner Schublade.

Mit der wundersamen Vermehrung von Fisch, Brot und roten Rüben sind wir noch nicht rchtig vorangekommen.

Was als sogenanntes „Manifest“ bisher manifest geworden ist, würde bei keiner mir bekannten Förderstelle auch nur die Spur einer Aussicht auf Kofinanzierung finden: [link] Es sind etliche Formationen, Initiativen und Verbände damit befaßt, sich eine Nutzung des Hauses auszumalen. Leider suche ich auf den diversen Websites dieser Einrichtungen vergeblich nach aufschlußreichen Proklamationen, kulturpolitischen Statements oder themenbezogenen Diskursen.

Auch längst eingeführte Plattformen bieten eher magere Informationen. Die IG Kultur Steiermark ist in Sachen Inputs von einer in Wien gestarteten Kampagne (der bundesweiten Ländervertretung) dominiert: „Fair pay“ [steirischer link] [wiener Link]

Immerhin: „Die IG Kultur Steiermark ist ein Zusammenschluss steirischer Kulturinitiativen und agiert als kulturpolitische Interessensvertretung.“ Die Mitglieder, gut, einige, aber doch recht überschaubar: [link]

Dennoch genug Leute aus dem Metier, das könnte für ein, zwei Jahre kritischen Diskurs zur Kulturpolitik gut sein. Der würde mit Sicherheit weder in Politik noch Verwaltung ignoriert werden. Bloß, da IST kein öffentlicher Diskurs zur Sache. Und falls es einen privaten gibt, dringt davon eher nichts nach außen.

Klicken Sie einen beliebigen Link auf der Mitglieder-Liste an, ich hab’s gerade gemacht: Vier Stichproben, nichts. Oder wie wäre es mit „KIG! Kultur in Graz“, weil nämlich eine „Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit, mit Veranstaltungskalender und Diskussionsforum“? [link] Nein, heute nicht. Kein aktueller Diskurs. Vielleicht nächstes Jahr.

Daß nun diese exponierten Angelpunkte in der aktuellen Sache – Künstlerhausdebatte – weitgehend beitragsfrei aufzufinden sind und speziell die Projektsite zum Thema [link] wie ein toter Briefkasten im Web hängt, wirft kein gutes Licht auf den Stand der Dinge. Es stellt sich vor allem die Frage: Was ist, wenn da nichts ist? Nämlich nichts an nachvollziehbaren Gründen und elaborierten Ansprüchen?

Was will ich damit eigentlich sagen? Mir fällt auf, daß die „primären Kräfte“, also Kunst- und Kulturschaffende der Steiermark, potentiell, aber eben nur potentiell, über eine erhebliche Medienmacht verfügen. All diese Initiativen und Einrichtungen verfügen gewöhnlich über eigene Printmedien oder haben adäquate Zugänge, betreiben eine Website, könnten in freien und in privaten Radios Präsenz pflegen.

Das könnte ein Diskursfeld und ein Ausmaß selbstbestimmter Öffentlichkeit ergeben, an dem – wie schon angedeutet – weder Politik noch Verwaltung vorbeikämen. Doch was ereignet sich? Es braucht eine konventionelle „Kleine Zeitung“, die ihr Personal losschickt, um über ganz herkömmliche journalistische Arbeit kluge Ansichten wie etwa die von Autor Johannes Schrettele zum Klingen zu bringen.

Wer immer sonst noch prätentiös rund ums Künstlerhaus herumsteht, freut sich vielleicht, sogar in der „Krone“ einige Statements von Gewicht nachlesen zu können. Doch viel mehr ist in der medial generierten Öffentlichkeit der Steiermark momentan nicht zu finden. Das Gros meiner Leute folgt offenbar dem Rat, den mir der oststeirische Bauer Richard Hubmann kürzlich augenzwinkernd zukommen ließ: „Da hilft nur eines: Kompromisslos weitersudern!“

[Die Debatte: Übersicht]

Die Künstlerhaus-Debatte #5

Der Staub legt sich, Klarheit nimmt zu

Das Grazer Feuilleton ist gerade nicht um große Klarheit in der Sache bemüht. Aber angesichts des Joanneum-Jubiläums mit seinen Themen darf man das vielleicht auch augenblicklich kaum erwarten. Immerhin gingen sich ein paar schneidige Headlines aus.

Wer wird über das Künstlerhaus verfügen können?

Und immer wieder mein Gedanke: Was kann zur Zeit gewußt werden? Künstlerin Eva Ursprung müht sich mit großer Zähigkeit, beim Ordnen und Klären des Status quo Transparenz herbeizuführen. Ich muß ein paar Punkte aus dem vorigen Eintrag [link] revidieren. Wo steht also die Sache inhaltlich und wer ist in der Sache aufgestellt?

Mir scheint, wir haben momentan
a) eine „Diskurs-Partie“ und
b) eine „Konzept-Partie“
… natürlich mit einigen Überlappungen.

Aus der „Diskurs-Partie“ kam kürzlich ein sehr interessantes kulturpolitisches Papier, das ich deshalb „Einser-Papier“ nenne, weil es das erste kohärente Dokument ist, das in dieser laufenden Debatte als profunde Arbeitsgrundlage für den Weg zu Handlungsplänen dienen könnte. Es trägt den Titel „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ [link]

Dieser Text ist von 15 Personen unterzeichnet, unter ihnen so versierte Kräfte wie Reinhard Braun oder Astrid Kury. Inzwischen erfahre ich, daß auch der schon erwähnte, aber noch nicht publizierte „30-Seiter“ von diesen Personen stammt. Hier scheinen sich also inhaltliche Kompetenz und praktische Erfahrung zu bündeln, um einen kulturpolitischen Diskurs zu speisen. Das klingt für mich sehr vielversprechend.

Unter dem gleichen Titel, nämlich „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“, hat übrigens auch Joanneum-Boss Peter Pakesch eine Stellungnahme veröffentlicht: [link]

Dann wäre da noch das „Manifest“ der IG Kultur Steiermark, in meiner Diktion: „Der Wunschzettel“. Dieser Wunschzettel ist, so erfuhr ich, das Ergebnis einer Session von „15 am papier beteiligten künstler*innen und kulturschaffenden“, die auch Teil jener themenbezogenen Mailinglist sind, zu der die IG Kultur eingeladen hat. Eva Urpsung betont allerdings, daß die IG Kultur hier zwar Promotorin sei, doch nicht die „big mama“ dieser Runde.

Dort haben sich im Augenblick rund 40 Personen aus der Branche eingefunden. Die Page: [link] Das PDF-Dokument: [link] Wollen wir doch voller Zuversicht annehmen, daß 15 Leute aus unserem Metier die Kraft haben, aus einem simplen Wunschzettel noch ein richtiges „Manifest“ zu machen. Die Kommunikation nach außen soll sich bei dieser wachsenden Gruppe über jene schon erwähnte Website ereignen, die seit gestern online ist: [link]

Künstlerin Eva Ursprung

Eva Ursprung ringt energisch darum, daß sich eine möglichst heterogene Community in jene Prozesse einlassen möge, welche zu einem Konzept führen sollen, die auf ein selbstverwaltetes Haus weisen. Dabei geht es ihr um „die erprobung basisdemokratischer, kollaborativer prozesse“; eine sehr anspruchsvolle Intention.

Ein selbstverwaltetes Haus ist höchstwahrscheinlich nicht ganz nach dem Geschmack der „alten Verbände“, die momentan von Künstlerin Beate Landen vertreten werden. Die Ansprüche dieser Verbände haben a) historische Dimension und werden b) in der Repräsentanz von rund 400 steirischen Kunstschaffenden begründet. Ein Konzept der Verbände soll bei Landeskulturreferent eingelangt sein; neben einigen anderen Konzepten, deren Absender Buchmann genannt hat, deren Inhalte wir noch nicht kennen: [link]

Peter Pakesch hat zum Thema Künstlerhaus schon wissen lassen, er könnte zwar, müßte aber nicht unbedingt: [link] Im Grazer Stadtmuseum herrscht eher Zurückhaltung bezüglich Mitteilungen. Die Kleine Zeitung berichtete im Oktober: „Museumschef Otto Hochreiter ist für diesen Vorstoß offen, er hat auch bisher im Stadtmuseum regelmäßig Ausstellungen Grazer Künstler gezeigt.“ Es gehe um einen Dialog mit den Vereinen: [link]

Nun bin ich neugierig, was der 30-Seiter zeigen und zur Debatte stellen wird, ob aus dem IG Kultur-Wunschzettel noch ein richtiges Manifest wird und was der Landeskulturbeirat über die eingereichten Konzepte verlautbaren wird. Es ist also eine Zeit, in der nun gestellte Ansprüche mit Taten unterlegt werden müssen.

[Die Debatte: Übersicht]

Die Künstlerhaus-Debatte #4

Bin ich hinterm Mond und habs nicht bemerkt?

Die gute Nachricht: Von einem „Kulturkampf“ kann in Graz keine Rede sein. Kein Schlachtfeld in Sicht. Läßt sich solcher „Superismus“ einmal aus den Betrachtungen herausnehmen, muß nicht jedes Geschehen gleich das superste, wildeste, gefährlichste sein, bleibt ja vielleicht genug Transparenz im Blickfeld, um die Dinge etwas klarer sehen zu können. Etwa den Status quo der Debatten rund um das Grazer Künstlerhaus.

Die goschertste Seele auf dem Set ist momentan sicher der Peter Weibel. Doch aus dem läßt sich für die Sache sicher keine Galionsfigur schnitzen. (Was schert den die Grazer Szene?) Wer sich auf seine Seite reklamiert, tut das vermutlich ohnehin nur, um den Peter Pakesch zu triezen. Der muß zwar für alles mögliche als Feindbild herhalten, doch das wird langsam etwas fad.

Wie schaut’s aus? Ich hatte kürzlich an einem Artikel im Standard [link] bestaunt, daß da a) jemand auf irgendwelche Barrikaden steige und b) festgestellt wurde: „Man trifft sich seit vielen Monaten und erarbeitete ein rund 30 Seiten starkes Papier.“ Siehe auch: [link] Mir schien beides nicht sehr plausibel.

Eine kleine Recherche zeigt nun, daß vor allem der scheinbare Zusammenhang zwischen a) dem Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ und b) den genannten 30 Seiten irreführend ist. Diese Werke haben keine besondere Verbindung. Eher im Gegenteil.

Das Einser-Papier stammt vom dort genannten Personenkreis und steht darin für sich. Das sei in der Konstellation äußerst sensibel höre ich. Eine der Unterzeichnerinnen, Eva Ursprung, teilte mir mit: „ab jänner sind an den verschiedenen locations der beteiligten (rotor, medienturm…) veranstaltungen geplant, in denen auf die einzelnen bearbeiteten themen näher eingegangen wird.“ Meiner Meinung nach ein Gewinn für den Lauf der Dinge, weil solche Erörterungen und Konkretisierungen mehr als nötig, ja überfällig sind.

Eine andere Sache ist die aktuelle Mailingliste der IG Kultur Steiermark unter der Federführung von Caroline Oswald Fleck und Eva Ursprung. Dafür sollte außerdem schon längst eine eigene Website als Plattform für Telekommunikation und Teleworking etabliert sein: [link]

Die wird zwar promotet, ist aber noch tot. Ich vermute, die Netzkulturszene hat vergessen, wie flott man etwa bei mur.at zum Bispiel ein Wiki in Gang bringen kann, um Diskurs und Diskussionsfluß via Web zu bewegen. Österreichische Gemütlichkeit ist irgendwie… radikal.

Übrigens! Dieser Community sei auch, so höre ich, das oben genannte 30 Seiten-Papier zuzurechnen. Womit haben wir es da zu tun? Wissen wir nicht, denn es gibt nicht einmal irgendwelche Diskursschnipsel oder inhaltliche Diskussionbeiträge der Leute auf irgendeiner Website der Netzkulturszene.

Da wäre ja zum Beispiel KIG! Kunst in Graz“: Eine „Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit, mit Veranstaltungskalender und Diskussionsforum.“ Präsidentin: Anita Hofer. Die gehört auch dem Vorstand der IG Kultur Steiermark an. Sollte ich da nicht fündig werden können? Kann ich aber nicht. Gut, ich finde dort von mir einen Artikel, aber den kenn ich schon.

Immerhin, nach einigem Nachfragen erfuhr ich nun: „die 30 seiten sind texte zu den verschiedenen angesprochenen themen, erstellt durch kleine arbeitsgruppen. sie wurden (noch) nicht redaktionell bearbeitet, es ist aber geplant, das zu tun und in folge auf einige webseiten zu stellen.“

Das klingt für mich freilich ein wenig anders als das via Presse kolportierte „Man trifft sich seit vielen Monaten und erarbeitete ein rund 30 Seiten starkes Papier.“

Zur Erinnerung, Kulturlandesrat Christian Buchmann ließ wissen: „Diese Konzepte wurden von mir am 2. November an den Landeskulturbeirat weitergeleitet, den ich um eine Expertise zu den Konzepten bis Ende des Jahres ersucht habe.“ [Quelle]

Damit meinte Buchmann die Künstlervereinigungen (Dr. Beate Landen), Luise Kloos, Erika Lojen, Edith Temmel, die IG Kultur, das Grazer Stadtmuseum, das Künstler-Paar Nestler-Rebeau und das Universalmuseum. Falls also ein Konzept der IG Kultur Steiermark „bis Ende des Jahres“ geprüft werden sollte, möchte man empfehlen: Bitte schneller schlafen, damit die Wachzeit noch entsprechend genutzt werden kann.

Ach, was rede ich darum herum? Ich bin eigentlich völlig konsterniert, daß eine Medienberichterstattung von Aktivitäten berichtet, als seien sie in vollem Gange, während sich so manches, wenn man nachfragt, als erst geplant, als beabsichtigt herausstellt.

Soll ich mir wünschen, daß ein teures Haus einer Community womöglich zur Selbstverwaltung überlassen wird, die in dieser jetzt doch sehr entscheidenden Phase zwar ihr Begehren äußerst, aber nicht einmal mit deren Begründungen nachkommt? Und was darf ich von einer online-Community erwarten, der heute noch nicht einmal jene angehören, die bei der letzten Pressekonferenz vor dem Künstlerhaus ihre Gesichter in einige Kameras gehalten haben?

Pardon, das ginge auf meinem Kontinent nicht. Oder bin ich auf einem anderen Planeten und wußte es gar nicht? Womöglich hinter dem Mond? Ich glaub, ich muß amal vor die Tür hinaus gehen und überprüfen, wo ich eigentlich bin. Und ich füge noch an: Vielleicht wäre bald nach der Legitimität und dem Mandat einer Gruppe zu fragen, die auftritt, als verträte sie „die Künstlerinnen und Künstler der Steiermark“, ohne zu diesem Zeitpunkt in genau dieser Sache auch nur ein kohärentes Ideenpapier vorlegen zu können.

[Die Debatte: Übersicht]

Die Künstlerhaus-Debatte #2

Sachpromotoren und Machtpromotoren

Die griechische Tragödie lehrt uns: Alle sollen gehört werden! Der Buddhismus lehrt uns: Nichts ist egal! Der erste Lehrsatz des „Steirischen Buddhismus“ lautet nach Goofy Schmidt: „Mir wurscht!“

Wie lief denn das bisher im Grazer Künstlerhaus? Im Mai 2007 berichtete die „Kleine Zeitung“: „Illusionen macht sich Werner Fenz, neuer Koordinator für das Programm im Künstlerhaus Graz, nicht: ‚Mit 10.000 Euro Budget pro Ausstellung ist klar, dass wir ohne die Mithilfe der Künstler wenig machen können.’ Optimistisch, ‚den schönsten Ausstellungsraum der Stadt’ künftig markant bespielen zu können, ist er dennoch: ‚Nicht gegen Kunsthaus und Neue Galerie, sondern als sinnvolle Ergänzung.’“


Walter Titz wußte außerdem zu berichten: „Die ersten fünf Monate des Jahres gehören den fünf alteingesessenen Grazer Kunstvereinen Berufsvereinigung bildender Künstler, Künstlerbund, Sezession, Vereinigung bildender Künstler und Werkbund.“ Also eine Art House-Sharing.

Fenz hat diese leitende Funktion im Künstlerhaus voriges Jahr abgegeben. Ich fragte bei Elisabeth Fiedler nach, sie trägt ja die „Leitung Abteilung Kunst im Außenraum, Institut für Kunst im öffentlichen Raum, Österreichischer Skulpturenpark“. Ihre Präzisierung:

„Lieber Martin, es ist richtig, ich wurde im Jahr 2010 kurzfristig gebeten, die Leitung des Künstlerhauses, da es sich innerhalb meines Departments befand, zu übernehmen. Das Programm war allerdings bis auf zwei Ausstellungen im Sommer/Herbst bereits fixiert. Neben den Vereinsausstellungen hatte die Neue Galerie einen zugesagten Termin für Alois Moosbacher sowie einen für den steirischen Kunstpreis, der durchgeführt werden musste. (Die Neue Galerie aber über keine Räume mehr verfügte.)

Ich kuratierte und realisierte die beiden Ausstellungen mit Markus Jeschaunig und Albert Mayr.

Im Zuge der Umorganisierung des Joanneums im Frühjahr 2011, nach der es keine Departments mehr gibt, wurde mir die neue Abteilung ‚Kunst im Außenraum’ mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum und dem Österreichischen Skulpturenpark überantwortet. Das Künstlerhaus scheint, wohl aufgrund der noch unklaren Situation, seither in keinem Organigramm auf…“


Was die „fünf alteingesessenen Grazer Kunstvereine“ angeht, die zur Zeit Beate Landen im Prozeß neuer Konzeptionen repräsentiert, schrieb Landen zu einem „Pressegespräch am 13. Juli 2011 im Raiffeisenhof“ bezüglich ihrer Erwartungen: „Die Berufsvereinigung der Bildenden KünstlerInnen Österreichs LV Steiermark bedankt sich sehr herzlich bei Herrn Landesrat Dr. Christian Buchmann, dass er es uns, trotz der anstehenden notwendigen Sparmaßnahmen, auf kulturellem Gebiet ermöglicht, während der Sanierung des Grazer Künstlerhauses unsere Jahresausstellung ‚Ausstellung – mit Hirn’ im Kunstbad des Raiffeisenhofs zu präsentieren! Allerdings betrachten wir dieses als Übergangs- und nicht als endgültige Lösung. Die endgültige, langfristige Lösung kann nur, nach beendeter Sanierung, das Künstlerhaus sein!“

Informell erwähnt Landen auch ein juristisches Gutachten, das sie zu ihren „guten Argumenten“ zählt. Man muß kein Geistesriese sein, um aus den diversen Verbandsmitteilungen der letzten Monate herauszulesen, daß die „klassischen Fünf“ erwarten, das Künstlerhaus werde ihnen auch zukünftig wie gewohnt zur Verfügung stehen.

Man muß andrerseits kein Prophet sein, um zu ahnen: Das kollidiert sehr wahrscheinlich mit einigen der Konzepte, die wir augenblicklich noch nicht genauer kennen. Um Landesrat Buchmann erneut zu zitieren: „Es sind dies Konzepte von den Künstlervereinigungen (Dr. Beate Landen), von Luise Kloos, Erika Lojen, Edith Temmel, von der IG Kultur, vom Grazer Stadtmuseum, vom Künstler-Paar Nestler-Rebeau, und vom Universalmuseum.“ (Siehe dazu den Eintrag „Über das Wollen, das Können und das Werden“! [link])

Universalmuseum-Boss Peter Pakesch, zuweilen im Fokus mancher Ereignisse, als seien in der Szene noch jede Menge unbewältigter Autoritätskonflikte vorhanden, weiß natürlich, wie so ein Laden zu schmeißen wäre, hat aber schon klar gemacht, daß er nicht müssen muß. Seine wichtigste Botschaft besagt: „Wir sind auch nicht böse, wenn wir das Künstlerhaus wieder los sind. Wir haben ohnehin genug zu tun.“ Sein Befund „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ kann hier nachgelesen werden: [Quelle]

Peter Pakesch (links) und Werner Fenz im Künstlerhaus

Das ist gewissermaßen eine Antwort oder Ergänzung zum ersten Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“, verfaßt von einer Runde höchst unterschiedlicher Kulturschaffender, von denen die meisten auch das Know how hätten, diesen Laden zu schupfen: Reinhard Braun (Camera Austria), Sandro Droschl (Kunstverein Medienturm), Søren Grammel (Grazer Kunstverein), Reni Hofmüller (ESC), Astrid Kury (Akademie Graz), Karin Lernbeiß (Streetgallery), Margarethe Makovec & Anton Lederer < rotor >, Eva Meran (the smallest gallery), Wenzel Mracek (Kunsthistoriker, Publizist), Eva Pichler & Gerhard Pichler (zweintopf), Heidrun Primas & Andreas Heller (Forum Stadtpark), Nicole Pruckermayr (Institut für zeitgenössische Kunst, TU Graz), Johannes Rauchenberger (Kulturzentrum bei den Minoriten), Ulrich Tragatschnig (Kunsthistoriker, Journalist) und Eva Ursprung (Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz; IG Kultur); siehe dazu: [link]

Wie kann es also weiterlaufen? Wer das Landeskulturförderungsgesetz kennt, weiß auch, daß es keinen Rechtsanspruch auf Kunstförderung gibt. Das wäre, überdies, so erklärte uns Heimo Steps bei unseren „talking communities“ [link] einmal, verfassungswidrig. Also geht es darum, daß nun Sachpromotoren und Machtpromotoren Konsens finden…

[Die Debatte: Übersicht]

Die Künstlerhaus-Debatte

Über das Wollen, das Können und das Werden

Da war nun dieses kulturpolitische Arbeitspapier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ erschienen, in dem einige exponierte Kulturschaffende den Status quo skizziert haben: [link] Gegen Ende voriger Woche hat, so höre ich, Joanneum-Boss Peter Pakesch auf das Papier geantwortet. Diese Antwort ist leider bisher im öffentlichen Diskurs nicht aufgetaucht.

Peter Pakesch läßt wissen, daß er sich sein Leben auch gut ohne das Künstlerhaus vorstellen kann

Ich denke, es bleibt unverzichtbar, alle vertretenen Positionen auch sichtbar zu machen. Die IG Kultur Steiermark hat einiges an Statements und Presse-Reaktionen zusammengetragen, im Web deponiert: [link] Andere Akteurinnen und Akteure dieses Diskussions- und Klärungsprozesses zeigen sich in ihren Äußerungen noch sehr zurückhaltend.

Von APA/OTS kam kürzlich eine Meldung, die in manchen Punkten nachdenklich stimmt. Zum Beispiel: „So forderte die IG Kultur, das seit 2003 dem Joanneum zugeordnete Ausstellungshaus am Stadtpark lokalen Kulturschaffenden zur Verfügung zu stellen. Anita Hofer von der IG Kultur meint,…“ [Quelle]

Das halte ich für problematisch, denn „lokale Kulturschaffende“ wären jene von Graz, womit auch die IG Kultur Steiermark schon wieder einmal die Steiermark ausgeblendet hätte. Immerhin hieß es an anderer Stelle: „die Öffnung für die gesamte künstlerische Szene der Steiermark“, was offenbar den Leuten in der Grazer Szene nicht ganz selbstverständlich über die Lippen kommt.

In der OTS-Meldung heißt es weiters: „Am Kunsthaus Graz ‚sehen wir ja, wie so etwas läuft’, so Hofer: ‚Steirische Künstler haben kaum Chancen, dort auszustellen.’“ Da wäre freilich, mit Verlaub, einmal zu debattieren, warum Grazer Kunstschaffende vor allem in Graz mehr Ausstellungsmöglichkeiten haben sollen, anstatt sich zu rüsten, an anderen Orten und auch möglichst weit weg auszustellen.

Veronica Kaup-Hasler fühlt sich eher nicht prinzipiell für eine steirische Heimwerker-Bewegung zuständig

Eine Frage, in der schon Veronica Kaup-Hasler, der Intendantin des Festivals „steirischer herbst“, seinerzeit übel genommen wurde, daß sie auf ein ähnliches Anliegen hin wissen ließ, dieses Festival sei nicht primär als Schaufenster für heimische Kräfte konzipiert.

In gewissem Sinne wäre es sogar interessant auszuloten, was geschähe, wenn heimischen Leuten zuhause nur kleine Locations zum Üben verfügbar gemacht würden, es ihnen aber ansonsten möglichst schwer fallen solle, vor der eigenen Haustür auszustellen, um ihnen Geschmack an der Ferne nahezulegen. (Drohrufe, Verwünschungen und Briefbomben für mich bitte an das Salzamt adressieren!)

Zur Sache! Wir erfahren von Pakesch überraschend: „Wir sind auch nicht böse, wenn wir das Künstlerhaus wieder los sind. Wir haben ohnehin genug zu tun.“

Das hat doch Charme! Die Zeit wäre eventuell reif, Pakesch darin beim Wort zu nehmen, sich selbst die Verantwortung für so ein bemerkenswertes Haus aufzubürden. Ja, eine Bürde ganz bestimmt, denn solcher Strukturen Vorteile zu konsumieren ist eine viel gemütlichere Hackn, als sie Jahr um Jahr in Gang und in Schuß zu halten.

Ich habe inzwischen schon den Ruf nach Selbstverwaltung hören können. Prima!

Offen gesagt, als vor einer Weile zu lesen war, daß steirische Kunstschaffende nun einig seien: „Wir holen uns die Selbstverantwortung für unsere Arbeit zurück!“, habe ich erstmals heiße Tränen der Rührung in mein Taschentuch geweint. Warum hatten wir sie so lange nicht, die Selbstverantwortung? Wer hatte sie uns geraubt? Jetzt aber!

Christian Buchmann tut jetzt genau das, was wir von einem Landeskulturreferenten erwarten würden: Er bittet den Landeskulturbeirat, die eingegangenen Konzepte zu prüfen.

Scherzchen beiseite, das sind ja ernste Angelegenheiten. Landeskulturreferent Christian Buchmann ergänzte eben meine Notizen auf INFOGRAZ um eine Stellungnahme: „…aktuell liegen mir sechs Konzepte für eine zukünftige Positionierung des Künstlerhauses vor. Es sind dies Konzepte von
den Künstlervereinigungen (Dr. Beate Landen)
von Luise Kloos, Erika Lojen, Edith Temmel
von der IG Kultur
vom Grazer Stadtmuseum
vom Künstler-Paar Nestler-Rebeau
und vom Universalmuseum.

Diese Konzepte wurden von mir am 2. November an den Landeskulturbeirat weitergeleitet, den ich um eine Expertise zu den Konzepten bis Ende des Jahres ersucht habe.“ [Quelle]

Der Beirat wurde heuer im Frühjahr neu besetzt: [link] Unter diesem Link findet man auch ein downloadbares PDF-Dokument mit einem aktuellen Mission Statement des Landeskulturbeirates. Angesichts des personellen Status dieser Instanz wird es mit gängigen Verschwörungstheorien etwas langweilig.

Freilich gibt es die absolute Killerapplikation der Auguren, Blitzgneißer und Propheten, nämlich ein Ansichtenbündel, wonach das alles nur Getöse sei, eine Inszenierung, die bemänteln solle, daß Entscheidungen hinter den Kulissen längst gefallen seien, daß diese nun bloß noch von quasidemokratischen Prozessen bemäntelt und legitimiert werden sollen.

Vorzüglich nutzbarer Raum in günstiger Lage: Das Künstlerhaus Graz

Das Bequeme an solchen Verschwörungstheorien ist, daß sie niemals entkräftet werden und so auch nicht aus der Welt geschafft werden können, ganz egal, wie sehr sich diese oder jene Menschen in der Sache anstrengen. Deshalb sind mir Verschwörungstheoretiker so suspekt. Sie betreiben ein dubioses Geschäft, welches kaum angemessen überprüft werden kann.

Da bewegen wir uns also jetzt im Bereich von Glaubensgegenständen, zu denen jemand vor allem einmal sein eigenes Credo einreihen kann. Ich mach das hier gleich: Diese lahme Verschwörungstheoretisiererei ist eine letzte Zuflucht jener, die sich nicht aufraffen möchten, um Klärungen zu ringen. Selbst ein inspirierender Dissens ist harte Arbeit. Diese Arbeit muß nun gemacht werden. Schauen wir, dann sehn wir schon!

[Die Debatte: Übersicht]