Die Künstlerhaus-Debatte #2

Sachpromotoren und Machtpromotoren

Die griechische Tragödie lehrt uns: Alle sollen gehört werden! Der Buddhismus lehrt uns: Nichts ist egal! Der erste Lehrsatz des „Steirischen Buddhismus“ lautet nach Goofy Schmidt: „Mir wurscht!“

Wie lief denn das bisher im Grazer Künstlerhaus? Im Mai 2007 berichtete die „Kleine Zeitung“: „Illusionen macht sich Werner Fenz, neuer Koordinator für das Programm im Künstlerhaus Graz, nicht: ‚Mit 10.000 Euro Budget pro Ausstellung ist klar, dass wir ohne die Mithilfe der Künstler wenig machen können.’ Optimistisch, ‚den schönsten Ausstellungsraum der Stadt’ künftig markant bespielen zu können, ist er dennoch: ‚Nicht gegen Kunsthaus und Neue Galerie, sondern als sinnvolle Ergänzung.’“


Walter Titz wußte außerdem zu berichten: „Die ersten fünf Monate des Jahres gehören den fünf alteingesessenen Grazer Kunstvereinen Berufsvereinigung bildender Künstler, Künstlerbund, Sezession, Vereinigung bildender Künstler und Werkbund.“ Also eine Art House-Sharing.

Fenz hat diese leitende Funktion im Künstlerhaus voriges Jahr abgegeben. Ich fragte bei Elisabeth Fiedler nach, sie trägt ja die „Leitung Abteilung Kunst im Außenraum, Institut für Kunst im öffentlichen Raum, Österreichischer Skulpturenpark“. Ihre Präzisierung:

„Lieber Martin, es ist richtig, ich wurde im Jahr 2010 kurzfristig gebeten, die Leitung des Künstlerhauses, da es sich innerhalb meines Departments befand, zu übernehmen. Das Programm war allerdings bis auf zwei Ausstellungen im Sommer/Herbst bereits fixiert. Neben den Vereinsausstellungen hatte die Neue Galerie einen zugesagten Termin für Alois Moosbacher sowie einen für den steirischen Kunstpreis, der durchgeführt werden musste. (Die Neue Galerie aber über keine Räume mehr verfügte.)

Ich kuratierte und realisierte die beiden Ausstellungen mit Markus Jeschaunig und Albert Mayr.

Im Zuge der Umorganisierung des Joanneums im Frühjahr 2011, nach der es keine Departments mehr gibt, wurde mir die neue Abteilung ‚Kunst im Außenraum’ mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum und dem Österreichischen Skulpturenpark überantwortet. Das Künstlerhaus scheint, wohl aufgrund der noch unklaren Situation, seither in keinem Organigramm auf…“


Was die „fünf alteingesessenen Grazer Kunstvereine“ angeht, die zur Zeit Beate Landen im Prozeß neuer Konzeptionen repräsentiert, schrieb Landen zu einem „Pressegespräch am 13. Juli 2011 im Raiffeisenhof“ bezüglich ihrer Erwartungen: „Die Berufsvereinigung der Bildenden KünstlerInnen Österreichs LV Steiermark bedankt sich sehr herzlich bei Herrn Landesrat Dr. Christian Buchmann, dass er es uns, trotz der anstehenden notwendigen Sparmaßnahmen, auf kulturellem Gebiet ermöglicht, während der Sanierung des Grazer Künstlerhauses unsere Jahresausstellung ‚Ausstellung – mit Hirn’ im Kunstbad des Raiffeisenhofs zu präsentieren! Allerdings betrachten wir dieses als Übergangs- und nicht als endgültige Lösung. Die endgültige, langfristige Lösung kann nur, nach beendeter Sanierung, das Künstlerhaus sein!“

Informell erwähnt Landen auch ein juristisches Gutachten, das sie zu ihren „guten Argumenten“ zählt. Man muß kein Geistesriese sein, um aus den diversen Verbandsmitteilungen der letzten Monate herauszulesen, daß die „klassischen Fünf“ erwarten, das Künstlerhaus werde ihnen auch zukünftig wie gewohnt zur Verfügung stehen.

Man muß andrerseits kein Prophet sein, um zu ahnen: Das kollidiert sehr wahrscheinlich mit einigen der Konzepte, die wir augenblicklich noch nicht genauer kennen. Um Landesrat Buchmann erneut zu zitieren: „Es sind dies Konzepte von den Künstlervereinigungen (Dr. Beate Landen), von Luise Kloos, Erika Lojen, Edith Temmel, von der IG Kultur, vom Grazer Stadtmuseum, vom Künstler-Paar Nestler-Rebeau, und vom Universalmuseum.“ (Siehe dazu den Eintrag „Über das Wollen, das Können und das Werden“! [link])

Universalmuseum-Boss Peter Pakesch, zuweilen im Fokus mancher Ereignisse, als seien in der Szene noch jede Menge unbewältigter Autoritätskonflikte vorhanden, weiß natürlich, wie so ein Laden zu schmeißen wäre, hat aber schon klar gemacht, daß er nicht müssen muß. Seine wichtigste Botschaft besagt: „Wir sind auch nicht böse, wenn wir das Künstlerhaus wieder los sind. Wir haben ohnehin genug zu tun.“ Sein Befund „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ kann hier nachgelesen werden: [Quelle]

Peter Pakesch (links) und Werner Fenz im Künstlerhaus

Das ist gewissermaßen eine Antwort oder Ergänzung zum ersten Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“, verfaßt von einer Runde höchst unterschiedlicher Kulturschaffender, von denen die meisten auch das Know how hätten, diesen Laden zu schupfen: Reinhard Braun (Camera Austria), Sandro Droschl (Kunstverein Medienturm), Søren Grammel (Grazer Kunstverein), Reni Hofmüller (ESC), Astrid Kury (Akademie Graz), Karin Lernbeiß (Streetgallery), Margarethe Makovec & Anton Lederer < rotor >, Eva Meran (the smallest gallery), Wenzel Mracek (Kunsthistoriker, Publizist), Eva Pichler & Gerhard Pichler (zweintopf), Heidrun Primas & Andreas Heller (Forum Stadtpark), Nicole Pruckermayr (Institut für zeitgenössische Kunst, TU Graz), Johannes Rauchenberger (Kulturzentrum bei den Minoriten), Ulrich Tragatschnig (Kunsthistoriker, Journalist) und Eva Ursprung (Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz; IG Kultur); siehe dazu: [link]

Wie kann es also weiterlaufen? Wer das Landeskulturförderungsgesetz kennt, weiß auch, daß es keinen Rechtsanspruch auf Kunstförderung gibt. Das wäre, überdies, so erklärte uns Heimo Steps bei unseren „talking communities“ [link] einmal, verfassungswidrig. Also geht es darum, daß nun Sachpromotoren und Machtpromotoren Konsens finden…

[Die Debatte: Übersicht]

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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