„An die 40 Personen bringen sich seit Februar 2015 ehrenamtlich für das Wohl der Flüchtlinge in Gleisdorf ein. Wir kommen aus verschiedenen Berufen und haben oft unterschiedliche Interessen,…“ So die einleitenden Worte auf der Website von I am Gleisdorf.
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Dorf 4.0: Sinabelkirchen
menschenverachtung zurückweisen
was schert es mich, daß in der oststeiermark jemand für einen kleinen täter-kreis die todesstrafe promotet und somit die vorstellung von „unwertem leben“ restauriert? und was hat das hier bei „kunst ost“ zu tun?
der absender dieser merkwürdigen botschaft, daß nämlich „perversen schweinen“ der tod gebühre, ist ein bürgermeister der „energie-region weiz-gleisdorf“ bzw. der „kleinregion gleisdorf“. er ist ferner mein kooperationspartner für das kommende „april-festival“, schweigt allerdings momentan gegenüber meinen einwänden.

was geht’s mich und uns also an? ich bringe zuerst einen pragmatischen grund vor. „kunst ost“ ist das überhaupt erste LEADER-kulturprojekt der steiermark, unterliegt demnach laut unserem vertrag den „Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramm Achse 4 LEADER über kulturelle Förderungen im ländlichen Raum von 2007 – 2013 durch die Europäische Union und vom Land Steiermark – Kultur“.
einer der punkte im bereich „Leitziel“ dieser richtlinien lautet:
„Erarbeitung von sozialkulturellen Werten hinsichtlich nachhaltiger regionaler/lokaler Entwicklungsansätze für den ländlichen Raum mit Innovationscharakter und regionaler/lokaler Schwerpunktsetzung“.
ein weiterer punkt lautet:
„Der Schwerpunkt liegt auf zeitgenössischer Kunst, künstlerische und soziokulturelle Ansätze sollen zu einem zukunftsorientierten regionalen Dialog führen. Ziel ist es — an der Nahtstelle von Kunst und Alltagsleben — die jeweilige Region und ihre Bevölkerung in die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und künstlerischen Themen einzubeziehen. Das künstlerische Potential einer Region soll auch in einen Austausch mit internationalen künstlerischen Positionen treten.“
— [quelle] —
ich dürfte also allein von daher ein klares mandat für meine erwartung geltend machen, daß in der „energie-region“ über diesen vorfall und seine konsequenzen nicht einfach hinweggegangen wird. ich muß aber zur kenntnis nehmen, daß der lokalpolitiker ausschließlich ein sehr laues dementi gab, darüber hinaus der fall bisher kaum prominente einwände im öffentlichen diskurs nach sich zog; schmierdorfer in der „kleinen zeitung“: „die Todesstrafe für Kinderschänder ist meine persönliche Überzeugung“. [quelle]
nun darf man natürlich in einem reich der meinungsfreiheit meinen, was einem beliebt. und da sich inzwischen auf schmierdorfers „facebook“-präsenz ein erhebliches grüppchen an ministranten der tyrannis eingefunden hat, wo nun auch weiterhin das töten von delinquenten gefordert und schmierdorfer nebenbei zu seiner haltung gratuliert wird, sind in einer pluralistischen gesellschaft natürlich klare gegenpositionen notwendig.
immerhin spricht sich der amtierende bürgermeister offen gegen den artikel 85 der österreichischen bundesverfassung aus: [link]

habe ich nun als KÜNSTLER einwände vorzubringen? nein, denn die kunst ist prinzipiell keinen tagesgschäften gewidmet und eignet sich nicht als „werkzeug“ für diese oder jene zwecke außerhalb ihrer selbst.
ich neige allerdings zu einer etwas antiquierten pose, deren „absacken“ kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov kürzlich so skizziert hat: „Die klassische Konzeption von Kunstschaffenden im Westen als ‘öffentliche Intellektuelle’, als Figuren der Aufklärung in einer bürgerlichen Öffentlichkeit, hat definitiv an Aktualität verloren und ist noch von rein historischer Relevanz. Parallel dazu verschwindet auch die Vorstellung von einer bürgerlichen Öffentlichkeit als einem Raum, der von rational-kritisch ausgestatteten Subjekten betreten werden soll. Es gibt ‘die Öffentlichkeit’ nicht mehr, sondern entweder überhaupt keine Öffentlichkeit oder eine Reihe verschiedener fragmentierter, spezifischen Öffentlichkeiten.“ (siehe dazu „das kühle extrazimmer #10“!)
als künstler bin ich demnach nicht gefordert, in dieser sache unbedingt stellung zu beziehen, doch meine jahrelange erfahrung aus künstlerischer praxis stattet mich mit kompetenzen aus, die mich als bürger der region natürlich einigermaßen geharnischt reagieren lassen.
der wesentliche antrieb, hier öffentlich zu widersprechen, liegt freilich im bereich des kultuellen engagements. das meint, unsere kulturelle entwicklung, die ja von sehr unterschiedlichen menschen betrieben und getragen wird, sollte positionen wie die des bürgermeisters mit den mord-phantasien aushalten. doch hier ist einspruch und öffentliche gegenposition unverzichtbar.
wo eine haltung gegen die menschenwürde und für die vorstellung von „unwertem leben“ eingenommen wird, wäre jedes kulturelle engagegement entwertet, wenn es einen schweigend darüber hinweggehen ließe. meine botschaft lautet demnach: „sie mögen denken, was immer ihnen beliebt, mein herr, aber wenn sie solche ansichten publizieren, werde ich ihnen ausdauernd widersprechen!“
dem gebe ich nun hier im web auch seine evidenz:
— [link] —
es gibt kein „unwertes leben“
in der 7. kalenderwoche 2011 habe ich das vorwort zu unserem kommenden „april-festival“ publiziert: [link] darin heißt es unter anderem: „… gewissermaßen eines der großen Themen menschlicher Gemeinschaft: Die Bewältigung der Wildnis. Das meint nicht etwa die Beherrschung der Wildnis, denn diese Idee ist ein Phantasma, welches uns die Natur regelmäßig herunterräumt. Aber die Bewältigung der Wildnis als ein Ringen um Lebensräume, in denen die Menschenwürde sichere Orte hat, das ist eine große Aufgabe, …“ so erschien es inzwischen auch im „stadtjournal“ von gleisdorf.

kürzlich erschien noch etas anderes. ein bürgermeister der „kleinregion gleisdorf“, respektive der „energie-region weiz-gleisdorf“, publizierte in einer öffentlichen „facebook“-präsenz die ansicht, für „geistig abnorme rechtsbrecher“, die sich an kindern vergangen hätten (zitat: „als perverses schwein bist du geboren“), sei die todesstrafe einzuführen. es gab ein laues dementi. danach bestätigte der mann dutzende neue „freunde“, die ihm überwiegend zustimmten, ihm mut zusprachen, sein posting unterstrichen.

hat der bürgermeister damit einen lebhaften beitrag zu unserer themenstellung bei „kunst ost“ geleistet? („Die Bewältigung der Wildnis.“) möglich! denn der pathologische gewalttäter, nach menschlichem ermessen untherapierbar, der sich an einem kleinkind vergeht, den gibt es ja. das wäre ein praktisches beispiel, für die oben erwähnte „wildnis“, mit der uns die natur belehrt, daß „hundert prozent sicherheit“ ein phantasma bleiben. aber er ist die extreme ausnahme, äußerst rar. (da fürchte ich für meinem kind weit mehr notorische alkolenker und solche konsorten als potenzielle gefahr für seele, leib, und leben.)
mit der unredlichen fokussierung auf den pathologischen sex-attetntäter triggert der bekennende katholik nun „vox populi“, bringt schlagartig unbedachte emotionen zum anspringen und … vernebelt so den blick völlig auf das eigentliche „haupt-problem“, nämlich das gros jener sex-attentäter, die eine absolute majorität der gefahrenquellen für unsere kinder ausmachen.
eben genau NICHT die „psychos“, „hirnis“ oder wie auch immer des bürgermeisters neue freunde pathologische gewalttäter nennen, sondern die „normalos“, also psychisch keineswgs als „abnormal“ eingestufte und vielfach völlig unauffällige leute. unter denen wiederum, und das verschweigt der politiker aus der „familien-partei“ övp ebenfalls, stammt ein erdrückend hoher anteil aus dem unmittelbaren familiären umfeld der opfer.
nicht zu vergessen: typische „vertrauenspersonen“ wie lehrer und erzieher kommen dazu, nicht ausschließlich männer, auch frauen, aber doch überwiegend jungs auf der täterseite. hier reden wir noch gar nicht, wie erschreckend hoch die dunkelziffer behinderter frauen ist, an denen sich „ganz normale männer“ vergehen.
wenn wir also über sexuell aufgeladene gewalt reden wollen und was dagegen zu tun sei, dann stehen – sachlich betrachtet – die pathologischen fälle eher unten auf der prioritätenliste. davor kommen noch tausend andere gefahren, vor denen wir unsere kinder schützen möchten; davon wiederum sehr viele, vor denen wir sie auch schützen KÖNNEN, wenn diese gesellschaft als ganzes kindern mehr schutzwürdigkeit zubilligen und gewalt gegen kinder verläßlich wie umfassend ächten würde.
halten wir überdies fest, daß hier „pro todesstrafe“ nicht nur GEGEN die österreichische verfassung argumentiert wird, was unakzeptabel ist, vor allem, wenn es von einem amtierenden politiker kommt; die community, welche sich hier eingefunden hat, um die todesstrafe zu begrüßen, unterstellt damit, daß es „unwertes leben“ gebe, welches aus gründen angeblicher „staatsräson“ ausgelöscht werden solle.
da hilft kein dementi. das ausgangsstatement und die ganze folge einzeln zugelassener „facebook-freunde“ mit ihren pro-todesstrafe-kundgebungen sind ein faktisches eintreten für die idee vom „unwerten leben“. ich werte das als eine herausforderung der zivilgesellschaft. das ist kein „ausrutscher“, schon gar nicht „blauäugig“ (sic!). das ist eklatantes fehlverhalten einer regional exponierten persönlichkeit. es besteht klärungsbedarf!
— [das april-festival] —
— [das thema] —